SITZUNGSPERIODE 2004

(4. Teil)

BERICHT
27. SITZUNG

Dienstag, 5. Oktober 2004, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE IN DEUTSCH

Addendum 01
Zu Protokoll gegebene Reden
zum Punkt 3 der Tagesordnung


Henryk KROLL, Polen, EPP/CD

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte mich zuerst bei dem Herrn Berichterstatter, Paschal Mooney, für seine sehr informativen Darstellungen bedanken. Sie erläutern dort zwei Probleme bezüglich der Teilnahme der Frauen an den Wahlen, nämlich die so genannte familiäre Stimmabgabe sowie die Unterrepräsentanz der Frauen in den gewählten Institutionen.

Im Hinblick auf die familiäre Stimmabgabe teile ich in jeder Hinsicht Ihre Meinung. Die Möglichkeit der Teilnahme an den freien und geheimen sowie sogar weitergehend allgemeinen, unmittelbaren und gleichen Wahlen ist die Grundlage eines jeden demokratischen Staates. Es ist daher unbegreiflich, dass in manchen europäischen Demokratien den Frauen die Stimme, wenn auch nur mittelbar, verweigert wird. Dieses Problem hat eine schwer überwindbare Hürde – die Tradition, wonach der Frau die Eigenständigkeit verwehrt wird. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass noch vor einigen Jahren solch eine Tradition auch in den westlichen Staaten gepflegt wurde. Der jetzige Zustand zeigt aber, dass man auch imstande ist, diese missbilligte Tradition zu bekämpfen. Es liegt in der Hand der Staaten, vor allem durch die ausnahmslose Einführung geheimer Wahlen entsprechende Sicherungen zu schaffen.

Was das Problem der Unterrepräsentanz der Frauen in den nationalen Parlamenten betrifft, so stimme ich Ihnen auch zu, jedoch nur in dem Punkt, dass die Frauen tatsächlich nicht in den gleichen Proportionen wie die Männer in den meisten europäischen Parlamenten vertreten sind. Das Erreichen der gleichen Repräsentanz darf jedoch nicht durch die Einführung von Frauenquoten gesichert werden. Hier bin ich einer ganz anderen Meinung als Sie, Herr Berichterstatter Mooney.

Was sind Frauenquoten? Ist es nicht Ungleichbehandlung von Männer und Frauen bei Bevorzugung oder Benachteiligung wegen des Geschlechts? Wir leben in modernen Zeiten, wo in sämtlichen Staaten Europas die Gleichberechtigung von Mann und Frau rechtlich fundiert ist. Die Frauenquoten stellen dabei ein Schritt zurück dar. Bei gleicher Geeignetheit von Mann und Frau werden die Frauen bevorzugt, so dass allein „Frau zu sein“ hilft, ins Parlament zu kommen. Das ist doch wieder Unterscheidung nach dem Geschlecht.

Viele Unternehmen verzichten mittlerweile auf Frauenförderungsprogramme. Das wichtigste Kriterium ist inzwischen nicht das Geschlecht sondern die Leistung. Warum soll es bei den Parlamentswahlen anders sein? Warum muss man die Unterrepräsentanz der Frauen in den Parlamenten durch zwangsweise Erzeugung von gleichen Proportionen korrigieren? Gleichmacherei statt Gleichberechtigung, möchte man fast sagen.

Die gleiche Repräsentanz von Männern und Frauen auf den wählbaren Posten kann aber durch bessere Mittel als die Quote ohne Differenzierung nach Geschlecht erfolgen. Frauen sollen doch nicht als Almosenempfänger betrachtet werden. Es geht um Gleichheit der Chancen, nicht um die Gleichheit des Resultats. Es geht daher um die Verstärkung der Chancengleichheit, um ihre rechtliche Sicherstellung.

Ich würde somit den Herrn Berichterstatter Mooney darum bitten, den Punkt zu berücksichtigen. Die Unterrepräsentanz der Frauen in den Parlamenten trotz gefestigter Rechtsgleichheit muss nicht ein Ausdruck der Chancenungleichheit sein, sondern kann auch mit den Präferenzentscheidungen der Frauen zusammenhängen, die sich, nicht zuletzt für die Kindererziehung, öfters als die Männer für einen anderen Lebensweg entscheiden.

An dieser Stelle möchte ich Sie alle darum bitten, sich gegen die Frauenquoten auszusprechen. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung und die Aufmerksamkeit.