Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2006

________________________

(3. Teil)

BERICHT

18. SITZUNG

Dienstag, 27. Juni 2006, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Rosemarie ZAPFL-HELBLING, Schweiz, EPP/CD/PPE/DC

Herr Vorsitzender!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die EBRD wurde im Jahre 1991 als unmittelbare Reaktion auf die Veränderungen in Mittel- und Osteuropa gegründet. Zu ihren Aufgaben zählt die nachhaltige Unterstützung der mittel- und osteuropäischen Staaten bei den Demokratisierungsbemühungen und bei der Einführung der Marktwirtschaft durch wirtschaftliche Hilfestellung.

Die EBRD hat im Gegensatz zu anderen Entwicklungsbanken neben einem wirtschaftlichen auch ein politisches Mandat, und das verpflichtet. Es verpflichtet sie, die Unterstützungsmaßnahmen von den Bemühungen der Empfängerländer, demokratische und pluralistische Gesellschaftsverhältnisse zu schaffen, abhängig zu machen.

Seit nunmehr 15 Jahren übernimmt der Europarat die Rolle als politisches Forum für die EBRD. Wir sind der Mittler zwischen dieser Entwicklungsbank und den Parlamenten der einzelnen Mitgliedsländer. Wir sind die Repräsentanten, die sämtlich die Rolle der Bank gegenüber unseren jeweiligen Ländern und ihren Bürgern durchführen und auch verantworten. Damit tragen wir gegenüber unseren Staaten Verantwortung für die ausgegebenen Gelder. Ich kann nur die Ausführungen des Berichts unterstützen; demzufolge dem politischen Dialog unserer Staaten mit der EBRD mehr Beachtung geschenkt werden muss. - Vielen Dank, Herr Schreiner, dass Sie das mit aufgenommen haben.

Das Engagement der EBRD in Russland wie auch in anderen osteuropäischen Staaten ist seit Jahren sehr stark, das haben wir auch heute wieder gehört, vor allem von Herrn Lemierre. Russland ist ein Land, das sich in einer enormen wirtschaftlichen Entwicklung befindet, deshalb ist es besonders wichtig, genau zu verfolgen, wie die Gelder dieser Bank dort angelegt und investiert werden. Mit der Wirtschaftskommission hatten wir kürzlich die Gelegenheit zu sehen, was diese Entwicklung zum Beispiel in der Region des Baikal-Sees auslöst.

Dieses Gebiet ist bis heute gegenüber den westlichen Gebieten Russlands vernachlässigt worden. Mit diesem Bericht, vor allem mit dem Abänderungsantrag, verlangen wir von der EBRD, mit ihrer Unterstützung mehr Gewicht in die Region Ostsibirien zu legen.

Nach der Politik der EBRD heißt das für Russland, dass auch Russland aufgefordert ist mitzuhelfen, damit der Gewinn aus der Förderung der Ressourcen in ein langfristiges Wachstum in dieser Region investiert wird. Dies bedeutet vor allem die Beachtung des Umweltschutzes bei der ökonomischen Entwicklung, es bedeutet aber auch Aufbau eines sanften Tourismus, der die Umwelt schont. Es müssen also auch die empfangenden Länder selbst einen eigenen Beitrag zu ihrer Entwicklung leisten.

Für das jetzige Europa wie auch für zukünftige Generationen ist die Region des Baikalsees als Wasserreservoir und als Naturschutzgebiet von so großer Bedeutung, dass wir im Europarat in diesem Bericht explizit darauf hinweisen müssen.

Im Namen der EPP-Fraktion möchte ich den Verantwortlichen der EBRD, vor allem Herrn Lemierre, gratulieren und dafür danken, dass die Ergebnisse der Bank für 2005 die operationellen und finanziellen Ziele übertroffen haben. Dies macht der Bericht sehr deutlich, und ich bin froh darüber, dass wir darüber diskutieren können. Es beweist, dass seriöse Arbeit geleistet wird; und Herr Lemierre hat ja auch darauf hingewiesen, dass diese Arbeit nicht immer einfach ist.

Ich danke natürlich auch dem Berichterstatter, Herrn Bernard Schreiner, der sowohl mit seinem Bericht, als auch mit seinen heutigen Ausführungen genau auf die sensiblen Punkte hingewiesen hat, die es zu beachten gilt.

Präsident

Vielen Dank, Frau Zapfl-Helbling.

Ali Riza GÜLCICEK, Türkei, SOC

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

zunächst möchte ich mich bei meinem Kollegen Ed van Thijn vom holländischen Parlament für seinen ausführlichen Bericht herzlich bedanken. Herr van Thijn thematisiert eine offene Wunde unserer Gesellschaft.

Parallel zu den Entwicklungen in den letzten Jahren nimmt das Phänomen Emigration beständig zu. Die Emigration, die nicht zuletzt auf Defizite in Bereichen wie Friede, Demokratie, Gerichtsbarkeit, politische und ökonomische Stabilität von Staaten zurückgeht, betrifft die Grenzen bestimmter Staaten. Ungerechte Einkommensverhältnisse, Arbeitslosigkeit, Kriege, Armut und Menschenrechtsverletzungen sind Beweggründe vieler illegaler Immigranten.

Wie im erwähnten Bericht bemerkt wird, herrscht hinsichtlich der genauen Zahl dieser irregulären Emigranten keine eindeutige Klarheit. Ihre Zahl, die auf ungefähr 3 Millionen geschätzt wird, beläuft sich nach anderen Schätzungen auf 5 Millionen. Bedeutend ist jedoch nicht die genaue Zahl, sondern dass jedes Jahr Menschen versuchen, mit verschiedenen Mitteln über die Grenzen europäischer Staaten zu gelangen – ein Teil schafft dies, andere scheitern, wieder andere kehren zurück, manche verlieren bei diesem Abenteuer ihr Leben.

So ist es zu empfehlen, dass der Europarat, der für die Gewähr der Menschenrechte und Demokratie von durchaus bedeutender Relevanz ist, sich mit der Situation dieser Menschen auseinandersetzt und, dies ist eine unserer wichtigsten Verantwortungen, das Bewusstsein der Öffentlichkeit auf die Qualen dieser Menschen lenkt.

Vorab jedoch sollten wir alle, besonders die, die mit Emigranten in Kontakt treten, sich darüber im klaren sein, dass das hier oft diskutierte und überarbeitete Menschenrechtsabkommen für jeden in gleicher Weise gilt, ob Emigrant oder nicht.

In dieser Sache fallen für die Mitgliedstaaten des Europarates Verantwortungen und Aufgaben an. Denn nur auf diese Weise wird es möglich sein, die ungleiche Behandlung von Staaten gegenüber irregulären Emigranten zu unterbinden und somit für Betroffene ein Minimum an menschenrechtlichen Standards zu gewährleisten. Zudem ist es notwendig, dass die Mitgliedstaaten der EU das internationale Abkommen der Menschenrechte so schnell wie möglich ratifizieren.

In diesem Rahmen möchte ich auch einige Informationen zur Situation der irregulären Emigranten im eigenen Land an Sie weiterleiten. Die Türkei hat auf diesem Gebiet den Status eines Herkunfts-, Ziel- und Transitlandes. Zusammen mit der illegalen Einwanderung von Staatsbürgern aus dem Iran, Irak, aus Pakistan und Afghanistan nach Westeuropa entwickelte sie sich zuletzt immer mehr zu einer Transit-Route.

Eine der wichtigsten Eigenschaften in diesem Bereich besteht für die Türkei zudem auch darin, dass diese Aktivitäten zumeist von Menschenschmugglern durchgeführt werden. So scheint es wichtig zu sein, dass neben der Gewährleistung von Menschenrechten der Emigranten zudem auch daran gearbeitet werden sollte, die Aktivitäten dieser Menschenschmuggler zu unterbinden.

Menschenrechtsverletzungen nehmen nämlich vor allem mit dem Menschenschmuggel ihren Anfang, so dass der Leidensweg dieser Menschen ermöglicht wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin der Meinung, dass die Lösung von illegalen Emigranten, die im Bericht meines Kollegen ausführlich zu Wort gebracht wird, in erster Linie eine menschliche Verantwortung darstellt.

Abschließend möchte ich noch einmal Herrn van Thijn meinen herzlichen Dank für seinen ausführlichen Bericht aussprechen.