AL10CR17       AS (2010) CR 17

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2010

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(2. Teil)

BERICHT

17. SITZUNG

Donnerstag, 29. April 2010, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH


Christoph STRÄSSER, Deutschland, SOC

(Dok. 12221)

Herzlichen Dank, Herr Präsident!

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich möchte mich zunächst auch im Namen meiner Fraktion bei der Berichterstatterin für die Vorlage ihres wirklich positiven Berichtes über die Konferenz bedanken. Danke auch dafür, dass dies so schnell nach Abschluss hier im Plenum der Parlamentarischen Versammlung beraten werden kann.

Ich möchte natürlich auch dem Vorsitz des Ministerkomitees durch die Schweiz meinen Dank aussprechen, der es ermöglicht hat, etwas auf den Weg zu bringen, woran viele hier in diesem Haus schon gar nicht mehr geglaubt haben: einen Reformprozess zur Beschleunigung für diesen Menschenrechtsgerichtshof, der dringend erforderlich ist und an dem wir alle arbeiten müssen. Dafür ganz herzlichen Dank.

Das Menschenrechtsschutzsystem im Europa des Europarates ist in der gesamten Welt einzigartig. Darauf können wir zu Recht stolz sein. Es ist das Verdienst dieses unseres Europarates, dass es jedem einzelnen Bürger, der in einem der 47 Staaten lebt, möglich ist, den Gerichtshof als Person anzurufen, wenn er sich in seinen Grundrechten verletzt fühlt und durch nationale Gerichte keine Abhilfe erreichen kann.

Aber wir alle wissen, dass diese zivilisatorische Errungenschaft in Gefahr ist. Der Gerichtshof droht an seinem Erfolg zu ersticken. Mehr als 80.000 unerledigte Fälle sind eine Belastung für alle: für die Richterinnen und Richter, die mit der Arbeitsbelastung fertig werden müssen, aber ganz besonders natürlich auch für die Rechtsuchenden, die teils Jahre auf eine Entscheidung in ihrer Rechtssache warten müssen, und zwar nachdem sie in dem einen oder anderen Mitgliedsstaat auch bereits Jahre auf eine endgültige Entscheidung im nationalen Gerichtsweg haben warten müssen.

Ein Rechtsphilosoph, der auch europäisches Recht geprägt hat, hat gesagt: „verspätetes Recht ist verweigertes Recht.“ Das sollte eine der Grundlagen für uns sein, an einer Verbesserung des Rechtsweges zu arbeiten.

Ein erster, wichtiger Schritt ist dabei natürlich die endgültige Ratifizierung des Zusatzprotokolls 14 jetzt auch durch die russische Staatsduma. Ich möchte meinen Respekt dafür ausdrücken, dass das endlich geschehen ist.

Doch wie wir wissen, reicht das allein nicht aus. Deshalb ist es gut und richtig, dass die Konferenz von Interlaken in ihrer Erklärung klar und deutlich auch den Ministerrat aufgefordert hat, in einem klaren, konkreten Zeitplan eine seriöse Evaluierung des Prozesses, der jetzt angefangen hat – auch im Rahmen des Zusatzprotokolls 14 – in den nächsten Jahren bis 2015 vorzunehmen. Darüber bin ich sehr froh.

Ich bin der Ansicht, dass es ein Teil des Implementierungsprozesses ist, dass unsere Berichterstatterin heute morgen im Rechtsausschuss damit beauftragt worden ist, diesen Prozess für uns weiter zu begleiten und hier darüber zu berichten.

Es gibt drei Punkte, auf die ich eingehen möchte und die auch uns als Parlamentarier interessieren:

Zum einen ist immer wieder auf das Subsidiaritätsprinzip hingewiesen worden, das Verhältnis der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu den nationalen Rechtswegen. Ich meine, dass es unsere Pflicht und unsere Aufgabe als Parlamentarier ist, wo auch immer wir arbeiten dafür zu sorgen, dass es einen solchen wirklichen Weg gibt, bis hin zu einer letztendlichen Entscheidung über Grundrechte, wie wir das in Deutschland mit dem Verfassungsgericht haben, um diesen nationalen Rechtsweg wirklich so auszugestalten, dass auch eine Beanspruchung des Europäischen Gerichtshofes letztendlich nicht mehr in diesem Umfang erforderlich sein wird.

Das Zweite ist natürlich die Frage der Umsetzung der Entscheidungen. Ich denke, dabei gibt es verschiedene Aspekte. Das Eine können wir nicht beeinflussen, und zwar die Klarheit der Urteile, die gesprochen werden. Wir wissen, dass an der einen oder anderen Stelle auch im Ministerrat die möglichen Konsequenzen aus diesen Entscheidungen in der Tat problematisch sind und dass sehr lange darum gerungen wird, was von den einzelnen Staaten ausgeht. Hier muss sorgfältiger gearbeitet werden, und dann muss auch in den Staaten konsequent die Umsetzung erfolgen. Des Weiteren muss auch diese Parlamentarische Versammlung letztendlich immer wieder fähig sein, einzugreifen und dafür zu sorgen, dass es funktioniert.

Ich glaube, wir sollten hier in diesem hohen Hause auch stolz darauf sein, dass nicht nur der Europäische Menschenrechtsgerichtshof arbeitet, sondern dass sowohl der Kommissar für Menschenrechte, Herr Hammarberg, der gestern hier berichtet hat, als auch diese Parlamentarische Versammlung dazu gehören, wenn man dieses Rechtschutzsystem im Europarat aufrecht erhalten will.

Ich würde mir wünschen, dass es uns gelingt, die Idee und die Vision eines universell geltenden Menschenrechtschutzes weiterhin gemeinsam zu vertreten, und dafür auch diesen Gerichtshof zu stärken.

Vielen Dank.

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 12221)

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auch ich möchte mich im Namen der EPP-Gruppe ganz herzlich bei der Berichterstatterin, Frau Bemelmans-Videc, für den wirklich hervorragenden Report, und bei der Schweizer Präsidentschaft für die Initiative zum Interlaken-Prozess bedanken.

Es ist meines Erachtens sehr viel Richtiges über die Bedeutung des Gerichtshofs gesagt worden; auch über die Einzigartigkeit dieses Menschenrechts-Schutzmechanismus, den es so nicht noch einmal auf der Welt gibt. Aber um diesen Gerichtshof und diesen gesamten Mechanismus am Leben zu erhalten, bedarf es der notwendigen Reformschritte, die jetzt einer nach dem anderen vorgenommen werden – und den meisten von uns geht dies wahrscheinlich zu langsam.

Es gibt zwei verschiedene Aspekte, die mir in diesem Fall wichtig sind. Zum einen müssen wir dafür strukturelle Reformen vornehmen, und zwar zum einen in unseren Mitgliedsstaaten, und zum anderen auch hier.

Bei den Mitgliedsstaaten geht es darum, die eventuellen Schwierigkeiten bei der Frage der nationalen Rechtswege auszuräumen. Doch geht es eben auch darum, die durch den Gerichtshof ausgesprochenen Urteile zügig, zeitnah und vollständig umzusetzen. Das scheint mir sehr wichtig zu sein, denn auch daran hängt die Glaubwürdigkeit des Gerichtshofs. Wir als Parlamentarier haben in unserer Doppelrolle, von der auch Frau Bemelmans-Videc in ihrem Bericht spricht, hier in der Versammlung und zu Hause eine wichtige Funktion.

Länder wie Großbritannien oder auch mein Heimatland, Deutschland, haben in ihren Parlamenten Initiativen unternommen, um regelmäßig über die Umsetzung von Urteilen informiert zu sein und so auch notfalls den Finger in die Wunde legen zu können.

Es ist mir in dieser Frage allerdings auch wichtig, dass wir uns strukturell damit beschäftigen, wie eigentlich das Verhältnis zwischen nationaler Rechtsprechung und nationaler Gesetzgebung und dem, was der Gerichtshof hier macht aussieht.

Es gibt gerade im Zusammenhang mit dem möglichen Beitritt der Europäischen Union zur europäischen Menschenrechtskommission – wann auch immer er kommen mag - eine ganz wichtige Frage: Welchen Wert haben Urteile des Gerichtshofs hier im Verhältnis zu den verschiedenen europäischen Gerichtshöfen? Das ist eine Diskussion, die wir mit dem deutschen Bundesverfassungsgericht sehr intensiv geführt haben. Auch ist es ja nicht so, als würde das in allen Mitgliedsländern des Europarates gleich gehandhabt!

Es gibt Länder, die die Urteile des Gerichtshofs quasi als verfassungsgleich ansehen. Für andere sind es einfache Gesetze, die keinen Verfassungsrang haben, und andere Länder beurteilen das wieder anders. Es gibt hier also durchaus Harmonisierungsbedarf, denn ansonsten werden wir die unterschiedlichen Handhabungen in den verschiedenen Rechtssystemen nicht vernünftig lösen können. Auch dies ist eines der Probleme, die wir bei dieser Gelegenheit angehen müssen.

Weil wir uns hier in der Parlamentarischen Versammlung befinden, möchte ich gerne auf den zweiten Punkt zu sprechen kommen, der uns, auch in unserer Doppelfunktion, durchaus beschäftigt: die Frage des Geldes.

Sowohl in unseren nationalen Parlamenten als auch hier haben wir in der Vergangenheit so weit es in unserer Möglichkeit stand versucht, gerade dem Gerichtshof in besonderer Art und Weise zu helfen. Doch ich kann nicht umhin festzustellen, dass diese Hilfe sehr häufig, um nicht zu sagen in fast allen Fällen, auf Kosten der anderen Institutionen des Europarates, insbesondere der Parlamentarischen Versammlung, gegangen ist.

So sehr ich die finanziellen Nöte der Mitgliedsstaaten verstehe, aber eines muss klar sein: Weitere Verbesserungen für den Gerichtshof können nicht zu Lasten der Parlamentarischen Versammlung oder anderer Gremien des Europarates gehen. Parlamentarische Kontrolle und Begleitung mag manchmal teuer sein, aber es ist auf jeden Fall teurer – wirklich unbezahlbar -, darauf zu verzichten.

Herzlichen Dank.

Eveline WIDMER-SCHLUMPF, Chefin des Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartements

(Dok. 12221)

Geschätzter Herr Präsident,

Geschätzte Damen und Herren,

Parlamentarierinnen und Parlamentarier!

Ich möchte mich herzlich für das positive Echo bedanken. Wir haben uns ja auf diesem Weg sehr für eine Verbesserung der Arbeit bzw. der Möglichkeiten zu arbeiten beim Europäischen Gerichtshof engagiert.

Vielleicht etwas dazu, wie wir das zu dieser Form bzw. diesen Weg der Ministerkonferenz aufgegleist haben, die ja zum Teil heute etwas kritisiert oder zumindest in Frage gestellt wurde.

Der erste Ansatz bzw. die erste Absicht bestand darin, dass man mit den Richtern am Europäischen Gerichtshof, mit den Richtern der obersten Gerichte der Nationen und auch mit den Prozessvertretern eben diesen Weg, diese Möglichkeiten diskutieren wollte.

Nach verschiedenen Diskussionen mit Herrn Präsident Costa kamen wir dann zu der Überzeugung, dass es richtig ist, auf einer politischen Ebene Leitplanken festzulegen, um diese Verbesserungen einzuleiten.


Wir haben das selbstverständlich so gemacht, dass die einzelnen Länder auch mit einbezogen wurden, indem man über die zuständigen Regierungsmitglieder, auch über Parlamente und Gerichte, versucht hat, die Meinungen zusammenzutragen.

Letztendlich zeigt uns der Erfolg dieser Ministerkonferenz, dass der Weg so falsch nicht wahr. Das heißt natürlich nicht, dass beim weiteren Fortschreiten jetzt die Parlamente und vor allem auch Sie, geschätzte Parlamentarierinnen und Parlamentarier, nicht sehr stark gefordert sein werden!

Ich möchte mich daher noch einmal für das positive Echo bedanken. Ich wünschte und wünsche mir sehr – und gehe auch davon aus –, dass Sie jetzt diesen Willen, hier voranzuschreiten und in absehbarer Zeit zu Resultaten zu kommen, in Ihre nationalen Parlamente mittragen und helfen, ihn umzusetzen und nicht zuletzt auch dazu beitragen, dass das Prinzip der Subsidiarität auch wirklich Beachtung findet und ihm auch Achtung verschafft wird.

Ich wünschen Ihnen alles Gute bei dieser Arbeit und bedanke mich.

Doris STUMP, Schweiz, SOC

(Dok. 12185)

Herr Präsident,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Die sozialistische Fraktion unterstützt den Bericht von Andreas Gross aus tiefer Überzeugung: Das Diskriminierungsverbot muss für alle Bevölkerungsgruppen durchgesetzt werden, auch für homosexuelle, bisexuelle und transgender Personen.

Der umfassende und ausgewogene Bericht zeigt auf, wo wir heute in den Mitgliedstaaten des Europarats bezüglich der Diskriminierung von homosexuellen, bisexuellen und transgender Personen stehen, und stellt den Handlungsbedarf zum Abbau der nach wie vor bestehenden Diskriminierungen dar. Der Grad der Diskriminierung ist in den Mitgliedstaaten des Europarats noch sehr unterschiedlich.

Überall jedoch haben Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer geschlechtlichen Identität mit Vorurteilen zu kämpfen, mehr oder weniger. Dadurch sind diese Menschen oft physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt, Frauen häufiger als Männer.

Vor allem Vertreter von fundamentalistischen Kirchen verbreiten nach wie vor und öffentlich Vorurteile gegenüber homosexuellen Menschen. Ich zitiere aus einer Sendung, die kürzlich im deutschen Fernsehen stattgefunden hat, den deutschen Bischof Franz-Josef Overbeck aus Essen. Er sagte:

„Homosexualität ist eine Sünde, die der Natur widerspricht. Das Miteinander von Mann und Frau gehört zu den moralischen Normen, nach denen der Mensch sich zu richten hat.“

Der Bischof scheint vergessen zu haben, dass der Mensch in seiner Vielfalt vor der katholischen Kirche und ihrer Moral geschaffen wurde, und zwar von Gott!

In einem kritischen Artikel in einer Schweizer Zeitung zu dieser Fernsehsendung hielt ein Journalist fest:

„Man sollte meinen, Homosexualität sei inzwischen gesellschaftlich akzeptiert. Gewiss, in homophoben Randbereichen wie der Armee oder dem Fußballverein, outet man sich besser nicht. Aber in der öffentlichen Rede hat sich eine tolerante Haltung durchgesetzt.“

Damit gibt auch dieser aufgeklärte Journalist zu, dass auch in Ländern wie der Schweiz, in denen die Gesetzgebung durchaus menschenrechtskonform ist, Vorurteile weiterhin verbreitet sind und Menschen daran hindern, ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität offen zu leben, zumal für mich Armee und Fußballvereine keine Randbereiche der Gesellschaft sind.

Auch wenn Homosexualität heute in keinem Mitgliedstaat des Europarats verboten ist, existieren weiterhin gültige rechtliche Regelungen, die diskriminierend sind und Menschenrechte verletzen. So sind die Redefreiheit und die Versammlungsfreiheit nicht in allen Staaten gewährleistet.

Andererseits ist Redefreiheit auch kein Freipass für irgendwelche verurteilenden und verletzenden Äußerungen. Es gibt neben der Redefreiheit auch die Verpflichtung zur Ethik in der Rede, zur Verantwortung gegenüber den Mitmenschen.

Weiterhin sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften sehr unterschiedlich gewährleistet und geregelt. Das Recht auf die Adoption eines Kindes von Menschen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft ist immer noch umstritten, wird aber von den Vertreterinnen und Vertretern dieser Gruppen nach wie vor gefordert.

Die Folgen dieser Vorurteile und Diskriminierungen sind für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender gravierend, weil sie ihre Identität in Frage stellen und dadurch Krisen auslösen, die bis zur Selbstverleugnung oder gar zum Selbstmord führen können.

Die sozialistische Fraktion unterstützt die Empfehlungen, insbesondere auch die zu der Abhaltung einer Kampagne für die Bekämpfung von Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transgender Personen.

Erst, wenn die Vorurteile überwunden sind und auch die entsprechenden rechtlichen Regelungen getroffen sind, werden die Diskriminierungen aufhören.

Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 12185)

Sehr geehrter Herr Präsident,

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst möchte ich auch Andreas Gross für seinen Bericht danken. Das Memorandum und der Bericht enthalten eine gute Zusammenstellung der Rechtsgrundlagen und der aktuellen Rechtsprechung, sowie klare Definitionen.

Gleichwohl möchte ich hervorheben, dass ich schon enttäuscht bin, dass er in drei Punkten von seiner ursprünglichen Fassung zurückgewichen ist. Ich werde nachher noch einmal darauf eingehen.

Die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern werden in ganz Europa und darüber hinaus verletzt. LGBT und die, die sich für LGBT einsetzen, sehen sich nach wie vor tief verwurzelten Vorurteilen, Feindseligkeiten und verbreiteter Diskriminierung gegenübergestellt.

Mich hat verwundert – vielleicht darf ich das als relativ neues Mitglied dieser Parlamentarischen Versammlung erwähnen –, dass es in der Sitzung im Januar im Ausschuss sogar Kollegen gegeben hat, die die Tatsache, dass es Diskriminierung gibt, negiert haben. Ich verstehe unseren Auftrag so, dass es auch unsere Aufgabe ist, uns hier vorbehaltlos und vorurteilsfrei voll für Menschenrechte und für Gleichheit vor dem Gesetz einzusetzen.

Deswegen muss von diesem hohen Haus, von dieser Versammlung, auch ein klares Signal ausgehen, nämlich das Signal des Respekts und der Nicht-Diskriminierung von LGBTs. Menschenrechte sind universell und unteilbar, das hat uns die universelle Erklärung der Menschenrechte schon 1949 in die Stammbücher geschrieben. Sie gelten für alle Menschen, unabhängig von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität.

Ausgrenzung und Diskriminierung von LGBTs sind leider keine Randerscheinungen. Das haben mehrere Redner, auch Frau Stump aus der Schweiz, deutlich gemacht. Sie betreffen tagtäglich Millionen von Menschen. Jeden Tag gibt es unterschiedliche Formen der Diskriminierung, sei es wie in besonders schweren Fällen Folter und Verfolgung, sei es Diskriminierung am Arbeitsplatz oder im Sprachgebrauch.

Vorurteile und Diskriminierung verschwinden nicht von selbst: Es ist unsere Aufgaben, jeder Form der Diskriminierung von LGBTs entgegenzutreten. Wir brauchen einen gesellschaftlichen Dialog, geprägt von Respekt. Wir brauchen Bildungsarbeit und Aufklärung, die ein gesellschaftliches Klima der Akzeptanz und des Verständnisses untereinander und füreinander schaffen.

Und wir müssen ganz klar die Empfehlungen umsetzen, die in den Dokumenten von Herrn Gross genannt sind, z.B. die volle Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, sei es bei Steuern oder auch bei finanziellen Angelegenheiten.

Auch bin der Meinung, dass das Recht auf Adoption, das Recht, das Kind des Partners zu adoptieren, wortwörtlich in die Resolution gehört, und deshalb haben wir dazu auch einen Änderungsantrag eingereicht.

Herr Gross: Sie haben mir im Ausschuss gesagt, es sei ein Hobby, sich dafür einzusetzen. Ich denke, es ist auch ein ehrenwertes Unterfangen. Es war ja auch Ihre ursprüngliche Formulierung.

Gerade bei Transgendern gibt es noch viel Handlungsbedarf, gerade beim Recht auf Sicherheit oder dem Recht auf eigene Familiengründung. Und auch hierzu, bezüglich des Rechts auf Familiengründung, haben wir einen Änderungsantrag eingereicht. Ich denke, dass es nach wie vor richtig ist, auf diesen Punkt hinzuweisen.

Ich unterstütze diesen Bericht, auch wenn er in diesen drei Punkten jetzt wahrscheinlich eine andere Wendung nehmen wird, und ich appelliere, dass wir uns dafür einsetzen. Es wird für viele Mitgliedsstaaten ein wesentliches Dokument sein.

Ich würde mich freuen, wenn unsere Änderungsanträge durchgehen, denn das wäre ein sehr deutliches Signal, stärker als das jetzige.

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 12185, Amendment 05)

Herr Präsident,

Hasstiraden sind in keinem Fall akzeptabel, auch nicht unter dem Deckmantel der Freiheit der Meinungsäußerung.

Wenn so etwas in einer Gesellschaft passiert, ist es schlimm genug. Aber wenn diejenigen, die als moralische Führer einer Gesellschaft gelten sollen – und ich habe immer noch die Hoffnung, dass auch Politiker und religiöse Führer dazu zählen – sich zu Hasstiraden hinreißen lassen, ist es in keiner Weise akzeptabel und in gewissem Sinne noch schwerer zu bewerten.

Deswegen bin ich sehr dafür, dass wir den Text an dieser Stelle so lassen.

Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 12185, Amendment 01)

Hierzu gibt es eine Reihe von Gerichtsurteilen. Erst gestern hat ein Gericht entschieden, dass ein lesbisches Paar Kinder adoptieren darf, und in der Begründung stand ganz deutlich: „zum Wohle des Kindes“. Das war ausschlaggebend und ich denke, deswegen ist es wichtig, dass wir hierzu auch eine Aussage treffen und hier das Adoptionsrecht verankern.

Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 12185, Amendment 02)

Herr Gross, wir sind Liberale und nicht Konservative und ich würde bitten, dass wir diese weitergehende Formulierung „and the right to found a family“ aufnehmen. Ich stehe für unsere Überzeugungen und ich denke, es ist ganz wichtig, dass der Europarat hierzu auch eine Vorreiterrolle übernimmt.

Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 12185, Amendment 03)

Diese Formulierung ist ungenau und lässt leider viel Spekulation zu. Deshalb würde ich bitten, sie zu streichen.

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 12006)

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte mich zuerst recht herzlich bei Pieter Omtzigt für diesen meines Erachtens ausgesprochen ausgewogenen Bericht bedanken, denn er greift ein sehr schwieriges Thema auf. Dieses Thema sieht am Anfang so aus, als wäre es relativ leicht zu lösen, stellt sich jedoch als sehr kompliziert heraus, wenn man sich den Einzelheiten nähert.

Eine funktionierende Demokratie lebt davon, dass sie politische Führer in der Regierung hat, die ihre Aufgabe ernst nehmen, dass sie eine Gesetzgebung, ein Justizsystem hat, die die wichtigsten Rechte der Menschen vernünftig schützen, dass sie eine wache Zivilgesellschaft hat, die darauf achtet, dass es in der Gesellschaft keine falschen Entwicklungen gibt, und schließlich auch Medien, die das Ganze begleiten.

Alle diejenigen, die an diesem Prozess beteiligt sind, brauchen solche Informanten. Ohne diese kann keiner von uns seine Arbeit tun.

Ich glaube, in den letzten Jahren ist es deutlich geworden, dass sowohl bei staatlichem Handeln, als auch z.B. in der Wirtschaft und in vielen Verbänden es Fehlentwicklungen gegeben hat, die vielleicht nie ans Tageslicht gekommen wären, wenn es keine solchen Informanten gegeben hätte.

Zu beschreiben, wie diese Informanten zu schützen sind und wie sie uns die notwendigen Informationen geben können, ist die Aufgabe, die sich dieser Bericht vorgenommen hat.

Das hat viel mit Rechtsetzung zu tun; auch dies ist Aufgabe dieser Versammlung und besonders des Ausschusses, in dem der Report Zustimmung gefunden hat. Darüber gibt es keinen Zweifel. Es ist notwendig, Gesetzgebung zu schaffen, die dafür sorgt, dass jemand, der seinem Gewissen gefolgt ist in der Meinung, er tue damit der Gesellschaft etwas Gutes, dadurch keine Nachteile erleidet. Denn das geschieht, wenn wir ehrlich sind, sehr häufig!

Es geht darum, dass nicht unter dem Deckmantel von nationaler Sicherheit oder dem des Kampfes gegen Terrorismus oder der Bekämpfung von Industriespionage Menschen daran gehindert werden, Verfehlungen (auch im privaten Sektor), Dinge, die politisch geändert werden müssen, bekanntzumachen.

Es ist wichtig, zwischen einem Informanten und einem Denunzianten, einem Verräter von Geheimnissen, einen Unterschied zu machen.

Besonders lobenswert ist an diesem Bericht auch, dass er versucht, die Reihenfolge aufzuzeigen, in der vorzugehen ist: Zuerst muss man versuchen, die konstatierten Mißstände innerhalb der Institution, in der man sich befindet, offenzulegen, bevor man an die Öffentlichkeit geht.

Es ist mir aber auch wichtig, zu sagen, dass das nur die eine Seite der Medaille ist. Bei der Frage der Gesetzgebung ist auch von Pieter Omtzigt angesprochen worden, dass auch der Europarat hierbei seine Hausaufgaben noch nicht gemacht hat, zumindest, was die interne Regulation angeht.

Aber darüber hinaus haben wir auch die Aufgabe, die gesellschaftliche Mentalität zu verändern. Denn oft genug sind diejenigen, die eine Information preisgegeben haben, mindestens zu Beginn des Prozesses diejenigen, die öffentlich am Pranger stehen und dann keine Chance mehr in der Gesellschaft haben, weil sie als Geheimnisverräter stigmatisiert sind. Das zu ändern, weit jenseits jeder Gesetzgebung, ist die Aufgabe von Politik, und deswegen ist dieser Bericht so wichtig.

Danke sehr.