SITZUNGSPERIODE 2006

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(2. Teil)

BERICHT

09. SITZUNG

Montag, 10. April 2006, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH


Renate WOHLWENDT, Liechtenstein, EPP/CD/PPE/DC

Danke, Herr Präsident.

Liebe Kollegen,

wie mein Vorredner, Herr Ivanovski, bereits kurz zusammengefasst hat, haben wir Grund zur Freude, was die Wahlen in der Ukraine angeht - Wahlen, die es den Wählern zum ersten Mal ermöglicht haben, ihren freien Willen auszudrücken, ohne Druck oder Bevormundung seitens der Arbeitgeber oder anderer Dritter. Das haben die Wähler meinen Kollegen und mir in persönlichen Gesprächen bestätigt; sie sind mit einem guten Gefühl zu diesen Wahlen gegangen und haben gern daran teilgenommen. Allerdings hat es technische und infrastrukturell bedingte Probleme gegeben, die es in Zukunft zu beseitigen gilt.

Da viele meiner Kollegen im Feld draußen waren und ich sie am Ende der Wahlbeobachtung nicht mehr begrüßen konnte, möchte ich ihnen bei dieser Gelegenheit dafür danken, dass sie bei dieser wichtigen Arbeit dabei waren. Ich möchte auch dem Sekretariat danken, und vor allem der ODIHR für die von ihr ausgeführte Langzeitbeobachtung. Sowohl die Mitglieder der Venedig-Kommission, die uns begeleitet haben, als auch die Vertreter der ODIHR vor Ort waren hilfreich, weil Parlamentarier nur zwei oder drei Tage vor Ort sind und selbst mit Hilfe guter Dokumentation natürlich niemals mit demselben Wissen und der Vorbereitung antreten können wie jene, die von erfahrenen Experten „gebrieft“ werden.

Unsere Delegation war Teil einer internationalen Wahlbeobachtungsmission.

Wir haben uns bemüht, effektiv zu koordinieren und zu kooperieren; doch gab es ein kleines Missverständnis, was die Bezeichnung der Wahlen betraf.

Während andere Kollegen von „freier“ und „fairer“ Wahl gesprochen haben, waren wir vom Europarat ein wenig zurückhaltender. Wir kooperieren mit der Ukraine, seit sie den Antrag auf Mitgliedschaft im Europarat gestellt hat, haben demnach eine Erfahrung von mehr als zehn Jahren, und bei unserer Tätigkeit konzentrieren wir uns nicht allein auf den Wahlsonntag selbst im jeweiligen Land, sondern achten auf Rechtsstaatlichkeit und Fortschritt innerhalb der Demokratie. Von „frei“ und „fair“ zu sprechen, könnte den Anschein erwecken, dass wir kaum noch etwas zu tun haben; wir alle wissen jedoch – und die Kollegen der Ukrainischen Delegation wissen es am besten – dass es noch einiges zu tun gibt, bevor sie den Standard und das Niveau erreicht haben, welches der Europarat von ihnen erwartet und verlangt.

Im Bericht sind Details über die Beobachtungen zu lesen, in der Vor-Wahlbeobachtung Anfang März sowie am Wahlwochenende, und sie sehen dort auch unsere Empfehlungen, die ich den ukrainischen Kollegen und denen, die in Zukunft in der Delegation tätig sein werden, ans Herz legen will, sowie auch den ukrainischen Behörden in Kiew, nämlich sich um die baldige Beseitigung der technischen Probleme zu bemühen, welche mein Wermutstropfen in der ansonsten gut gelaufenen Wahl waren. Dazu bedarf es einerseits des Willens zur Verbesserung der Infrastruktur – was natürlich besonders in den Provinzen nicht immer einfach ist – und es bedarf der Bereitschaft zur Verabschiedung eines einheitlichen Wahlgesetztes, das dann leichter zu handhaben ist als die aktuelle Gesetzgebung.

Das würden wir gern den ukrainischen Kollegen auf den Weg geben.

Im übrigen sollten wir der Ukraine und denen, die gewählt haben, herzlich zu diesem Fortschritt gratulieren, und ebenso zu der Bereitschaft, ganz und gar zur europäischen Familie zu gehören – einer Bereitschaft, die sie mit diesen Wahlen bewiesen haben.


Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD/PPE/DC

Vielen Dank, Herr Vorsitzender!

Ich möchte einen Aspekt herausgreifen, den der neue Menschenrechtskommissar Herr Hammerberg hier angesprochen hat; das ist die Bedeutung der internationalen Gremien. Er hat zurecht davon gesprochen, dass wir davon wegkommen müssen, neue Verträge abzufassen und neue Worte zu finden, und dazu übergehen, den Worten auch Taten folgen zu lassen.

Und wenn wir uns die Tagesordnungspunkte allein dieser Woche im Europarat anschauen, dann gibt es dazu meiner Meinung nach allen Anlass. Wir haben Armutsbekämpfung und Korruption auf der Tagesordnung, sowie Menschenrechte für Armeeangehörige; wir haben Frauenhandel auf der Tagesordnung und die Situation von Vertriebenen und Flüchtlingen in einigen unserer Mitgliedsstaaten. All diese Punkte haben wir bereits einmal, manchmal mehrmals geregelt. Nichtsdestoweniger haben wir sie auf der Tagesordnung, weil sie schwerwiegende Probleme in den jeweiligen Ländern darstellen.

Und auch allgemein ist es so, dass wir nur in internationalen Gremien vernünftig werden und vorankommen können. Die Terrorismusbekämpfung ist zweifelsohne eine internationale Angelegenheit – aber auch deshalb ist der Schutz der Menschenrechte bei der Terrorismusbekämpfung eine internationale Frage.

Deshalb glaube ich, dass wir uns auf die internationalen Gremien konzentrieren sollten, die gut und erfolgreich arbeiten. Ich denke, der Europarat hat in diesem Bereich zwei sehr erfolgreiche Gremien: einmal ded Kommissar den wir heute gehört haben, zum anderen den Menschenrechtshof.

Wir müssen aber auch schauen, dass wir die Gremien, die nicht so erfolgreich arbeiten, vernünftig reformieren und voranbringen. Die UN hat beispielsweise im Bereich des Menschenrechtsrats diesbezüglich etwas getan.

In dieser Woche kommen wir ja noch zu der Frage, wie wir uns gegenüber der Europäischen Union positionieren, die eine Grundrechtslage einrichtet. Ohne die Debatte vorausgreifen zu wollen, möchte ich zumindest für meinen Teil starke Bedenken anmelden, ob diese Institution, die sehr viel Geld kosten wird, wirklich den effektiven Beitrag leisten kann, den sie vorgibt, leisten zu wollen. Ich glaube, das es weitaus wichtiger ist, unsere eigene Institution, den Kommissar zu stärken, und es ist auch richtig, dass wir unsere Regierung zu größeren Beiträgen ermutigen. In Deutschland machen wir das z. B. so, dass wir dafür sorgen, die Urteile des Menschrechtshofes auch schnell auf deutsch zu übersetzen, damit sie überall nachverfolgt werden können.

Ich denke, wenn wir dies tun, und wenn wir tun was der Kommissar vorschlägt, nämlich auf nationaler und internationaler Ebene gut zusammenzuarbeiten, dann kann der Europarat, gerade im Menschenrechtsbereich, einen wichtigen Beitrag leisten.

Danke!

Präsident

Dankeschön. Jetzt übergebe ich das Wort an Herrn Iwinski aus Polen.


Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC

Herr Präsident,

werte Kolleginnen und Kollegen,

ich freue mich über die Entwicklung in der Ukraine und über unseren neuen Menschenrechts-Kommissar, und ich bin glücklich darüber, dass er sich so viel vorgenommen hat.

Gleichzeitig bin ich jedoch auch etwas erschrocken darüber, wie wenig Mittel ihm zur Verfügung stehen, und meiner Meinung nach können wir das nicht einfach so akzeptieren, sondern müssen in unserem jeweiligen Land sowie auch innerhalb dieses Europarates aktiv werden, damit diese Institution des Menschenrechtskommissars besser ausgestattet wird.

Wir haben in dieser Woche eine Diskussion mit der Europäischen Union, und ich möchte folgendes betonen: Wenn der Menschenrechtskommissar des Europarates nur zehn Prozent der Mittel hätte, die dem Wettbewerbskommissar der Europäischen Union zur Verfügung stehen, dann würde nach das Wertesystem in Europa wohl kaum darunter leiden.

Ich finde es wichtig, dass sich der Menschenrechtskommissar um ganz bestimmte Gruppen kümmert, und dass er ganz gezielt versucht, Lücken zu finden, die wir nicht sehen, weil wir den Blick auf das Ganze richten.

Die Situation der Emigranten, die Situation der Soldaten, die alle den übrigen Bürgern gewährten Rechte haben sollten, die Situation geistig Behinderter und sonstiger benachteiligter Menschen – das sind Schwachstellen, die fokussiert werden sollten, und wo der Menschenrechtskommissar helfen kann.

Wir sollten auch auf etwas anderes achten: Wir sprechen immer häufiger von Terrorismus; diese Formel wird überall benutzt. Wir müssen jedoch gemeinsam aufpassen, damit dieses Wort nicht als neues Gewand für etwas benutzt wird, was schon immer existiert hat, und darauf achten, dass nicht unter diesem Gewand – und besonders bei der Bekämpfung des Terrorismus Dinge versteckt werden – und der Terrorismus als Rechtfertigung für anderes Unrecht benutzt wird.

Meines Erachtens muss hier genauer hingeschaut werden, und wir brauchen auch eine neue Definition dieses Begriffes. Auch in den zuständigen Ausschüssen ist in dieser Beziehung wohl noch eine Menge Arbeit zu leisten.

Ich möchte die Zeit nutzen, um noch auf etwas anderes hin zu weisen:

Es geschieht viel Unrecht in Europa, und es ist noch viel zu tun in den europäischen Staaten. Doch es geschieht auch viel Unrecht, welches wir zwar nicht sehen, welches aber seinen Ursprung in Europa hat.

In unseren Hauptstädten befinden sich die Büros derjenigen, die für das Unrecht verantwortlich sind, wobei sich das Unrecht jedoch außerhalb Europas auswirkt: In Afrika, in Asien. Es werden kriminelle Geschäfte gemacht, es werden Kindern Waffen besorgt, Kinder werden zu Soldaten gemacht. Wir sehen diese Kindersoldaten zwar nicht, doch die Waffen kommen aus Europa. Prostitution und Menschenhandel werden ebenso in Kauf genommen, und auch hier liegen die Wurzeln in Europa.

Ich wünsche mir, dass wir vor diesem Unrecht nicht die Augen verschließen, sondern unsere Schuld und unsere Betroffenheit zum Ausdruck bringen, und dass wir die Quellen für weltweites Unrecht, die bei uns liegen, ebenso erkennen wie das Unrecht, das in Europa selbst sichtbar wird.

Ich glaube, dass wir für die Ausstattung dieses Gremiums insgesamt etwas tun müssen, wir werden in dieser Woche in der Diskussion mit der Europäischen Union Gelegenheit dazu haben. Ich glaube, wir haben Grund zum Selbstbewusstsein, und wir können auch auf unsere Erfahrung im Umgang mit delikaten politischen Problemen stolz sein.

Ich glaube, die Europäische Union hat noch nicht die Organe und auch noch nicht die Empfindsamkeit, um diejenigen Fragen zu behandeln, die wir seit Jahren versuchen aufzudecken und seit Jahren versuchen zu lösen. Wir können selbstbewusst in diese Woche und in die Diskussion mit der Europäischen Union eintreten.

Vielen Dank.


Axel FISCHER, Deutschland, EPP/CD/PPE/DC

Ich danke Ihnen sehr herzlich, Herr Präsident.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren,

mein erster Dank gilt dem Berichterstatter, der mit diesem umfangreichen Bericht ein wichtiges Thema aufgegriffen hat, und ich glaube, es ist sehr gut, dass wir uns gerade heute hier im Europarat in Straßburg damit beschäftigen.

Zielrichtung des Berichtes ist es ja unter anderem, den kulturellen Hintergrund der Menschen in den Ländern zu stärken, die Muttersprache zu festigen – Sie haben das ja noch einmal eindrucksvoll dargestellt, Herr Berichterstatter. Die angesprochene Problematik bezieht sich nicht auf einzelne Sprachen, sondern auf alle Staaten innerhalb und außerhalb des Europarates.

Deshalb halte ich es für sehr wichtig, einige grundsätzliche Feststellungen zu treffen, die ich auch für meine Fraktion hier tätigen darf.

Für die Persönlichkeitsentwicklung jedes Menschen ist der sprachliche Hintergrund sehr wichtig, und wir wissen alle, dass man nur Dinge denken kann, die man auch in Worten ausdrücken kann. Deshalb ist ein reicher Wortschatz in der Sprache sehr wichtig, und es ist besser, eine Sprache sehr gut zu beherrschen, als viele Sprachen nur unzureichend.

Dies ist ein erster Grundsatz, den ich hier noch einmal deutlich machen muss.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist – auch darauf haben Sie, Herr Berichterstatter, bereits hingewiesen – die Beherrschung der Landessprache, also der Sprache des Landes, in dem man lebt. Nur so nämlich hat man Chancen am Arbeitsmarkt, in der beruflichen Weiterentwicklung und in der schulischen und universitären Bildung – nur wer sich ausdrücken kann, kann beruflich weiterkommen.

Dies ist auch notwendig, damit die Bildung von Parallelgesellschaften vermieden werden kann, denn wir wollen, dass die Menschen sich in dem Land, in dem sie dauerhaft leben wollen, auch dauerhaft integrieren. Langfristig ist demnach die Integration von Menschen, auch von jungen Menschen, nur dann erfolgreich möglich, wenn die einheimische Sprache richtig erlernt wird. Dies ist die Aufgabe – unter anderem - des Staates in der schulischen Bildung.

Zwei – oder Mehrsprachigkeit ist dann sinnvoll, wenn die Landessprache mit einem entsprechenden Wortschatz beherrscht wird, und genau darauf zielt dieser Antrag ab.

Dann kann natürlich eine zweite oder dritte Sprache das Land, in dem sie gesprochen wird, kulturell bereichern.

Der Bericht geht auch auf zwei Unterschiede ein: Zum einen den Dialekt, der vor Ort gesprochen wird. Hier im Europarat in Straßburg, wo später auch viele Kollegen aus Frankreich das Wort ergreifen werden, möchte ich das Beispiel Elsass anführen.

Das Elsässische ist dem Deutschen recht nah verwandt, und so ist es nur eine logische Konsequenz, dass hier im Elsass als erste Fremdsprache Deutsch gelehrt wird – so wie auf der anderen Seite, in Baden-Württemberg, zumindest in den grenznahen Gebieten – in der Schule selbstverständlich Französisch als erste Fremdsprache gelehrt wird statt Englisch.

Und auch wenn in Baden-Württemberg immer wieder diskutiert wird, ob dies der richtige Weg ist, halte ich diese Politik für richtig, denn es ist eine kulturelle Bereicherung.

In einer Stadt wie zum Beispiel Paris ist die Lage allerdings eine andere:

Hier spielt nicht Dialekt eine Rolle, sondern die Landessprache derer, die zugewandert sind. Es kann nun aber nicht Aufgabe des Staates sein dafür zu sorgen, dass in Paris die dort lebenden Deutschstämmigen Deutsch lernen, die Chinesen Chinesisch, die Russischstämmigen Russisch, die Türken Türkisch und so weiter. Diese Unterscheidung muss daher auch im Antrag berücksichtigt werden, und wir haben deshalb einen Änderungsantrag eingebracht zu Punkt 10.3.3 - hier soll eine Präzisierung durchgeführt werden.

Wir bevorzugen die Formulierung, dass soweit sinnvoll möglich, der Unterricht in den Schulen in der Landessprache der Schüler erteilt werden soll. Ich bin dem Berichterstatter sehr dankbar, dass er vor dem Ausschuss für Kultur, Bildung und Forschung zugestimmt hat, diesen Änderungsantrag aufzunehmen.

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.


Johannes RANDEGGER, Schweiz, ALDE/ADLE

Sehr geehrter Herr Präsident,

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Der Bericht ist wirklich sehr gut und umfassend, und dafür gebührt dem Berichterstatter ein ganz besonderer Dank. Herr Legendre hat die Problematik um die Bedeutung des korrekten Erlernens der Muttersprache als Basis für den späteren Erfolg in der schulischen Ausbildung der Kinder sehr klar und überzeugend zum Ausdruck gebracht. Dabei hat er es gut verstanden die besonderen Bedürfnisse von sprachlichen Minderheiten auf einer sachlichen Basis darzustellen.

Die besondere Stärke des Berichtes ist meines Erachtens die wissenschaftlich fundierte Abstützung der vorgestellten Überlegungen, Unterrichtsmodelle, der Erkenntnisse und der Empfehlungen an das Ministerkomitee.

Wir haben es somit nicht mit einem politischen Bericht zu tun, sondern mit einer sprachwissenschaftlichen Arbeit, die hoffentlich rege genutzt wird für bildungspolitische Entscheidungen in unseren Mitgliedsländern.

Nun zum wichtigsten Grundsatz: Der Erfolg der schulischen Ausbildung hängt von der soliden Einschulung der Kinder in ihrer Muttersprache ab. Dabei verweise ich auf die in diesem Zusammenhang sehr klare Definition der Muttersprache im Bericht von Herrn Legendre; als die Sprache, die von Kindern im Einschulungsalter von vier bis fünf Jahren gesprochen wird. Wird dieser Grundsatz der soliden Einschulung in der Muttersprache nicht befolgt, so ist der spätere Misserfolg programmiert.

Die OECD-Studien – bekannt unter dem Namen „PISA-Test“ – über die schulischen Fähigkeiten der 15-jährigen bezüglich Lesen, Textverständnis und Schreiben bestätigen, dass die Vernachlässigung der Muttersprache während der Einschulungsphase in späteren Jahren kaum mehr behoben werden kann. Das Resultat eines solchen Fehleinstiegs sind 15 -, 16-jährige, die wegen ihrer Unfähigkeit einfache Texte zu verstehen, nicht in der Lage sind, auch nur in einfachste berufliche Ausbildungsprogramme einzusteigen, und deshalb häufig bereits im jugendlichen Alter mit dem traurigen Schicksal der Arbeitslosigkeit konfrontiert sind.

Der Bericht spricht sich aber auch sehr deutlich gegen die Überforderungsthese in der bilingualen und multilingualen Sprachausbildung der Kinder aus. Es gilt heute als wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis, dass Kinder sehr wohl in der Lage sind, neben der Muttersprache eine oder zwei Fremdsprachen bis zum Alter von 15 Jahren zu erlernen, wenn in den ersten Schuljahren ein solides Fundament in der Muttersprache geschaffen wurde und die Sprachausbildung bis zum 15. Lebensjahr weitergeführt wurde.

In meinem Herkunftsland der Schweiz gibt es vier offizielle Sprachen: Deutsch und Französisch als Mehrheitssprachen, Italienisch und Romanisch als Minderheitensprachen. Welche dieser Sprachen, oder ob Englisch neben der Muttersprache als erste Fremdsprache in der Schule unterrichtet werden soll beschäftigt die Bildungspolitiker in unserem Land seit Jahren. Heute beginnt sich ein Sprachenkompromiss mit dem Zwei-Sprachen-Modell 3/5 abzuzeichnen.

Das bedeutet, dass mit dem Unterricht in der ersten Fremdsprache im dritten Schuljahr, und mit der zweiten Fremdsprache im fünften Schuljahr begonnen wird. Ob die erste Fremdsprache nun eine Landessprache oder Englisch sein soll, wird dem jeweiligen Kanton überlassen. Damit, so hoffen wir, werden wir sowohl den staatspolitischen wie auch den bildungspolitischen Bedürfnissen einer vielsprachigen und multikulturellen Nation gerecht.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!


Axel FISCHER, Deutschland, Deutschland, EPP/CD/PPE/DC

Herr Präsident,

Ich danke Ihnen für das Wort. Der Antrag bezieht sich auf Punkt 10.3.3 im Papier, in der Vorlage des Änderungsantrages. Darin steht, dass es um den muttersprachlichen Unterricht in der Schule geht, in der Vorlage steht „soweit möglich“ –wir möchten die Präzisierung „soweit sinnvoll möglich“. Wir haben dies im Ausschuss bereits debattiert, und ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Berichterstatter, dass der Ausschuss mit großer Mehrheit diesen Änderungsantrag akzeptiert hat. Und ich freue mich jetzt auch auf die Abstimmung.


Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD/PPE/DC

Vielen Dank, Herr Vorsitzender!

Auch im Namen meiner Gruppe möchte ich dem Berichterstatter, Herrn Cousin, ganz herzlich für seinen Bericht danken, der richtungsweise gezeigt hat, was auf dem Feld der Armut- und Korruptionsbekämpfung getan werden kann. Die Nichtregierungsorganisation „Transparency International“ veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Berichte darüber, wie sich die Situation in der Korruptionsbekämpfung, nicht nur in sämtlichen Staaten der Welt, sondern eben auch in den Mitgliedsstaaten des Europarates entwickelt.

Wir sind diesbezüglich sowohl ganz oben wie auch ganz unten auf der Skala vertreten.

Deswegen ist klar, dass die Frage der Korruptionsbekämpfung für uns eine ganz wichtige Angelegenheit ist und uns auch immer begleiten wird, denn Korruption ist wahrscheinlich ein genau so altes Problem wie die Institutionen die sie befällt – dies gilt eben auch für den Mitgliedsbereich des Europarates. Es ist ein Problem, das keinen begrenzten Bereich von Menschen betrifft, aber es betrifft eben die Ärmsten am meisten. Gerade eben wurde bereits darauf hingewiesen, dass es einen wissenschaftlich belegten Zusammenhang zwischen Armut und Korruption, sowie zwischen Armuts- und Korruptionsbekämpfung gibt.

Korruption fördert Armut, da Korruption ein Hindernis für Investitionen aus dem Ausland darstellt, sie wie eine Steuer auf unternehmerische Tätigkeiten wirkt, und die Steuereinnahmen des Staates mindert, und dadurch eben auch die Möglichkeiten des Staates, Ärmeren zu helfen. Korruption bei staatlichen Stellen benachteiligt dadurch eben vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen.

Korruption ist somit ein weltweites Problem, und der Europarat hat in der Vergangenheit versucht, mit diesem Problem umzugehen. Auch darüber wurde gerade gesprochen. Ich nenne hier nur die Initiativen im Rahmen von Greco, und das „Project against Crime and Corruption in South-Eastern Europe“ – dies sind begrüßenswerte Maßnahmen und Schritte gewesen. Allerdings: Auch wenn dabei einiges erreicht wurde, so darf uns dies nicht davon abhalten, in die Zukunft zu schauen und zu schauen, was wir tun können.

Diesbezüglich sind im Bericht einige Maßnahmen genannt worden. Ich möchte noch auf etwas hinweisen: Zum einen ist die Konvention gegen Korruption noch nicht von allen Mitgliedsstaaten unterzeichnet worden. Ich denke, hier ist es an uns, mitzuhelfen, dass dies geschieht. Die beiden Konventionen des Europarates zur Korruptionsbekämpfung sind ebenfalls noch nicht von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert worden. Auch dies muss sich ändern. Programme, wie ich sie eben gerade beschrieben habe sind sicherlich ein wichtiger Punkt. Da aber solche Programme von den freiwilligen Beiträgen der Mitgliedsstaaten leben, wird es unsere Aufgabe sein, bei unseren jeweiligen Regierungen zuhause dafür zu werben und einzutreten, dass entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Aber nicht nur im Bereich der speziellen Armuts- und Korruptionsbekämpfungsprogramme ist ein Schwerpunkt zusehen, sondern es geht insgesamt um die Frage, wie wir mit Programmen, Zusammenarbeit und Tätigkeiten im Bereich der „Good Gouvernements“ Dinge erreichen können, denn das ist sicherlich auch ein wichtiger Punkt im Bereich der Korruptionsbekämpfung.

Ein letzter wichtiger Punkt: Wir dürfen das Ganze nicht nur als Frage der staatlichen Akteure sehen, sondern natürlich muss auch die Wirtschaft mit einbezogen werden. Der Generalsekretär hat hier mit dem „Global Compact“ einen entsprechenden Vorschlag gemacht, über den in den letzten Jahren viel diskutiert wurde. Und natürlich die Zivilgesellschaft; Organisationen wie „Transparency International“ aber auch viele andere bemühen sich sehr in diesem Bereich.

Ich denke, dass der einzige Ansatz, die Dinge anzugehen, nur der sein kann, der von allen, oder möglichst vielen Akteuren getragen wird – dies ist in dem Bericht deutlich geworden, und wir sollten genau in diesem Zusammenhang weiterarbeiten, denn das Problem wird uns, so fürchte ich, noch sehr lange begleiten.

Dankeschön.