AL13CR30

AS (2013) CR 30

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2013

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(4. Teil)

BERICHT

30. SITZUNG

Dienstag, 01. Oktober 2013, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

 

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 13301)

Herr Präsident!

Auch ich möchte zunächst dem Berichterstatter für seinen vorzüglichen Bericht und die Punkte danken, die er in seiner Rede hervorgehoben hat.

Auch dem Generalsekretär der OECD möchte ich danken, und zwar nicht nur für seine Rede, sondern auch für viele kritische Stellungnahmen im Zuge der Wirtschaftskrise. So wurde beispielsweise Ende Juni Deutschland von der OECD wegen seiner Niedriglohnpolitik kritisiert. Es wurde festgestellt, dass es in Deutschland höhere Löhne geben müsse, um die Spannungen im Euroraum aufzuheben.

Herr Binley sprach Punkt 10 der Resolution an, in dem auf den gewerkschaftlichen Beratungsausschuss der OECD Bezug genommen wird. Wörtlich heißt es hier: „Die Finanzierung einer Haushaltskonsolidierung durch Kürzungen bei den öffentlichen Dienstleistungen, der Sozialversicherung und den Renten wird die Beschäftigungskrise nicht nur verlängern, sondern birgt auch die Gefahr einer sozialen Krise.“ Im Gegensatz zu Herrn Binley begrüße ich diesen Punkt ausdrücklich.

Auch in unserer Europaratsdebatte im letzten Juni verabschiedeten wir einen sehr kritischen Bericht zur Austeritätspolitik und stellten fest, dass eine Haushaltskonsolidierung nicht nur durch Haushaltskürzungen, maßgeblich im sozialen Bereich, zustande kommen kann, sondern es auch Einnahmen geben muss.

Herr van der Maelen stellte in der Resolution diesen positiven Aspekt der neuen OECD-Initiativen heraus. Vor allem die BAPs-Initiative, nach der Einnahmen generiert werden und aggressive Steuervermeidungsstrategien multinationaler Konzerne endlich angegangen werden müssen, ist positiv. Ich hoffe, der Aktionsplan geht weit genug; wir werden sicher nächstes oder übernächstes Jahr erneut darüber diskutieren.

Die OECD trägt in ihrem Namen die beiden Begriffe Zusammenarbeit und Entwicklung. In unserer heutigen Situation müssen m.E. diese beiden Punkte besonders betont werden: Wir brauchen Zusammenarbeit statt blindem Wettbewerb auch unter Nationen, der dann von multinationalen Konzernen ausgenutzt wird, und wir brauchen Entwicklung statt Austerität.

Eine der Vorläuferorganisationen der OECD ist der Marshallplan, der nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurde. Wenn ich nach Südeuropa blicke, sage ich mir, dass wir vielleicht auch heute wieder einen Marshallplan brauchen.

Vielen Dank für diesen Bericht.

Urs SCHWALLER, Schweiz, PPE/DC / EPP/CD

(Dok. 13301)

Herr Vorsitzender,

liebe Kollegen!

Ich danke für den Bericht, welcher einen guten Überblick über den Stand der Diskussionen der OECD in den Jahren 2012 und 2013 gibt, gleichzeitig aber auch klarmacht, dass bis zur tatsächlichen Umsetzung der vielen Wünsche, Vorsätze und Empfehlungen noch einiges an konkreter Arbeit in den einzelnen Ländern zu leisten ist.

Im Rahmen dieser Berichtdiskussion möchte ich nur zwei Bemerkungen anbringen. Die erste betrifft Ziffer 10 der Entschließung. Hier wird ausgeführt, dass die Finanzierung einer Haushaltskonsolidierung durch Kürzungen bei den öffentlichen Dienstleistungen, sprich: auch im öffentlichen Dienst, der Sozialversicherungen und der Renten, nur die Beschäftigungskrise verlängern und die Gefahr einer sozialen Krise bergen würden.

Wenn damit gesagt sein soll, dass diese drei Sektoren von den Spar- und Konsolidierungsprogrammen ausgenommen werden, so werden die meisten dieser Programme scheitern.

Bei den öffentlichen Dienstleistungen muss mindestens die Frage gestellt werden, welche Aufgaben in Zukunft tatsächlich vom Staat wahrgenommen werden müssen. Was die Sozialversicherung und vor allem die Rentenfrage anbelangt, so muss das Rentenalter der Demographie angepasst werden. Wenn ein Land seine Bürger mit 50, 55 oder 60 Jahren in die Pension schickt, so sind bei der immer höheren Lebenserwartung die finanziellen Schwierigkeiten und Haushaltsdefizite vorprogrammiert.

Die Nichtfinanzierbarkeit, die fehlende Finanzierung unserer Sozialversicherungen ist für mich die gefährlichste Zeitbombe, was das Vertrauen in einen funktionierenden Staat anbelangt.

(Weiter auf Französisch)

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

(Dok. 13301)

Herr Vorsitzender,

werte Anwesende!

Es ist gut, dass es die OECD gibt, aber es ist nicht alles gut, was sie in jüngster Zeit an Aktivitäten entfaltet hat. Deshalb ist es richtig, dass man dieser Institution ab und zu auf die Finger schaut, auch seitens der demokratisch legitimierten Parlamentarischen Versammlung des Europarates.

In diesem Sinn begrüße ich grundsätzlich den vorliegenden Bericht und die offene Diskussion hier im Plenum. Aber ich habe dazu einige Vorbehalte, die auch einzelnen Änderungsanträgen zu Grunde liegen.

Generell ist mir der Bericht zu voll des Lobes über die Aktivitäten der OECD. Mag sein, dass dem so ist, weil der Bericht primär aus sozialistischer Feder stammt; ich lasse das bewusst offen. Für mich ist der Bericht zu stark geprägt von dem Credo, wonach Zentralisierung und internationaler Zwang zur Harmonisierung der nationalen Eigenständigkeit überlegen sei - und auf dieser Schiene fährt mir eben auch zu sehr die OECD.

Unwidersprochen ist ihre Tätigkeit als zwischenstaatliches Diskussions- und Studienforum, für den wirtschaftspolitischen Erfahrungsaustausch, sowie für die Erarbeitung von Lösungsvorschlägen gemeinsamer Probleme. In dieser Hinsicht erwarte ich von der OECD auch weiterhin qualifizierte Arbeit.

Aber die OECD muss mir nicht sagen, wie die Finanzierung der politischen Parteien in meinem Heimatland zu gestalten sei. Das machen wir selber, und zwar so, wie es die Mehrheit im nationalen Parlament für richtig befindet.

Auch hat die OECD einem eigenständigen Staatsvolk nicht beizubringen, was es unter Steuergerechtigkeit im Detail zu verstehen hat, oder wann Steuereinnahmen als angemessen zu betrachten sind. Da denkt man von Land zu Land eben unterschiedlich und mitunter anders als etwa im Château de la Muette in Paris.

Dort verwendet man auch allzu gerne den Begriff „Steueroasen“, ohne klar zu definieren, was darunter zu verstehen ist. Auch da gehen die Vorstellungen und die Praxis einzelner Länder z.T. weit auseinander. Ähnliche Überlegungen kann man sich zu Begriffen wie dem automatischen Informationsaustausch im Steuerwesen oder einheitlichen Regeln zur Besteuerung von international tätigen Unternehmen machen.

Jedenfalls habe ich meine Zweifel, ob es effizient und sinnvoll ist, all das zentralisieren zu wollen, geschweige denn weltweit durchsetzen und kontrollieren zu können.

Das ist es, was mir an der OECD nicht gefällt: der zunehmende massive und wenig demokratisch legitimierte Gruppenzwang, oder, wie gesagt, das fast blinde Credo an einen Zentralismus, der allem anderen überlegen sein soll!

Weniger wäre da - zumindest aus meiner Sicht – zweifellos mehr!

Erich Georg FRITZ, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 13301)

Herr Präsident!

Herr Generalsekretär Gurría!

Der Bericht von Herrn van der Maelen und die Anmerkungen von Herrn Ghiletchi haben gezeigt, dass die OECD mitten in der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung dieser Welt steht und damit genau da, wo es um das Leben der Menschen geht. Deshalb ist es kein Wunder, dass die daraus entstehende Diskussion auch kontrovers ist. Wie sollte es anders sein?

Der Anspruch der OECD ist ja nicht, objektive, gültige Wahrheiten zu verkünden, sondern Entscheidungsgrundlagen für die internationale Diskussion und        nationale Entscheidungen zu liefern. Letztere kann niemand den einzelnen Parlamenten abnehmen.

Verglichen mit ihrem Einfluss vor 20 Jahren ist die OECD heute um ein Vielfaches wichtiger und wirkungsvoller.

Das hängt mit mehreren Dingen zusammen: Erstens hat sie sehr viel Kompetenz entwickelt. Sie ist in ihrer Kompetenz nicht mehr auf den Club der Reichen in dieser Welt zugeschnitten, sondern hat ein Netzwerk entwickelt und bindet die neuen Player in den Dialog ein.

Außerdem nimmt sie durch das Netzwerk mit den Entwicklungsländern den von Herrn Hunko angesprochenen Aspekt der Entwicklung auf, wodurch sie zu einem äußerst wichtigen Teil von Global Governance geworden ist. Das sieht man auch daran, dass sie die Organisation ist, die Grundlagen für den Prozess von G20 und G8 liefern kann.

Das bedeutet natürlich nicht, dass damit alle Probleme gelöst wären, aber es werden Ansätze gefunden, die die Gesprächsbasis für Lösungen anbieten und den Konsens zwischen den Staaten näher bringen.

Deshalb sind Ansätze wie der des inklusiven Wachstums so wichtig. Wie soll eine Gesellschaft zukunftsfähig sein, wenn die Hälfte einer Generation überhaupt nicht die Chance hat, einen Beruf zu ergreifen?

Die Antwort darf nicht nur aus Forderungen an die Staaten bestehen - auch die gesellschaftlichen Kräfte müssen mit einbezogen werden: Unternehmen, die den Nutzen von Ausbildung, Qualifizierung, Fortbildung und lebenslangem Lernen haben, tragen auch eigene Verantwortung. Es ist richtig, diese Verantwortung auch einzufordern.

Ich freue mich, dass Sie, Herr Generalsekretär, nach wie vor den Willen haben, immer mehr Felder, die man miteinander integrieren muss, auch gleichwertig zu betreiben. Dazu gehören die Bereiche Bildung und grünes Wachstum, sowie Ihr dankenswerter Versuch, den Dialog mit den Parlamenten zu betreiben.

Ich würde mir wünschen, dass in Zukunft viel mehr Kollegen das Angebot der parlamentarischen Foren auch tatsächlich wahrnehmen, denn ich glaube, dass dieser Dialog nicht auf einen Bericht und eine Diskussion in dieser Versammlung reduziert werden darf.

Herzlichen Dank.

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

Fragen an Herrn Sergei Naryshkin, Vorsitzender der Staatsduma der Russischen Föderation

Noch vier Monate trennen uns von der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Sotschi. Sicherlich ein freudiges Ereignis, aber durch gewisse Faktoren belastet, wie die gigantischen Kosten für die Errichtung der Wettkampfstätten, wo nicht eben korruptionshemmend vorgegangen wurde, oder den gestrigen Aufruf des russischen Ex-Ministerpräsidenten Michail Kasjanow, die Spiele von Sotschi aus Protest gegen die Menschenrechtsverletzungen in Russland zu boykottieren.

Was sagt der Duma-Präsident dazu?