AL13CR21

AS (2013) CR 21

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2013

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(3. Teil)

BERICHT

21. SITZUNG

Dienstag, 25. Juni 2013, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Doris FIALA, Schweiz, ALDE / ADLE

(Dok. 13231)

Herr Präsident,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

geschätzter Berichterstatter!

Die Lage im Nahen Osten ist komplex und wirklich deprimierend. Es ist deshalb eine große Leistung, einen Bericht zu erstellen, der umsichtig und neutral daher kommt, keine parteiischen Schuldzuweisungen macht und versucht, sich auf die Kernanliegen des Europarats zu fokussieren. Das ist, so meinen wir von der ALDE, dem Berichterstatter gelungen und wir Liberalen danken Pietro Marcenaro deshalb sehr herzlich für seine Arbeit und sein Engagement.

Seit 2010 hat der Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern leider keine Fortschritte gemacht. Die Versöhnung hat nicht stattgefunden. Gleichzeitig ist die gesamte Lage im Nahen Osten besorgniserregend.

Insbesondere der Bürgerkrieg in Syrien ist eine der größten humanitären Katastrophen, die wir als Europaräte je mitverfolgen konnten. Sie stellt eine immense Herausforderung für die Staaten dar, welche die Flüchtlinge beherbergen.

Wir denken an die Türkei, den Libanon und das Königreich Jordanien. Wer - wie eine Delegation des Europarats - das größte jordanische Flüchtlingslager Za’atri besucht hat, kann ermessen, wie immens die Anstrengungen sind, die das Königreich heute leistet. Wir möchten deshalb unsere Dankbarkeit zum Ausdruck bringen für all jene Staaten, die direkt oder indirekt als stabilisierende und Lasten mittragende Staaten und Faktoren wirken.

ALDE unterstützt den Berichterstatter in seinen Forderungen, die sich an Israelis und auch Palästinenser richten – beide Kräfte müssten sich bewegen:

Dies betrifft die israelische Regierung unter den Punkten 13.1 des Entschließungsentwurfs und die palästinensischen Kräfte unter den aufgeführten Punkten 13.2.

Die Konfliktbewältigung beinhalte, dass die Israelis u.a. der arabischen Minderheit individuelle Rechte garantiere, eine große Zahl Gefangener freilasse, den Bau neuer Siedlungen beende und die Beschränkung der Bewegungsfreiheit der Palästinenser in der Westbank aufhebe.

Von den Palästinensern wird verlangt, die angekündigte Versöhnung von Fatah und Hamas umzusetzen, die längst überfälligen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu organisieren, von Gewalt gegenüber israelischen Bürgern, antisemitischer Rhetorik und Terror abzusehen und Selbstmordattentäter nicht länger als Märtyrer zu bezeichnen.

Es ist unmöglich, dem Berichterstatter zur Lage im Nahen Osten hier im Plenum mit 3 Minuten Redezeit gerecht zu werden. ALDE begrüßt jedoch die im Entschließungsentwurf genannten Beschlüsse und Empfehlungen und dankt dem Berichterstatter sehr herzlich.

Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 13231)

Sehr geehrter Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst möchte ich dem Berichterstatter für seinen sehr ausgewogenen Bericht danken. Da Herr Marcenaro die Versammlung leider verlässt, möchte ich ihm alles Gute wünschen und mich nochmals für seine Arbeit bedanken. Er wird uns sehr fehlen.

Zur Lage im Nahen Osten: Ich weiß nicht, wie oft wir hier im Europarat, zu Hause in unseren Parlamenten und auf internationaler Ebene schon über die Lage im Nahen Osten debattiert haben, wo wir uns für eine Zweistaatenlösung einsetzen.

Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Reise in die Region, bei der ich die 1978 gegründete NGO „Peace Now“ traf. Genau das haben wir im Nahen Osten noch immer nicht: „peace now“ („Frieden jetzt“).

Daher ist Herr Marcenaros erneuter Bericht sehr wichtig; anstatt angesichts der schwierigen Lage zu verzweifeln, müssen wir unsere Anstrengungen erhöhen.

Die Region befindet sich in einer sehr schwierigen Situation. Im Bürgerkrieg in Syrien, der bereits von meiner Kollegin Fiala angesprochen wurde, gibt es über 90 000 Tote, über 1 Million Flüchtlinge und IDPs, die nach einer sicheren Unterkunft suchen.

Die Nachbarstaaten haben mit sehr großer Bereitschaft viele Flüchtlinge aufgenommen, wofür ich mich noch einmal herzlich bedanken möchte. Es ist ein Gebot der Humanität, auch auf europäischer Ebene mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Daher appelliere ich an uns alle, das hier Beschlossene mit nach Hause zu tragen und ein klares Signal der Humanität zu setzen.

Der Ausgang des Arabischen Frühlings ist unklar. Wir alle waren uns bewusst, dass es keinen linearen Prozess hin zu einer stabilen Demokratie geben würde. Dennoch sind wir über die Entwicklungen, beispielsweise in Ägypten, äußerst besorgt. Besonders schockiert waren wir in Deutschland über ein Urteil gegen Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, die bereits seit Jahren in Ägypten tätig ist. Einige ihrer Mitarbeiter wurden zu Haftstrafen verurteilt, ein sehr schlechtes Signal für das ägyptische Justizwesen wie auch die Zivilgesellschaft. Wir müssen alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen, damit dieses Urteil aufgehoben wird.

Unser Einsatz in dieser Region gilt einer friedlichen Zweistaatenlösung. Herr Marcenaro hat die Forderungen an beide Seiten sehr gut dargestellt. Daher bitte ich Sie um eine breite Zustimmung für diesen Bericht.

Noch einmal herzlichen Dank für die Arbeit.

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

(Dok. 13231)

Herr Vizepräsident,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Auch ich gehörte dem Unterausschuss an, der im April im Auftrag des Europarates im Nahen Osten war. Diese Mission ist im Bericht unter Ziffer 6 erwähnt. Aus meiner Sicht ist dabei aber einiges schief gelaufen; der Bericht nimmt – wohl eher aus Gründen der Höflichkeit – keinen Bezug darauf. Daher nutze ich die Gelegenheit, hier im Plenum einige Bemerkungen dazu anzubringen.

Zunächst aber eine grundsätzliche Bemerkung zu dem Bericht selbst: Es ist ein positiver und zweckmäßiger Bericht, den auch ich weitestgehend unterstütze. Er ist ausgewogen und nennt die Dinge, positive wie negative, klar beim Namen, und zwar auf beiden Seiten!

Er ist eine gute Grundlage, den nun schon über 60 Jahre andauernden Konflikt im Nahen Osten einer friedlichen Lösung näherzubringen. Allerdings ist meine Hoffnung, dass das gelingen wird, eher gering, denn die Fronten sind nach wie vor zu verhärtet. Es liegt leider auf der Hand, dass wir hier lediglich ein weiteres Papier produziert haben.

Zu den Rahmenbedingungen unserer Reise, die, wie angedeutet, nicht ganz unter einem glücklichen Stern stand:

1) Schon aus Respekt gegenüber unseren Steuerzahlern, die auch unsere parlamentarischen Kosten zu tragen haben, ist es doch inakzeptabel, dass wir innerhalb von vier Wochen zweimal in den Nahen Osten reisen mussten, das 1. Mal nach Jordanien und Palästina und drei Wochen später nach Israel. Wer diesen missratenen Fahrplan letztlich zu verantworten hatte, entzieht sich bis heute meiner Kenntnis; Jerusalem und Straßburg schieben sich gegenseitig die Schuld zu.

2) Bei der Reiseplanung hatte ich den Antrag gestellt, auch Gaza und damit Hamas in unseren Besuch einzuschließen. Dies war jedoch nicht möglich; wie man mir sagte, aus Sicherheitsgründen. Diese Begründung halte ich für unglaubwürdig: Palästina ist in zwei Teile gespalten, nicht nur geografisch durch Israel. Wenn sich der Europarat vor Ort eine eigene Meinung über die aktuelle Lage in den Palästinensergebieten bilden will, genügt es daher nicht, nur in Ramallah Gespräche zu führen. Und wenn Hamas, ebenfalls Teil der Partnerschaft für Demokratie mit dem Europarat, unsere Sicherheit nicht garantieren kann, dann muss ich ihre Fähigkeit zur Führung eines Staates bezweifeln!

3) Zwei marokkanischen Parlamentariern, die ebenfalls unserer Subkommission angehörten, wurde an der Allenby-Brücke durch Israel die Einreise verwehrt. Das war dem Europarat gegenüber ein unhöflicher Akt, begangen von einem Beobachterstaat (Israel) gegenüber einem unserer Demokratie-Partner (Marokko), den wir nicht einfach so hinnehmen sollten, selbst wenn die eine oder andere Visumsformalität nicht ganz eingehalten worden sein sollte.

Alfred HEER, Schweiz, ADLE / ALDE

(Dok. 13231)

Herr Vorsitzender,

geschätzte Damen und Herren!

Besten Dank für diesen Bericht, der jedoch Wesentliches ausblendet. Auch hier in der Debatte wurde eigentlich das Wichtigste nicht erwähnt.

Im Nahen Osten kennen wir einen demokratisch legitimierten Staat, welcher auf Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Gewaltenteilung basiert: Israel. Sie können Israel von hier aus natürlich zwingen, Friedensverträge in Ihrem Sinn abzuschließen. Doch mit wem soll Israel eigentlich verhandeln - mit Palästina, mit der Hamas, mit der Fatah? Mit den Palästinensern, die selber untereinander zerstritten sind?

Und mit wem soll Israel in Syrien Frieden schließen? Dieses Land geht in einem schrecklichen Bürgerkrieg mit ungewissem Ausgang unter. Der russische Vertreter hat bereits das Thema der Söldner und des Stellvertreterkrieges angesprochen.

Frau Schuster hat die „Peace Now“-Bewegung in Israel erwähnt. Doch muss ich Ihnen sagen, dass der Einzige, der einen wesentlichen Beitrag zum Frieden geleistet hat, der ehemalige Ministerpräsident Menachem Begin ist. Er hat es geschafft, nach der Formel „Land gegen Frieden“ mit Ägypten Frieden zu schließen. Das zeigt eindeutig, dass der Staat Israel bereit ist, Frieden zu schließen, wenn der Partner und die Konditionen stimmen.

Auch in Ägypten haben wir es leider mit einer Revolution zu tun, welche noch nicht abgeschlossen ist. Es bleibt zu hoffen, dass die Lage dort stabil bleibt.

Was uns bleibt, ist die Hoffnung - in den siebziger Jahren war die Situation wesentlich schlimmer. Heute gibt es immerhin Friedensverträge zwischen Israel einerseits und Jordanien und Ägypten andererseits. Das sind wesentliche Fortschritte.

Der Europarat als Hort der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit sollte sich darauf konzentrieren, in diesen arabischen Ländern, in denen beides nicht existiert (weder in Syrien unter Baschar Hafiz al-Assad noch bei den Palästinensern, insbesondere der Hamas, die täglich Angriffe auf Israel zu verüben versucht, kann von Rechtsstaat und Demokratie die Rede sein), diese Werte zu fördern.

Dort liegt m.E. der Kern des Problems. Ich bin überzeugt, dass Israel bereit ist, Frieden zu schließen, wenn es dafür Partner hat, die auf Rechtsstaatlichkeit basieren und mit denen ein dauerhafter Frieden möglich ist.

Besten Dank.