SITZUNGSPERIODE 2003

(1. Teil)

BERICHT

1. SITZUNG

Montag, 27. Januar 2003, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE IN DEUTSCH


Ruth-Gaby VERMOT-MANGOLD, Schweiz, SOC

Herr Minister, ich verfolge den Gesetzesprozess in der Türkei skeptisch-positiv.

Sie haben aber während der ganzen Rede nichts von den Kurden gesagt, und es gibt Kurden in der Türkei. Meine Frage ist: wie halten Sie es in der Türkei jetzt, nach der Veränderung der Gesetze, mit den politischen Gefangenen? Unter anderen ist auch Öcalan ein politischer Gefangener. Wie halten Sie es also mit den politischen Gefangenen? Die Familie hat kaum Zugang zu ihnen, das Gesundheitswesen ist auch nicht zugänglich und vieles mehr.

Wann werden diese politischen Gefangenen endlich frei?

Der Präsident

Jetzt habe ich das Vergnügen, Herrn Ständerat Reimann von der Schweizerischen Volkspartei das Wort zu geben.

Maximillian REIMANN, Schweiz, LDR

Danke, Herr Vorsitzender, dass Sie das Vergnügen haben. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen.

Ich äußere mich ausschließlich zum Stabilitätspakt und stelle auch meinerseits fest, dass er grundsätzlich eine gute Sache ist. Gäbe es diese Institution nicht, dann müsste man sie sicher in der einen oder anderen Form erfinden. Doch nun kommt das „aber“: im praktischen Umfeld des Stabilitätspaktes, bei den Strukturen in den involvierten Geberländern, steht es leider nicht überall zum Besten. Sowohl in der Erklärung von Tirana – schauen Sie sich die Ziffer 6 näher an – als auch im vorliegenden Entschließungsentwurf – vor allem in Ziffer 4 – wird mit Nachdruck auf diese Schwachstellen verwiesen: Korruption, organisierte Kriminalität, fehlende Eigentumsrechte im Bereich von Grund und Boden usw. sind hier leider die Stichworte. Ich bin enttäuscht – und das sage ich hier ehrlich und offen – dass in dieser Hinsicht in gewissen Empfängerländern nicht mehr Fortschritte gemacht worden sind. Erst recht bin ich enttäuscht, dass je nach Situation die eben an der Macht stehenden Teile der politischen Klasse diese Schwachstellen zum persönlichen Vorteil, zur eigenen Bereicherung ausnützen. Das darf nicht sein. Es ist dem Stabilitätspakt und vor allem den Geberländern gegenüber nicht würdig.

So habe ich, um nur ein konkretes Beispiel aufzugreifen, als Teilnehmer an der Tirana-Konferenz im vergangenen Oktober die Unzufriedenheit diverser albanischer Bürger vor Ort direkt zu spüren bekommen. Diese Leute waren ungehalten und wandten sich natürlich an uns, Teilnehmer dieser Konferenz. Das war sicher ihr gutes Recht. Sie waren ungehalten, weil die Eigentumsrechte an Grund und Boden in ihrem Land nach wie vor nicht geregelt sind, und das elf Jahre nach dem Untergang des Kommunismus und trotz klarer Grundlage in der albanischen Verfassung. Diese Menschen hatten Recht, denn ohne klare Regelung der Eigentumsrechte, ohne Grundbuch, ohne solche elementare wirtschaftliche Sicherheiten wird es kaum zu ausländischen Investitionen kommen, stagniert die Wirtschaft entsprechend, bleibt die Arbeitslosenquote hoch, verpuffen die Impulse des Stabilitätspaktes zu einem guten Teil, ja, stehen der Korruption und Selbstbereicherung durch politische und wirtschaftliche Machthaber Tür und Tor offen. Dies aber fördert nicht die Stabilität, sondern die Instabilität in diesen Regionen.

Ich habe dieses Votum vielleicht etwas forciert abgegeben. Der Sinn des Votums aber ist es, an die hier anwesenden Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern des Stabilitätspaktes zu appellieren. Sorgen Sie bitte dafür, dass die Vorbehalte und Kritiken, wie sie in Ziffer 4 der Entschließung mit Sorge zum Ausdruck gebracht worden sind, in einem nächsten Bericht über die Fortschritte des Stabilitätspaktes nicht mehr aufgelistet werden müssen. Wie wir von Herrn Busek eben gehört haben, wird es zweifellos einmal zu einem weiteren solchen Fortschrittsbericht kommen.

Danke schön.

Der Präsident

Danke, Herr Reimann.