SITZUNGSPERIODE 2005

(1. Teil)

BERICHT
07. SITZUNG

Donnerstag, 27. Januar 2005, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE IN DEUTSCH


Klaus WERNER JONAS, Deutschland, SOC

Vielen Dank Herr Präsident.

Meine Damen und Herren,

Es ist sicherlich nicht leicht, zu diesem Desaster vorzutragen. Alles, was bisher gesagt wurde,

kann ich nur vorbehaltlos unterstützen; es findet meine volle Zustimmung.

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Reaktion der deutschen Bevölkerung auf die traditionelle Neujahrsansprache von Bundeskanzler Gerhard Schröder im Fernsehen: Es sprachen die Herzen.

Ich glaube, es ist entscheidend in dieser problematischen Situation, dass hier weltweit die Herzen,

und nicht der Verstand gesprochen haben – oder, wie neulich ein verantwortlicher Mitarbeiter bei uns im Ministerium sagte: „Hier haben die Menschen geholfen, und nicht die Juristen“.

Hätten die Juristen geholfen, wären heute noch die Touristen in der Region, und die Verletzten wären noch nicht versorgt. Ich glaube, das ist das Entscheidende, und der Fingerzeig für uns, der in die Zukunft weist.

Deshalb möchte ich in meinem kurzen Statement an erster Stelle, und ganz besonders, den Menschen in ganz Europa für ihre Unterstützung danken, die sie von Herzen gegeben haben, und in der ich eine Chance sehe, auch für andere Krisen in der Welt die Herzen und den Blick der Menschen zu öffnen, denn wir dürfen über den alltäglichen Problemen nicht diese besondere Not vergessen.

Ich möchte noch eine weitere Anmerkung machen, die ich wichtig finde, und wir diskutieren das bei uns sehr intensiv: Es ist für diese Krisenregion auch eine Chance, in anderen Bereichen eine positive Entwicklung einzuschlagen. Ich denke da insbesondere an die Provinz Aceh und an Sri Lanka, wo immer noch eine bürgerkriegsähnliche Situation herrscht; und wir sollten auch an die Verantwortlichen herantreten und mit ihnen in die Diskussion eintreten, dies als Chance für den Frieden in diesen Regionen zu sehen, denn nur in einer friedlichen Welt können positive Entwicklungen nach vorn gebracht werden.

Es wurde bereits die Frage der Frühwarnsysteme angesprochen; ich glaube, hier haben Europa und die Welt eine große Verantwortung, die sie auch bereit ist zu übernehmen und.

Lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt ansprechen, der aus Sicht des Wirtschaftsausschusses ganz entscheidend ist, und der hier auch bereits angesprochen worden ist – es geht um die Frage, ob die zugesagten Gelder auch wirklich fließen, und ob sie ankommen. Aus diesem Grunde kann ich nur jedermann um Unterstützung bitten, damit hierfür ein Monitoring entwickelt wird, welches die eingehenden Gelder erfasst, ihren Eingang verfolgt und ihre Verwendung kontrolliert, und zwar mit ausreichender Transparenz, damit für jeden – nicht nur für die Fachleute – diese Vorgänge über einen Internetzugang nachvollziehbar sind.

Lassen Sie mich anschließend noch Frau Paoletti Tangheroni und dem Ausschuss dafür danken, dass sie unsere Hinweise und Anregungen in ihren Bericht aufgenommen haben; so dass mir nur noch übrig bleibt, ihnen ganz herzlich zu dem Bericht zu gratulieren und mich ganz herzlich zu bedanken.

Präsident

Frau Vermot-Mangold, darf ich Sie bitten, im Namen der Sozialistischen Gruppe das Wort zu ergreifen.

Ruth-Gaby VERMOT-MANGOLD, Schweiz, SOC

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

Tsunami – vor dem 26. Dezember noch völlig ungenannt und unbekannt, ist zu einem Sinnbild des Schreckens, der Zerstörung und der Trauer geworden. Weltweit wurde viel Solidarität sichtbar:

Geld wurde gespendet und Hilfe sofort geleistet. Weil viele Touristen aus Europa und Amerika zu Schaden kamen oder umgekommen sind, kamen Tod und Verderben auch in unsere Länder.

Auch aus diesem Grund wird der Tsunami wahrscheinlich nicht so schnell vergessen sein.

Tsunamis sind eine Naturkatastrophe, das bestreitet niemand – aber diese Naturkatastrophe hat auch gesellschaftliche Wurzeln, über die wir auch reden müssen, denn in Wirklichkeit ist der Tsunami eine schreckliche Bestätigung des irrationalen und inhumanen Charakters unseres globalen Profitsystems. Wir müssen anerkennen, dass ein Teil des Leidens und der Zerstörung durch ein technisches Warnsystem hätte verhindert werden können. Es wurde aber nicht getan, und das hat seine Gründe.

Werfen wir einen Blick auf den Pazifischen Ozean – die Folgen eines Tsunamis wären dort ebenfalls schrecklich gewesen. Aber dort hätte das vorhandenen, hoch entwickelte technische Warnsystem, das vor allem zum Schutz der Küsten von Nordamerika und Japan erstellt wurde, die Menschen gewarnt. Die vielen Warnungen wären innerhalb von Minuten nach dem ersten Beben erfolgt.

Auch wenn trotzdem viele Gebiete getroffen worden wären, hätte doch die Mehrheit der Menschen und die lebenswichtigen Infrastrukturen das Naturereignis unbeschadet überstanden.

Ein solches Warnsystem existiert nicht für die Länder am Indischen Ozean; die Menschen wurden nicht gewarnt, sie standen vollkommen schutzlos dem Schrecken gegenüber. Über 200 000 Tote und Vermisste sind die grausame Bilanz. Getroffen wurden vor allem die unterprivilegierten Bevölkerungsschichten, jene Menschen also, die aus Armut an der Küste in schlecht gebauten Hütten ohne den geringsten Schutz leben. Sie wurden nicht nur nicht gewarnt -  man hat ihnen auch nie gesagt, wie Zeichen solcher nahenden Gefahren zu deuten sind.

Das Unglück geschah in gerade jenen Regionen, die als Billiglohn-Gebiete gelten, wo Menschen für Tiefstlöhne unsere Produkte erarbeiten. Es sind die Armenhäuser der Welt. Dass dort kein teures Warnsystem existiert, ist also nicht von ungefähr.

Das Leid der betroffenen Menschen in Asien und Teilen Afrikas ist noch schlimmer, weil die einfachsten Infrastrukturen fast überall fehlen: Wasser, Transportmittel und Elektrizität sind vielerorts unzureichend. Die Notfall- und Krankensysteme sind völlig überfordert. Die entfernteren Gebiete wurden lange Zeit aufgrund mangelnder Transportmöglichkeiten gar vernachlässigt.

Nun wurde viel Geld gesammelt, viel Mitleid und Mitgefühl ausgesprochen und das ist auch richtig so, denn das Ausmaß dieser Katastrophe hat uns alle zutiefst erschüttert. Aber es reicht nicht, Geld zu sammeln und Wunden zu heilen – menschliche und jene der Natur, wir müssen uns überlegen, was wir über die Katastrophe hinaus zu tun bereit sind, damit Armut, Verelendung, Hunger (wir wissen, dass täglich Tausende Kinder an Hunger sterben, und niemand schreit auf!) wirksam bekämpft werden und die technischen Mittel auch für arme Regionen erschwinglich sind. Wenn wir fähig sind, uns – auch politisch - wirklich und wirksam für mehr Gerechtigkeit weltweit einzusetzen, wird unsere Solidarität die Katastrophe überdauern.

Hans KAUFMANN, Schweiz, LDR

Mr. President, geschätzte Damen und Herren,

ich komme aus der Schweiz – dem Land mit den heute wohl schärfsten Gesetzen zur Bekämpfung der Geldwäsche. Sehr vieles, was im Konventionsentwurf gefordert wird, wurde in der Schweiz bereits vor einigen Jahren umgesetzt.

Ich bin selbst im Vorstand einer staatlich anerkannten Organisation tätig, die Unternehmen außerhalb des Bankensektors in Bezug auf die Geldwäsche überwacht. Diese Zahl liegt im übrigen etwa zehnmal höher als jene der Banken. Ich gestatte mir deshalb ein paar Bemerkungen aus der Sicht eines Praktikers mit vier Jahren Erfahrung.

Sie müssen sich darüber klar sein, dass die Umsetzung der Konvention auch für alle Unternehmen und Einzelpersonen außerhalb des Bankensektors – angefangen bei der Wechselstube im Hotel über die Anwälten bis zu den Kunsthändlern eine kostspielige Angelegenheit ist. Ausbildung und externe Kontrollen kosten in der Schweiz auch für die kleinsten Finanz-Intermediäre pro Jahr mindestens dreitausend Euro. Ich hoffe, dass auch die übrigen Länder bereit sind, den geforderten Aufwand zu finanzieren, denn wenn ein Land nicht mitmacht, sind alle Anstrengungen der anderen Länder vergeblich.

Selbstverständlich ist der Kampf gegen die Geldwäsche und gegen die Finanzierung des Terrorismus mit allen Mitteln zu unterstützen, doch ergeben sich in der Praxis einige schwerwiegende Probleme, die auch mit dem vorliegenden Konventionsentwurf nicht gelöst werden. Einige Konflikte mit den Menschenrechten und der Rechtsstaatlichkeit wurden ja bereits in den Entwurfsunterlagen dargelegt.

Ich möchte Ihnen anhand aktueller Beispiele zeigen, wie sich diese Probleme in der Praxis präsentieren, und Sie können sich dann selbst ein Urteil darüber bilden, wie praxistauglich unser Konventionsentwurf ist. Ihnen sind sicher die sogenannten Bush-Listen bekannt, mit denen die USA die Finanzwelt weltweit aufforderte, des Terrors verdächtige Konteninhaber zu suchen.

Diese Listen erfüllen aber kaum die Voraussetzungen, wie sie in unserem Entwurf gefordert werden. Soll man sich nun als Land oder als Finanzunternehmen weigern, allfällig gefundene Konten zu blockieren, nachdem selbst viele Monaten nach der Veröffentlichung dieser Listen weder Begründung noch Beweise für die Auflistung dieser Verdächtigen eingetroffen sind? Wie verhalten wir uns, wenn uns andere Staaten ähnliche Lisen präsentieren, mit angeblichen Terroristen, bei denen es sich dann in Tat und Wahrheit aber lediglich um politisch Oppositionelle handelt? Oder wie steht es eigentlich mit den Geldern ehemaliger Terroristen, die es mittlerweile in die Regierung oder sogar an die Staatsspitze geschafft haben? Sind diese Gelder auf einmal keine Terroristengelder mehr?

Zum Schluss noch eine Feststellung: Immer wieder gelangen kriminelle Gelder oder zweifelhafte Potentatengelder über ausländische Banken in die Schweiz. Dank der intensiveren Kontrolle in der Schweiz werden solche Gelder aber häufiger aufgedeckt als im Ausland. Damit kann nun leicht der falsche Eindruck entstehen, dass in der Schweiz besonders viele solcher Gelder deponiert seien.

Diese Fehlbeurteilung ist zwar unangenehm; doch was mir noch mehr Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass gegen all jene Banken, über welche diese zweifelhaften Gelder in die Schweiz gelangt sind, bis heute keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen haben. Es besteht also nach wie vor Handlungsbedarf. Mit dem vorliegenden Entwurf ist demnach der Kampf gegen die Geldwäsche noch lange nicht abgeschlossen.

Präsident

Vielen Dank, Herr Kaufmann.