AL11CR05

AS (2011) CR 05

 

DVD Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2011

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(1. Teil)

BERICHT

5. SITZUNG

Mittwoch, 26. Januar 2011, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Marieluise BECK, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 12440, 12454, 12461)

Sehr geehrter Herr Präsident,

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte gern den drei Kollegen für diese besonnen Berichte danken. Ich glaube, dass Besonnenheit ganz besonders wichtig ist, wenn wir auf diese Region schauen. Das wurde auch in der Debatte gestern Nachmittag deutlich, die uns alle sehr emotional berührt hat.

Im Juli des vergangenen Jahres ist in Deutschland der SS-Mann Samuel Kunz angeklagt worden, 65 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Das zeigt, wie unendlich lange die Aufarbeitung von solchen Schrecken dauert, wie sie Faschismus und Nationalsozialismus gewesen sind.

Wir haben in Deutschland noch etwas gelernt: Solche Prozesse sind nicht nur da, weil die Täter verfolgt werden müssen, und auch nicht nur dazu, dass Opfern ihr Anspruch auf Gerechtigkeit erfüllt wird. Sie sind vor allem auch für die Nationen selber da, die diese Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Geschichte brauchen, damit sie in der Lage sind, sich auch geistig von dem zu befreien, was als Nationalismus und Extremismus zu solchen dramatischen Ausbrüchen wie den Kriegen geführt hat.

Deswegen ist es richtig und gut, dass in den Berichten beide Aspekte beleuchtet werden. Einerseits die Verfahrensfragen, die dringlicher werden, wo dem ICTY die Zeit zu Ende geht, sowohl was die nationalen Regierungen, als auch die Mitwirkung der europäischen Länder und anderer Nationen anbelangt. Andererseits aber auch die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Insofern war die Geste von Präsident Tadić, im Juli bei der Gedenkfeier in Srebrenica aufzutreten, eine unendlich wichtige Geste. Auch Präsident Josipović, der ja mit großer Überzeugung und Kraft an die Versöhnungsarbeit gegangen ist, hat damit ganz große Schritte getan.

Jetzt sehen wir, dass aus zwei der am meisten betroffenen Länder, also Serbien und Kroatien, Initiativen kommen, aber es fehlt Bosnien. Das hängt damit zusammen, dass Bosnien ein unvollendeter Staat ist, der nach wie vor nicht mit Institutionen ausgestattet ist, die wirklich einen aktionsfähigen Staat ausmachen, der dann auch tatsächlich Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit herstellen kann.

Damit hat die internationale Staatengemeinschaft etwas zu tun, denn wir sind es gewesen, die mit Dayton ein ethnisches System oktroyiert haben, was wir eigentlich, wenn wir unseren eigenen Werten gefolgt wären, niemals hätten tun dürfen.

Insofern ist die große Botschaft dieses Berichtes auch, dass Bosnien-Herzegowina als lebensfähiger Staat endlich nach vorn gehen muss, dass Institutionen aufgebaut werden müssen, und dass wir dabei als Europarat Mitverantwortung dafür tragen, diesen Weg voranzutreiben.

Schönen Dank.

Franz-Eduard KÜHNEL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

(Frage an Boris TADIĆ, Präsident der Republik Serbien)

Herr Präsident, ich danke für die Worterteilung!

Ich erlaube mir, etwas mehr als die 30 Sekunden zu sprechen, weil ich dem Herrn Präsidenten Tadić ganz besonders danken möchte, dass er trotz seiner schweren Verletzung gekommen ist. Das ist ein Zeichen von außerordentlicher Selbstdisziplin. Das zweite ist ein Dank für diese sehr hoffnungsvolle und umfassende Rede.

Herr Präsident, Sie haben sich Verdienste um die Aussöhnung und Vertrauensentwicklung auf dem Balkan erworben, einerseits durch Ihre Zusammenarbeit mit dem Präsidenten Kroatiens, Josipović, andererseits durch ihre Besuche in Vukovar und Srebrenica. Das waren Gesten von außerordentlicher Symbolik.

Nun zu meinen Fragen:

1) Wann finden die Verhandlungen mit Priština tatsächlich statt? Sie wurden ja schon im Oktober des vorigen Jahres angekündigt.

Und 2) Welche konkreten Maßnahmen planen Sie im konkreten täglichen Zusammenleben in diesem Raum zwischen Kosovo und Serbien, damit das für die Bevölkerung leichter wird?

Marieluise BECK, Deutschland, ALDE / ADLE

(Frage an Boris TADIĆ, Präsident der Republik Serbien)

Herr Präsident,

ich möchte meinen Respekt und meinen Dank für die wichtigen Zeichen der Versöhnung ausdrücken, die Sie immer wieder gesetzt haben. Wir haben heute diskutiert, dass die Durchsetzung von Recht und Gerechtigkeit für Versöhnung elementar ist.

Können Sie uns erklären, weshalb es für so viele Jahre nicht möglich ist, General Mladić und Herrn Hadžić zu finden und auszuliefern?