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AS (2009) CR 31
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2009

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(4. Teil)

BERICHT

31. SITZUNG

Mittwoch, 30. September 2009, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

 

Albrecht KONEČNỶ, Österreich, SOC

(Dok. 11985)

Danke Herr Präsident,

Kolleginnen und Kollegen,

Es ist in vielfacher Hinsicht ein gemischtes Bild, das uns hier in den Äußerungen des Herrn Generalsekretärs und im Bericht präsentiert wird.

Lassen Sie mich mit einer sehr persönlichen Bemerkung beginnen; es ist vermutlich das Positivste, was ich heute sagen werde. Ich habe mich als ein Österreicher, der sich ein halbes politisches Leben lang gegen jede Form der Begünstigung von Steuerhinterziehung gewehrt hat, die das österreichische Banken- und Steuersystem möglich gemacht hat, dafür zu bedanken, dass jener Druck aufgebaut wurde, der zuletzt auch hier in Österreich zu einer befriedigenden Lösung geführt hat. Ich glaube, es ist notwendig, dass dieses Beispiel auch aufgegriffen wird.

Der Herr Generalsekretär hat über das Versagen der nationalen Regulatoren gesprochen, die substantiell zur Krise beigetragen haben. Wäre es jetzt, nachdem wir wissen, wie Krisen vom Bankensystem ausgehen, nicht eine Überlegung wert, eine graue Liste jener Staaten aufzustellen, in denen die faktische Schwäche der Regulierungsbehörden und – Sie haben es gesagt – ihre Inkompetenz eine Gefährdung der Weltwirtschaft darstellen, um hier tatsächlich zu hohen Mindeststandards einer weltweiten Regulierung der Bankenmärkte zu gelangen?

Ich glaube, dass wir es uns nicht leisten können, dass einzelne Volkswirtschaften in diesem Bereich harte Regulierungsmaßnahmen getroffen haben, wozu ihnen zu gratulieren ist – ich gratuliere Kanada zu dieser Voraussicht, die kanadischen Banken haben das ja auch alle sehr gut überlebt – aber letztlich von völlig unregulierten Finanzmärkten einzelner großer Volkswirtschaften dennoch die Infektion ausgeht.

Wir sollten aus dieser Krise wirklich etwas lernen, denn wenn Geschichte Sinn hat, dann ist es ja bekanntlich das Klügerwerden für ein andermal, denn der Kapitalismus, der krisenfrei durch die Geschichte taumelt, ist noch nicht erfunden und wird wohl auch nicht erfunden werden. Wir müssen uns rüsten gegen weitere Krisen auf diesen und auf anderen Gebieten.

Die dritte Bemerkung, die ich machen möchte ist, dass wir, d.h. alle unsere Regierungen, natürlich Geld in die Banken und in die Wirtschaft gepumpt haben und niemand weiß, wie viel Geld das wirklich gekostet hat. Welche von den Garantien, die wir übernommen haben, dann zuletzt noch schlagend werden, kann niemand vorhersagen.

Aber wenn es jetzt Kritik daran gibt, welche Verschuldung die Staaten inzwischen zu tragen haben, dann muss ich sagen, kommt mir das vor wie ein Krebspatient, der in einer waghalsigen Operation gerettet wurde und sich jetzt bitter beim Operateur beklagt, was für eine hässliche Narbe zurückgeblieben ist.

Natürlich haben wir wesentliche Defizite in unseren Budgets. Wir haben Schulden aufgebaut, und die zentrale politische Frage, die wir national zu lösen haben ist: Wer zahlt die Zeche? Sind es jene, die von Arbeitslosigkeit betroffen und bedroht sind, sind es jene, die in unseren Binnenkonjunkturen als Konsumenten eine ganz entscheidenden Rolle spielen können? Oder sind wir politisch mutig genug und in den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen in der Lage, uns wenigstens einen Teil des Geldes dort zu holen, wo wir viel Geld hineingesteckt haben und wo hoffentlich bald wieder Gewinne gemacht werden?

Es kann nicht so sein, dass die Mehrheit der Bevölkerung, jene, die individuell und persönlich unter der Krise leiden, die niemals einen Bonus bekommen haben, jetzt die Zeche zahlen. Und das muss die entscheidende Aufgabe der Politik in allen Mitgliedsländern des Europarates und in allen Mitgliedstaaten der OECD sein.

Danke.

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

(Dok. 11985)

Herr Vorsitzender,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Selbstverständlich begrüße auch ich eine Erweiterung der OECD, wie es im Bericht von Frau Lilliehöök gewünscht wird. Es macht immer Sinn, wenn wirtschaftlich stärkere Länder zusammenrücken. Das gereicht auch den weniger entwickelten zum Vorteil.

Ein Neumitglied der OECD soll aber gewisse Standards erfüllen. Vorliegender Bericht spricht von der Achtung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Völkerrechts. Das kann ich nur voll und ganz unterstützen. Dieselben Kriterien gelten zwingend aber auch für die OECD selbst, für ihre Organe und Führungsleute. Und sie gelten erst recht, wenn eine internationale Organisation wie die OECD dem Einstimmigkeitsprinzip verpflichtet ist.

Gegen diese Regeln hatte die OECD anfangs dieses Jahres verstoßen, als sie – Herr Generalsekretär, Sie haben dieses Thema angesprochen -, sogenannte schwarze und graue Listen über die fiskalische Zusammenarbeit von Mitgliedsländern erstellt und veröffentlicht hatte, und zwar ohne das Wissen der betreffenden OECD-Mitglieder, und ohne diese zu informieren.

Das geht so nicht, werter Herr Generalsekretär. Sie sind denn auch zu Recht von der Schweizer Regierung gerügt worden. Ich möchte mich auch als Parlamentarier voll und ganz dieser Rüge anschließen; ich tue das bewusst hier an diesem Ort, wo die Prinzipien der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit ihre Urheimat haben: dem Europarat.

Ich glaube, Sie haben Ihr Fehlverhalten gegenüber den betroffenen Ländern inzwischen eingesehen und bedauert. Wenn dem so ist, verbleibt mir nur die Hoffnung, die OECD-Organe werden künftig nur mehr mit offenem Visier handeln und nicht mehr hinter dem Rücken ihrer Mitgliedsländer.

Der Kampf für Art. 26 des OECD-Muster-Doppelbesteuerungsabkommens in Ehren – auch ich unterstütze ihn voll und ganz, ebenso mein Land. Aber bitte immer im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit und nicht außerhalb!

Zwei weitere Elemente aus dem Bericht von Frau Lilliehöök möchte ich noch aufgreifen: ihre Ausführungen zur Höhe der öffentlichen Entwicklungshilfe und zur langfristigen Sicherung der Energieversorgung.

Bei der Entwicklungshilfe sollte man es nicht einfach bei einem Ringen um Zahlen und Prozentanteile bewenden lassen und sich auf umstrittene Ziele einer UNO-Konferenz berufen. Ebenso wichtig ist es, dass man auch die privaten Direktinvestitionen gebührend würdigt. Direktinvestitionen schaffen echte und sichere Arbeitsplätze vor Ort, und das ist immer noch die beste Entwicklungshilfe.

Doppelt unterstreichen möchte ich in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen von Frau Lilliehöök zum Kampf gegen Bestechung und Korruption. Nur wenn hier endlich echte Fortschritte erzielt werden, werden die berechtigten Vorbehalte gegenüber einer Erhöhung der Entwicklungshilfegelder in vielen Geberländern abgebaut werden können.

Die Steuerzahler in den Industrieländern müssen die Gewähr haben, dass ihre staatlichen Hilfsgelder die vorgesehenen Adressaten wirklich erreichen und nicht in dubiose Kanäle entschwinden.

Eine abschließende Bemerkung zur Energieversorgung: Hier hätte Frau Lilliehöök durchaus noch etwas konkreter sein dürfen, kommt sie doch aus einem Land, das in Sachen Kernenergie zu den sichersten und fortschrittlichsten in Europa gehört.

Ich konnte mich kürzlich bei einem Besuch in Oskarshamn direkt vor Ort davon überzeugen. Da ist uns Schweden ein gutes Stück voraus. Ich hätte also kein Problem, die Kernenergie hier auch expressis verbis zu erwähnen, und nicht einfach nur abstrakt von nicht-fossilen Brennstoffalternativen zu sprechen.

Sehen Sie das aber bitte nicht als Kritik an, geschätzte Frau Kollegin, sondern lediglich als Präzisierung zu Ihrem wertvollen Bericht.

Hakki KESKIN, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 11985)

sehr geehrter Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine Damen und Herren!

Ich danke unserer Kollegin Lilliehöök und Herrn Generalsekretär für ihren Bericht.

Lassen Sie mich zunächst festhalten, dass die globale Wirtschafts- und Finanzkrise eindeutig Ausdruck des Scheiterns des Liberalismus ist. Es war ja nicht so, dass nur die Kontrollaufsicht der Finanzmärkte versagt hätte. Nein, der selbstverordnete Rückzug des Staates und der Politik aus der Aufsicht über die Wirtschaft haben die Finanzmärkte erst unkontrollierbar gemacht und die Spekulationswelle ausgelöst! Insofern handelt es sich hier in erster Linie nicht allein um Marktversagen, sondern vor allem auch um Politikversagen!

Die Auswirkungen der Krise werden leider Gottes noch lange zu spüren sein und auf dem Arbeitsmarkt in den Mitgliedstaaten erst in den kommenden Jahren voll zum Ausdruck kommen.

Deutschland hat 97 Mrd. Euro für Konjunkturpakete und 631,8 Mrd. Euro Hilfen für den Finanzsektor zur Verfügung gestellt, insgesamt also 728,8 Mrd. Euro. Hierdurch steigen natürlich die Staatsschulden weiter und können das Land für lange Zeit in große Schwierigkeiten bringen.

Entscheidend wird sein, welche Konsequenzen aus der Krise gezogen werden und wie ihre sozialen Folgen bewältigt werden.

Ich persönlich halte es für unzumutbar, wenn die Banken mit Steuergeldern in Höhe von hunderten, ja tausenden Milliarden vor dem Zusammenbruch gerettet werden müssen, ohne dass daraus die dringend erforderlichen Lehren gezogen werden. Etliche Banken zahlen ihren Managern heute bereits wieder überzogene Boni.

Eines muss klar sein: Wer staatliche Hilfe in Anspruch nimmt, der muss mit dem Geld der Bürger sparsam umgehen und diese Kredite schnellstmöglich zurückzahlen. Die Bevölkerung darf nicht die Zeche zahlen für Fehlentwicklungen in diesem Bereich!

Wir brauchen dringend eine effektivere Finanzaufsicht, sowie ein Verbot von hochriskanten Geschäften. Ich denke hierbei insbesondere an den undurchsichtigen Handel mit Kreditgeschäften und Wertpapieren, die niemand mehr durchschaut. Wertpapiere, die faktisch keinen Wert mehr haben, müssen aus dem Verkehr gezogen werden!

Hinzu kommt, dass die Banken die Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank leider nicht an ihre Kunden weitergeben. Trotz der immensen Staatshilfen, die in den Finanzsektor geflossen sind, leiden viele mittlere und kleine Unternehmen beispielsweise in Deutschland unter einer restriktiven Kreditvergabepolitik der Banken. Dies führt dazu, dass zahlreiche Arbeitsplätze in diesem Bereich verloren gehen und somit die Arbeitslosigkeit weiter steigt.

Wir müssen dafür sorgen, dass diese Finanzkrise, diese Art von Katastrophe, die letztendlich wieder zu Lasten des Bürgers geht, sich nicht stets wiederholt. Dazu ist natürlich eine klare Kontrolle der Banken notwendig, wenn nötig durch Verstaatlichung dieser Banken.

Ich danke Ihnen.