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AS (2008) CR 17

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2008

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(2. Teil)

BERICHT

17. SITZUNG

Donnerstag, 17. April 2008, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Ana BLATNIK, Österreich, SOC

(Dok. 11527)


Herr Präsident,

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Erlauben Sie mir, mich zuerst herzlich zu bedanken bei Herrn Maalouf für seine hervorragenden Ausführungen, für seine ausgezeichneten Gedanken im Sinne eines positiven Zusammenlebens in Europa.

Mein zweiter Dank gilt selbstverständlich dem Berichterstatter, der für Europa wichtige Themen aufgegriffen hat, zu denen ich Stellung beziehen möchte.

Das sind Themen wie Muttersprache im Schulunterricht, sprachliches und literarisches Erbe Europas, und Europäisches Jahr der Sprachen.

Das Erlernen der Muttersprache ist etwas ganz Wichtiges und ganz Besonderes, denn gerade das Erlernen der Muttersprache und ihrer Literatur hilft den Schülerinnen und Schülern wesentlich dabei, eine Identität, eine Zugehörigkeit und ein Verständnis für die eigene Heimat zu entwickeln.

Darüber hinaus geht es aber auch darum, andere europäische Sprachen und die Bekanntschaft und das Kennenlernen ihrer Literatur zu erlernen, um ein besseres Verständnis für Europa in seiner ganzen Vielfalt zu erlangen. Ein Europa des Respekts, der Toleranz und Akzeptanz, und der gegenseitigern Achtung.

Europa darf niemals bürokratisch oder technokratisch gesehen werden. Der Weg Europas soll hin zu einer Offenheit, Lebendigkeit führen. Eine Lebendigkeit der kulturellen und sprachlichen Vielfalt, sowohl in der Erziehung, als auch in der Schule und in der Literatur.

Eine Sprache zu kennen, bedeutet mehr als ihre Beherrschung für Kommunikationszwecke. Eine Sprache zu kennen, bedeutet, Andere besser kennenzulernen, sie in ihrer Sprache anzureden, sie besser verstehen zu wollen und Vertrauen aufzubauen. Und wo Vertrauen herrscht, fühlt man sich wohl, und wo man sich wohl fühlt, herrscht Frieden. Und eines der wesentlichen Ziele Europas ist es, für den Frieden zu sorgen.

Die verschiedenen Sprachen und Kulturen sind Reichtum, ja sogar ein Wettbewerbsvorteil. Deshalb sollten wir die Mehrsprachigkeit fordern und fördern, in der Erziehung, in der Schule, und selbstverständlich in der Literatur und ihren Übersetzungen.

Es gibt keine kleinen und großen Sprachen in Europa. Es gibt wenig verbreitete und mehr verbreitete Sprachen. Bei den Übersetzungen klassischer und moderner Texte ist es wichtig, sie auch in die wenig verbreiteten Sprachen zu übersetzen. Dadurch wird der Zugang zur Literatur ermöglicht, und zusätzlich wird auch die Sprache aufgewertet.

Nur wenn Europa die sprachliche und kulturelle Vielfalt als eine europäische Aufgabe versteht, werden die Geister der Vergangenheit, die durch Nationalismus und Chauvinismus zerstörerisch und destruktiv in Erscheinung traten, zum Schweigen gebracht werden.

Ich selbst bin Angehörige einer sprachlichen Minderheit: Ich bin Kärntner Slowenin. Ich lebe in einer zweisprachigen Gemeinde (Ludmannsdorf/Bilčovs), bin begeisterte Kärntnerin, begeisterte Österreicherin und begeisterte Europäerin. Meine Muttersprache ist Slowenisch. Kärntner Slowenin zu sein, bedeutet für mich nur einen Teil meiner Identität. Ich bin zweisprachig erzogen worden, deutsch und slowenisch, und dies gleichwertig.

Meine sprachliche Identität ist es, das Slowenische und das Deutsche gleichberechtigt zu verwenden, zu sprechen. Es ist mir sehr wichtig, mich in meinen Sprachen, Slowenisch und Deutsch, ausdrücken zu können, und überall, wo ich auftrete, tue ich das auch.

Ich werde jetzt zwei Sätze auf Slowenisch sagen und sie auch übersetzen, als ein Zeichen meiner Zweisprachigkeit:

Večjezičnost je bogastvo. Zavzemajmo in trudimo se, da se bo to bogastvo večjezičnosti razvijalo povsod.

Übersetzung: Die Mehrsprachigkeit ist eine Bereicherung! Setzen wir uns dafür ein, überall – in der Erziehung, in der Schule und in der Literatur, dies zu fördern und zu unterstützen.