AL07CR04AD01

AS (2007) CR04AD01

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2007

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(1. Teil)

BERICHT

04. SITZUNG

Dienstag, 23. Januar 2007, 15.00 Uhr

Addendum 1


Ingo SCHMITT, Deutschland, EPP/CD/PPE/DC

Herr Präsident,

meine sehr verehrten Damen und Herren!

Für die deutsche Delegation darf ich zunächst erklären, dass wir die Entschließung ebenso wie die Empfehlung begrüßen und unterstützen. Auch die deutsche Bundesregierung hat die Frage einer europäischen Energiestrategie zu einem Hauptthema ihrer EU-Ratspräsidentschaft erklärt. Wohlstand und Fortschritt in Europa können ohne eine verlässliche Energieversorgung nicht dauerhaft gesichert werden.

Gleichwohl hätten wir uns an der einen oder anderen Stelle noch deutlichere Akzente gewünscht.

Richtigerweise stellt der Bericht fest, dass die Erschließung neuer Energiequellen notwendig ist. Unbestreitbar werden erneuerbare Energien in den meisten europäischen Ländern noch nicht ausreichend genutzt. Jedoch führen die Schlussfolgerungen aus diesem Umstand unseres Erachtens in eine Richtung, die sich zu sehr mit dem Status quo abfindet. Dabei geht es nicht allein um die Tatsache, dass europäische Energiestrategie und Umwelt- und Klimaschutz – nebenbei ein weiterer Schwerpunkt der EU-Ratspräsidentschaft – zwei Seiten ein- und derselben Medaille bilden.

Vielmehr wird an dieser Stelle übersehen, dass die Gefahr der Nutzung eines Versorgungsguts als politisches Druckmittel immer nur in dem Maße besteht, in dem man von diesem Gut abhängig ist. Wir hätten uns daher gewünscht, deutlicher zum Ausdruck zu bringen, dass es in den kommenden Jahren unabdingbar sein wird, den Bedarf an Öl und Gas zu reduzieren. Die notwendigen Anlaufinvestitionen erscheinen heute zwar hoch. Angesichts knapper werdender Ressourcen und damit zunehmender Abhängigkeit wird es langfristig hierzu jedoch keine Alternative geben. Vor diesem Hintergrund muss uns allen klar sein, dass die Kosten in zehn oder zwanzig Jahren um ein vielfaches höher liegen werden. Daher hätten wir uns gewünscht, hier die politischen Notwendigkeiten deutlicher herauszustellen.

Ein weiterer Punkt hätte aus unserer Sicht stärkere Beachtung finden sollen:

Nicht allein nur Deutschland, sondern nahezu der gesamte europäische Kontinent ist heute glücklicherweise in Frieden und Freiheit vereint. Die Wunden des kalten Krieges verheilen, und auch die Russische Föderation ist für die Europäische Union und die Mitgliedstaaten des Europarates zu einem Freund und Partner geworden. Für uns besteht daher kein ernsthafter Zweifel daran, dass die Russische Föderation ebenso wie Norwegen in Kürze den Vertrag über die Energiecharta ratifizieren wird.

Diese Freundschaft und Partnerschaft basiert auf dem gegenseitigen Vertrauen, welches in den letzten Jahren durch stetige aufrichtige Bemühungen aller Seiten gewachsen ist. Dennoch hat es in der jüngeren Vergangenheit vereinzelte Irritationen gegeben. Ebenso wie der im Bericht genannte Zwischenfall mit der Ukraine haben die Mitgliedstaaten die neuerlichen Unstimmigkeiten im Verhältnis zu Weißrussland mit einer gewissen Besorgnis zur Kenntnis genommen.

Ausdrücklich möchte ich betonen, dass wir nicht den Fehler begehen sollten, die Verantwortlichkeiten für diese Vorfälle ausschließlich auf der einen oder der anderen Seite zu suchen. Auch hier gilt wie überall im Leben: Zu jeder Auseinandersetzung gehören mindestens zwei Beteiligte.

Gleichwohl sind für eine Partnerschaft Vertrauen und Verlässlichkeit unverzichtbar. Wir haben Vertrauen zu der Russischen Föderation und begegnen ihr als Partner auf gleicher Augenhöhe. Gerade daher würden wir es jedoch begrüßen, wenn Konflikte über Fragen der Energieversorgung künftig unaufgeregter und im Geiste gegenseitigen Respekts gelöst würden. Europa braucht die Russische Föderation, und die Russische Föderation braucht Europa. Dies sollten wir alle für unser Handeln verinnerlichen./

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Gebhard NEGELE, Liechtenstein, EPP/CD/PPE/DC

Der vorliegende Bericht dokumentiert einmal mehr, dass der Europarat rechtzeitig auf aktuelle Problemkreise reagieren kann. Gratulation an die involvierten Personen, insbesondere an den Berichterstatter Herrn Mihkelsen, für die exzellente Arbeit; welche eine Menge Denkanstösse zur Problemlösung beinhaltet.

Der Titel des Berichtes ist vorsichtig formuliert. Da ist lediglich die Rede von der Gefahr der Nutzung der Energieversorgung als politisches Druckmittel. Mag sein, dass es diplomatischer ist, hier nur von Gefahr zu sprechen – obwohl: die Realität hat uns hier bereits eingeholt. Das wissen wir alle.

Wie kann der Energiehunger der wirtschaftlich aufstrebenden Länder und der wirtschaftlich weiterentwickelten Länder gestillt werden?

Wie können Länder, die mit fossilen Brennstoffen begütert sind davon überzeugt werden, dass wir schlussendlich all nur in einem Umfeld existieren und überleben können, welches auf vernetzter Zusammenarbeit existiert?

Allein die technischen Gefahren und Schwierigkeiten, welche insbesondere beim Transport von fossiler Energie bestehen sind schon eine Herausforderung. Wenn sich zu dieser Schwierigkeit noch politische Machtspiele hinzugesellen, werden diese diffizilen Netzwerke versagen, auch wenn sie technisch noch funktionieren könnten.

Millionen Menschen und ganze Wirtschaftsräume sind jedoch von dieser Energiesicherheit abhängig. In einem solchen Umfeld haben die Energie importierenden Länder mit entsprechendem Know-how eine entscheidende Rolle zu übernehmen. Sie sind in der Pflicht, in den Energie exportierenden Ländern einen nachhaltigen Beitrag für die Entwicklung betreffend der Energieeffizienz zu leisten.

Die Aussage vom russischen Ministerium für Industrie und Energie muss ernst genommen werden. Dort heißt es: Russland könnte 40% des jährlichen Energieverbrauches durch verbesserte Effizienz sparen.

Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung ihrerseits stellt fest, dass im Vergleich zu Westeuropa in Osteuropa bis zu siebenmal mehr Energie für die Güterproduktion gebraucht wird.

Allein diese zwei Beispiele sollten doch sowohl für die Energielieferanten als auch für die Energiebezügler genügend Verhandlungsmaterie liefern um für beide Seiten gute Abmachungen abzuschließen.

Der nackte Energiepreis in Form von Geld allein ist nicht die Lösung. Es führt kein Weg an der im Bericht angesprochenen und geforderten Energiecharta vorbei. Hier können und müssen die Beziehungen rund um das Thema Energie im gesamteuropäischen Umfeld geregelt werden.

Ich setze alle Hoffnungen auf das Zustandekommen der Energiecharta und wünsche mir deshalb, dass der Bericht in überzeugender Form angenommen wird. Wir müssen hier in Richtung Ministerrat ein deutliches Zeichen setzen um zu erreichen, dass dieser Bericht dort mit der nötigen, hohen Priorität behandelt wird.

Danke.