SITZUNGSPERIODE 2005

(1. Teil)

BERICHT
08. SITZUNG

Freitag, 28. Januar 2005, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE IN DEUTSCH


Walter RIESTER, Deutschland, SOC

Danke, Frau Vorsitzende.

Meine Damen und Herren,

die Entschließung hat einen sehr anspruchsvollen Titel: Lösung der Arbeitslosigkeit in Europa.

Die Entschließung selbst, so meine ich jedoch, hält das nicht ein.

Was sind die Angebote? Die Angebote sind – da stimme ich Herr Kox zu - im Sinne neo-liberaler Überlegungen, mehr Anpassung an Globalisierung, mehr Freiheit für Arbeitgeber, Senkung der Steuern, Deregulierung. Ich kann Ihnen sagen, dass ich genau diese Anforderungen an Praxistests in Deutschland erlebe. All dies haben wir in den letzten drei bis vier Jahren vollzogen; fast alle Forderungen der Arbeitgeber sind erfüllt, Herr Wilkinson, und trotzdem haben wir vier oder fünf Millionen  Arbeitslose. Wir haben den niedrigsten Steuersatz, den Deutschland jemals hatte, im übrigen auch die niedrigsten Realzinsen, die wir je hatten, und die höchste Arbeitslosigkeit.

Diese Angebot, meine Damen und Herren Autoren, überzeugt mich nicht.

Anpassung an Globalisierung – ich habe nicht genug Redezeit, um über Globalisierung zu sprechen – nur ein Beispiel: Seit drei Wochen gibt es das Welt-Textilabkommen nicht mehr. In den letzten zehn Jahren sind die Hälfte aller Textilmaschinen nach China und Indien transportiert worden. China steht bereit, das Textillager der Welt zu werden – und da wollen wir mit mehr Freiheiten für Arbeitgeber die Arbeitslosigkeit in Europa überwinden?! Zur Frage der Entwicklung der Stahlindustrie könnte ich Ihnen das Gleiche sagen. VW verkauft in China mehr Automobile als in Deutschland und baut Produktionsstätte um Produktionsstätte auf, während wir uns auf Papier stützen und erklären, die Lösung der Arbeitslosigkeit: Mehr Freiheitsrechte für Arbeitgeber und Deregulierung der Sozialsysteme.

Eine der stärksten Erklärungen des Europarates ist neben der Menschenrechtscharta die Sozialcharta – sie ist der Maßstab dieses Hauses. Die weitest gehende und einzige übernationale Normierung einer Sozialordnung in einer globalisierten Welt, die frei von sozialen Regeln ist. Dies ist unser gutes Aushängeschild; und ich bin wirklich von Herzen froh, dass alle wichtigen Gesichtspunkte der Sozialcharta im Verfassungsentwurf unserer Europäischen Verfassung aufgenommen sind. (Ich bin mir nicht sicher, ob es alle schon gemerkt haben, aber ich bin froh, dass es drin ist.)

Nun stellt sich natürlich bei aller Kritik die Frage, wo wir ansetzen müssen. Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass nicht in einem Abbau- und Entstaatlichungsprozess der Ansatzpunkt liegen kann, denn wir haben in Europa, und besonders in Deutschland, eine Fülle von Aufgaben, die geradezu nach Arbeit schreien. Wir haben riesigen Zuwachs im Gesundheitswesen, in einer alternden Gesellschaft; wir haben beinahe schon peinliche Arbeitssituationen im Pflegewesen, wir brauchen immer mehr personelle Unterstützung für entwurzelte Jugendliche.

Es gibt also Aufgaben genug, und hier wird Entstaatlichung und Absenkung der Steuersätze vorgeschlagen! Nein, Herr Wilkinson, diesen Weg widerlegt die Praxis, man muss nur einen offenen Blick haben.

Wenn ich dann überlege, was man mit der Entschließung machen könnte – Entschuldigen Sie bitte, aber ein starker Ausschuss würde sie zurückziehen und überarbeiten. Ansonsten gibt es auch eine  Alternative: Die Überschrift zu ändern in „Wirtschaftsliberale Empfehlungen für den Arbeitsmarkt Europas“. Dies würde mich zwar nicht veranlassen, ihr zuzustimmen, doch hätten wir wenigstens keine Mogelpackung.

Herzlichen Dank.

Peter SCHIEDER, Österreich, SOC

Herzlichen Dank, Herr Präsident.

Der Grund meines Amendements war, dass bei der Gründung des Fonds zur Unterstützung von Film,  Eurimages, durch den Europarat vergessen wurde, die Versammlung in diesen Fonds einzubinden. Dies können wir zwar nicht mehr nachträglich korrigieren, doch wir können zumindest für uns das Recht schaffen, mit einem Ausschuss zu Fragen von Eurimages Stellung zu beziehen.

Das Recht, diese Möglichkeit zu schaffen, ist der Zweck dieses Antrags. Ich habe das zwar vorher an anderer Stelle vorgeschlagen, doch an dieser Stelle ist es besser; der mündliche Abänderungsantrag bezweckt nur, eine noch bessere Position in unserem Beschluss zu finden.

Peter  SCHIEDER, Österreich, SOC

Herr Präsident, wir gehen davon aus, dass alle Mitglieder der Versammlung das Recht haben, an Sitzungen teilzunehmen; doch wird dieses Recht oft in Frage gestellt; ein Vertreter wird nicht entsendet, oder nicht bezahlt, oder man gibt ihm kein Visum. Ich glaube, es muss in unserer Versammlung eine klare Zuständigkeit für die Beratung über solche Fragen geben und schlage vor, dass das Rules-Komitee dafür zuständig sein soll.