AL11CR24       AS (2011) CR 24

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2011

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(3. Teil)

BERICHT

24. SITZUNG

Mittwoch, 22. Juni 2011, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Viola von CRAMON-TAUBADEL, Deutschland, SOC

Fragen an Nikolaj MLADENOW, Außenminister der Republik Bulgarien

Herr Außenminister,

ich habe auch noch zwei Fragen zur Innenpolitik Ihres Landes, die die Roma betreffen.

Erstens: Welche konkreten Maßnahmen hat die bulgarische Regierung ergriffen, um die Vorgaben der Straßburger Erklärung des Europarates vom letzten Jahr und die EU-Rahmenstrategie zur Integration von Roma umzusetzen?

Und zweitens: Wird Ihre Regierung bis Ende dieses Jahres einen entsprechenden nationalen Aktionsplan vorlegen, um den von der Kommission eingeforderten Plan umzusetzen?

Dankeschön.

Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 12627)

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir beraten heute die sehr wichtige Reform der Parlamentarischen Versammlung. Das wichtigste Ziel muss natürlich sein, die politische Relevanz, aber eben auch die Sichtbarkeit nach außen zu erhöhen.

Ich freue mich, dass ich heute das erste Mal eine Gruppe von Besuchern aus meiner fränkischen Heimat zu Gast habe, die heute hier die Debatte verfolgen, Erfahrungen im Europarat schöpfen und diese auch mit nach Hause tragen können. Es muss uns aber gelingen, noch mehr Bürger zu erreichen; das ist eine wichtige Arbeit in unserer Reform.

Auch möchte ich noch Punkte ansprechen, die ich bereits in meinem Bericht zum sog. Cassese-Vorschlag in dem Dokument mit der Nummer 12568 erwähnt habe.

Zum Einen geht es hier darum, die Berichterstatter zu stärken, wenn sie im Rahmen eines Follow-ups an einem Thema dranbleiben sollen. Wir haben hier Berichte von der Parlamentarischen Versammlung, z.B. von Dick Marty und Christoph Pourgourides, die sich mit einer Vielzahl von schweren Menschenrechtsverletzungen auseinandersetzen. Es ist wichtig, an diesem Thema dranzubleiben, damit die Berichte nicht in Schubladen verschwinden, sondern zusammen mit den Akteuren vor Ort Schritt für Schritt an der Umsetzung gearbeitet wird.

Der zweite Punkt betrifft die Mitgliedsstaaten selbst, die ebenfalls ihre Verpflichtungen haben; wir werden dazu noch eine Debatte führen. Einen konkreten Fall möchte ich erwähnen: Die Mitgliedsstaaten haben die Pflicht, mit den Berichterstattern zusammen zu arbeiten, sie zu Fact Finding Missions in das Land zu lassen und ihnen Zugang zu den Gesprächspartnern zu verschaffen. Ich möchte den Fall Aserbaidschan erwähnen, wo Kollege Christoph Strässer von den Sozialdemokraten Berichterstatter über die Situation von politischen Gefangenen ist. Er hat immer noch kein Visum für Aserbaidschan erhalten, um dort eine Fact Finding Mission durchführen zu können. Das ist nicht akzeptabel.

Der dritte Punkt, den ich erwähnen möchte, betrifft die Sekretariate selbst - Herr Pourgourides hat es angesprochen. Wir haben engagierte Mitarbeiter, die für die Berichte unterstützen, und gerade der Rechts- und Menschenrechts-Ausschuss beschäftigt sich mit einer Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen. Da kann es hilfreich sein, befristet von anderen Sekretariaten Mitarbeiter zu bekommen, um diese Vielzahl von Fällen bewältigen zu können. Das ist ein praktischer Vorschlag, denn man vielleicht auch in der Debatte erwähnen sollte.

Ich freue mich auf die Abstimmungen und hoffe, dass es uns gelingt, die Arbeitsweise effizienter zu gestalten, vor allem aber auch, die politische Bedeutung und die Sichtbarkeit zu erhöhen.

Vielen Dank.

Gebhard NEGELE, Liechtenstein, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 12627)

Danke Herr Präsident,

werte Kolleginnen und Kollegen!

Endlich haben wir ein Reformpapier vor uns liegen, das diese Bezeichnung auch verdient.

Heute besprechen wir Reformbestrebungen, welche unsere Parlamentarische Versammlung betreffen. Die Parlamentarische Versammlung ist ja bekanntlich der wesentliche Bestandteil des Europarates. Es ist höchste Zeit, dass wir aufstehen und uns jetzt die Zeit für einen kreativen Halt nehmen.

Schon vor rund sechs Jahren, als ich dieser Organisation beitrat, redete man von nötigen Reformen – meistens anlässlich der Haushaltsdebatte. Doch reden allein genügt ja bekanntlich nicht. Wir müssen handeln.

Nun liegt ein ausgereifter und breit abgestimmter Bericht vor, welcher auch das nötige Fleisch für Reformen am Knochen hat, um es einmal bildlich auszudrücken.

Das zwölfköpfige Ad-hoc Komitee unter Mitwirkung zweier Sekretariate hat dies in weniger al 5 Monaten erreicht. 12 Parlamentarier aus 11 Ländern und 5 politischen Gruppierungen haben an dem Bericht gearbeitet. Wie ich höre, hat das Ad-hoc Komitee die Vorlage einhellig verabschiedet. Hierfür Gratulation und Dank! Maßgeblich an diesem Erfolg beteiligt war Jean-Claude Mignon als Vorsitzender. Seine jahrzehntelange politische Erfahrung und seine vermittelnde und kompetente Art haben hier die Wirkung nicht verfehlt.

Der Entschließungsentwurf mit seinen 27 strukturierten und konkreten Maßnahmen ist ein abgestimmtes Räderwerk mit dem Ziel, mehr politischer Relevanz, mehr Effektivität, mehr Außenwirkung und mehr Bezug zu den nationalen Parlamenten zu erreichen. Es ist wichtig, dieses Werk als Ganzes zu betrachten und dieses Ganze nicht aufgrund von Einzelinteressen zu verwässern.

Zwei Punkte aus dem Bericht sind in meinen Augen besonders erwähnenswert:

Erstens wird die Auswahl der Berichte künftig selektiver vonstatten gehen – frei nach dem Motto „Weniger kann mehr sein“. Das ist schon mal ein bedeutender Schritt.

Der zweite Punkt ist jener der Weiterverfolgung der verabschiedeten Beschlüsse. Diese Weiterverfolgung wird gemäß Vorschlag institutionalisiert und der Link in die nationalen Parlamente kann dadurch gewährleistet werden.

Noch eine Bemerkung zur monetären Situation des Europarats. Diese wird im Bericht bekanntlich nicht behandelt. Ich bin mir jedoch sicher, dass mit der Umsetzung der Maßnahmen die Öffentlichkeitswirkung nicht ausbleibt. Ich bin überzeugt, dass sich diese Situation alsdann positiv auf der Einnahmenseite des Haushalts auswirken wird.

Ich schließe meine Ausführungen mit dem Hinweis, dass in unserem nationalen Parlament vor zwei Monaten anlässlich der jährlichen Europarats-Berichterstattung die Aussage gemacht wurde, dass seitens des Europarats sehr bald über konkrete Reformbeschlüsse berichtet werden könne. Mit der Verabschiedung dieses Reformberichtes wird dieses Versprechen bereits heute Realität.

Besten Dank.

Vilmos SZABÓ, Ungarn, SOC

(Dok. 12627)

Sehr geehrter Herr Präsident,

Meine Damen und Herren!

Ich möchte gleich am Anfang feststellen, dass ich den Bericht für gut, sogar für ausgezeichnet halte. Ich gratuliere dem Berichterstatter, Herrn Mignon, und bin völlig damit einverstanden, dass eine Reform des Europarates und der Parlamentarischen Versammlung zeitgemäß ist.

Selbstverständlich ist es eine große Herausforderung an jeden von uns. Es ist wirklich ein ambitioniertes Projekt, eine große Aufgabe und auch eine Herausforderung an unsere Denkweise, die Arbeitsmethoden und -strukturen.

Es ist auch weiterhin sehr wichtig, dass sich die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung auch als Eigentümer fühlen und so an der Verwirklichung dieses Projektes teilnehmen können.

Ich bin mit den wichtigsten Feststellungen, Analysen der Lage und den meisten Vorschlägen in dem Bericht einverstanden. Konkret möchte ich einen entscheidenden Punkt hervorheben: die Kooperation mit der EU und ihren Institutionen. Ich bin mir sicher, dass die Wirksamkeit des Europarates in der Zukunft größtenteils davon abhängen wird, wie wir unsere Arbeit auf diesem Gebiet neu gestalten können.

Die EU hat sich seit 1957 und besonders seit dem Fall des Kommunismus stark verändert. Die Zahl der Mitgliedsstaaten hat sich bis heute auf 27 erhöht. Nach der Inkraftsetzung des Lissabonner Vertrages hat es bedeutende Veränderungen bezüglich ihrer Arbeitsweise und Funktionen gegeben. Veränderungen betreffen auch das Gebiet der Geltendmachung und Verteidigung der fundamentalen Menschenrechte.

Ich möchte in diesem Zusammenhang erwähnen, dass sich die EU gemäß dem Lissabonner Vertrag in der nächsten Zukunft der Europäischen Konvention der Menschenrechte anschließen wird – die Verhandlungen haben schon begonnen.


Diese Veränderungen haben Konsequenzen auf die Zusammenarbeit des Europarates mit der EU. Der Bericht enthält die grundlegende Feststellung, dass die Parlamentarische Versammlung des Europarates für die europäischen Bürgerinnen und Bürger auch in Zukunft ein Forum der Dialoge mit der Priorität auf den Menschenrechten bleiben muss.

Das soll auch in den Mitgliedsstaaten der EU und in den Staaten, die nicht Mitglied sind, geltend gemacht werden. Das allein ist schon eine sehr große Herausforderung.

Die Zusammenarbeit zwischen dem Europarat, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission hat sich in der letzten Zeit stark entwickelt. Es gibt aber auch Lücken, die ich am Beispiel des ungarischen Mediengesetzes aufzeigen möchte: Es hat sich gezeigt, dass es eine Lücke in der Koordination der Kompetenzen gab. Die Normenbasis war für die Diskussion der Lösungen der Fragen der Rede- und Pressefreiheit nicht ausreichend.

Ich denke, dass solche Situationen in Zukunft vermieden werden müssen. Das soll zwischen der EU und dem Europarat weiter diskutiert werden und es gilt, die entsprechenden Lösungen zu finden und Kompetenzen und für diese Spezialfälle zu schaffen.

Ich weiß, dass der Europaratskommissar für Menschenrechte, Thomas Hammarberg, und sein Büro diese Arbeit schon macht. Ich möchte ihm für seine bisherige Arbeit meine hohe Anerkennung aussprechen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Erich Georg FRITZ, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 12631)

Herr Präsident,

sehr geehrte Damen und Herren!

Generalsekretär Thorbjørn Jagland hat heute Morgen vorgetragen, dass der Europarat im Vorsitzenden der Gruppe bedeutender Persönlichkeiten, die den Bericht vorgelegt haben, einen Freund gewonnen habe. Joschka Fischer habe in Berlin auf außergewöhnlich eindrucksvolle Weise die Bedeutung des Europarates dargestellt.

Nun, ich hätte es vorgezogen, wenn Herr Fischer das hier in diesem Saal getan hätte. Dann hätte er das Plenum der Parlamentarischen Versammlung einmal von innen gesehen; das ist ihm während seiner Zeit als Außenminister leider nicht gelungen.

Eine Debatte, wie sie der Bericht anstößt, muss immer wieder neu geführt werden. Nur dann, so hat Herr Jagland zu Recht betont, wird der Europarat auch in Zukunft seine wichtige Rolle spielen können. Das Zusammenleben in Europa friedlich, demokratisch und in Achtung der grundlegenden Rechte zu gestalten, bleibt eine Aufgabe für Politik, Gesellschaft und alle, die der Freiheit und der europäischen Kultur verpflichtet sind.

Tatsächlich hat der Bericht bereits eine wesentlich breitere europäische Öffentlichkeit erreicht, als dies in der Regel Debatten in diesem Saal bewirken können.

Der Bericht zeigt einige in der Tat Besorgnis erregende Entwicklungen auf: die überraschend starke Erscheinung von nationalistischen Parteien in Europa, die damit zusammenhängend dazu führen, dass die Hemmschwelle bezüglich Diskriminierung, Vorurteilen und Ausgrenzung sinkt. Neue Formen von Intoleranz und der Gefährdung von Menschenwürde sind zu befürchten und alle verantwortlichen politischen Kräfte müssen dem entgegentreten.

Was mich ein wenig an dem Bericht stört, ist, dass er nicht unterscheidet zwischen den Entwicklungen in den Ländern Europas, für die Diktatur und Gewaltherrschaft bereits Jahrzehnte zurückliegen, und jenen Ländern, die sich noch in der Phase der Transformation befinden und erst dabei sind, Rechtsstaat und Demokratie auf eine sichere Grundlage zu stellen. Mir scheint der Bericht ein wenig zu sehr aus der westeuropäischen Sicht geschrieben.

Er geht auch nicht darauf ein, dass der Generationenwechsel von Menschen, die Krieg, Unterdrückung und Diktatur erlebt haben, zu solchen, die das nur noch vom Hörensagen kennen, einen bedeutenden Epochenwechsel mit sich bringen muss, und dass das große Gut der Menschenrechte in Europa zwar nicht neu erfunden, aber von einer neuen Generation neu erworben werden muss.

Gerade diese neue Generation, diese jungen Menschen, haben heute in Ländern großer Jugendarbeitslosigkeit in Europa nicht das Gefühl, wirklich in diese Gesellschaften hineinwachsen und einen wesentlichen Beitrag leisten zu können, und glauben deshalb eher, sie seien diejenigen, die die Lasten des Wohlstandes der Vorgängergeneration zu tragen haben.

Es wird also wichtig sein, die „bedeutenden Akteure“, die in diesem Bericht genannt sind, wirklich zu einem gemeinsamen Handeln zu bringen, um auch in der zukünftigen Generation dem, was die Kernaufgabe des Europarates ist, auch eine Zukunft zu geben.

Herzlichen Dank.