AS (2006) CR27

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2006

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(4. Teil)

BERICHT

27. SITZUNG

Mittwoch, 04. Oktober 2006, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH


Marieluise BECK, Deutschland, SOC

(Doc. 11049)

Danke für die Antwort, Herr Minister.

Es besteht Einigkeit darin – dies hat Ihr Vortrag vorhin auch gezeigt – dass das Streben nach Menschenrechten und Demokratie Freiheit voraussetzt, und dazu gehört wiederum eine lebendige Zivilgesellschaft.

Darf ich Sie bitten, als Außenminister insbesondere für Ihre Kollegen Innenminister und Finanzminister mit auf den Weg zu nehmen, dass wir mit großer Sorge hören, dass NGOs über steuerrechtliche Fragen so hohe Steuerforderungen bekommen, dass ihre Arbeit eingestellt werden muss.

Ich nenne da insbesondere das International Protection Centre, das Menschen hilft, vor dem Europäischen Gerichtshof ihre Fälle vorzutragen.

Präsident

Herr Wodarg hat um eine zusätzliche Frage gebeten; Sie haben 30 Sekunden.

Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC

(Doc. 11049)

Herr Außenminister,

ich habe eine Nachfrage, weil Ihr Regierungsvertreter am 7. September in Genf die Gremien und die Verfahren des Europarates als politisch voreingenommen kritisiert und deshalb abgelehnt hat, sie als Vorbild für den UN-Rat zu benutzen. Er hat sich wie folgt ausgedrückt: (fährt auf Englisch fort).

Wie lässt sich das mit Ihrer jetzigen Funktion im Vorsitz dieser Organisation vereinbaren?

Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC

(Doc. 10961)

Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen,

unser Kollege Cilevčs hat einen guten und für uns alle wichtigen Bericht vorgelegt. Er hat unseren Dank verdient, weil er uns an die Bedeutung des Schutzes von Minderheiten und die Bedeutung des Rahmenabkommens erinnert hat. Aus meiner Sicht ist der Schutz nationaler Minderheiten eine zentrale Aufgabe des Europarates – nicht nur, weil dies eine zentrale Frage der Gleichberechtigung innerhalb eines Rechtsstaates ist. Gerade die Erfahrungen der letzten eineinhalb Jahrzehnte zeigen, wie eine Vernachlässigung der Lösung dieser Frage zu unnötigen und gefährlichen Konflikten führen kann.

Ich unterstütze deshalb nachdrücklich die Forderung des Berichterstatters, dass Belgien, Griechenland, Island und Luxemburg, sowie Andorra, Frankreich, Monaco und die Türkei die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten baldmöglichst ratifizieren mögen. Wir hatten bereits 2001 dazu aufgerufen, aber keines der Länder ist dem Aufruf gefolgt, im Gegensatz zu Georgien, Lettland und den Niederlanden, die inzwischen beigetreten sind. Ich habe noch eine weitere Bitte, auch an die Länder, die schon ratifiziert haben: Es kommt auch darauf an, dass Berichte darüber, wie sich die Ratifizierung ausgewirkt hat, abgeliefert werden. Alle fünf Jahre soll berichtet werden. Es gibt einige Länder, die dieser Pflicht nicht oder noch nicht nachkommen. Ich hoffe, dass sich dies beschleunigen wird.

Ich habe mich sehr über die Formulierung gefreut, die Kollege Severin gefunden hat, der von der „Notwendigkeit und Schönheit der Vielfalt“ gesprochen hat. Ich glaube, wir müssen diese beiden Dinge erkennen: einerseits, dass der Zusammenhalt innerhalb einer demokratischen Gemeinschaft gepflegt wird, dass andererseits aber die Unterschiedlichkeit den Reichtum ausmacht. Dies zu erkennen und zu fördern ist eine große und lohnende Aufgabe, die uns in Europa reich macht.

Trotzdem, glaube ich, müssen wir sehen, dass sich im Laufe des letzten Jahrhunderts und auch im Laufe der nächsten Jahrzehnte hier wahrscheinlich einiges ändern wird. Nationale Grenzen haben sich verschoben, verschieben sich schnell. Staaten schließen sich zu neuen Gebilden zusammen und Minderheiten finden sich plötzlich in einer größeren Familie wieder, in der viele zu Hause sind, die auch unterschiedlich sind. Das heißt, wir müssen immer wieder nachjustieren, uns immer wieder von neuem Gedanken machen, wer des besonderen Schutzes bedarf. Das wird unsere Aufgabe bleiben.

Und ich glaube, man kann auch Mut machen, dass das, was wir bis jetzt geschaffen und geleistet haben, sich sehr glücklich auswirkt.

Ich selbst komme aus einer Region, wo sich die Menschen diesseits und jenseits der dänischen Grenze noch vor 150 Jahren beschossen haben, wo sie sich gegenseitig gehasst haben, und wo es lange gedauert hat und wo es zwischen beiden Staaten immer noch Spannungen gibt, obwohl dies innerhalb der Europäischen Union inzwischen ziemlich lächerlich ist. Aber wir haben uns vor langem geeinigt, und wir pflegen die Vielfalt und sind auf beiden Seiten der Grenze reicher geworden. Wir haben dänische Schulen in Deutschland und deutsche Schulen in Dänemark, zusätzlich zu den eigenen Schulen. Das heißt, wir haben viel bessere Bildungsangebote als andere Regionen in Dänemark oder Deutschland. Und wir profitieren davon, dass die Minderheiten hier auf beiden Seiten ihre Kultur anbieten können. Das ist für die ganze Region, in der es Minderheiten gibt, gut. Ich kann alle Staaten und alle, die für Minderheiten verantwortlich sind, nur auffordern, dieses zu nutzen und diesen Reichtum auch für sich fruchtbar zu machen.

Vielen Dank.