Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2006

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(3. Teil)

BERICHT

17. SITZUNG

Dienstag, 27. Juni 2006, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Peter SCHIEDER, Österreich, SOC

Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der politische Ausschuss gratuliert Herrn Marty und dem Rechtsausschuss zu ihrer ausgezeichneten Arbeit. Vieles wurde aufgeklärt, und manches wird noch aufgeklärt werden. So stellt die mögliche Auflösung Guantanamos nicht nur die Frage nach der weiteren Behandlung der Gefangenen, die Frage des Asyls und des Schadensersatzes für die betroffenen Unschuldigen, sondern wir müssen uns darüber klar sein, dass manche von ihnen auch wichtige Zeugen für Methoden, Lager, Transporte und Verbindungen der CIA sein werden.

Der politische Ausschuss ist davon ausgegangen, dass das Hauptziel, nämlich der Kampf gegen den Terrorismus, nicht auf Kosten der Grundfreiheiten und der Menschenrechte geführt werden darf, dass das europäische Selbstbewusstsein gegenüber den USA größer werden muss, dass wir pro-aktiv für die Menschenrechte in der Welt eintreten müssen, und dass die vorhandenen europäischen Instrumente effizienter zu gestalten sind.

Es ist unsere Aufgabe, aufzuzeigen; es ist aber auch unsere Aufgabe, Wiederholungen zu verhindern.

Dass nicht alles zu Ende ist, zeigt in diesen Tagen die Entdeckung, dass mit Geheimprotokollen und mit geheimen Zugängen der weltweite Knotenpunkt der Bankenwelt, SWIFT, ausspioniert wurde, dass Daten weitergegeben wurden, und was das Internet und den E-Mail Verkehr angeht, sind sicherlich ähnliche Enthüllungen zu erwarten.

Deshalb schlägt der politische Ausschuss in seinen Abänderungsanträgen vor, den Artikel 52 der Konvention durch den Generalsekretär auch in Zukunft verstärkt anzuwenden; er hält es ebenso für notwendig darüber nachzudenken, wie wir die Menschenrechtskonvention noch effektiver gestalten können, dass im CPT, in der Antifolter-Konvention, die Vertraulichkeit für schwere Verstöße gegen die Menschenrechte fallen muss, und dass es wichtig ist, alle bilateralen Abkommen in Europa zu untersuchen und den Regierungen zu helfen, damit nicht mithilfe solcher Abkommen direkt oder indirekt europäische Konventionen verletzt werden. Außerdem muss unbedingt die Rolle der Geheimdienste weiter beleuchtet werden, und es ist zu prüfen, ob der europäische Menschenrechtskommissar nicht gerade hier eine wichtige Aufgabe hätte.

Der politische Ausschuss will dazu beitragen, dass für die Zukunft Ähnliches verhindert wird, und dass sich in Europa der Vorrang der Menschenrechte vor anderen wichtigen Dingen durchsetzt.

Präsident

Danke.

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD/PPE/DC

Frau Präsidentin!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

es ist in der Debatte schon häufig angesprochen worden, dass es beim Kampf gegen den Terrorismus keine Einschränkungen in Bezug auf Menschenrechte geben darf, weil dies dazu führt, dass diejenigen, welche den Terrorismus bekämpfen, unglaubwürdig werden.

In der heutigen Sitzung hat der Präsident meines Erachtens zu Recht die Frage aufgeworfen, was wir als parlamentarische Versammlung des Europarates tun können, um unseren Teil zur Aufklärung beizutragen und die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.

In diesem Sinne begreife ich den Bericht, der uns heute vorliegt, als einen Baustein, der uns dazu führen soll, aufzuklären und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wir werden – auch das ist in der Debatte schon angeklungen – einige Dinge unter Beweis stellen können.

Mir ist durchaus klar, dass es sich hier um einen politischen Bericht handelt und nicht um einen, den man vor Gericht verwenden kann. Doch wir werden Fragen beantworten und wir werden das alles untermauern müssen. Es geht am Ende um unsere Glaubwürdigkeit, die Glaubwürdigkeit dieses Gremiums, welches sich auch als Hüter der Menschenrechte in Europa begreift.

Meiner Meinung nach können wir zweierlei tun: Der Bericht weist zu Recht darauf hin, dass wir auf der Ebene des Europarates und seiner Parlamentarischen Versammlung nicht die Mittel zur Einrichtung eines Untersuchungsausschusses haben werden, die einige Nationalstaaten zur Verfügung haben. Ich bin dem Vizepräsidenten der Kommission sehr dankbar für seinen Hinweis darauf, dass die Nationalparlamente hier eine große Rolle spielen, und hier sehe ich das Bindeglied für uns. Wir sind Vertreter der Nationalparlamente, aber wir sind auch gleichzeitig hier tätig. Ich halte es für wichtig, dass wir unsere Nationalparlamente und unsere nationalen Mittel nutzen, und dass wir unsere Kollegen in unseren Parlamenten auf die große Chance aufmerksam machen, die in der Zusammenarbeit insgesamt liegt.

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf das Amendement Nummer 2 lenken, welches ich im Namen der Deutschen Delegation hier vorbringe, der noch einmal auf die Wichtigkeit verweist, dass auch die Ergebnisse nationaler Untersuchungen Eingang in unsere Arbeit hier finden.

Aus der Erfahrung eines deutschen Bundestagsabgeordneten darf ich wohl sagen, dass wir in Deutschland über ein System verfügen, das weitreichende Kompetenzen vorsieht.

Wenn wir parlamentarische Untersuchungsausschüsse einrichten, so haben diese mit Gerichten vergleichbare Kompetenzen, sie können Akten einsehen und Zeugen vorladen.

Für mich ist dies ein Schritt in die richtige Richtung. Es gibt in Deutschland etwas, was offenbar – so geht aus dem Bericht hervor – nicht überall möglich ist. Es gibt ein Gremium, das sich speziell mit der Kontrolle der Geheimdienste beschäftigt.

Wie gut es arbeitet, ist immer eine Frage der Diskussion, auch der parlamentarischen Diskussion. Wichtig ist jedoch, dass ein solches Gremium existiert; und ich möchte noch darauf hinweisen, dass dies eben offenbar nicht in allen Ländern der Fall ist. Soviel zu dem einen Punkt.

Zum zweiten sind wir aber auch ein internationales Gremium; und hier sehe ich sowohl eine Aufgabe als auch eine Chance. Seit Jahren bemühen sich die Vereinten Nationen, einen allgemein gültigen Begriff für Terrorismus zu finden. Was ist Terrorismus? Was sind Terroristen? Wie können sie von anderen Elementen abgegrenzt werden?

Wenn wir als Parlamentarische Versammlung des Europarates hier bei der Frage der Definition einen Beitrag leisten könnten, dann könnten wir durchaus auch weitergehend definieren, was dann im Kampf gegen den Terrorismus erlaubt ist und welche Maßnahmen ergriffen werden dürfen. Ich glaube, in diesem Sinne können wir national wie international als Parlamentarische Versammlung des Europarates durchaus einen wichtigen Beitrag leisten – und so sollten wir auch den heutigen Bericht verstehen.

Danke sehr.

Präsident

Ich gebe jetzt das Wort an Herrn Schieder.

Peter SCHIEDER, Österreich, SOC

Herr Präsident!

Nur zwei Bemerkungen zu den Vorschlägen, die Geheimdienste, die Nachrichtendienste betreffend: Erstens begrüße ich ausdrücklich die Vorschläge von Generalsekretär Terry Davis; ich möchte jedoch darum bitten, dass bei all den Überlegungen in dieser Arbeit nicht nur die nationale Ebene gesehen wird, sondern auch die neue Problematik der Knotenpunkte, auch derjenigen in Europa.

Zweitens begrüße ich ebenso ausdrücklich die Vorschläge des Herrn Kommissions-Vizepräsidenten Frattini. Ich glaube, Nachrichten- und Geheimdienste spielen in Europa eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Terrorismus, von Drogen und Kriminalität. Wir sollten uns jedoch auch die Frage stellen, ob es dem Geiste der Europäischen Union entspricht, dass sich ihre Mitgliedsländer untereinander nachrichtendienstlich bespitzeln, oder ob das nicht in einem modernen Europa abgeschafft werden sollte.

Danke sehr.

Präsident

Möchte jemand gegen dieses Amendment sprechen? Dies ist nicht der Fall.

Präsident

Dankeschön. Möchte jemand dagegen sprechen? Das ist nicht der Fall. Was hält die Kommission davon?

Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC

Dieses Amendment hebt hervor, dass der Generalsekretär nach unserer Satzung die Möglichkeit hat, Berichte von den einzelnen Ländern abzufordern. Das hat er gemacht und es hat sehr geholfen. Wir möchten, dass er damit nicht aufhört, sondern dass er dieses Instrument auch in Zukunft weiter nutzt.

Präsident

Dankeschön. Möchte jemand dagegen sprechen? Das ist nicht der Fall. Was meint die Kommission?

Vize-Präsident

Der Ausschuss ist dafür.

Präsident

Der Ausschuss ist dafür. Hiermit ist die Abstimmung eröffnet.

Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC

Hier geht es darum, dass Opfern illegaler Handlungen gegenüber nicht nur eine Entschuldigung ausgesprochen wird, sondern dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt.

Präsident

Dankeschön.

Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC

Wir wollen darauf achten, dass Zwangsrückführungen und Auslieferungen an Orte wo die Todesstrafe, oder andere Menschenrechtsverletzungen, wie Folterungen und Misshandlungen oder andere eklatante Verbrechen wie das Verschwinden lassen drohen, nicht erfolgen dürfen. Sie dürfen von uns, den Mitgliedsländern weder toleriert noch durchgeführt werden. Hier soll es auch nicht ausreichen, dass man sich unter Diplomaten einig ist, und wir hier Absprachen treffen, sondern es muss eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die Wirklichkeit muss genau analysiert werden; ob es sich um ein solches Vergehen handelt oder nicht.

Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC

Ich möchte ergänzen, dass die für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen von unabhängigen, unparteilichen Gremien und durch wirksame Untersuchungen gefasst werden, und dass auch die Flughäfen und Lufträume, die überflogen worden sind, mit in die Untersuchungen einbezogen werden müssen. Die Untersuchung muss außerdem öffentlich gemacht werden, und die Ergebnisse müssen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.