AL13CR18      

AS (2013) CR 18
Provisorische Ausgabe

 

SITZUNGSPERIODE 2013

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(2. Teil)

BERICHT

18. SITZUNG

Freitag, 26. April 2013, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Doris FIALA, Schweiz, ALDE / ADLE

(Dok. 13154)

Geschätzte Präsidentin,

werte Kolleginnen und Kollegen!

Allerherzlichsten Dank unserem Berichterstatter für seine Arbeit. Im Namen meiner Fraktion, der ALDE, unterstütze ich hiermit die Änderungen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

Dies betrifft Punkt 2.1 betreffend den Grundsatz der Subsidiarität und des Ermessensspielraums, Punkt 2.2 betreffend die neue Regel der Altersgrenzenerfordernisse, Punkt 2.3, die Streichung der Worte: „sofern nicht eine Partei widerspricht“ in Artikel 30 der Konvention, Punkt 2.4 betreffend die Verkürzung der Behandlungsfrist von sechs neu auf vier Monate (Artikel 35, Absatz 1), und schließlich Punkt 2.5 betreffend die derzeitigen Zulässigkeitsvoraussetzungen (Artikel 35, Art. 3b).

Ich bitte Sie um Kenntnisnahme der liberalen Position und Ihre Unterstützung.


Ich danke Ihnen.

Doris FIALA, Schweiz, ALDE / ADLE

(Dok. 13117 und 13141)

 

Herr Präsident,

geschätzte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Nanotechnologie und Ethik ist ein sehr wichtiges Thema. Im Namen der liberalen Fraktion danke ich den Berichterstattern herzlich für ihre Arbeiten. Aus unserer Sicht stellt sich allerdings die Frage, ob wir hier das richtige Gremium sind, die Lageanalyse und Reglementierungen an die Hand zu nehmen.

Zurzeit herrscht eine spannende, kontroverse Haltung zur Wissenschaft allgemein, spezifisch auch zur Nanotechnologie. Auf der einen Seite sind wir alle gerne Nutznießer der wirtschaftlich gemachten Erkenntnisse der Forschung in unserem täglichen Leben: Mobiltelefone, die immer kleiner werden und immer mehr können, immer effizientere Medikamente oder medizinische Behandlungen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Auf der anderen Seite herrscht eine zunehmend kritische Grundhaltung gegenüber der Forschung selbst. Von oft wenig reflektierten Ängsten getrieben, werden beim CERN z.B. schwarze Löcher prophezeit, die Gentechnik verteufelt, und so wird auch die Nanotechnologie in erster Linie ziemlich kritisch hinterfragt.

Dieser Pessimismus ist aus unserer Sicht gefährlich. Es stimmt zwar, dass neue Technologien immer auch Risiken bergen, doch viel eher bergen sie neue Chancen. Norman Borlaug hat durch biotechnologische Forschung an Weizen hunderten von Millionen Menschen das Leben gerettet. Borlaug ist ein bedeutender, aber grundsätzlich nur einer der tausenden Wissenschaftler, die durch ihre tägliche Arbeit an neuen Technologien die Wissenschaft und damit auch die Gesellschaft voranbringen.

Es darf nicht sein, dass sich ein gesamter Kontinent aufgrund von wenig reflektierten Ängsten von der Erforschung von derart zukunftsweisenden Technologien wie der Nanotechnologie distanziert, weil Risiken bestehen. Vielmehr müssten wir uns fragen, wo tatsächlich die Chancen liegen, bevor wir reglementieren. Der nächste Norman Borlaug könnte sehr wohl ein Forscher aus dem Bereich der Nanotechnologie sein.

Nanotechnologie ist die Veränderung von Masse auf atomarer oder molekularer Ebene. Die Anwendungsbereiche sind damit also beinahe grenzenlos. Nanomaterialien findet man heute im Baumarkt, der Kosmetik oder bei Textilien. Erfolgreiche Forschung findet den Weg in die Wirtschaft und sorgt dort für neue Produkte und damit neue, hoch qualifizierte Arbeitsplätze in der gesamten Verwertungskette.

Wir stehen in einem weltweiten Wettbewerb. Würden wir uns etwa von Technologien abwenden, so würden wir die Risiken damit nicht abwenden, denn andere Länder würden weiterforschen. Die Risiken würden damit lediglich an andere weitergegeben – ebenso wie der Erfolg.

Europa braucht gerade auch diese Arbeitsplätze und diese Forschung. Wir müssen mit mehr Optimismus in die Zukunft schauen und uns weniger von Ängsten leiten lassen. Die Technologie, die uns umgibt, hat unser Leben in den letzten hundert Jahren unglaublich verändert und auch verbessert. Lassen wir unsere Forscher forschen, damit sie weiterhin Thomas Malthus‘ Theorien über die „unausweichlichen Probleme“ des Bevölkerungswachstums Tag für Tag widerlegen können.

Gerne erinnere ich daran, dass bereits heute rechtliche Normen bestehen, nach denen keine für Mensch oder Umwelt schädlichen Substanzen in Umlauf gebracht werden dürfen. Das gilt auch für die Nanotechnologie. Der Europarat wäre deshalb wohl wieder einmal gut beraten, sich auf seine effektiven Kernkompetenzen zu konzentrieren.

Mit Sicherheit ist keiner von uns der Meinung, dass der Zweck die Mittel heiligt, auch nicht in der Forschung. Wie Sie alle fordere auch ich ethische Grundsätze. Gerade in diesem Sinne sind Transparenz, corporate governance, aktives Wirken der Länder im europäischen Netzwerk der Technikfolgenabschätzung (EPTA), und auch die corporate social responsibility von großer Bedeutung und unbestritten.

Es scheint mir jedoch fast etwas vermessen, wenn der Europarat bestehenden wichtigen nationalen und internationalen Ethikausschüssen, wie z.B. dem NEC-Forum, der EPTA oder der UNESCO, Ratschläge erteilen wollte.

Als Liberale verteidigen wir grundsätzlich die Freiheit, die aber selbstverständlich immer auch an Verantwortung gekoppelt sein muss. Besten Dank.