SITZUNGSPERIODE 2007

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(3. Teil)

BERICHT

25. SITZUNG

Donnerstag, 28. Juni 2007, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH


Christoph STRÄSSER, Deutschland, SOC / SOC

(Doc. 11281)

Herr Präsident,

meine Damen und Herren!

Auch ich möchte mich zunächst beim Berichterstatter für diesen wirklich hervorragenden Bericht bedanken. Ich bin auch sehr froh darüber, dass er zum jetzigen Zeitpunkt kommt, weil er jetzt doch einmal deutliche Aussagen macht auch darüber, wie eigentlich die Europäische Union in ihren weiteren Verhandlungen mit der Republik Serbien umgeht.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es bei allen Möglichkeiten und Ansätzen, die es gibt, eine komplette Umsetzung der Beitrittsverhandlung zur EU nur dann geben kann, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, und dazu gehören auch die Verhaftung und die Überstellung der Herren Mladic und Karadzic an den Gerichtshof.

Ich wünsche und hoffe, dass Frau del Ponte dies auch in der Amtszeit des Tribunals noch erleben kann, denn Sie sind, und das sage ich mit voller Überzeugung und vollem Bewusstsein, ein wirklicher Hoffnungsschimmer in der Durchsetzung der Menschenrechte auch auf diesem Kontinent, und dafür wünsche ich Ihnen persönlich für die Zukunft ganz viel Erfolg.

Meine Damen und Herren, ich glaube aber, wenn wir heute über dieses Tribunal reden, dann geht es auch um ein Stück weit mehr. Es geht um grundsätzliche Fragen, z.B. die Frage: Was ist stärker, die Macht oder das Recht, die Politik oder die Justiz? Diese Fragen ließen sich in der Vergangenheit relativ einfach beantworten: Macht und Politik rangieren vor Recht und Justiz.

Diese Antwortet bedeutete in der Geschichte unseres Kontinents zugleich auch immer: Das Unrecht ist stärker als das Recht, und wer die Macht hat, hat auch die Macht, sich dem Zugriff des Rechts zu entziehen, er hat also auch die Macht, ungestraft Unrecht zu verüben. Diese Antwort wird mit all dem, was in den letzten Jahren in den internationalen Gremien, in der internationalen Etablierung von Strafgerichten auf den Weg gebracht worden ist, zum ersten Mal, und ich finde, zu Recht, in Frage gestellt.

Ich verweise insoweit auch noch einmal auf den Beschluss des Weltsicherheitsrates, der die Einsetzung dieses Tribunals möglich gemacht hat. Danach sollen schwerwiegende Verstöße gegen die Genfer Kriegsrechtskonventionen von 1949 verfolgt werden. Außerdem, und das finde ich sehr wichtig, definiert das Statut dieses Tribunals das Verbrechen des Völkermordes und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wobei, und das ist in dieser Frage die eigentlich zentrale Botschaft, die Verbrechen unabhängig davon zu verfolgen sind, ob sie in internationalen oder in internen Konflikten begangen werden.

Artikel 28 des Statuts verpflichtet alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen zur Mitwirkung bei der Ermittlung und Überführung von Tätern und zur Erfüllung aller Hilfeersuchen und Anordnungen des Gerichts, und zwar, ich zitiere: without undue delay, also unverzüglich, ohne schuldhaftes Zögern.

Dabei ist vor allem Absatz 2 des Artikels 7 zu beachten: Die amtliche Position eines Beschuldigten, sei sie nun Staatsoberhaupt, Regierungschef oder verantwortlicher Regierungsbeamter, berührt weder ihre strafrechtliche Verantwortung, noch mildert sie die Strafe.

Diese Bestimmung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist neu im Völkerrecht. Sie ist neu, weil sie die traditionelle Immunität der Staatsmänner aufhebt. Überdies setzt sie zwei hergebrachten Ausreden der Staatsterroristen ein Ende: Weder können sich Schreibtischtäter darauf hinausreden, nicht selber Hand angelegt zu haben, noch können die nachgeordneten Mörder sich unter Berufung auf übergeordnete Befehle entlasten.

Nirgendwo in diesem Statut findet sich auch nur die Andeutung einer politischen Opportunitätsklausel. Diese wirkliche völkerrechtliche Innovation, meine Damen und Herren, gilt es zu verteidigen, denn eins sollte das Ergebnis dieses Tribunals, aber auch anderer Gerichtshöfe sein, nämlich die klare Botschaft an die Menschen, für die wir stehen, aber auch an die Regierungen, die sich nicht daran halten: Das Recht des Stärkeren muss ersetzt werden durch die Stärke des Rechts.

Da sind wir auf einem guten Weg. Herzlichen Dank.

Ruth-Gaby VERMOT-MANGOLD, Schweiz, SOC/SOC

(Doc. 11281, mündl. Amendement)

Es ist nicht eine mögliche Verurteilung, sondern es war vor der Verurteilung, und wir müssen sagen, wie die Dinge sind. Ich möchte, dass dieses Amendment nicht angenommen wird.

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Amendment 18 zu Doc. 11302)

Danke, Herr Präsident!

Wir schlagen vor, im Paragraphen 8 das Verb "bedauert zutiefst" durch "stellt fest" zu ersetzen, denn es wird unserer Meinung nach dem Sachverhalt eher gerecht, denn es geht darum, dass natürlich die Untersuchungen durch die Existenz geheimer Einschränkungen eingeschränkt werden, aber es nicht unsere Aufgabe, an dieser Stelle eine Wertung vorzunehmen. Deswegen schlagen wir den geänderten Text vor.

René VAN DER LINDEN, Präsident der Parlamentarischen Versammlung:

Gibt es Wortmeldungen dagegen? Mr. Lund?

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Amendment 19 zu Doc. 11302)

Danke, Herr Präsident!

Diese Änderung dient dazu, den Sachverhalt noch einmal klarer und deutlicher darzustellen. Es geht darum, deutlich zu machen, dass die aufgezählten Länder sich in sehr unterschiedlichen Situationen befinden und dass auch z.B. in Deutschland, wie das auch vorhin in der Debatte schon deutlich geworden ist, eine sehr intensive Debatte über die Frage des Geheimhaltungsbegriffes ausgebrochen ist, und dass es eben auch in Deutschland ein Verfassungsgerichtsverfahren gibt wegen der Frage, was geheimzuhalten ist und was nicht, und das wollen wir mit dieser Veränderung zum Ausdruck bringen.

René VAN DER LINDEN, Präsident der Parlamentarischen Versammlung:

Gibt es keine Wortmeldung gegen diesen Antrag?

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Amendment 20 zu Doc. 11302)

Herr Präsident,

Wir schlagen vor den Punkt Nr. 3 der Recommendation so zu verändern, dass er von der Wortwahl her dem jetzt geänderten Punkt Nr. 8 der Resolution entspricht, damit beide Teile aufeinander abgestimmt sind.

René VAN DER LINDEN, Präsident der Parlamentarischen Versammlung:

Danke schön.

Gibt es Wortmeldungen, die dagegen sprechen? Das ist nicht der Fall. Der Ausschuss ist dafür. (Weiter auf Englisch)