AL15CR32

AS (2015) CR 32
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2015

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(4. Teil)

BERICHT

32. Sitzung

Mittwoch, 30. September 2015, 10.00 Uhr

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE
(Die Tätigkeit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 2014-2015)

Frau Präsidentin,
Herr Generalsekretär,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Ich stimme für einmal nicht ins hohe Lied auf die OECD mit ein, hoffe aber, damit nicht allzu sehr den Groll von OECD-Generalsekretär Gurría zu erregen. Denn auch Sie, sehr geehrter Herr Gurría, wissen: Ein hoher Repräsentant einer internationalen Institution hat sich der Kritik zu stellen, und das hoffentlich gern, sonst wäre sein Job ja eher langweilig!

Natürlich erkenne auch ich die vielen positiven Aspekte an, die zugunsten der Weltwirtschaft von der OECD ausgehen. Aber wo Licht ist, gibt es immer auch Schatten, und zu diesem Schatten gehört für mich die unklare demokratische Legitimation der OECD.

Dies zeigt sich daran, dass das Konsens- und Einstimmigkeitsprinzip, das für Entscheidungen, ja selbst Empfehlungen beachtet werden muss, gelegentlich ohne Not übergangen wird. Auch werden immer wieder graue und schwarze Listen von Ländern erstellt und damit Druck auf diese ausgeübt, Einstimmigkeitsprinzip hin oder her.

Enttäuscht bin ich auch, wie sich die OECD mit ihrer stets wachsenden Bürokratie immer mehr Themen annimmt, die m.E. klar in die nationale Kompetenz gehören, so etwa die Forderung nach genereller Anhebung der Mindestlöhne. Diese Forderung hat das Schweizer Volk jüngst klar an der Urne abgelehnt.

Die wichtigste wirtschaftspolitische Zielsetzung für die OECD wäre meiner Meinung nach der Kampf für Vollbeschäftigung und gegen die Arbeitslosigkeit, insbesondere die grassierende Jugendarbeitslosigkeit. Doch davon ist im Bericht von Kollege Elzinga leider nur am Rande die Rede. Das bedaure ich sehr, denn gerade auch in vielen europäischen Ländern ist die Jugendarbeitslosigkeit ja markant präsent.

Verärgert sind große Teile des Schweizer Volkes aber auch über zwei jüngste Empfehlungen der OECD an unsere Adresse, die wir als Einmischung empfinden. Ich bin froh, Herr Generalsekretär, Ihnen das heute von Auge zu Auge sagen zu können.

Erstens empfinden wir es als ungehörig, wenn uns die OECD ermuntert, die Mehrwertsteuer zu erhöhen. Das ist bei uns ausschließlich Sache des Volkes. Mit unserem Steuersystem sind wir bisher gut gefahren, da brauchen wir keine Ratschläge einer internationalen Organisation.

Und zweitens empfinden wir es als deplatziert, wenn uns die OECD auffordert, verheiratete Frauen und Mütter sollten vermehrt erwerbstätig sein und als Kompensation dafür sollten die Kinderkrippen ausgebaut werden.

Das geht zu weit für ein Land, das die individuelle Freiheit seiner Bürger hoch hält und seit Hunderten von Jahren über eine bewährte direkte Demokratie verfügt.

Darf ich Sie bitten, sehr geehrter Herr Generalsekretär, diese Gedanken doch auch mit zurück nach Paris zu nehmen.