Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2006

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(3. Teil)

BERICHT

20. SITZUNG

Mittwoch, 28. Juni 2006, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Ruth-Gaby VERMOT-MANGOLD, Schweiz, SOC

Beim Dritten Gipfel des Europarates wurden in verschiedenen Bereichen Beschlüsse gefasst, die es jetzt umzusetzen gilt. Eine größere Transparenz zum Beispiel und Sichtbarkeit des Europarates, Intensivierung des Kampfes gegen Korruption, organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Menschenhandel, sowie die Task Force zum Coéfficient Social oder die Zusammenarbeit zwischen Europarat und Europäischer Union.

Was ist zum Beispiel zu tun, damit niemand den Europarat an die EU verscherbelt, was kann getan werden, damit die beiden Institutionen ihre thematische politische Eigenständigkeit behalten?

Ich teile die Bedenken des Kollegen Cox in all diesen Fragen – denn der Europarat wird immer mehr geschwächt. Es kann nicht angehen, dass wir ständig unsere Aufträge im Bereich der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit einschränken; sondern wir müssen genau die Aufgaben erfüllen, die wir uns gestellt haben.

Der Dritte Gipfel hat sich auch zur kulturellen Zusammenarbeit geäußert. Kultur ist hierbei sehr weit gefasst und bezieht sich nicht nur auf die materielle Kultur, sondern auch auf die sozial geprägten Kulturelemente des Zusammenlebens. Die Globalisierung der wirtschaftlichen Beziehungen bedeutet häufig, dass wir die kostbaren kulturellen Verschiedenheiten nicht mehr wahrnehmen wollen; dabei sind sie doch der Reichtum, der die Menschen und Völker auszeichnet - Sprachen, Lebensformen, Denkweisen, Wertvorstellungen und anderes mehr. Damit sollen wir laut dem Dritten Gipfel in den nächsten Jahren Bedingungen schaffen, die die kulturelle Vielfalt schützt und stützt.

Der Dritte Gipfel hat sich auch mit der Migration und mit den Flüchtlingen befasst; und hier ist besondere Sorgfalt nötig. Wir haben zum Beispiel eine massive Verschlechterung der Situation bei den Asylsuchenden in vielen Ländern; so wird etwa der Zugang zum Asylverfahren gesetzlich erschwert. Rückführungen in Anstand und Würde sind vielerorts nicht mehr gewährleistet. Die Anzahl der Menschen in illegaler Situation wird immer größer; und es befinden sich darunter Frauen, Kinder und Jugendliche, also besonders verletzliche Menschen. Kinder und Jugendliche werden auch oft nicht so betreut, wie wir alle es durch die Ratifizierung der Kinderrechtskonvention versprochen haben; so sitzen in vielen Ausweisungsgefängnissen Jugendliche unter sechzehn Jahren.

In verschiedenen Ländern wird keine Sozialhilfe mehr gewährt; stattdessen werden die Menschen mit einer geringen Nothilfe versorgt, die weder zum Leben noch zum Sterben reicht. In anderen Ländern werden Asylgesetze geschaffen, welche die Menschenrechte und das Völkerrecht verletzen. Es werden Maßnahmen angewendet, die die Genfer Flüchtlingskonvention verletzen.

Europa will sich seiner Verantwortung im Asylbereich entziehen, indem es versucht, Zentren außerhalb der EU zu schaffen. Diese Entwicklung ist alarmierend; und der Europarat darf die Schaffung solcher Zentren keinesfalls unterstützen.

Die Empfehlungen des Dritten Gipfels in den drei genannten Berichten sind handzahm und nicht wirklich provokativ oder gar revolutionär. Trotzdem empfehle ich im Namen der Sozialdemokratischen Partei den Mitgliedstaaten, sie mit großem Engagement und noch größerer Verantwortung umzusetzen.

Präsident

Dankeschön.

Theo MAISSEN, Schweiz, EPP/CD/PPE/DC

Herr Präsident!

Geschätzte Damen und Herren,

ich spreche zum Thema „Kulturelle Zusammenarbeit“ und möchte dem Berichterstatter für seinen Bericht über kulturelle Aktivitäten für die Gesellschaft und die Völker danken.

Er zeigt neben den positiven Seiten aber auch die aktuellen Mängel auf; so vor allem das mangelnde Engagement, vor allem auch finanzieller Natur, seitens des Europarates.

Diese Kritik muss unterstrichen werden; und zwar deshalb, weil Kultur sowohl die Basis als auch der Vermittler von Werten ist, von unseren Werten, die wir auch im Europarat pflegen, nämlich Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Kultur ist nicht nur etwas, was neben diesen Werten getätigt wird, sondern es ist die Grundlage dafür.

In Europa hat man jahrzehntelang eine Mauer gehabt, welche den kulturellen Austausch verhindert hat. Europa ist aber gleichzeitig auch einer der Kontinente mit den ältesten und vielfältigsten Kulturen, welche bis heute Auswirkungen haben.

Werte werden vor allem durch das Wort vermittelt, und deshalb möchte ich kurz etwas zur Bedeutung von Literatur und Theater sagen: Hier wäre es wünschenswert, wenn wir vermehrt konkrete Projekte umsetzen würden – dies ist eine Aufforderung an die Mitgliedsstaaten.

Ein erster Schritt dazu sind Übersetzungen, insbesondere solche von Werken unserer Minderheiten in Europa. Was nützt es, wenn wir über Minderheiten sprechen, aber nichts über ihre Kultur wissen? Dies ist jedoch nur möglich, indem wir ihr geschriebenes Wort übersetzen.

Kulturgut und Werte sind die Basis für das, was die Menschen beschäftigt; und Kultur soll nicht elitär sein. Ich möchte hierzu kurz ein Beispiel erwähnen: Die Schweiz hat Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“ ins Albanische übersetzt und anschließend das Drama in Tirana aufführen lassen. Das Publikum war begeistert; und zwar deshalb, weil in dem Drama die Ideen von Freiheitsgedanken so aktuell sind wie eh und je.

Ich möchte deshalb dem Ausschuss für Kultur, Wissenschaft und Bildung die Anregung geben, er möge versuchen, konkrete Projekte als Katalog zu sammeln, als Beispiel für die Mitgliedsstaaten, damit sie diese Ideen im interkulturellen Austausch einsetzen können.

Ich plädiere dafür, dass wir von der theoretischen, abstrakten Ebene, die auch ein wenig in diesem Bericht zum Ausdruck kommt, hingehen zu konkreten Projekten, die den Menschen in diesen Ländern zugute kommen, damit sie die Werte Europas besser verstehen und damit umgehen lernen.

Doris BARNETT, Deutschland, SOC

Vielen Dank, Herr Vorsitzender!

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,

zunächst möchte ich den Berichterstattern ganz herzlich danken und wende mich in meinem Beitrag besonders an Herrn Kosachev, dem ich ganz besonders für seinen umfassenden Bericht zur Umsetzung der Ziele des Dritten Gipfels danke. Fortschritte in diesem Bereich sind für die Zukunft des Europarates von zentraler Bedeutung, selbst wenn sie sehr lange dauern.

Ich möchte mich im folgenden auf zwei Gegenstände konzentrieren: Erstens die Stärkung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, und zweitens das Verhältnis zwischen Europarat und EU.

Ich begrüße es nachdrücklich, dass Russland als Vorsitzender des Ministerkomitees inzwischen das vierzehnte Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention unterzeichnet hat. Ich hoffe, die darin enthaltenen Änderungen können nun mit der Ratifikation bald in Kraft gesetzt werden.

Da dies allein nicht ausreicht, um die Glaubwürdigkeit des Schutzes der Menschenrechte durch den Gerichtshof auf Dauer zu sichern, sehe ich auch dem Bericht der Weisen-Gruppe mit großer Erwartung entgegen. Zusätzliche Strukturreformen und Finanzmittel - darauf wurde bereits hingewiesen – sind dabei absolut notwendig, um den Rückstau von achtzigtausend Fällen abzubauen; denn schließlich wollen wir alle uns doch nicht dem Vorwurf der Rechtsverweigerung aussetzen - und damit der Verweigerung eines elementaren demokratischen Rechts.

Auch sollten wir bei den Finanzmitteln aufhören zu jammern; stattdessen sollten wir uns die Frage stellen, was wir in unseren Nationalparlamenten im Haushaltsausschuss dazu beitragen, dass der Europarat entsprechend unterstützt wird. Allerdings gebe ich auch hier noch einmal zu bedenken, dass inzwischen mehr als die Hälfte der jährlich hinzu kommenden Beschwerden am Europäischen Menschenrechts-Gerichtshof aus gerade mal vier Staaten stammen, weshalb es nötig ist, gerade in diesen Ländern die Maßnahmen zur Stärkung der nationalen Justiz zu forcieren. Ich bitte die betreffenden Kollegen, zuhause darauf hin zu wirken, um den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nachhaltig zu entlasten.

Zum Zweiten: Das Verhältnis zwischen Europarat und der EU war das zentrale Thema unserer April-Sitzung; mit guten Vorschlägen des Juncker-Gerichts müssen wir das Ziel mit Nachdruck weiterverfolgen. Im April haben wir uns hier sehr kritisch mit den Bemühungen zur Gründung einer EU-Grundrechte-Agentur auseinander gesetzt. Bei mir zuhause im Bundestag sowie in einigen anderen Staaten gab es danach Initiativen, schädliche Überschneidungen und Rivalitäten bei der Grundrechte-Agentur zu verhindern.

Auf dem EU-Gipfel vor zwölf Tagen konnte noch keine endgültige Einigung über das Mandat erzielt werden; die Gründung soll allerdings weiterhin zum 01. Januar 2007 erfolgen.

Daher fordere ich die Kollegen aus EU-Staaten auf, über die nationalen Parlamente im Sinne der Empfehlung 1744 vom 13. April 2006 auf die Verhandlungen, die jetzt unter der finnischen EU-Präsidentschaft laufen, Einfluss zu nehmen.

Von zentraler Bedeutung erscheinen mir dabei folgende Überlegungen:

Zum einen muss die EU endlich der europäischen Menschenrechtskonvention beitreten, und was die EU- Menschenrechts-Agentur angeht, so soll diese geografisch auf die EU-Mitgliedsstaaten begrenzt werden, inhaltlich und sachlich soll die Begrenzung auf das EU-Gemeinschaftsrecht erfolgen, und es soll eine moderate personelle und finanzielle Ausstattung erfolgen, so dass das Geld dann möglicherweise für beide reicht.

Neben den in unserer Resolution angestellten Überlegungen halte ich es aus Gründen der Prävention für wichtig, dass die Agentur auch das Recht erhält, zu den Legislativ-Vorschlägen der EU-Kommission im Hinblick auf deren Auswirkungen auf Menschenrechte Stellung zu nehmen.

Ich appelliere an die EU-Kollegen in den kommenden Monaten in diesem Sinne aktiv zu werden und danke ihnen schon heute.

Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC

Wir müssen uns auf unsere Aufgaben, auf unsere Pflichten besinnen.

Und der Warschauer Gipfel hat dazu beigetragen, hat uns in die Pflicht genommen.

Ich möchte als Vorsitzender für den Kultur-Ausschuss der Kommission für Kultur, Wissenschaft und Bildung, hier sagen, dass ich mich freue, dass wir auch hier fokussieren können und dass wir darstellen können.

Lluis Maria de Puig hat das sehr schön in seinem Bericht gemacht und darstellen können, dass Bildung eine wichtige Voraussetzung ist, wenn wir Menschenrechte zum Durchbruch bringen wollen, wenn wir Demokratie wollen. Wir können keine Demokraten, können keine Demokratien haben, wenn sie nicht leben lernen, wenn sie nicht schweigen lernen, wenn sie sich nicht verständigen können, um ihre Konflikte auszutragen.

Europa wächst: es sind keine Dörfer mehr, die sich regulieren, es sind auch nicht nur Landstriche, sondern es sind riesige Gebiete. Sie sind abhängig davon, dass die Kommunikation stimmt. Dass die Medien da sind, um sich auseinanderzusetzen, um sich zu verständigen, um Unterschiede überhaupt wahrzunehmen und mit ihnen leben zu können. Dafür brauchen wir funktionierende Medien und wir kümmern uns darum, dass Medien in Zukunft besser funktionieren.

Medien dürfen nicht missbraucht werden, um an der Demokratie vorbei Macht auszuüben, sondern sie sind wichtiges Handwerkszeug für Demokraten, und das müssen wir sicherstellen.

Wir brauchen auch die Forschung: aber wir müssen aufpassen, dass mit den Ergebnissen der Forschung kein Missbrauch getrieben wird. Denn wir sehen, dass geforscht wird, um Menschen zu instrumentalisieren, um Menschen als Quelle für Organe oder für Gewebe oder für neue Medikamente zu nützen, ohne dass diese Menschen etwas dagegen tun können, wenn sie zur Sache gemacht werden. Dann müssen wir uns melden.

Wir haben viele Dinge in Bildung, in Wissenschaft und auch im Bereich der Kultur zu entwickeln. Wer sich nicht um die Kultur kümmert, der macht Europa arm. Sie ist unser Reichtum, davon wollen wir leben. Software ist wichtig und Ideen sind wichtig: darum wird es in der Welt gehen, und Europa ist da gut und soll auch gut bleiben.

Ruth-Gaby VERMOT-MANGOLD, Schweiz, SOC

Herr Präsident, diese beiden Amendements sind dieselben, ich kann also für beide sprechen. Es geht mir darum, und das habe ich ja auch in meiner Intervention gesagt, dass die Menschen ein gerechtes, menschenwürdiges und den Menschenrechten entsprechendes Asylverfahren bekommen, und dass Menschen, die als Asylsuchenden in unsere Länder kommen, wirksam geschützt werden. Ich möchte, dass dies dem Paragraphen 4.3 noch angeschlossen wird.

Ruth-Gaby VERMOT-MANGOLD, Schweiz, SOC

Ich muss es nicht mehr wiederholen, es ist dasselbe, es geht um Asylverfahren und um den Schutz von verletzlichen Menschen.

Gisela WURM, Österreich, SOC

Sehr geehrter Herr Präsident!

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Beispiel aus der Praxis möchte ich Ihnen gern kurz das österreichische Gewaltschutz-Gesetz vorstellen, möchte jedoch eingangs der Berichterstatterin, Frau Cliveti, herzlich für ihren fundierten Bericht danken. Sie haben, Frau Berichterstatterin, mit diesem Bericht den Finger in die offenen Wunden unserer Gesellschaft gelegt.

Österreich hat mit dem Gesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie ein Maßnahmenpaket gegen Gewalt in der Familie geschnürt, und dieses trat am 01. Mai 1997 in Kraft.

Der Anwendung von Gewalt in der privaten Sphäre wurde damit eine klare Absage erteilt. Diesem für andere europäische Länder beispielhaften Schutzgesetz gingen jahrelange Bemühungen und Aufklärungskampagnen der ersten Frauenministerin, Johanna Dohnal, voraus. Um Ihnen das Ausmaß der häuslichen Gewalt vor Augen zu führen, möchte ich Ihnen sagen, dass in Österreich jede fünfte Frau von körperlicher Gewalt im familiären Umfeld betroffen ist. Nach polizeilichen Schätzungen kennt mindestens jede zweite Frau in ihrer näheren Umgebung einen Fall von körperlicher Gewalt in einer Beziehung.

Laut Kriminalitätsbericht 2004 wurden in Österreich insgesamt 184 Morde, davon 71 (das sind 38,6%) im Familienkreis verübt; die Opfer sind zu 95% Frauen und Kinder – und die Zahlen steigen. Nach Schätzungen werden in Österreich jedes Jahr etwa 150 000 bis 200 000 Frauen misshandelt.

Wir sehen also, dass Gewalt von Männern gegenüber Frauen im privaten Kontext den größten Anteil an Gewaltkriminalität und damit das Sicherheitsproblem Nummer Eins in Österreich dar - und nicht nur in Österreich, sondern auch in allen anderen Ländern Europas und weltweit. Es ist überall dasselbe Phänomen.

Damit ist die Gewalt in der Familie auch die häufigste schwere Menschenrechtsverletzung, und das wichtigste Menschenrechtsthema.

Gewalt in der Familie wurde in der Vergangenheit stark tabuisiert und bagatellisiert.

Deshalb hat unsere damalige Frauenministerin gemeinsam mit den NGOs dieses Thema in der Öffentlichkeit bekannt gemacht, und wir haben eine breite öffentliche Auseinandersetzung darüber geführt.

Bis zum Jahre 1997 hatten Frauen und Kinder, die häusliche Gewalt erleiden mussten, kaum eine rechtliche Handhabe gegen die Täter, denn bis dahin war die Tätigkeit zur Exekutive bei Vorliegen häuslicher Gewalt ausschließlich in kriminalpolizeilich dominierten Überlegungs- und Entscheidungsprozessen verhaftet. Im Mittelpunkt der Intervention stand der Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung.

Die Exekutive war vor allem als Streitschlichter vor Ort und wurde auch so eingesetzt.

Hier wurde mit dem Gesetz Abhilfe geschaffen; es wurden Betretungsverbote ausgesprochen, es wurden Interventionsstellen in allen neuen Bundesländern geschaffen, welche die Frauen bei diesem Prozess begleiten. Wichtig ist nun, dass auch andere Länder ähnliche Gesetzesvorlagen installieren und implementieren. Ich bin überzeugt, dass durch diese Kampagne, die im Jahre 2006 seit zwei Jahren läuft, mehr Bewusstsein geschaffen wird, was sehr hilfreich ist.

Ich hoffe, und appelliere an uns Parlamentarierinnen und Parlamentarier, sich massiv mit diesem Phänomen, mit dem Verbrechen an der Menschheit an unseren nationalen Parlamenten auseinanderzusetzen und die entsprechenden Maßnahmen zu forcieren.

Herzlichen Dank.

Rosmarie ZAPFL-HELBLING, EPP/CD/PPE/DC

Danke, Herr Vorsitzender.

Gewalt in der Familie ist immer ein trauriges Thema, und wir haben ein paar Mal heute Nachmittag im Plenum davon gehört.

Allerdings ist es für alle Frauen ein Lichtblick, dass der Gipfel in Warschau und auch das Ministerkomitee beschlossen haben, dieses Thema zu lancieren und die Aktion der Bekämpfung der Gewalt in der Familie mitzutragen.

Alle Staaten sind hierzu aufgefordert - wir haben es gehört - dieses Gesetz des Schweigens zu brechen. Der Aktionstag am 24. November kann nur dann erfolgreich sein, wenn alle Parlamente mitmachen; dann kann auch eine Deklaration verabschiedet werden, für die natürlich der Bericht von Frau Cliveti die Grundlage geschaffen hat.

Es wurde hier bereits auf ein wichtiges Element hingewiesen, nämlich dass dann die Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen stattfinden kann, nicht nur der Europarat allein, sondern eben die internationalen Organisationen, die sensibilisiert wurden – so können Netzwerke geschaffen werden.

Ein Gesetz über Gewalt gegen Frauen sollte eigentlich selbstverständlich sein und nicht mehr speziell verlangt werden müssen; doch wir haben hier ja gehört, dass es Länder gibt, die das noch nicht haben.

Unsere Präsidentin, Frau Cliveti, hat in den vergangenen zwei Jahren enorm dafür gekämpft, dass dieses Projekt realisiert wird, und ich möchte ihr ganz herzlich im Namen der gesamten Kommission dafür danken – sie hat viele Hürden nehmen müssen, aber sie hat ihr Ziel erreicht: dass nämlich das Thema der Gewalt in der Familie ein Schwerpunktthema im Europarat werden und dass es diesen Aktionstag am 24.November geben kann.

Ich möchte aber auch Ihnen ganz herzlich danken, Frau Ertürk ebenfalls im Namen der ganzen Kommission. Sie haben unserer Kommission heute wie auch in den vergangenen Tagen den Stempel aufgedrückt, ein herzlicher Dank dafür. Sie haben uns unterstützt, Sie haben dafür gesorgt, dass wir weiterkämpfen, Sie haben uns darin bestärkt, die Menschenrechte, die Rechte der Frauen, aber auch die Gleichstellung weiter zu verfolgen. Es gibt noch viel zu tun. Auch möchte ich Ihnen, Frau (Name unverständlich) ganz herzlich danken. Sie waren immer dabei, Sie haben uns unterstützt, und das war eine große Hilfe für die Kommission.

Renate WOHLWEND, Liechtenstein, EPP/CD/PPE/DC

Danke, Herr Vorsitzender.

Liebe Kollegen,

seit 1995 hatten wir mehrere Debatten - vielleicht mit mehr Besetzung, aber ich bin denen dankbar, die ausgeharrt haben und mitmachen - zur Thematik Abschaffung der Todesstrafe geführt und dabei fünf Empfehlungen sowie vier Entscheidungen verabschiedet.

Als anfangs – vor allem seitens der neuen Mitgliedstaaten – argumentiert wurde, dass die Vereinigten Staaten als alte Demokratie und als Hüter der Menschenrechte Hunderte Menschen hinrichte, hat unsere Versammlung beschlossen, ihr Augenmerk auch auf die Beobachterstaaten zu richten, die die Todesstrafe weiterhin anwenden – also die USA und Japan.

Die erste Debatte hierzu haben wir 2001 abgehalten, und bereits im März 2002 fand dann ein Treffen in Japan statt, bei dem wir ein Kooperationsseminar mit der dortigen Liga zur Abschaffung der Todesstrafe veranstaltet haben. Seither unterhalten wir zwar prinzipiell gute, aber leider nicht ausreichend gepflegte Kontakte mit Vertretern dieser parlamentarischen Liga.

Im April 2003 organisierte der Europarat eine Veranstaltung im Bundesstaat Illinois, wo zu jeder Zeit der Gouverneur ein Moratorium verfügt hatte. Kontakte konnten weder mit Bundesstaats-Politikern noch mit Washington geknüpft, geschweige denn gepflegt werden.

Der heutige Bericht geht auf eine Motion aus dem Jahre 2004 zurück, mit deren Hilfe der Rechtsausschuss die Weiterentwicklung der Abschaffung der Todesstrafe in den Beobachterstaaten verfolgen und unterstützen sollte. Doch bevor ich über das große Wasser schaue, will ich einen Blick auf die Ordnung im großen Haus Europa werfen.

Wie steht es mit der Ratifizierung und Umsetzung der Protokolle zur Abschaffung der Todesstrafe? Protokoll 13 zur Abschaffung unter allen Umständen – also auch in Zeiten von Krieg und Notstand – ist bereits von 36 Mitgliedstaaten ratifiziert worden; andere haben es zumindest unterzeichnet. Nun warten wir auf die Unterschriften von Aserbajdjan und Russland.

In diesem Kontext ist festzuhalten, dass Albanien und Lettland die Todesstrafe im Falle erschwerender Umstände zu Kriegszeiten beibehalten haben.

Es ist traurig, dass wir trotz anders lautender Versprechungen der betroffenen Staaten noch bis zum März 1997 Menschenleben aufgrund gesetzlich verordneter Hinrichtungen zu beklagen hatten.

Heute allerdings finden wir die Todesstrafe nur noch in den Gesetzbüchern Russlands. Nachdem Präsident Jelzin 1996 ein de-facto-Moratorium verfügt hatte, war der Europarat sehr zuversichtlich, dass bald auch die Erledigung de jure passieren würde. Doch die Frist, innerhalb derer Russland die Todesstrafe abschaffen und das Protokoll Nummer sechs ratifizieren sollte, ist bereits 1999, also vor sieben Jahren, abgelaufen.

Wenn ich die Entwicklung in den letzten Jahren beobachte, so erkenne ich, dass die russische Politik auf den Ebenen von Parlament, Regierung und Präsident sehr viel bewegt und erreicht. Warum aber tut sie nichts zur Abschaffung der Todesstrafe?

Es scheint mir, als ob der politische Wille fehlt, Protokoll 6 zu ratifizieren, und damit die Todesstrafe ein für allemal abzuschaffen.

Deshalb appelliere ich – stellvertretend für die gesamte parlamentarische Versammlung – als Parlamentarier an die Politik der Russischen Föderation: Beweist Euren Willen und ratifiziert Protokoll 6!

In dieser Debatte jedoch, Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, bin ich nicht nur Parlamentarier, sondern ich spreche hier als engagierter Humanist.

Zuversichtlich und hoffnungsvoll vertraue ich darauf, dass es auch in Russland – wie in allen anderen Mitgliedsstaaten des Europarates gelingt aufzustehen und mit überzeugenden Argumenten gegen die durchschnittliche Volksmeinung diejenige Entscheidung herbei zu führen, auf die der Europarat mit allzu viel Geduld schon allzu lange gewartet hat.

Gestatten Sie mir die Frage, ob es Russland nicht gut anstehen würde, die Ratifikationsurkunde zu Protokoll 6 in der Zeit seiner Präsidentschaft dem Ministerkomitee zu überreichen? Ich denke ja.

Als parlamentarische Versammlung und als gesamter Europarat würden wir diese Geste

mit Freude und mit Dank anerkennen.

Innerhalb des Europarates haben wir neben Russland weitere Probleme, die ich hier kurz ansprechen will. Die in Aserbaidschan vor der Abschaffung der Todesstrafe verhängten Todesurteile sind noch nicht umgewandelt worden, so dass die Verurteilten weiterhin in Todeszellen inhaftiert sind. Wir fordern Aserbaidschan zur umgehenden Klarstellung auf.

Auch bezüglich der separatistischen Gebiete Kaukasien, Südossetien und Transnistrien, die die Gesetzgebung Georgiens und Moldawiens nicht anerkennen, so dass die Todesstrafe verhängt wird, müssen wir nachdrücklich die Abschaffung der Todesstrafe fordern, sowie die Umwandlung der Todesurteile, damit die Verurteilten aus den Todeszellen entlassen werden.

Ich glaube, ich habe das Wichtigste bei der Problematik der Mitgliedsstaaten des Europarates angesprochen; ich komme nun zurück auf unser weiteres Vorgehen in unserem Dialog mit den Beobachterstaaten, welche die Todesstrafe nicht abgeschafft haben: auf das weitere Vorgehen und die weitere Kooperation mit Japan und den Vereinigten Staaten.

Wir müssen feststellen, dass wir trotz der Bemühungen seitens des Rechtsausschusses und des Unterausschusses für Menschenrechte auf parlamentarischer Ebene nicht viel – oder, um ganz ehrlich zu sein, nichts erreichen konnten. Wir müssen nun sehr auf die Unterstützung und die Hilfe seitens des Ministerkomitees vertrauen; deshalb geht auch unsere heutige Beschlussfassung dahin, das Ministerkomitee um Unterstützung zu bitten, damit der Dialog, den wir vor langer Zeit begonnen haben, der dann jedoch sozusagen eingeschlafen ist, reaktiviert wird und die Beobachterstaaten Japan und die Vereinigten Staaten dazu gebracht werden, sich zu einem Moratorium der Hinrichtungen zu entschließen und in der weiteren Folge dann auch die Todesstrafe abzuschaffen. Sie hatten lange Zeit, sich darauf vorzubereiten; sie hatten lange Zeit, etwas zu unternehmen, um ein Moratorium de facto herbei zu führen; und ich meine, dass es an der Zeit ist, diese Beobachterstaaten zu fragen, was ihnen der Beobachterstatus beim Europarat wert ist. Sie sollen ein Zeichen setzen; und wenn sie das nicht tun, dann möge das Ministerkomitee bis zum Jahresende Überlegungen anstellen, den Beobachterstatus auszusetzen.

Liebe Kollegen, ich bitte Sie, diesen Entwurf zu unterstützen und zu einer Abstimmung zu kommen, die die Beobachterstaaten wirklich dahingehend bewegt, keine Todesstrafen mehr zu verhängen, sie aber zumindest nicht mehr zu vollstrecken.

Renate WOHLWEND, Liechtenstein, EPP/CD/PPE/DC

Danke, Herr Vorsitzender!

Ich möchte allen Kollegen danken, die so lange ausgeharrt haben, und vor allem denjenigen, die zu diesem wichtigen Thema Redebeiträge verfasst haben. Da es noch früh am Abend ist und ich einige Minuten Zeit habe, will ich gerne jedem der Kollegen antworten, die das Wort ergriffen haben.

Herr Kox, ich stimme Ihnen zu: Jede Hinrichtung ist eine zuviel. Dem Kollegen Juergens habe ich es bereits zugeflüstert, aber er hätte es gerne noch im Protokoll, er möge doch bitte Luxemburg nicht mit Liechtenstein verwechseln – ich bin sehr stolz, als Abgeordnete des Liechtensteiner Parlamentes hier sein zu können.

Mein Kollege Pourgourides, der sich auch im Unterausschuss Menschenrechte immer sehr wortgewaltig für das was er für richtig hält einsetzt, hat Wasser auf meine Mühlen gegossen.

Der Kollege Eörsi, der jetzt leider nicht mehr da ist, hat wie üblich ein kleines Organigramm vorgeführt, in dem er zuerst vom Wesen der Todesstrafe, dann von den Versprechen, die die Mitgliedstaaten halten oder nicht halten, und von den Europarats-Standards gesprochen hat. Auch dies ist ein wichtiger Beitrag, den wir dann später im Protokoll gerne nachlesen wollen.

Meinem englischen Kollegen Evans danke ich sehr für den engagierten Redebeitrag. Herr Kollege, ich glaube Sie sind nicht Mitglied im Rechtsausschuss und wissen daher nicht wie es entstanden ist. Wir wollten uns auf die Beobachterstaaten konzentrieren, die die Todesstrafe nicht abgeschafft haben.

Dann ist bei der abschließenden Debatte zufällig auch die Rede auf China und den Iran gekommen, aber einer der Kollegen hat dann noch den Änderungsvorschlag eingebracht, man möge doch auch das Ministerkomitee auffordern, bei der EU anzuklopfen und ihnen zu sagen, dass wenn sie mit China verhandeln, sie auch die Todesstrafe thematisieren sollen und keine Verhandlungen führen sollen ohne Bedingungen in Bezug auf die Todesstrafe zu stellen.

Ich gebe Ihnen Recht, man hätte dies auch auf andere Staaten, in denen grausam hingerichtet wird, erweitern können. Es war nicht unbedingt unsere Absicht, aber wir behalten es im Auge.

Wie Sie im erklärenden Memorandum lesen können, fokussiert der Bericht neben den Mitgliedsländern auch die Beobachterstaaten Japan und USA, sowie Staaten mit denen der Europarat direkt oder indirekt in Beziehung steht. Aber ich danke Ihnen sehr, durch Ihren Beitrag haben Sie etwas in Bewegung gesetzt, auf das wir sicherlich achten müssen.

Ich komme zu meinen beiden Kollegen Kosachev und Oskina, weil diese meiner Meinung nach in die gleiche Richtung gesprochen haben: sie haben noch einmal klarzumachen versucht, warum sie selbst das Protokoll noch nicht haben ratifizieren können. Der Kollege Kosachev hat noch einmal der Hintergrund der Geschehnisse der vergangenen Jahre dargestellt – dies ist auch noch einmal wichtig zu wissen. Ich danke ihm dafür aber komme nicht umhin doch noch etwas dazu zu sagen: Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, aber Sie meinen, dass die Zeit jetzt noch nicht reif sei für Ratifizierungen. Zwar würde sich die Mehrheit der Bevölkerung dafür aussprechen, dass die Todesstrafe nicht abschreckend wirkt – aber wissen Sie, in den Ländern, in denen die Todesstrafe praktiziert wurde als sie dem Europarat beitraten bestand dieselbe Problematik. Und sagen Sie bitte nicht, dass es dort keine moralischen und ethischen Bedenken gab. Es ist in jedem Land dasselbe – und dann muss eben die Politik aufstehen, mit Rückrat, und die Argumente finden, die dagegen sprechen und überzeugen.

Ich bitte Sie aber doch, mit nach hause zu nehmen – und Sie sagten ja, dass Sie Ihren Kollegen unsere Erwartungen mitteilen würden – dass ich hoffe, dass Sie es in dieser Zeit der Präsidentschaft schaffen, ein Zeichen zu setzen, und dafür danke ich Ihnen im voraus.

Mein Kollege Pozzo di Borgo hat sehr ausführlich über die Praktiken in den USA gesprochen. Es ist wichtig dies festzuhalten, damit uns auch die Grausamkeit der Todesstrafe wieder bewusst wird, nachdem wir eher abstrakt-formalistisch vorgehen und sagen „das sollen sie nicht tun; das dürfen sie nicht tun, sie müssen ein Zeichen setzen.“ Zu wissen wie grausam die Todesstrafe ist, ist für diese Entscheidung wichtig.

Abschließend will ich nicht versäumen, den Mitarbeitern im Sekretariat für die Recherche aller Daten und Fakten zu danken, sowie für die sehr tatkräftige Unterstützung bei der Erstellung dieses Berichtes.