AL15CR36      

AS (2015) CR 36
Provisorische Ausgabe

 

SITZUNGSPERIODE 2015

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(4. Teil)

BERICHT

36. Sitzung

Freitag, 2. Oktober 2015, 10.00 Uhr

 

Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC

(Dok. 13870)

Dankeschön, Herr Präsident!

Seitens des Sozialausschusses möchte ich Frau Hetto-Gaasch herzlich danken und zu dieser Arbeit beglückwünschen.

Vielleicht sieht man die Rolle der Väter zu wenig. Weil wir in der Vergangenheit gelernt haben, dass die Väter abwesend waren, bemühte sich in den letzten 10, 15 Jahren die Gleichheits- und Genderpolitik, die Väter an ihre Verantwortung zu erinnern. Diese Verantwortung ist unabhängig davon, ob die Eltern in einer Beziehung zusammenleben oder getrennt sind.

Trennungen kommen immer öfter vor. Patchwork-Familien sind, zumindest in Mitteleuropa, heute eine normale Form der Familie. In Wien wird jede 2. Ehe geschieden, in Österreich jede 3. Die durchschnittliche Dauer einer Ehe ist 7 Jahre; es sind also Projekte auf Zeit.

Eltern eines Kindes jedoch ist man nie auf Zeit, sondern sein Leben lang, das muss allen klar sein. Es gilt, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass das Kind weder ein Spielball noch ein Pfand für die Streitigkeiten in einer Beziehung sein darf.

Die Gründe für das Ende einer Beziehung können unterschiedlich sein. Aber wir müssen Eltern befähigen, zu verstehen, dass sie ihre Trennung trotz des Schmerzes über das Scheitern dieses Projekts, das unter dem Titel Liebe begonnen hat, so gestalten müssen, dass für das Wohl des Kindes gesorgt ist. Hierfür gibt es mittlerweile viele Möglichkeiten von Mediation.

Ein gemeinsames Sorgerecht soll von unserer Gesetzgebung vorgesehen sein. Doch dieses darf nicht zum Damoklesschwert werden, das die Konflikte verlängert. Manchmal ist es auch wünschenswert, einem Elternteil das alleinige Sorgerecht zu geben. Die Justiz und unsere Gesellschaft müssen lernen, dass das nicht nur die Mutter, sondern auch der Vater sein kann.

Uns war wichtig, herauszuarbeiten, dass häusliche Gewalt verschiedene Formen haben kann. Es kann zu physischer, psychischer oder sexueller Gewalt kommen. Für das Heranwachsen eines Kindes ist das gesamte Klima in einer Familie zu betrachten. Auch wenn ein Mann z.B. gewalttätig gegenüber seiner Frau ist, dabei aber die Kinder verwöhnt, so ist dies schädlich für die Kinder.

Problematisch wird es, wenn ein Elternteil mit dem Kind den Kontinent verlässt. Damit müssen wir uns m.E. einmal getrennt beschäftigen. Wenn ein Elternteil, ob der Vater oder die Mutter, in die Türkei, den Iran, nach Tunesien, Bolivien oder Brasilien geht und das Kind mitnimmt, ist das oft eine furchtbare Tragödie. Das Kind hat ein Recht auf beide Eltern, unabhängig davon, aus welchem Kulturkreis sie kommen, wie tief der Ehekonflikt ist und was der Hintergrund dafür war. Das gilt es zu fördern.

Ich war selbst alleinerziehender Vater, weil die Mutter meines Kindes und ich damals gemeinsam entschieden, dass es besser für unser Kind sein würde, bei mir zu bleiben. Ich habe nie verstanden, dass die Menschen immer, wenn sie dies erfuhren, fragten: Was ist denn mit der Mutter los? Damals gab es in Österreich kein Gesetz für ein gemeinsames Sorgerecht, weshalb man das privat entscheiden musste.

Wenn der Vater das Sorgerecht erhält, geht die Gesellschaft immer gleich davon aus, dass bei der Mutter etwas nicht stimmt. Man könnte im Equality Committee schließlich auch umgekehrt die Frage stellen, was denn so seltsam an einem Mann sei, dass er nicht die Verantwortung für sein Kind übernimmt. Hier haben wir noch viel Erfahrung zu sammeln.

Wir bedanken uns sehr für diesen sehr wichtigen Bericht, für den wir zwei Amendments vorschlagen.

Andreas GROSS, Schweiz, SOC

(Dok. 13852)

Danke, Frau Präsidentin!

Auch ich möchte Herrn Schneider im Namen der Sozialdemokraten für diesen Bericht danken. Ich bin ihm sehr dankbar, dass er auf diesen Berichten insistiert, denn nur so können wir darüber nachdenken, wie wir diese neuen Wege gehen können, um dem Doping auf die Spur zu kommen bzw. es zu verhindern.

Wie der Berichterstatter unter § 3 seiner Erklärung feststellt, brauchen wir diese neuen Wege, die bedingen, dass wir den Fokus weiter öffnen, denn wir müssen mehr Handlungsmöglichkeiten bekommen.

Zwei Dinge möchte ich zur Diskussion stellen:

Einerseits, wie Herr Schneider in § 2 und 3 selbst feststellt, ist das Doping eine Degeneration des Sportes. Dass viele glauben, gar nicht mehr verlieren zu dürfen, entspricht einer Überschätzung des Gewinnens und des Rekordes. Sie sagen in Ihrem Bericht, der Grund dafür sei wohl das „Business“.

Doch vielleicht kommt noch etwas anderes dazu: Die Tatsache, dass wir fälschlicherweise das Gewinnen für die eigentliche Essenz des Sportes halten. Auch das ist eine Degeneration. Sportler, die zum Doping greifen, weil sie glauben, sie dürften nicht mehr verlieren, sind Opfer dieser Degeneration. Darüber müssen wir nachdenken.

Doch geht es nicht nur um Sportler, sondern die ganze Gesellschaft. Unter § 11 erwähnen Sie, dass die Experten eigentlich eine Dopingkultur haben. Sie sprechen von einer Verführung durch Doping als Lebenseigenheit. Hier ist der Sport wiederum nur Ausdruck der Gesellschaft, denn viele Menschen stehen bei der Arbeit und im Verhältnis zu anderen unter einem so großen Leistungsdruck, dass sie glauben, nur noch mit künstlichen Hilfsmitteln diesen Leistungserfordernissen entsprechen zu können.

Die Gesellschaft hat völlig vergessen, den Körper auch in seinen natürlichen Grenzen zu akzeptieren und die Menschen nicht zu zwingen, zu glauben, ständig über diese Grenzen hinausgehen zu müssen.

Es gibt zwei Gründe dafür, weshalb die Menschen zum Doping greifen:

Sie stehen z.T. so unter Druck, dass sie ihr tägliches Leben nur noch mit zusätzlicher chemischer Unterstützung aushalten. Darauf haben die Rolling Stones bereits in den 1960-er Jahren mit dem Song „Mother’s Little Helper“ hingewiesen.

Außerdem werden viele Menschen in ihrer Arbeitswelt so eingespannt und überfordert, dass sie es auch wiederum nur aushalten, indem sie chemische Substanzen nehmen.

In diesem Sinne ist das Doping im Sport nur die Spitze des Eisbergs in einer Gesellschaft, die auf den Menschen in seinen Grenzen keine Rücksicht mehr nimmt.

Wenn man diesen Zusammenhang herstellt, sieht man, wo man wirklich eingreifen muss, wenn man präventiv handeln möchte: Man muss diese Voraussetzungen in Frage stellen und die Menschen ermutigen, die Grenzen ihrer Körper zu akzeptieren und nicht künstlich erweitern zu wollen, was nicht erweitert werden kann. Es geht hier nicht mehr nur um die Gesundheit der Sportler – hier wird die Gesundheit der Menschen an sich in Frage gestellt.

Das müssen wir sehen, um dem Anspruch des Berichts, nämlich der Erweiterung der Suche und der Suche nach neuen Wegen der Prävention, gerecht zu werden.

Vielen Dank.