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AS (2007) CR07AD01

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2007

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(1. Teil)

BERICHT

07. SITZUNG

Donnerstag, 25. Januar 2007, 10.00 Uhr

Addendum 1


Ruth-Gaby VERMOT-MANGOLD, Schweiz, SOC

(Doc. 11143)

Der türkisch-armenische Journalist Hrant Dink ist ermordet worden, weil er in der Türkei immer wieder auf den Genozid der Armenier hingewiesen hat. Er war die Stimme Armeniens in der Türkei. Einmal mehr hat ein engagierter Journalist sein Engagement mit dem Leben bezahlt.

Die Empörung in der Türkei, in Armenien ist groß.

Am 7. Oktober ist in Moskau die prominente Journalistin Anna Politkowskaya an ihrem Wohnort mit mehreren Kopfschüssen ebenfalls ermordet worden. Sie hat trotz Drohungen Bücher und Artikel über den Krieg in Tschetschenien, über Folterungen und Morde der russischen Militärs geschrieben.

Ich kannte Anna Politkowskaya persönlich.

Sie ist eine der 1000 Frauen, die 2005 für den Friedensnobelpreis nominiert wurden. Sie war mutig, unbeirrbar und kritisch. Sie ließ sich, wie auch Drink, nicht einschüchtern, sondern war von ihrer Mission, die Wahrheit zu schreiben, die Menschenrechtsverletzungen zu denunzieren und die Folter sichtbar zu machen. Sie kannte die Realität in Tschetschenien und kritisierte Präsident Putin für den Krieg in der Kaukasusrepublik.

Dafür wurde sie ermordet!

Ob ihr Fall aufgeklärt wird ist fraglich; wer hat ein Interesse an Klarheit?

Dint und Politkowskaya stehen für 81 Journalisten, die im Jahr 2006 ermordet wurden. Der deutsche Journalistenverband spricht in Bezug auf das letzte Jahr von einer „grauenvollen“ Bilanz. Diese Zahl wurde nur 1994 überboten, als weltweit 103 Journalisten wegen ihres Berufes getötet wurden.

Das gefährlichste Land für Journalisten ist der Irak wo im letzten Jahr 39 Journalisten und 25 Medienarbeiter ermordet wurden.

Mexiko, das bei uns Beobachterstatus hat, war 2006 hinsichtlich Journalistenmorde einsame Spitze: dort wurden 10 JournalistInnen umgebracht. Mexiko kennt übrigens in seinem Strafrecht das Delikt der „Diffamierung“, das vor allem dazu dient, allzu neugierige und zu aktiv recherchierende Journalisten einzuschüchtern.

Es gibt noch mehr erschreckende Zahlen: Reporter ohne Grenzen spricht von 1400 Anschlägen ohne Todesfolge auf Journalisten. Außerdem seien mindestens 871 JournalistInnen festgenommen und 56 JournalistInnen entführt worden.

Zahlen sind Zahlen. Aber dahinter stehen engagierte, überzeugte und mutige JournalistInnen, die ihre Arbeit der Informationsvermittlung ernst nehmen – auf die Gefahr hin, ermordet zu werden. Wir leben in einer Welt, in der ohne Unterlass in jedem Augenblick eine riesige, oft unüberblickbare Fülle von Informationen verbreitet, dementiert und aufgenommen wird. Wenn wir uns ein reales Bild machen wollen, sind wir auf die seriösen und verlässlichen Recherchen von Journalistinnen und Journalisten angewiesen, denn sie sind es vor allem, die uns den Zustand der Welt und die Situation in Krisenländern vermitteln. Sie sind es, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen von Staaten aufdecken – und diese Informationen müssen in höchstem Maß glaubwürdig sein.

Dazu braucht es jedoch in jedem Fall, dass die freie Meinungsäußerung immer und überall zu jedem Thema gewährleistet ist.

Freie Meinungsäußerung ist jedoch nur möglich, wenn die Berichterstatter weder eingeschüchtert noch bedroht werden. Einschüchterungen, Druck und Drohungen, der Mord an Kolleginnen und Kollegen führt zu einem Rückzug der Journalisten und verführt zum Schweigen – dies nennt man Selbstzensur.

Wir trauern weltweit um engagierte JournalistInnen und fordern mehr Schutz gegen Willkür und Mord.