AL15CR13

AS (2015) CR 13
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2015

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(2. Teil)

BERICHT

13. Sitzung

Dienstag, 21. April 2015, 15.30 Uhr

Alev KORUN, Österreich, SOC
(Fragen an den Generalsekretär des Europarats, Herrn Thorbjørn JAGLAND)

Frau Präsidentin,

Herr Generalsekretär!

Entschuldigen Sie die Verspätung – ich war auf dem Weg hierher offensichtlich zu langsam.

Das Massensterben im Mittelmeer beschäftigt uns alle seit Jahren, und gleichzeitig hören wir alle seit Jahren: „Nie wieder!“. Viele Regierungschefs und Innenminister zeigen sich schockiert, und trotzdem geht das Massensterben weiter.

Wie können wir gemeinsam Verantwortung übernehmen, was sind Ihre nächsten konkreten Schritte, damit z.B. ein humanitärer Korridor eröffnet wird, damit Schutzsuchende sicher Europa erreichen können und ihr Recht auf Asyl nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch wirklich gelebt wird?

Dankeschön.

Gerold BÜCHEL, Liechtenstein, ADLE / ALDE
(Dok. 13743, 13744)

Danke, Herr Präsident, für das Wort!

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Die finanziellen Mittel beschäftigen fast alle Mitgliedsstaaten. Die Mittel sind seit einigen Jahren knapp und so ist auch diese Institution sicherlich nicht von der Notwendigkeit ausgenommen, eine restriktive Finanzpolitik zu betreiben. Es ist eine Verpflichtung, sorgfältig und effizient mit den zur Verfügung stehenden Mitteln umzugehen.

Bei genauerer Betrachtung des vorliegenden Berichts kann man feststellen, dass gerade der Europarat dies auch schon in der Vergangenheit getan hat und es auch in Zukunft tun wird, denn seit 2005 sind die Gesamtkosten gesunken. Eine vorzügliche Tendenz, die auch für andere Institutionen ein Vorbild sein kann.

Es ist für eine starke Handlungsfähigkeit auch dieser Institution essentiell, sich finanziell Luft zu verschaffen. In diesem Sinne möchte ich mich meinen Vorrednern anschließen und dem Berichterstatter einen herzlichen Dank aussprechen für einen sehr guten und ausführlichen Bericht. Auch möchte ich mich dem Appell an das Ministerkomitee anschließen.

Der Bericht zeigt eindrücklich einen restriktiven Umgang mit finanziellen Mitteln. Wie auf Seite 2, Absatz 4 ausgeführt, sollte dieser nicht etwa bestraft werden, indem man den Eindruck vermittelt, es könnten vom Europarat noch weitere Sparmaßnahmen verkraftet werden. Ich glaube, es sollte eher belohnt werden, dass hier eine eigenständige restriktive Finanzpolitik betrieben wurde.

Viel Unterstützenswertes ist in diesem Bericht zu finden, vor allem auch in Kapitel 9, dem ich mich anschließen möchte. Neben den allgemein politischen Maßnahmen ist auch die Kommunikation des Europarats weiter voranzutreiben. Ich denke, es ist wichtig, dass wir die Arbeit des Europarats nach außen tragen und kontinuierlich versuchen, auch dessen Wichtigkeit zu zeigen.

Aber auch ein Appell an diese Versammlung, weiterhin eine restriktive Finanzpolitik zu betreiben und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, um Luft und den notwendigen Handlungsspielraum zu haben und nicht durch knappe finanzielle Mittel unnötig eingeschränkt zu werden. Wir müssen uns heute und auch in Zukunft auf die wesentlichen, notwendigen Themen fokussieren, damit wir handlungsfähig bleiben.

Besten Dank für diesen ausgezeichneten Bericht.

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC
(Dok. 13741)

Danke sehr, Frau Präsidentin!

Auch ich möchte dem Berichterstatter im Namen meiner Fraktion zu seinem Bericht gratulieren. Gratulieren ist in diesem Fall ein schwieriges Wort, denn die aktuelle Situation ist eine unfassbare Katastrophe.

Der IS, d.h. der „Islamistische Staat“, existiert als solcher nicht, denn hierbei handelt es sich um nichts anderes als eine Terrororganisation, die ihr Geschäft verrichtet und es blendend beherrscht. Bei diesem Geschäft geht es um Ölhandel, wobei sich die Frage stellt, wer dem IS das Öl abkauft? Dabei geht es auch um Mädchen- und Frauenhandel und Lösegeldforderungen, die im letzten Jahr allein 360 Mio. Dollar betrugen, sowie um Raub und den Verkauf von Antiquitäten und Kulturgütern. Auch hier stellt sich die Frage nach den Käufern und Käuferinnen.

Dieses Terrornetzwerk hat alle im Visier: die assyrischen Christen, die Schiiten, die Kurden, aber vor allem die Jesiden, an denen ein Genozid verübt wird. Hier wird wahllos getötet und mit sogenannten Snuff-Videos (was jemanden auslöschen, töten, ermorden bedeutet) Propaganda gemacht, Angst verbreitet und Taten verherrlicht.

Auch bei der Rekrutierung, und das ist das Schlimme, ist der IS durch die Verwendung der Kommunikationstechnologien ins Zeitalter der Moderne eingetreten. 10 000 Menschen aus Europa und 25 000 Menschen weltweit haben sich so schon diesem Netzwerk angeschlossen.

Die Lage in Syrien war schon der Horror, aber die Situation im Lager Jarmuk war die Hölle. Dort wurden 16 000 palästinensische Flüchtlinge von anderen Menschen als Schutzschilde missbraucht.

Die 5 000 geführten Luftschläge haben den IS geschwächt, aber nun gehen die Ziele dafür aus, da der IS sich hinter Menschen verschanzt, wie das in Jarmuk der Fall war. Am Boden kämpfen kurdische Peschmerga-Milizen und schiitische Milizen. Dabei gibt es natürlich auch immer wieder unterschiedliche Interessen. Mittlerweile werden auch z.B. Massaker an Sunniten verübt, denn ganz am Anfang des IS stand auch der Aufstand sunnitischer Stämme.

Kubane, wie schon vorher erwähnt, wurde komplett zerstört. Dort waren zeitweise 500 000 Menschen eingekesselt, wie in Jarmuk derzeit 16 000 Menschen eingekesselt sind. Das ist eine unglaubliche Katastrophe, die durch die syrische Tragödie mit ihren 12 Mio. Flüchtlingen noch verschlimmert wird. Mittlerweile ist der IS auch im Sinai und in Libyen angekommen und mit Boko Haram betrifft diese Situation nun eine afrikanische Gemeinschaft. Dies bedroht die Demokratie, die Menschenrechte und die Welt.

Heute, am 100. Jahrestag des armenischen Genozids, findet hier ein weiterer Genozid statt: Vergessen wir nicht die Jesiden!

Danke.

Alfred HEER, Schweiz, ALDE / ADLE
(Dok. 13741)

Geschätzte Frau Vorsitzende,

geschätzte Damen und Herren!

Auch ich möchte dem Rapporteur, Herrn Bockel, herzlich für seinen Bericht danken.

Man hielt es nicht für möglich, dass wir im 21. Jahrhundert wieder mit Völkermord konfrontiert sind, wie er jetzt im Irak und in Syrien durch den Islamic State begangen wird - Herr Schennach hat auf die schrecklichen Ereignisse, auf die Ausrottung von Menschen lediglich aufgrund des Glaubens oder der Ethnie hingewiesen.

Doch sollten wir uns hier auch fragen, weshalb es so weit kommen konnte. Ich bin kein Freund von Saddam Hussein und Gaddafi; beide waren brutale Diktatoren. Diese wurden weggebombt: Vor allem in den USA und Großbritannien, aber auch in Frankreich war die Strategie, diese Männer und ihr Regime wegzubomben. Eine Exit-Strategie war jedoch leider nicht vorhanden.

Man hinterließ ein Chaos, auch im Irak. Der Großteil der IS-Terroristen wird ja von ehemaligen Geheimdienstleuten bzw. Generälen geleitet, die unter Saddam Hussein gedient haben und dieses Vakuum im Nahen Osten ausnützen, um ihren Terror zu verbreiten. Den Westen trifft hier also wegen der fehlenden Exit-Strategie sicherlich eine Mitschuld.

Leidtragende, wie immer in militärischen Konflikten, ist die Zivilbevölkerung. Hier möchte ich vor allem den Ländern Türkei, Jordanien und Libanon danken, welche einen Großteil der Last tragen. Wir in Westeuropa sind zwar auch mit Flüchtlingsströmen in unsere Länder konfrontiert, aber der Großteil wird von den genannten Ländern aufgenommen. Hier sollten wir auch zumindest die notwendige finanzielle Unterstützung geben, damit diese Flüchtlinge wenigstens einigermaßen in geordneten Zuständen leben können und auch eine gewisse Schuldbildung für die Kinder gewährleistet wird.

Für die Zukunft können wir m. E. nur dann eine Verbesserung erreichen, wenn wir eine Kultur des Friedens, eine culture of peace, in diesen Ländern einführen können. Mit culture of peace meine ich, dass auch die Religionsführer mit einzubeziehen sind. Wir brauchen Religionsführer, welche die Einheit und das Gute in ihrer Religion sehen, und eben nicht, wie das jetzt der Fall ist, die Unterschiede (zwischen Schiiten und Sunniten, oder Muslimen und z.B. Juden).

Für den Frieden braucht es das Gute in den Religionen und Religionsführer, die den Mut haben, für die gute Sache und für Einigkeit einzustehen. Vor allem sind auch Demokratisierung und Bildung, sowie der Aufbau von Infrastruktur in diesen Ländern vonnöten. Dann gibt es vielleicht auch dort, wo es jetzt hoffnungslos erscheint, eine bessere Zukunft.

Besten Dank.

Tobias ZECH, Deutschland, PPE/DC / EPP/CD
(Dok. 13741)

Herr Präsident,

meine Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich bin dankbar für diesen Bericht, vor allem darum, weil der den Fokus der Öffentlichkeit wieder auf diesen Konflikt lenkt. Wir alle in diesem Raum sind Politiker und leben in, von und mit der Öffentlichkeit.

Der deutsche Autor Bertolt Brecht schrieb einst: „Die einen stehen im Schatten, die anderen stehen im Licht, doch man sieht nur die im Lichte, die im Schatten sieht man nicht!“ So verhält es sich auch mit diesem Konflikt, der leider aus der medialen Öffentlichkeit verdrängt wurde, weil es um uns herum und in Europa so viele Konflikte gibt, über die man sprechen kann. Wir brauchen dringend die Debatte der Politik, um den Fokus wieder auf die größte humanitäre Katastrophe der Jetztzeit zu lenken, die wir auf unserem Planeten haben.

Ich möchte mich bei Ihnen, Herr Bockel, für den sehr objektiven Bericht bedanken, zu dem ich noch eine oder zwei Anmerkungen habe. Vor allem für das Eingangsstatement, dass sich die Lage verschlechtert hat, danke ich Ihnen.

Wir sprechen hier von unseren Nachbarn: Von Straßburg aus bin ich in drei Stunden in Beirut, wo es eine Situation gibt, die man sich nicht vorstellen kann und die man verbessern muss. Der Libanon mit seinen 4 Millionen Einwohnern hat fast 2 Millionen Flüchtlinge aufgenommen! Wir werden als Europa sehr viel dafür zu zahlen haben, wenn wir unseren Nachbarn in der jetzigen Situation nicht helfen.

Vor ein paar Wochen fand in Kuweit die Syrien-Konferenz statt. Leider ist es uns nicht einmal gelungen, auch nur 50% der geforderten Summe den Vereinten Nationen bereitzustellen. Wir werden also auch weiterhin auf private Initiativen, NGOs und Vereine, zurückgreifen müssen. In Bayern, wo ich herkomme, gibt es z.B. Kabarettisten und Schauspieler (wie Christian Springer mit dem Verein „Orienthelfer“), die privat nach Beirut oder in die Türkei fliegen, um den Menschen dort zu helfen.

Wir als Politiker sollten diesen Menschen helfen, auch in den Ländern, wo die Flüchtlinge auflaufen, diplomatische Hürden zu überwinden. Denn wir müssen diesen Ländern, wie z.B. Jordanien, Türkei und Libanon, klarmachen, dass wir an ihrer Seite stehen und mit ihnen gemeinsam diese Situation lösen wollen.

Aus meiner Sicht kann man diese Situation nicht hier, sondern nur in den betroffenen Regionen lösen. Es wäre im tiefsten Sinne inhuman, wenn wir nicht planen würden, dass die Menschen die Wiederbesiedlung anstreben, und die Länder auch gemeinsam wieder aufbauen.

Ich möchte noch kurz hinzufügen, dass es neben dem IS auch andere Gruppen gibt, die für die Flüchtlinge und die humanitäre Katastrophe verantwortlich sind. Auch Irak und Libyen sollten wir mittlerweile in den Fokus nehmen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.