AL14CR04      

AS (2014) CR 4
Provisorische Ausgabe

 

SITZUNGSPERIODE 2014

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(1. Teil)

BERICHT

04. Sitzung

Dienstag, 28. Januar 2014, 15.30 Uhr

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

(Frage an den Generalsekretär des Europarats, Herrn Thorbjørn JAGLAND)

Frau Präsidentin,

Sehr geehrter Herr Generalsekretär!

Ich darf Sie zunächst seitens meiner Fraktion zu Ihrer Arbeit beglückwünschen und Ihnen meinen Respekt ausdrücken.

Wir hätten gerne eine Erklärung Ihrerseits darüber, welche Bedeutung die Arbeit der Parlamentarischen Versammlung für Sie in Ihrem Amt hat, denn es gibt hier seit nunmehr Wochen und Monaten eine Diskussion über die Rechte der Kinder auf körperliche Integrität. Es wäre gut, wenn Sie diesbezüglich eine Erklärung abgeben könnten.

Andrej HUNKO, Deutschland, UEL/GUE

(Frage an den Generalsekretär des Europarats, Herrn Thorbjørn JAGLAND)

Vielen Dank, Frau Präsidentin,

Herr Generalsekretär!

Sie haben zu Beginn Ihrer Rede von den wachsenden Spannungen gesprochen, die zu beobachten sind. Ich glaube, die Entwicklung in der Ukraine ist auch ein Ausdruck dieser Spannungen. Der Europarat spielt hier als pan-europäisches Gremium eine besonders wichtige Rolle. Hier haben wir also Russland auf der einen und die EU auf der anderen Seite.

Wenn diese Spannungen weitergehen, bekommen wir bald eine weitere Eskalation in der Ukraine und demnächst vielleicht auch in Moldawien. Daher meine Frage: wie kann man dem in der Situation der Ukraine konkret entgegenwirken und zu einer ausgewogeneren Stellungnahme kommen, um nicht selbst Teil einer geostrategischen Politik zu werden?

Vielen Dank.

Martina RENNER, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 13385)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Auch ich möchte im Namen meiner Fraktion meine Rede mit einem Dank an Mr. Davies für seinen gründlichen und zutreffenden Bericht zur Auseinandersetzung mit Rassismus bei der Polizei, und an Herrn Jonas Gunnarsson für den ersten Entwurf einer „Strategie zur Bekämpfung von Rassismus und Intoleranz in Europa“ beginnen.

Diese Auseinandersetzung mit Rassismus in den europäischen Gesellschaften im Allgemeinen und bei den Strafverfolgungsbehörden, insbesondere der Polizei, im Besonderen ist aktueller denn je – schauen wir uns z.B. die Situation der Roma in Ungarn an, oder die Lage von Flüchtlingen in Griechenland, die Opfer rassistischer und rechtsextremer Gewalt durch Neonazis werden, und nicht zuletzt die rassistische Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ in der Bundesrepublik Deutschland.

Die von dieser Organisation begangenen Morde an neun Migranten, die 13 Jahre nicht aufgeklärt wurden, haben viele Fragen aufgeworfen und in der Bundesrepublik zu einer Diskussion um ein Versagen des Staates und der Polizei geführt.

Insbesondere möchte ich für die Einführung und Definition des Begriffs des „institutionellen Rassismus“ danken, mit dem sich meiner Meinung nach viele politisch Verantwortliche und Verantwortungsträger noch immer schwer tun.

Bei all den vielen richtigen Punkten in den beiden Berichten geht es jetzt nicht nur darum, diese zu bekräftigen, sondern weitere Vorschläge zu machen.

Ich schlage vor, die Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages mit Blick auf die polizeiliche Ermittlungsarbeit zu beachten. Der NSU-Untersuchungsausschuss hat als Schlussfolgerung aus der Tatsache, dass das Neonazi-Netzwerk NSU 10 Jahre lang von der Polizei unbehelligt Migranten ermorden und Sprengstoffanschläge verüben konnte, Folgendes empfohlen:

Bei allen Ermittlungen nach Gewalttaten gegen „people of colour“, Migrantinnen und Migranten und Flüchtlingen muss immer auch die Frage geklärt werden, ob Rassismus das Tatmotiv war. Diese Empfehlung ist m.E. ein zentraler Aspekt, um die Auseinandersetzung mit Rassismus bei der Polizei direkt zu verankern, nämlich a) weil sie Rassismus als Alltagsphänomen in der polizeilichen Praxis beschreibt, und b) weil sei dazu beitragen sollte, das tatsächliche Ausmaß rassistischer Gewalt und rassistischen Terrors aufzudecken und zu bekämpfen.

Der NSU-Untersuchungsausschuss hat sich dabei an den Empfehlungen der MacPherson-Kommission orientiert. Wenn dieses Beispiel aus Großbritannien in anderen europäischen Ländern Schule machen kann, ist die Polizei auf gutem Weg, in Zukunft einen größeren Beitrag bei der Bekämpfung rassistischer Gewalt leisten zu können.

Auch bin ich der Meinung, dass wir ein europäisches Monitoring zur Frage rassistischer Einstellungen und Handlungen in der Polizei brauchen. Wir haben die hervorragende Studie der Europäischen Grundrechteagentur zu rassistischer Diskriminierung und Antisemitismus. Wenn wir eine derartige Studie zu dem Thema Rassismus und Polizei hätten, so wäre das eine gute Grundlage für uns, für die Polizeiführung und die Polizisten vor Ort. Ich denke, auch dies wäre zu erörtern.

Danke.

Edgar MAYER, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 13385)

Besten Dank, Herr Vorsitzender,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte zur Bekämpfung von Rassismus in der Polizei sprechen. Ich danke dem Kollegen Davies für seinen Bericht. Ich habe selbst den Beruf des Polizisten erlernt und mehrere Jahre ausgeübt und spreche daher aus der Praxis.

Es stimmt, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auch bei der Polizei ein großes Thema sind. Eine der Ursachen dafür liegt auch darin, dass Menschen mit Migrationshintergrund oder ethnische Minderheiten auch im Rahmen des polizeilichen Einschreitens schwieriger zu behandeln sind, weil sie oft größere Probleme verursachen als die so genannten Einheimischen. Es ist ein gesellschaftliches Problem, welches auch die Entwicklung der illegalen Zuwanderung und der Flüchtlingsproblematik betrifft, die soziale und menschliche Probleme und Spannungen mit sich bringt - wir haben hierzu einige Beispiele gehört (Islamisierung usw.).

Es kommt dadurch nicht nur in der Bevölkerung, zu einer Abqualifizierung dieser Menschen, so zu sagen als Menschen 2. Klasse, sondern natürlich auch durch Polizeibeamte. Es sind wirklich unglaubliche Ressentiments vorhanden.

Oft sind Migranten, illegal zugewanderte Menschen, auch gerade in den intensiven Verbrechensbereichen wie Drogen- und Menschenhandel, Schlepperei, illegalem Glücksspiel und Prostitution aktiv, wo die Hemmschwelle gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten sowieso gering bzw. kaum vorhanden ist. Das erzeugt Stress und Gewalt, die wiederum Gegengewalt bringt. Damit steht dann Gewalt so zu sagen auf der Tagesordnung.

Deshalb bedarf es hier eines Umdenkens in den Verhaltensmustern, in der Kultur des Umgangs miteinander. Es ist gut, wenn der Europarat dieses Thema beleuchtet und ich danke David Davies, dass er auch eine Handhabe zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in der Polizeiarbeit anbietet. Dieser Punkt ist in seinem auch inhaltlich äußerst wichtigen Bericht sehr wesentlich.

Es muss mit aller Deutlichkeit gesagt werden, dass viele Polizeibeamte hervorragende Arbeit leisten. Und wir müssen ihnen danken, wenn sie für unsere Sicherheit auch manchmal ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen.

Aber wir brauchen eine moderne Polizei, die die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse auch annimmt – ein sehr wichtiger Punkt. „Racial profiling“ sollte und darf in der täglichen Polizeiarbeit keinen Platz haben. Da gibt es für mich, wie für viele von Ihnen, keine Toleranz.

Ich danke Ihnen.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

(Dok. 13382)

Danke sehr Herr Vorsitzender!

Auch seitens meiner Fraktion möchte ich Tiny Kox für seinen wirklich gelungenen Bericht gratulieren, der alle problematischen und kritischen Punkte enthält.

Ich freue mich aber auch als einer der Vorsitzenden der Union für das Mittelmeer, denn diese Partnerschaft für Demokratie ist eine besonders wichtige Initiative des Europarates, insbesondere in der Partnerschaft mit Palästina.

Wie schon mein Vorredner, Herr Villumsen, gesagt hat, ist die Situation dort völlig unmöglich. Unsere Solidarität mit Palästina steht ganz außer Frage, aber wie soll in diesem Staat je Demokratie herrschen, wo es auf der einen Seite mit Gaza ein modernes Guantanamo-Freiluftgefängnis und auf der anderen Seite mit dem Westjordanland einen in Zone A und Zone C eingeteilten Staat gibt, wo Wege, die man in einer Stunde zurückgelegen könnte, durch willkürliche Aktionen auf bis zu 10 Stunden ausgedehnt werden.

Doch müssen wir in Europa uns auch selbst kritisieren - wenn wir nämlich die Palästinenser auffordern, Wahlen zu organisieren, und uns deren Ergebnis dann nicht gefällt, weil beispielsweise die Hamas gewinnt, die, da sie weniger korrupt ist, dem Herzen vieler Palästinenser eben näher steht. Wir müssen dann auch diese Partner im Dialog anerkennen.

Die große Tragik der Region ist, wie schon 1919 Balfour in seinem Bericht festgestellt hat, das Wasser. Alle kriegerischen Auseinandersetzungen in dieser Region haben mit dem Wasser zu tun. Das Westjordanland entspricht auf den Quadratmeter genau den drei großen Aquiferen - das einzige Grundwasser hat das Westjordanland. Alle 50 m pumpt die israelische Mekorot das Wasser ab. Die besetzten Golanhöhen verfügen über die einzigen Quellen, die einzigen sprudelnden Bäche der Region.

Es ist äußerst wichtig, den Dialog mit Palästina - Fatah auf der einen und Hamas auf der anderen Seite - fortzusetzen, um die Demokratisierung unter unmöglichsten Bedingungen weiterzuführen. Ebenso ist es wichtig, dass man im Schatten des arabischen Frühlings die Chance sieht und sie nutzt.

Bisher haben viele arabische Potentate die Reformen im eigenen Haus nicht vollzogen. Sie haben Palästina quasi als ihr Solidaritätsobjekt in Geiselhaft gehalten und dafür gesorgt, dass es dort zu keinen friedlichen und demokratischen Entwicklungen kommt, um im eigenen Land keine Reformen durchführen zu müssen.

Jetzt gibt es hier eine riesige Chance. Das heißt, dass sich beide Seiten bewegen müssen. Israel hat 100 gewählte Abgeordnete aus den Gefängnissen freizulassen, die unter dem Verwahrungsparagraphen dort festgehalten werden, und nicht, weil sie eine Tat begangen haben. Wir als Europarat müssen dieser Forderung Nachdruck verleihen.

Danke.

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

(Dok. 13382)

Herr Vizepräsident,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Mit der Partnerschaft für Demokratie zwischen Europarat und dem Palästinensischen Nationalrat ist viel guter Wille verbunden. Wir vom Europarat möchten unseren Partnern in Palästina Werte vermitteln, die sie in ihrer Existenz stärken und in Richtung eines demokratischen, eigenen Staates voranbringen.

Doch die ersten beiden Partnerschaftsjahre fielen in eine Zeit hinein, die von andauerndem innerpalästinensischem Konflikt geprägt war. De facto haben wir es in Palästina mit zwei Partnern zu tun, doch nur der eine, die im Westjordanland herrschende Fatah, möchte wirklich Partner sein; der andere, die im Gaza-Streifen herrschende Hamas, zeigt uns die kalte Schulter. Die beiden Seiten sind verfeindet und rivalisieren miteinander.

Obwohl immer wieder von Versöhnung gesprochen wird, sind leider keine Einheit, Einheitsregierung oder Einheitsparlament in Sicht. Das ist die Tragödie, bei der uns vorläufig auch die vorliegende Partnerschaft für Demokratie nicht weiter bringt. Natürlich freut es mich, dass die Partnerschaft mit der einen Seite funktioniert und zumindest diese hier im Europarat vertreten ist. Aber das kann uns nicht genügen - wir möchten demokratische Partnerschaft mit ganz Palästina.

Erzwingen können wir das jedoch nicht – dafür braucht es den Willen auch von der anderen Seite, der Hamas in Gaza. Dort jedoch mangelt es offensichtlich nicht nur am Willen, sondern auch an den faktischen Voraussetzungen.

Wie Herr Kox in seinem Bericht schilderte, werden im Gazastreifen weiterhin Todesstrafen verhängt und vollstreckt, es existiert dort weiterhin keine Pressefreiheit und es werden keine echten freien Wahlen durchgeführt.

Wenn dem wirklich so ist, dann bleibt die Partnerschaft auf halbem Weg stehen und größere Schritte, wie eine volle Mitgliedschaft in der UNO oder eine solide Zweistaatenlösung mit Israel, rücken noch weiter in die Ferne.

Das bedaure ich umso mehr, als ich persönlich die Region als seinerzeitiger Delegierter vom IKRK in Gaza gut kenne.

Natürlich verschließe ich die Augen nicht vor den Fortschritten, die namentlich im Westjordanland erzielt wurden - und das, obwohl dieser Teil Palästinas je länger je mehr unter der fragwürdigen Siedlungspolitik Israels zu leiden hat. Gerne möchte ich annehmen, dass der nächste Evaluierungsbericht in zwei Jahren weitere Fortschritte enthalten wird, die sich dann aber auf ganz Palästina, einschließlich Gaza, erstrecken werden.