AL07CR02

AS (2007) CR02

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2007

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(1. Teil)

BERICHT

02. SITZUNG

Montag, 22. Januar 2007, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH


Doris BARNETT, Deutschland, SOC

(Fragen an Terry Davis)

Vielen Dank Herr Davis!

Ist es nicht so, dass wir auf gleicher Augenhöhe mit dem Ministerrat sein sollten und deswegen auch die gleichen notwendigen Mittel zur Verfügung haben müssen? Und können wir dabei nicht Kosten verringern, indem wir die Reisekosten zuhause abrechnen und so den Haushalt des Europarates entlasten? Sind wir denn nicht mehr als bloß die Wächter der Menschenrechte, weil wir auch hinter die Kulissen blicken und die Ursachen für Menschenrechtsverletzungen prüfen?

Gebhard NEGELE, Liechtenstein, EPP/CD/PPE/DC

Danke Herr Davis!

Wir haben in diesem Hause schon mehrmals darüber gesprochen, was die beabsichtigte Gründung einer Agentur für Menschenrechte seitens der EU betrifft. Wir sprachen von Doppelspurigkeiten in Zusammenhang mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der ja bekanntlich ein wichtiges Standbein des Europarates darstellt. Ich möchte erfahren, wie hier heute die Situation aussieht: Wird diese Agentur nun von der EU gegründet oder nicht? Wie sieht ein Vergleich der finanziellen Situation zwischen diesen beiden Institutionen aus, wie werden Doppelspurigkeiten vermieden und wie kann eine Abwertung unserer eigenen Institutionen ausgeschlossen werden?

Vielen Dank.

Marlene RUPPRECHT, Deutschland, SOC

(Doc. 11038)

Herr Vorsitzender,

liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir debattieren heute ein Problem, das sicher von der Quantität her nicht notwendigerweise in dieser Runde diskutiert werden müsste, von der Qualität her jedoch sehr wohl. Wir sprechen über die Phase, in der junge Menschen beginnen, sich vom Elternhaus zu lösen, offen zu sein für Neues, und sich selbst ausprobieren und entdecken möchten, eine Phase, in der die Ratschläge der Eltern häufig nicht mehr so ziehen wie in der Kindheit. Und genau in dieser Phase, wo man eigentlich offen ist, glaubt, völlig frei zu sein, genau dort wird das Vertrauen schmählich missbraucht.

Ich rede davon, dass man junge Menschen gegen ihren Willen zur Sexualität zwingt. Dazu kommt noch, dass sie hinterher sich selbst nicht mehr trauen – habe ich das bewusst erlebt, habe ich es nicht erlebt? Und wenn ich es erlebt habe, war ich einverstanden oder nicht? Diese Selbstzweifel führen dazu, dass sie auch vor Gericht bzw. bei der Polizei nicht mit der Vehemenz auftreten, wie wenn es bei vollem Bewusstsein geschehen wäre, was natürlich bei den Behörden wiederum zu Zweifeln Anlass gibt.

In dieser Situation reicht es meines Erachtens nicht, das Strafrecht zu überprüfen, sondern wir brauchen wirklich, wie es vorgeschlagen wurde, eine öffentliche Diskussion über diese Geschehnisse. Meistens geschehen solche Verbrechen nicht im stillen Kämmerlein, in dem niemand sonst beteiligt ist, sondern sehr häufig im Beisein anderer Menschen, in Bars, in Diskos, was bedeutet, dass andere aufmerksam werden und nicht weg-, sondern unbedingt hinschauen müssen, wenn so etwas passiert.

Ich will das an einem Beispiel zeigen: Wir hatten an Silvester den Beginn der Tausendjahrfeier unserer Stadt und den Gastwirten gingen die Getränke aus. Es kamen viele freundliche Menschen, die überall, auf dem Marktplatz etc., Getränke anboten. Es waren 30000 Menschen da. Bei dieser Gelegenheit wurde manchen jungen Frauen mit dem Getränk, das ihnen angeboten wurde, eine Droge verabreicht. Weil diese jungen Frauen sich unmittelbar danach auffällig stark veränderten und sogar ihre Bekannten, die sie begleiteten, nicht wieder erkannten, ging man am nächsten Tag zur Polizei und in ihren Gläsern ließen sich noch Spuren der Droge nachweisen, die sie verabreicht bekommen hatten. Ich halte es für sehr wichtig, dass die Menschen in der Umgebung die Augen aufmachen und sich nicht sagen, es gehe sie nichts an, wenn ein Mädchen angemacht wird bzw. etwas verabreicht bekommt.

Wenn ich mit jungen Menschen spreche, sagen sie, sie trinken schon gar nichts mehr aus dem Glas, sondern nehmen nur noch Cola- oder andere Flaschen mit Deckel an, denn sie haben Angst, etwas in ihr Getränk gemischt zu bekommen. Ich halte es aber nicht für die richtige Lösung, dort, wo man sich eigentlich entspannen möchte, ständig Angst zu haben. Deshalb begrüße ich diese Initiative und die Tatsache, dass wir dieses Problem zum Thema machen, wohl wissend, dass es rein zahlenmäßig nicht um viele Personen geht, die hiervon betroffen wären, dass es jedoch um ganz gravierende Menschenrechtsverletzungen geht, und es jeder einzelne Fall wert ist, dass wir dagegen angehen, dass die Fachleute dafür geschult werden und dass vor allem das dadurch entstandene Trauma hinterher auch wirklich behandelt wird. Denn auch wenn ein solches Trauma jahrelang verdrängt wird, kommt es später mit umso größerer Wucht wieder.

Ich bedanke mich bei der Berichterstatterin, und bei den Kolleginnen und Kollegen für ihre Offenheit, vor allem auch die der männlichen Kollegen. Ich hoffe, Sie werden bei Ihren Geschlechtsgenossen dafür werben, dass Männer auch Verantwortung für das Wohlergehen von Frauen tragen, und wir nicht den Ball zurückspielen an die jungen Mädchen, für sich und ihre Sicherheit allein verantwortlich zu sein.

Danke.

Rosmarie ZAPFL-HELBLING, Schweiz, EPP/CD/PPE/DC

Herr Präsident, Ich danke Ihnen!

Wir haben es gehört: dieser Bericht weist auf ein im Grunde neues Phänomen hin, und es gibt immer häufiger Berichte über diese sexuellen Übergriffe und über die sexuelle Gewalt an Opfern die dann nicht wissen wie ihnen geschehen ist. Aber es ist nicht so, dass nur Frauen und Mädchen Oper dieser neuartigen Drogen und der damit zusammenhängenden Vergewaltigungen sind; sondern wir haben vor allem Berichte aus England, nach denen auch junge Männer Opfer dieser Drogen und der darauf folgenden sexuellen Gewalt werden.

Jeder sexuelle Übergriff ist schlimm, aber diese Form von Vergewaltigung fällt ganz besonders schwer ins Gewicht, weil die Dramatisierung noch verstärkt wird: denn das Opfer ist viele Stunden lang außer Gefecht gesetzt, und es kommt dazu, dass, wie wir gehört haben, diese Substanzen den Körper sehr schnell durchlaufen und sehr schwer nachzuweisen sind. Hinzu kommt dann auch noch der Vorwurf, das Opfer habe Alkohol konsumiert und daher sei die Hemmschwelle für sexuelle Handlungen deutlich herabgesenkt. Diese Vorwürfe gehören sicherlich zu den schlimmsten Erfahrungen der Opfer.

Es ist sehr schwer nachzuweisen, dass die Täter sich ohne Einwilligung des Opfers sexuell vergangen haben, selbst wenn das Opfer den Täter identifizieren kann.

Auf drei Punkte möchte ich ganz besonders hinweisen:

Mit diesem Bericht soll die Öffentlichkeit, aber auch die Polizei hinsichtlich der Häufigkeit solcher Verbrechen und der Notwendigkeit, die Opfer ernst zu nehmen, sensibilisiert werden.

Besonders wichtig ist zweitens die Empfehlung, medizinische und psychologische Betreuung für die Opfer sicherzustellen, und Mitarbeiter von Bars und Gaststätten ebenso wie die Polizei zu schulen und auf diese Verbrechen aufmerksam zu machen.

Ebenso wichtig ist der dritte Punkt: Die polizeilichen Methoden und die gerichtsmedizinischen Verfahren zum Nachweis solcher Substanzen in Blut, Urin und Haar sind zu standardisieren, denn nur dann kann gegen diese Verbrechen auch irgendwann effektiv vorgegangen werden.

Und ich denke, in den Staaten, in denen die Gesetzgebung noch nicht dahingehend überarbeitet wurde, dass Vergewaltigung eben eine geschlechtsneutrale Straftat darstellt, sollte das dringend geschehen. Ich möchte der Berichterstatterin ganz herzlich für diesen äußerst wichtigen Bericht danken.