AL13CR34

AS (2013) CR 34

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2013

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(4. Teil)

BERICHT

34. SITZUNG

Donnerstag, 03. Oktober 2013, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dringlichkeitsdebatte: Die Lage in Syrien, Dok. 13320)

Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im Namen der ALDE-Fraktion möchte ich dem Berichterstatter sehr herzlich für seinen Bericht danken. Es ist leider nicht das erste und wird sicher auch nicht das letzte Mal sein, dass sich diese Versammlung mit der katastrophalen Lage in Syrien beschäftigt.

Der Konflikt dauert bereits zweieinhalb Jahre an, es gibt über 100 000 Tote und viele Millionen Flüchtlinge und Vertriebene, und noch immer ist kein Ende in Sicht.

Natürlich begrüßen wir es, dass der UN-Sicherheitsrat endlich eine gemeinsame Position gefunden und eine Resolution verabschiedet hat, nach der die Chemiewaffen vernichtet werden sollen. Doch wissen wir, dass jeden Tag mehr Menschen sterben. Deswegen muss unser oberstes Ziel sein, einen Waffenstillstand und danach weitere Verhandlungen zu erreichen, um das Ende des Bürgerkriegs herbeizuführen. Wir setzen dabei große Hoffnung in die Genf-2-Konferenz.

Was in der UN-Resolution gänzlich fehlt, ist Strafverfolgung für die begangenen Kriegsverbrechen. Verbrechen gegen die Menschlichkeit müssen vor dem Internationalen Strafgerichtshof zur Anklage gebracht werden, egal von wem sie begangen wurden, das ist die internationale Gemeinschaft den Opfern und deren Angehörigen schuldig. Daher ist es richtig, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eine eigene Untersuchungskommission aufgestellt hat, die auch nach Syrien einreisen will.

Der 3. Punkt betrifft die humanitäre Situation. Nach einem offenen Brief von Ärzte ohne Grenzen wird es zunehmend schwieriger bzw. unmöglich, die medizinische Versorgung sicherzustellen. Manche Gebiete sind komplett von jeder Versorgung abgeschnitten. Auch hier müssen wir alles tun, um eine humanitäre Versorgung zu gewährleisten.

Wir danken den Nachbarländern Türkei, Libanon und Jordanien für ihre große Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen. Doch müssen wir neben der finanziellen Unterstützung für die Flüchtlingslager auch selbst in unseren Ländern mehr Flüchtlinge aufnehmen, denn die Situation wird sich über die Wintermonate verschärfen.

Deshalb bitte ich um eine breite Annahme des Berichts, damit wir in unseren Ländern mehr tun können, um die Situation vor Ort zu verbessern.

Vielen Dank.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

(Dringlichkeitsdebatte: Die Lage in Syrien, Dok. 13320)

Herzlichen Dank, Frau Vorsitzende!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst möchte ich mich ausdrücklich beim britischen Parlament bedanken, das mit seiner Entscheidung einen Militärschlag in einem Gebiet verhindert hat, in dem die Situation völlig unüberschaubar ist; selbst die kurdische Opposition meint, dieser C-Waffen-Anschlag sei nicht von der regulären Armee ausgeübt worden.

Dieser Konflikt hat vielleicht als Bürgerkrieg begonnen, doch heute sind die unterschiedlichsten Kriegsparteien dort wirksam: Es gibt Kampfverbände der Kurden, Armenier, Christen und Chaldäer, die alleine 850 000 Flüchtlinge innerhalb des Landes beherbergen. Es gibt bewaffnete Banditen, Hizbollah, Al-Qaida und Jihadisten, die alle unterschiedliche Kriegsziele verfolgen. Die freie syrische Armee ist völlig heterogen. Wir sprechen hier also längst nicht mehr von einem Bürgerkrieg, sondern von etwas ganz anderem.

Als einer der Vorsitzenden der Union für das Mittelmeer habe ich manche Flüchtlingslager besucht, zuletzt in Jordanien. Am verheerendsten ist dort die Situation der Mädchen und Frauen, die vergewaltigt und verkauft werden - diese Flüchtlingslager sind geradezu Supermärkte des Frauenhandels!

Die UNO überlässt die innere Lagerverwaltung Banditen. Auf meine Frage an den UN-HCR-Leiter, warum es bei den Frauentoiletten kein Licht gebe, erhielt ich die Antwort, das sei so, weil die Männer das nicht wollten.

Jeden Abend werden kleine Kinder mit Steinen geschickt, um eine Schlacht gegen die Sicherheitskräfte zu führen, während durch die Hintertür Frauen und Mädchen in die Bordelle geschafft werden. In einem der mit 166 000 Flüchtlingen größten Lager gibt es bereits fünf Bordelle innerhalb des Lagers.

Von diesen geradezu unglaublichen Zuständen wird völlig offen gesprochen. 10jährige Mädchen werden für „Ehen“ für drei Wochen verheiratet. Beim Einkaufen kann man hören: „Mein Kollege hat sich gestern wieder ein syrisches Mädchen gekauft und ist für vier Wochen verheiratet!“, und in Algerien soll in den Caféhäusern schon der Witz umgehen: „Wenn meine Frau nicht gehorcht, kaufe ich mir eine Syrerin!“

Für die Mädchen und Frauen beginnt die eigentliche Traumatisierung oft erst, nachdem sie ein Flüchtlingslager erreicht haben. Wir brauchen für unbegleitete junge Mädchen und Frauen unbedingt ein eigenes, sicheres Lager.

Auch dürfen wir nicht vergessen, dass sich innerhalb Syriens noch 1,5 Millionen irakische und palästinensische Flüchtlinge befinden. Dort ist die Lage der Frauen noch schlimmer. Aus den türkischen Flüchtlingslagern sind 200 000 Flüchtlinge nach Syrien zurückgekehrt – man fragt sich, was ihnen dort passiert ist!

Danke.