AL14CR30

AS (2014) CR 30
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2014

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(4. Teil)

BERICHT

30. Sitzung

Dienstag, 30. September 2014, 10.00 Uhr

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC
(Dok. 13593)

Danke sehr, Herr Präsident!

Zuerst möchte ich mich ganz herzlich bei Marietta Pourbaix-Lundin bedanken, nicht nur dafür, dass sie heute mit ihrem letzten Bericht einen fantastischen und zugleich besorgniserregenden Rapport vorlegt, sondern für die wunderbare kollegiale Zusammenarbeit im Auftrag des Europarats. Auch bei Frau Kazakova möchte ich mich dafür bedanken, dass sie die Arbeit hier bei uns wieder aufnimmt, sowie für einige sehr mutige Amendments, die sie in diesen Bericht eingebracht hat.

Das Thema ist der aufkommende Neonazismus in Europa in seinen verschiedenen Erscheinungsformen. In manchen Ländern sitzen die Neonazis ja in den Parlamenten! Ich habe den Kollegen aus Ungarn sehr genau zugehört. Für mich ist Jobbik keine Partei, sondern, etwa wenn sie Roma verfolgt, eher eine Bande. Und in den letzten Tagen haben wir gehört, welche Bestialitäten privates Wachpersonal in Deutschland gegenüber Flüchtlingen verübt hat.

All das kommt aus ein und derselben schwarzen Höhle, von dort, wo Antisemitismus, Xenophobie und Homophobie zu Hause sind. Auch sehen wir in den Berichten, dass die Anzahl an Gewalttaten im Bereich des Rechtsextremismus, gepaart mit antieuropäischem Gedankengut, ansteigt.

Zu den Hauptursachen dafür gehören mangelnde Bildung und mangelndes Selbstwertgefühl – man schließt sich irgendwelchen Gruppen an, um das Selbstwertgefühl zu stärken. Hier geht es um nicht vorhandene soziale Integration. Die unfassbare Jugendarbeitslosigkeit in Europa ist mit ein Nährboden für diese Erscheinungen.

Zu Neonazismus und Rechtsextremismus zählt auch Rechtspopulismus. In Österreich gibt es eine starke rechtspopulistische Partei, hier in Frankreich gibt es den Front National, eine erschreckende Partei, in Belgien gibt es den Vlaams Blok. All diese Parteien, die mittlerweile im Europaparlament vertreten sind und sogar hier im Europarat einzelne Vertreter haben, gehören zusammen. Wir müssen diese menschenfeindlichen Bewegungen als Teil desselben Trends betrachten und ihnen den Nährboden entziehen. Dafür brauchen wir Bildung, soziale Integration und Perspektiven für die jungen Menschen.

 

Edgar MAYER, Österreich, EPP/CD / PPE/DC
(Dok. 13593)

Danke sehr, Herr Präsident!

Liebe Marietta!

Wie viele meine Vorredner bedanke ich mich für den ausgezeichneten Bericht. Wir bedauern außerordentlich, dass du aus dem Europarat ausscheidest. Wir werden dich, deine Arbeit und die hervorragende Qualität deiner Berichte sehr vermissen.

Zum Inhalt des Berichts und den vorgeschlagenen Maßnahmen: wir haben es im Prinzip mit einem politischen Phänomen zu tun. Alle Abgeordneten in diesem Haus und in den nationalen Parlamenten, alle Menschen in Europa und in der Welt wissen, was die Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus angerichtet hat. Dennoch gibt es in vielen Staaten Bewegungen, die dieses System, eines der größten Verbrechen an der Menschheit, verherrlichen und sozusagen das Echo der nationalsozialistischen Ideen wieder heraufbeschwören.

Ist es in vielen Staaten nur eine Protestbewegung, wählen die Menschen diese Parteien aus politischer Verdrossenheit oder sind die nationalsozialistischen Ideen in gewissen Bevölkerungsschichten noch so tief verankert? Es gilt, nicht die Parteien zu verbieten, sondern die Wähler zu sensibilisieren.

Die Aktivisten, die Masterminds dieser Neonazi-Bewegungen, setzen sich sehr stark mit den neuen Medien auseinander und sind so flexibel und vernetzt, dass sie binnen kürzester Zeit Versammlungen und Aufmärsche veranstalten können, die die Sicherheitsbehörden vor große Herausforderungen stellen.

Ein wichtiger Ansatz ist die Prävention. Im Rahmen von politischer Bildung sollten sich bereits Kinder mit dieser Problematik auseinandersetzen. Hier sind natürlich unsere Pädagogen extrem gefordert. Man kann unsere Jugend nicht früh genug mit den Gräueln des Zweiten Weltkrieges und deren Urhebern konfrontieren und sie ihnen zur Kenntnis bringen. Dabei muss auch klar gemacht werden, dass wir niemals wieder solche politischen Verhältnisse oder Verbrechen haben wollen oder einen Nährboden dafür geben sollten.

Dazu gehört auch, dass wir der Exekutive, der Polizei, gesetzliche Möglichkeiten geben, die diese auch entsprechend nutzen kann. Auch die Gerichtsbarkeit ist hier in hohem Maße gefordert. Nicht nur Staatsanwälte, sondern auch Richter sollten mit entsprechenden Handhaben und den gesetzlichen Voraussetzungen ausgestattet werden. Wir sollten uns in Richtung einer Null-Toleranz-Rechtsprechung bewegen und Null-Toleranz walten lassen.

Abschließend möchte ich auf die Initiative des Europarates „No Hate Speech Movement“  hinweisen und ausdrücklich bestärken. Wir dürfen nicht aufhören, sie den Menschen immer wieder vor Augen zu halten und dafür zu werben.

Nochmals vielen Dank für den ausgezeichnet recherchierten Bericht.

Vielen Dank, Marietta, und alles Gute für dich.

 

Mechthild RAWERT, Deutschland, SOC

(Dok. 13593)

Sehr geehrter Herr Präsident,

liebe Berichterstatterin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich bedanke mich für diesen Bericht, der zu einer sehr aktuellen Zeit kommt. Ich danke ausdrücklich für die Forderungen nach einem europäischen Tag der Opfer von Hassverbrechen.

Gerade die Mordserie des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“ hat in Deutschland gezeigt, wie gefährlich Neonazis sind. Zwischen 2000 und 2006 ermordete diese Neonazigruppe elf Menschen und wurde 2011 erst durch Zufall aufgedeckt. Ich möchte mich bei den Familien der Opfer entschuldigen, dass unser Rechtsstaat auf dem rechten Auge so lange blind war.

Das gilt auch für die Misshandlungen an den Asylsuchenden, die von einem privaten Sicherheitsdienst in Deutschland verübt wurden. Wir werden diesem nachgehen.

Die Opfer von Neonazis sind Linke, Migrantinnen, Obdachlose, Homosexuelle, Menschen mit Behinderung. Deswegen ist es richtig, hier von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu sprechen. Im Blickpunkt stehen dabei die rechtsextremistischen, rassistischen, antisemitischen, islamfeindlichen, ethnozentristischen, homophoben, transphoben, maskulinistischen, sexistischen und sozialdarwinistischen Weltbilder der Täter und Täterinnen.

Hier gibt es Schnittmengen zu rechtspopulistischen Parteien.

Mich treibt die Sorge um, dass nicht nur die Rechtsextremisten, sondern auch rechtspopulistische Parteien und Bewegungen mit ihren einfachen Parolen die Saat für gefährliche Vorurteile in unseren Gesellschaften säen. Vorurteile, die von der Ungleichwertigkeit von Menschen ausgehen. Vorurteile gegen viele Gruppen –daher die Bezeichnung gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.

Wir sprechen in all diesen Fällen von Gewaltkriminalität, die wegen der Person des Opfers einen rassistisch oder anderweitig politisch motivierten Grund haben könnte. Wir fordern eine Polizei, die dieses eingehender prüft. Wir fordern, dass rassistische und rechtsextremistische Motive verstärkt verfolgt werden. Wir fordern auch, die interkulturelle Kompetenz der Polizei zu verbessern und die Zivilgesellschaft im Kampf gegen Rechtsextremismus durch Demokratieförderung zu stärken.

Daher unterstütze ich alle Forderungen nach Stärkung der Zivilgesellschaft, denn das bedeutet Demokratieförderung.

Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland ein Programm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“. Ich unterstütze dieses Programm und freue mich auf einen Europäischen Tag gegen Hassverbrechen am 22. Juli.

 

Amendments zu Dok. 13593:

Axel E. FISCHER, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 13593, Amendment 08)

Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es geht uns hier im Wesentlichen um eine Präzisierung. Es geht nicht darum, alle, sondern alle relevanten Informationen weiterzugeben. Deshalb kann man m.E. diesem Antrag zustimmen. Ich freue mich, wenn wir dadurch diesen Bericht, der so schon fantastisch ist, noch ein klein wenig verbessern können.

Vielen Dank.