SITZUNGSPERIODE 2004

(2. Teil)

BERICHT
12. SITZUNG

Mittwoch, 28. April 2004, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE IN DEUTSCH


Christine MUTTONEN, Österreich, SOC

Danke, Herr Vorsitzender.

Ich möchte vorausschicken, dass der Kulturausschuss voll und ganz den Politischen Ausschuss in seinem Bericht über die Situation der Presse in Weißrussland unterstützt.

Die heutige Stellungnahme des Kulturausschusses basiert auf der Fülle des Materials, das ihm zur Verfügung stand, da der ursprüngliche Berichterstatter, Herr Baciu, der die Vertreter des Politischen Ausschusses im Dezember 2002 nach Weißrussland begleitet hat, nicht mehr Mitglied der Parlamentarischen Versammlung ist. Der Kulturausschuss hat seit Jahren wiederholt die systematische Verfolgung, Einschüchterung, Belästigung und Unterdrückung der Presse in Weißrussland verurteilt. Leider ist festzustellen, dass sich in den letzten Jahren nichts geändert hat und Weißrussland ein Land geblieben ist, in dem die Regierung gegen die Werte und Prinzipien des Europarates in Bezug auf die Medien und damit auch auf die Demokratie ständig verstößt. Es scheint nicht so sehr eine Frage des Nicht-Könnens zu sein als vielmehr des Nicht-Wollens. Unter den derzeitigen Machthabern bezweifeln wir daher die Wirksamkeit der Empfehlungen des Politischen Ausschusses, obwohl diese gerade für die Unterstützung derjenigen, die sich für Demokratie und Pressefreiheit einsetzen, sehr wichtig sind.

Die Bemühungen der Internationalen Gemeinschaft sollten daher in drei Richtungen gehen. Erstens müssen Wege und Geldmittel gefunden werden, die sicherstellen, dass die Menschen in Weißrussland soviel unabhängige Informationen wie nur möglich erhalten, sei es durch die gedruckten und elektronischen Medien oder durch das Internet. Zweitens muss es ein Maximum an Unterstützung für alle Journalisten und Journalistinnen, Richter und Richterinnen, politische Aktivisten und NGOs geben, die sich mit der Mediengesetzgebung auseinander setzen. Und natürlich ist es wichtig, dass alle internationalen Organisationen wie der Europarat, die OSZE, aber auch die UNO, die Situation in Weißrussland weiterhin beobachten und auch zum Ausdruck bringen, dass sie eine solche Beschränkung der Pressefreiheit, wie sie derzeit in Weißrussland stattfindet, nicht tolerieren können.

Ich möchte abschließend noch einmal festhalten, dass der Kulturausschuss immer vehement gegen jede Einschränkung der Pressefreiheit eingetreten ist und immer die Notwendigkeit betont hat, dass die Internationale Gemeinschaft jene Journalisten und Journalistinnen unterstützt, die ihre Arbeit und ihre Freiheit für einen unabhängigen Journalismus aufs Spiel setzen. Ich möchte Sie daher als Berichterstatterin des Kulturausschusses ersuchen, die Entschließung zu unterstützen und alles Erdenkliche zu unternehmen, damit die Demokratie und damit auch die Pressefreiheit in Weißrussland Fuß fassen können.

Danke.

Christine MUTTONEN, Österreich, SOC

Danke, Herr Vorsitzender.

Ich möchte mich dem Dank an die Abgeordneten für ihre Ausführungen anschließen.  Ich glaube, wir sind uns hier darüber einig, dass wir handeln müssen, und dass wir vor allem die Unterdrückung der Pressefreiheit aufs Schärfste verurteilen.

Danke.

Eduard LINTNER, Deutschland, EPP/CD

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,

Die Taten des Regimes und seines Präsidenten – das hat sich hier unisono so ergeben – verdienen die schärfste Verurteilung und Reaktion. Dies ist auch im Rechtsausschuss immer wieder von allen Rednern betont worden. Die Behandlung der Betroffenen kann nur als im höchsten Maße menschenverachtend und skrupellos bezeichnet werden. Wer so handelt, schließt sich selbst aus der Gemeinschaft der zivilisierten Staaten aus. Unsere Feststellungen dazu sind deshalb nur die unvermeidliche, das heißt zwingende Folgerung daraus. Das Regime hat die Brücken abgebrochen, nicht wir. Im Gegenteil: Unsere Berichterstatter und andere haben sich immer wieder vergeblich um Vermittlung und gute Beratung bemüht. Deshalb bleibt jetzt nur noch die Aufkündigung der Kontakte. Ich möchte jedoch betonen, dass dies den Ministerrat des Europarates nicht seiner Verpflichtung enthebt, jeden nur denkbaren Druck auf die Regierung und von Regierung zu Regierung auszuüben, um eine Änderung der Verhältnisse und der Verhaltensweisen des Regimes in Weißrussland zu erzwingen. Dass wir darüber hinaus natürlich weiterhin bemüht sind, all unsere noch vorhandenen Möglichkeiten die oppositionellen und die demokratischen Kräfte in Weißrussland zu unterstützen, wollen und werden wir nutzen. Dies sollte meines Erachtens in diesem Falle auch zu der möglichst einstimmigen Botschaft dieses hohen Hauses gehören.

Ich darf mich bei unserem Berichterstatter, Herrn Pourgourides, für seinen Einsatz, seine Geduld, aber auch für seinen klaren Kurs recht herzlich bedanken. Dies entspricht dem Geist des Europarats und der Bedeutung des Anliegens, über das wir jetzt abzustimmen haben.

Eduard LINTNER, Deutschland, EPP/CD

Dafür.

Eduard LINTNER, Deutschland, EPP/CD

Dagegen.

Christine MUTTONEN, Österreich, SOC

Selbst wenn die rechtliche Grundlage für die systematische Einschüchterung der Presse aufgehoben werden sollte, gibt es noch zahlreiche andere Repressalien, welche die Pressefreiheit in Weißrussland einschränken und die von der Regierung toleriert werden, sei es durch die Abhängigkeit von staatlich beeinflussten Druckereien oder Vertriebssystemen, oder sei es durch Übergriffe staatlicher Organisationen. Dies reicht von der Verkehrspolizei über die Feuerwehr bis hin zu den Finanzbehörden. Darauf wollen wir in diesem Änderungsantrag hinweisen.

Danke.

Christine MUTTONEN, Österreich, SOC

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,

Dieser zusätzliche Paragraf unterstreicht deutlich und mit Nachdruck, dass es unakzeptabel und verwerflich ist und in keiner Weise mit den Prinzipien der Demokratie übereinstimmt, dass Journalisten eingesperrt und zur Zwangsarbeit verurteilt werden, nur weil sie den Präsidenten oder andere Vertreter des Staates kritisiert haben. Es gibt leider zahlreiche Beispiele dafür. Zuletzt ist dies den Journalisten Markewitsch, Maschejka und Iwaschkewitsch widerfahren, aber auch dem Oppositionsführer Lebedko. Diese Vorgangsweise wollen wir in diesem Änderungsantrag aufs Schärfste verurteilen.

Danke.

Christine MUTTONEN, Österreich, SOC

Es geht hier um eine Änderung des ersten Teils des ersten Satzes, um diesen Satz klarer, genauer und präziser zu machen.

Danke.

Christine MUTTONEN, Österreich, SOC

Danke.

In diesem Änderungsantrag möchte ich auf das Versprechen des Informationsministers von Weißrussland hinweisen und an das öffentliche Bekenntnis erinnern, welches er bei einem Hearing im Januar 2001 hier im Europarat abgegeben hat. Weißrussland hat sich damals verpflichtet, eine Änderung des Mediengesetzes vorzunehmen und einen dementsprechenden Entwurf an den Europarat zu senden. Ein derartiger Entwurf ist bis heute nicht eingetroffen.

Danke.

Christine MUTTONEN, Österreich, SOC

Danke.

Wir wollen in diesem Änderungsantrag darauf hinweisen, dass es wichtig ist, über die Parlamentswahlen im Herbst 2004 hinaus eine nachhaltige und langfristige Entwicklung in Bezug auf die Pressefreiheit anzustreben. Es geht hier also darum, ein besseres allgemeines Verständnis für demokratische Standards im Bereich der Medien anzustreben sowie eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit gegenüber jeglicher Unterdrückung und Behinderung der Meinungs- und Pressefreiheit herbeizuführen.

Danke.

Christine MUTTONEN, Österreich, SOC

Danke.

Ich schlage vor, am Ende des Paragrafen 12.vi auf die Empfehlung 1641 betreffs public service broadcasting hinzuweisen. Darin werden die hohen Standards für den öffentlichen Rundfunk beschrieben. Das kann ein wichtiger und nützlicher Hinweis für Journalisten und Journalistinnen in Weißrussland sein, auf den sie sich beziehen können.

Christine MUTTONEN, Österreich, SOC

Es geht hier um die Hinzufügung eines neuen Unterparagrafen Nummer 3. Mit anderen Ländern, die selbst in der Vergangenheit staatlich kontrollierte Medien hatten, haben wir die Erfahrung gemacht, dass es sehr hilfreich war, verlässliche und ausgewogene Informationen vor allem von Nachbarländern zu empfangen. Im Falle von Weißrussland wissen wir, dass in Polen bereits eigene Programme für Weißrussland produziert werden. Wir wollen daher die Mitgliedsstaaten des Europarates auffordern, Rundfunk-, Druck- und Internetprogramme für Weißrussland anzubieten.

Danke.

Andreas GROSS, Schweiz, SOC

Danke, Herr Präsident.

Im Namen der sozialdemokratischen Fraktion möchte ich Folgendes festhalten: Niemals seit ihrer Gründung vor fast sechzig Jahren hatte die Welt eine starke, effektive und handlungsfähige UNO so nötig wie heute. Niemals ist bisher so deutlich geworden, dass die Welt nicht von einem einzigen Staat allein regiert werden kann, und seien es auch die in ihrer Geschichte höchst bewundernswerten Vereinigten Staaten. Seit der Gründung ist allerdings auch nie so deutlich und augenfällig geworden, dass die sechzig Jahre alten Strukturen der UNO es ihr heute unmöglich machen, die Erwartungen, die die Menschen in sie setzen, zu deren Wohl zu entfalten. Aus diesem Grunde müssen meiner bzw. unserer Meinung nach heute alle diejenigen, die für eine Stärkung der UNO sind, für ihre Reform eintreten. Ich möchte Frau Zulueta dafür danken, dass sie dies in ihrem Bericht so deutlich gemacht hat, ebenso wie für die Anträge auf Verbesserung dieses Berichts. Ich möchte Sie bitten, in diesem Sinne die Änderungsanträge zu unterstützen.

Ich glaube, es ist sehr wichtig, einen Schritt zurückzutreten und das Ganze zu betrachten. Institutionen sind immer Ausdruck vergangener Wirklichkeiten, Verdinglichung vergangener Entwicklungen. Es gibt immer eine Diskrepanz zwischen der Entwicklung der Institution und der Entwicklung der Gesellschaft. In diesem Sinne sind heute Millionen von Menschen von Ungleichheiten betroffen, indem zum Beispiel das Kapital, der Markt, die Wirtschaft, die Medien und die Kulturindustrie global organisiert sind, das Recht und die Demokratie aber auf nationaler Ebene zurückgeblieben sind, mit Ausnahme der Europäischen Union. So vermag heute das Recht oder die Demokratie die Macht nicht mehr zu zähmen, auch nicht mehr einzuhegen, und den Markt so zu zivilisieren, dass er die sozialen und ökologischen Bedürfnisse der Menschen respektiert. Doch genau zu diesem Zweck wurde die UNO gegründet. Dass sich die Institutionen nicht von sich aus reformieren können, ist die Konsequenz aus der fehlenden Demokratie. Perikles hat vor 2 500 Jahren schon gesagt, dass die Demokratie uns zur Diskussion zwingt. Die Diskussion ist die Voraussetzung für eine weise Entscheidung. Vor fünfzig Jahren wiederum hat ein amerikanischer Professor gesagt: „Wer zuviel Macht hat, hat das zweifelhafte Privileg, nicht lernen zu müssen.“ Deshalb kann an der UNO heute nicht genug gelernt werden, weil zu wenige zuviel Macht haben und sich deshalb dieses Privilegs bedienen, die notwendigen Lernprozesse, die zu einer institutionellen Entwicklung führen sollten, nicht voran zu treiben.

Dass die UNO wieder zu einem Ort des Lernens werden kann, dass wir sie veranlassen können, trotz der Beschränkungen sich auch institutionell wieder auf die Höhe der Weltwirtschaft hin zu entwickeln, dazu bedarf es verstärkter Diskussion und Parlamente, denn wir sind diejenigen, die – weniger als Diplomaten – auf eigene Interessen schauen, sondern versuchen, mithilfe der Diskussion das globale Interesse herauszufinden. Wenn vor sechzig Jahren die Europäer den Mut hatten, uns, eine parlamentarische Versammlung über alle Nationen hinweg, zu schaffen, dann sollten wir heute den Mut haben, uns für die Welt ein solches Parlament vorzustellen – nicht direkt von nationalen Parlamenten gewählt, sondern bestehend aus Abgeordneten regionaler Parlamente, wie wir es sind. Das ist möglich, realistisch und notwendig. Nur so können wir die UNO veranlassen, sich so zu reformieren, wie es der Bericht vorschlägt.

Vielen Dank.

Der Präsident

Herzlichen Dank.