AL10CR27      

AS (2010) CR 27
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2010

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(3. Teil)

BERICHT

27. SITZUNG

Freitag, 25. Juni 2010, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

 

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 12186)

Vielen Dank Frau Präsidentin,

Meine Damen und Herren,

Ich danke Herrn Piotr Wach, der diese Initiative vom Europäischen Jugendforum aufgegriffen und diesen Bericht vorgelegt hat. Ich unterstütze ihn auch im Namen meiner Fraktion.

Als ich letzte Woche gefragt wurde, was im Europarat diskutiert wird, und ich antwortete: unter anderem diese Mosquito-Debatte, wurde ich gefragt: Was für Dinger, Moskitos? Das glaube ich nicht, dass es das gibt. Die Menschen glaubten nicht, dass es diese Geräte gibt, weil sie nicht so bekannt ist.

Leider gibt es diese Geräte doch. Es sind Geräte mit hohen, unangenehmen Tönen, um Jugendliche und Kinder zu vertreiben. Diese Geräte sind in Großbritannien entwickelt und dort tausendfach vertrieben worden. In Deutschland ist es die Firma Compro Electronic aus Vechta, in der Schweiz die Firma Arcawa, die den kleinen Kasten für etwa 750 Euro anbietet. Ich habe hier ein Prospekt und zitiere aus der Werbung für das Gerät:

„Ansammlungen herumlungernder Jugendlicher zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort können schnell zu einem Ärgernis werden. Während die meisten Leute unauffällig sind und keine Probleme machen, kann die bloße Anwesenheit bestimmter Gruppen von Jugendlichen z.B. Kunden davon abhalten, Geschäfte zu betreten, mit dem schädigenden Effekt von Umsatz- und Gewinneinbußen. Diese Art unsozialen Verhaltens wurde in den letzten 10 Jahren zunehmend eine große Bedrohung für private Einrichtungen. Bisher gab es keine effektive Lösung dieses Problems“.

Wir hatten in Deutschland eine Diskussion zur Einrichtung dieses Gerätes in der deutschen Kleinstadt Dissen, einer Stadt mit 10 000 Einwohnern im Teutoburger Wald. Der Stadtrat wollte es einführen, dann hat das niedersächsische Ministerium bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eine Anfrage in Auftrag gegeben, um zu prüfen, ob das Gerät gesundheitlich unbedenklich ist.

Das Ergebnis ist, dass es nicht gesundheitlich unbedenklich ist. Es wurde überprüft, und der Schalldruckpegel lag mit 104 DB erheblich über der Herstellerangabe von 95 dB. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass auch Schädigungen des Gehörs, des Gleichgewichtsorgans sowie Schädigungen bei Säuglingen entstehen können, die ja nicht wie Jugendliche einfach weggehen können, aber die trotzdem diese Töne hören.

Unabhängig von dieser gesundheitlichen Frage bin ich jedoch der Meinung, dass dieses Gerät auch gegen die Europäische Menschenrechtskommission verstößt, wie das Herr Piotr Wach vorhin auch dargelegt hat.

Was ist das eigentlich für eine Gesellschaft, die ihre eigenen Kinder und Jugendlichen mit solchen Lärmwaffen vertreibt? Ich glaube, die Ausbreitung dieser Geräte sollte uns auch nachdenklich machen, weil sie dieser Gesellschaft einen Spiegel vorhält.

Ich unterstütze den Bericht von Herrn Wach. Ich unterstütze aber ebenso den guten Änderungsantrag von Herrn Volontè im Namen des Ausschusses für Gesundheit, Soziales und Familie. Das ist die richtige Antwort auf das Problem sogenannter „herumlungernder“ Kinder und Jugendlicher. Wir brauchen vielfältige kind- und jugendgerechte Angebote anstatt Schallwaffen, die Jugendliche vertreiben.

Vielen Dank.

Doris STUMP, Schweiz, SOC

(Dok. 12267)

Frau Vorsitzende,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir müssen nach über vierzig Jahren Gleichstellungsarbeit feststellen, dass zwar die rechtliche Gleichstellung große Fortschritte gemacht hat, dass die tatsächliche Gleichstellung jedoch nach wie vor nicht erreicht ist. Noch immer bestehen große Unterschiede bei den Löhnen von Frauen und Männern, noch immer wählen Mädchen Berufe und Studiengänge, die weniger Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten versprechen..

Das Armutsrisiko alleinerziehender Frauen ist sehr groß, in einigen Ländern werden technische Berufe, Ausbildungen in naturwissenschaftlichen Fächern vor allem von Männern gewählt; Frauen finden den Zugang nicht oder trauen sich diese Fächer nicht zu. Noch immer sind in vielen europäischen Ländern Frauen in den politischen Gremien und den Entscheidungsgremien der Wirtschaft untervertreten.

Die Gleichstellungsfachleute sind sich einig darüber, dass Kinder und Jugendliche in der Familie, der Werbung und den Medien nach wie vor mit stereotypen Darstellungen und Ideen von Frauen und Männern konfrontiert werden, und damit in ihrer Lebensplanung und ihrer Berufswahl mit beeinflusst werden.

Deshalb wird die Unterbindung von stereotypen Darstellungen von Frauen und Männern seit Jahrzehnten gefordert, und wurde regelmäßig auch in den Berichten des Europarates, also von uns, erwähnt und gefordert. Ich erinnere an die Uno-Konvention CEDAW aus dem Jahr 1979, wo im Artikel 5 verlangt wird, dass die Staaten sich dafür engagieren sollen, die stereotypen Geschlechterrollen zu überwinden.

Diese Forderung wurde weiterentwickelt in der Pekinger Aktions-Plattform aus dem Jahr 1995. dort heißt es zu den Medien insbesondere, Frauen sollen an Selbstkontrollmechanismen mitwirken, die eine klischeefreie Frauendarstellung in den Medien sicherstellen.

Bereits die Journalistenausbildung muss stereotypen Frauenbildern entgegenwirken. Frauen dürfen nicht als minderwertige Wesen dargestellt werden, deren Ausbeutung als Sexualobjekt oder Ware legitim erscheint.

Zu vermitteln ist im Gegenteil die Einsicht, dass sexistische Stereotypen eine Form entwürdigender Diskriminierung sind. Um gegen Pornographie und die Darstellung von Gewalt gegen Frauen vorzugehen, hält die Plattform auch Rechtsvorschriften für erforderlich. Wir finden auch im EU-Fahrplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern im Zeitraum von 2006 bis 2010 einen Punkt, der die Beseitigung von Geschlechterstereotypen in Ausbildung, Bildung und Kultur, auf dem Arbeitsmarkt und in den Medien fordert.

Und schließlich ist auch im Aktionsplan der Ministerkonferenz des Europarates vom 23. Mai in Baku, die sich mit der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung von Frau und Mann auseinandersetzte, ein Kapitel der Überwindung von Geschlechterstereotypen in Medien und Bildung gewidmet.

Wir bewegen uns also in einem breit abgestützten Rahmen und wollen nun konkrete Schritte einleiten, indem wir vorschlagen, die Sensibilisierung der Bevölkerung, vor allem aber der Journalistinnen und Journalisten in dieser Hinsicht zu verbessern, sowie das Bewusstsein der Medienunternehmen und ihre Selbstregulierungsorgane zu stärken und ihre Verantwortung für die Umsetzung der Chancengleichheit und der Gleichstellung einzufordern.

Im Vorfeld für die Behandlung des Berichtes gab es einige Proteste, weil eine Aussage des Berichts missverstanden wurde. Es wurde uns vorgeworfen, wir würden die Mutterschaft als negatives Stereotyp behandeln und die Mütter abwerten. Das ist selbstverständlich nicht unsere Haltung und war in keiner Weise unsere Absicht. Deshalb haben wir diese Passage im Bericht bzw. in den Empfehlungen etwas abgeändert, mit einem Antrag, der in der Kommission auch einstimmig übernommen wurde.

Unser Anliegen ist es, dass Frauen in den Medien in den verschiedensten Rollen dargestellt werden, wie sie sie ja auch wahrnehmen: Frauen als Alleinerziehende, als Mütter zu Hause, als Adoptivmütter, als Berufstätige usw.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf zwei Publikationen hinweisen, die sich mit dieser Fragestellung intensiv auseinandergesetzt haben. Erstens den Bericht zum weltweiten Medienmonitoring, dem „Global Media Monitoring Project“, der in der Untersuchung zum Jahr 2009 folgende Ergebnisse präsentiert:

24% der Personen, die in den Nachrichten interviewt, gesehen oder gehört werden, sind Frauen, 76% sind Männer. Bei den Expertinnen und Experten, die dort auftreten, sind 19% Frauen, während 81% Männer sind. 19% der Frauen in den Nachrichten werden mit ihrem Status als Familienfrau identifiziert, während nur bei 4% der Männer der Familienstatus erwähnt wird.

Diese Tatsachen sind nicht neu; sie wurden in den letzten 20 Jahren analysiert und uns unterbreitet.

Die zweite Publikation, auf die ich hinweisen kann, hat sich mit genau diesem Anliegen auseinandergesetzt. Es handelt sich um die Publikation der Internationalen Journalistinnen- und Journalistenunion, die mit der Broschüre „Getting the Balance right“ Empfehlungen abgibt, wie die Journalistinnen und Journalisten menschengerecht kommunizieren können, wie sie Frauen und Männer entsprechend ihren tatsächlichen Rollen in der Gesellschaft darstellen können.

Damit leistet diese Broschüre einen wichtigen Beitrag zur qualitativen Verbesserung des Journalismus; es ist eine Qualitätsfrage, ob Menschen richtig dargestellt werden. Auch stellt sie dar, dass es ethische Kriterien sind, die wir im Journalismus erfüllt haben wollen, und die wir unterstützen möchten.

Wir können mit unserem Bericht und den Empfehlungen diese positiven Ansätze unterstützen und dazu beitragen, dass in den Mitgliedsländern des Europarats Standards für die mediale Darstellung von Frauen und Männern durchgesetzt werden, damit die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter nicht mehr behindert, sondern aktiv unterstützt wird.

Ich danke Ihnen.

Doris STUMP, Schweiz, SOC

(Dok. 12267, Antwort)

Herr Vorsitzender,

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich danke Ihnen herzlich für die großartige Unterstützung unseres Berichtes.

Ich bin überwältigt davon, wie viele Beispiele Sie alle beigetragen haben, die belegen, dass der Bericht notwendig ist, weil täglich in aktuellen Zeitungen noch diese stereotype Darstellung, das Verschwindenlassen von Frauen zu finden ist.

Zu einigen Aussagen möchte ich Kommentare machen: Ich unterstütze selbstverständlich das Anliegen, das Frau Frahm vorgestellt hat, dass in Zeitungen auch mehr über Vaterschaft berichtet werden sollte. Auch das Männerbild sollte breiter werden, nicht nur das Frauenbild; auch da gibt es Stereotypen.

Ich unterstütze selbstverständlich die Aussage von Frau Kowács, dass die Medien eine große Macht bei der Darstellung von und im Umgang mit Menschen haben.

Kollege McShane hat dann diese schlagenden Beispiele aus der Herald Tribune gebracht, die tagtäglich solche Berichte über Frauen und Männer wiederholt.

Wichtig ist mir noch die Aussage meines Kollegen Kaikkonen zum Problem des Verhältnisses von Meinungsfreiheit und der Einschränkung der Meinungsfreiheit durch unsere Vorgaben. Ich würde nie die Freiheit der Rede in Frage stellen, aber Journalisten und Journalistinnen haben auch eine Verantwortung. Sie müssen verantworten, was in unserer Gesellschaft passiert, wenn sie Frauen so stereotyp darstellen und als sexuelle Objekte präsentieren. Dies hat Folgen für den Umgang mit Frauen, und Gewalt gegenüber Frauen wird dadurch unterstützt.

Auch bin ich froh darüber, dass erwähnt wird, dass die Arbeit jetzt eigentlich erst beginnt. Wir sind uns offenbar einig über die aktuelle Situation und darüber, dass etwas gemacht werden muss. Wir müssen weitere Schritte unternehmen, sonst wird sich nichts verändern.

Mit dem Handbuch, das wir vorschlagen und das der Ministerrat sicher umsetzen wird – weil es auch eine Forderung der ministeriellen Begegnungen Ende Mai in Baku ist –, werden wir einen Schritt machen können und versuchen, weitere Schritte einzuleiten.

Ich möchte mich insbesondere noch bei den Mitarbeiterinnen des Sekretariats der Freistellungskommission bedanken.

Vielen herzliche Dank.

Amendments:

Doris STUMP, Schweiz, SOC

(Dok. 12267, Amendment 1)

Herr Vorsitzender,

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich möchte diesen Antrag ablehnen, weil er Artikel 8 tatsächlich schwächt. Er versucht, etwas herauszunehmen, das ganz wichtig ist, und zwar, dass sexistische Bemerkungen auch sanktioniert werden sollten.

Die Definitionen werden dann gemacht, wenn die Gesetze geschrieben werden und nicht jetzt, wo wir das grundsätzlich fordern. Insofern möchte ich das nicht gestrichen haben und lehne den Antrag ab.