SITZUNGSPERIODE 2007

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(2. Teil)

BERICHT

13. SITZUNG

Dienstag, 17. April 2007, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH


Doris BARNETT, Deutschland,

(Doc. 11208)

Vielen Dank Herr Vorsitzender,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich gehöre diesem Parlament erst seit einem guten Jahr an. Daher hatte ich bisher kaum Gelegenheit, an Richterwahlen teilzunehmen. Aber die Wahl von Richtern zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ist wohl eine der vornehmsten Aufgaben, die wir hier als Abgeordnete haben. Deshalb ist es für uns auch von so großer Bedeutung, dass wir diejenigen wählen, welche die Besten für das Amt sind.

Doch wer bestimmt, wer die Besten sind, und wer wählt sie? Unsere österreichische Kollegin Frau Wurm hat in einem ähnlichen Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Qualifikation ebenso wie Schönheit im Auge des Betrachters liegen.

Machen wir uns also nichts vor, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir wissen sehr wohl, dass auf allen Ebenen sowohl in den Mitgliedsländern als auch hier im Europarat die Auswahl der Kandidaten für das Richteramt mehrheitlich durch Männer entschieden wird.

Die Aussage, dass eine falsche Auswahl den Personen viel Schaden zufügen könnte, wie Herr Malin meinte, ist ein Totschlagargument, denn auf diese Weise bekommen wir nie Frauen durch. Leider sind wir in fast allen unseren Ländern von einer tatsächlich gleichberechtigten Teilhabe von Männern und Frauen in allen Bereichen noch meilenweit entfernt.

Auch bei den Juristen gibt es ausgeprägte Männernetzwerke, die dafür sorgen, dass weibliche Kandidaten immer als ein bisschen weniger qualifiziert beurteilt werden als ihre männlichen Kollegen. Ich behaupte nicht, dass Frauen immer besser qualifiziert sind als Männer; das wäre genauso töricht, wie das Gegenteil zu behaupten.

Was ich behaupte ist, dass es Frauen, auch wenn sie noch so gut qualifiziert sind, schwer haben, gegenüber Männern zu bestehen und sich auf Kandidatenlisten durchzusetzen.

Der Beweis dafür: Wie von Herrn Mendes Bota ausgeführt, haben fast 60% der Mitgliedsländer von 1998 bis 2004 reine Männerlisten vorgelegt. Als aber die parlamentarische Versammlung dann im Jahr 2004 entschieden hat, dass auf jede Liste wenigstens eine Frau gesetzt werden muss, änderte sich das Bild. Alle Mitgliedsländer haben seitdem Frauen vorgeschlagen, von denen inzwischen nicht wenige auch zu Richterinnen gewählt worden sind. Und das ist gut so! Unter anderem hat die Versammlung eine Richterin für San Marino und für Monaco gewählt.

Daher mutet es schon sehr seltsam an, dass das im Vergleich zu Monaco zehnmal größere Malta als einziges Land behaupten will, es habe Schwierigkeiten, eine geeignete, qualifizierte Kandidatin zu finden. Dies ist besonders deshalb merkwürdig, weil man weiß, dass sich auf die öffentliche maltesische Ausschreibung hin zwei durchaus qualifizierte Frauen beworben haben.

Aber wer sagt denn, dass sie qualifiziert bzw. nicht qualifiziert sind? Das haben doch wir gar nicht zu beurteilen, sondern sie wurden bereits vorher aussortiert und kamen gar nicht erst auf die Liste. Warum sie nicht auf die Liste kamen, das müssen wir unsere maltesischen Freunde fragen.

Deswegen bleibe ich dabei: Es handelt sich hierbei um einen Akt der Diskriminierung gegen Frauen, und nicht um eine mangelnde Qualifikation. Ganz abgesehen davon hätte Malta, wie es die Regeln ja vorsehen – darauf wurde auch schon hingewiesen -, die Möglichkeit gehabt, aus einer Auswahl hochqualifizierter Menschenrechtlerinnen aus der ganzen Welt eine auszusuchen, die Malta dann repräsentiert hätte. Auch das wurde nicht getan. Spätestens jetzt zeigt sich, dass es hier um Diskriminierung geht und nicht um die Qualifikation.

Nun kommen wir zum Kernpunkt der Frage: Wollen wir mit unserer großen Mehrheit hier beschlossene Regeln ändern, nach dem Motto "lassen wir es dieses Mal gerade noch so durchgehen", nur weil ein einziges Land nicht willens ist, sich an unsere Regeln zu halten? Oder wollen wir nicht lieber von diesem einzigen Land verlangen, sich an unsere gemeinsam beschlossenen Regeln zu halten? Denn wer sagt denn, dass dann von dieser Liste ausgerechnet die Frau gewählt werden würde? Wir wollen lediglich, dass jetzt endlich auch eine Liste eingereicht wird, auf der eine Frau steht.

Ich muss zugeben, dass ich hier dem Rechtsausschuss nicht ganz folgen kann. Wollen wir etwa auch in anderen Menschenrechtsfragen – denn die Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist ein Menschenrecht – in Zukunft auch Ausnahmen zulassen, wenn wieder einmal "Sachzwänge" gibt? Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Hier gilt es, standhaft zu bleiben und die Menschrechte zu verteidigen, also das zu verteidigen, was uns als Europarat ausmacht. Dazu gehört es, die Gleichberechtigung auch vor Ort durchzusetzen und es den Frauen vor Ort zu ermöglichen, auf Listen zu kommen. Deswegen stimmen Sie bitte mit uns ab, und stimmen Sie gegen den Antrag des Rechtsausschusses. Sorgen Sie dafür, dass wir hier keine Rückschritte machen, sondern weiter nach vorne gehen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ruth-Gaby VERMOT-MANGOLD, Schweiz, SOC

(Doc. 11208)

Ich habe meinen Ohren nicht getraut, als ich das erste Mal hörte, dass die Bestimmungen für die Richterwahlen abgeändert werden sollen und dass damit das, was wir erreicht haben, nämlich, dass Frauen auf die Liste kommen, nun wieder abgeschafft werden soll – natürlich nur in ganz kleinen Ausnahmen!

Aber eine Ausnahme reicht!

Ich bin verärgert und weiß eigentlich gar nicht, was das soll und warum wir hier sitzen und sagen, wir müssen wieder zum früheren Zustand zurück. Wenn wir in diesem Fall Regeln und Bestimmungen beliebig abändern können, dann ändern wir morgen Resolutionen und übermorgen Protokolle ab, weil wir eine ganz kleine Ausnahme brauchen!

Dann können wir ja auch wieder ein bisschen foltern, wenn wir eine Ausnahme brauchen, oder Kinderrechte missachten und Frauenrechte ausheben – eben aufgrund einer kleinen Ausnahme, bzw. der Flexibilität. Denn flexibel, das haben wir gehört, müssen wir ja sein.

Ich verstehe überhaupt nicht, warum du, Erik Jürgens, hinter einem solchen Antrag stehst. Du hast gesagt, wir seien zu emotional. Ich sage dir eines: Ich bin in dieser Frage emotional. Denn jahrelang haben wir für winzig kleine Schritte gekämpft damit wir Frauen nicht diskriminiert, sondern anerkannt werden, damit wir Frauen unsere Rechte haben. Und dann kommt jemand und sagt, das müssten wir wieder ein bisschen ändern, denn das arme San Marino hat keine Frauen, die es auf die Liste setzen kann. Hat das arme San Marino eigentlich überhaupt Frauen?

Hier haben wir ja jemanden von San Marino, sehr schön!

Diese RichterInnen-Stelle wurde ausgeschrieben und es haben sich Frauen gemeldet, wie wir vorhin schon gehört haben. Doch diese Frauen wurden mit der Begründung, sie seien unqualifiziert, nicht in die Liste aufgenommen. Über Qualifikation von Frauen haben wir doch schon sehr, sehr viel gehört. Diese Qualifizierung geht häufig zu Ungunsten von Frauen, und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist für mich eben auch Diskriminierung. Diese Diskriminierung können nur Frauen nachvollziehen.

Ich bin um jeden Mann hier drin und draußen froh, der sich für die Gleichstellung einsetzt, und davon gibt es einige. Wir brauchen diese Hilfe. Was wir nicht brauchen, ist dieser unmögliche Rückschritt, den wir heute wieder einmal machen. Für die Frauen und Männer, die sich seit Jahren für die Gleichstellung engagieren, ist die Abänderung der Bestimmungen ein Schlag ins Gesicht. Wir wollen das Erreichte, nämlich diesen winzigen Schritt, dass für zwei Männer eine Frau auf eine Liste kommen muss, in keiner Weise wieder zurücknehmen. Ich bitte Sie, helfen Sie uns, das Erreichte nicht rückgängig machen zu müssen!

Denn das nächste Mal kommen dann andere kleine Staaten mit Ausnahmen, die wir dann im Hinblick auf die Ausnahme, die für San Marino, das ich sehr schätze, gemacht wurde, auch akzeptieren müssen. Immer wieder werden Ausnahmen zu machen sein, und das akzeptieren wir nicht. Es wurde auch gesagt, es bedürfe doch einer gewissen Flexibilität und man müsse San Marino seine Liste vorlegen lassen.

Diese Flexibilität, meine Damen und Herren, geht zu Ungunsten der Frauen, und es ist des Europarats, der Menschen- und Frauenrechte wirklich nicht würdig, diesen Rückschritt zuzulassen.

Bitte sagen Sie Nein zu diesem unsinnigen Antrag.