SITZUNGSPERIODE 2004

(2. Teil)

BERICHT
21. SITZUNG

Mittwoch, 23. Juni 2004, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE IN DEUTSCH

Addendum I

Zu Protokoll gegebene Reden
zum Punkt 3 der Tagesordnung


BERICHT

Marianne TRITZ, Deutschland, SOC

Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Vorab meinen herzlichen Dank an Frau Cliveti für diesen ganz hervorragenden Bericht.

In Deutschland haben im März 2003 Frauen aus Wissenschaft, Politik und NGOs ein bundesweites Netzwerk für feministische Friedens- und Sicherheitspolitik gegründet: den „Frauensicherheitsrat“. Dieser hat einen Aktionsplan zur beschleunigten Umsetzung der UN-Resolution 1325 vorgelegt.

In praktisch allen Krisengebieten der Welt gibt es Fraueninitiativen, die sich für Dialog, Frieden und Versöhnung stark machen. Frauen sind keineswegs nur Opfer – und manchmal auch Täterinnen. Sie sind auch Akteurinnen mit einem großen sozialen Potential.

Die Resolution 1325 will die aktive Rolle von Frauen stärken: „Frauen müssen in den nationalen, regionalen und internationalen Institutionen und Mechanismen zur Verhütung, Bewältigung und Beilegung von Konflikten auf allen Entscheidungsebenen stärker vertreten sein.“

Dieser Forderung muss nun durch konkrete Zielformulierungen und die Einführung einer Quote zur Umsetzung verholfen werden. Quoten sind zum Teil bei einigen von Ihnen umstritten, sicher kein Allheilmittel und manchmal schwer durchzusetzen. Aber in meiner deutschen Partei haben sie sich bewährt. Der extrem hohe Anteil von Frauen, die bei uns Politik machen, spricht für sich. Der Verzicht auf konkrete Quoten ist immer eine Einladung zur Unverbindlichkeit.

In allen Friedensprozessen und in allen Gremien, die mit der Umsetzung von Friedensabkommen beauftragt werden, müssen mindestens 30 Prozent Frauen beteiligt werden.

Eine Monitoring-Gruppe sollte über die Einhaltung dieser Ziele Bericht erstatten. Bei gravierenden Verstößen wären vorher festgelegte Sanktionen denkbar. Ein Beispiel: wenn die Mindestquote von 30 Prozent um 10 Prozent unterschritten wird, werden die Gelder beim Wiederaufbau ebenfalls um 10 Prozent gekürzt.

Da Frauen über weniger finanzielle Ressourcen verfügen als Männer, wäre ein spezieller Fördertopf für die Unterstützung von Friedensaktivistinnen angebracht.

Beim Wiederaufbau kriegszerstörter Länder, in den Kommissionen, die das zukünftige Rechtssystem und die zukünftige Verfassung des jeweiligen Landes ausarbeiten, muss nachdrücklicher als bisher auf die Verankerung der Gleichstellung geachtet werden.

Besonders wichtig ist die Förderung und gleichberechtigte Beteiligung von Frauen im Sicherheits- und Justizsektor. Wir brauchen möglichst viele Polizistinnen und Richterinnen, die besonders geschult sind, sexualisierte und häusliche Gewalt zu bekämpfen.

Bei der Aus- und Fortbildung muss sichergestellt sein, dass alle Bildungsmaßnahmen mindestens zu 50 Prozent für Frauen und Mädchen zugänglich sind und deren Teilnahme stark gefördert wird. Bei der Vergabe von Mitteln für die humanitäre Hilfe müssen die Budgets berücksichtigen, dass Frauen und Kinder 80 Prozent der Flüchtlinge darstellen.

Beim Bau und Betrieb von Flüchtlingslagern ist es zwingend erforderlich, Flüchtlingsfrauen mit einzubeziehen, um den frauenspezifischen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Ich komme zum Schluss. Nach wie vor sind Frauen – auch in den Entscheidungsgremien – stark unterrepräsentiert. Der deutsche Frauensicherheitsrat fordert deshalb mehr Führungspositionen für Frauen in den internationalen Gremien und eine anwachsende Frauenquote beim militärischen und zivilen Personal von UN-Friedensmissionen. Denn derzeit sind nur 4 Prozent der UN-Polizeikräfte und 3 Prozent der UN-Militär weiblich. Die besonderen Fähigkeiten von Frauen in Peace-Keeping-Missionen bleiben damit weitestgehend ungenutzt, und das muss sich ändern.

Danke.