SITZUNGSPERIODE 2005

(4. Teil)

BERICHT

25. SITZUNG

 

Montag, 03. Oktober 2005, 15.00 Uhr

REDEBEITR�GE IN DEUTSCH


Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC

Herr Vorsitzender,

Der Kulturausschuss hat den Entwurf f�r diese Konvention noch nicht einmal zur Kenntnis nehmen k�nnen, und ich halte es f�r eine �bereilte, nicht zu verantwortende Vorgehensweise, wenn wir diese Konvention jetzt schon im Plenum diskutieren.

Ich bitte deshalb, diesen Tagesordnungspunkt vom Plenum zu streichen und ihn zun�chst an den Kulturausschuss zu verweisen. Es ist eine so schwerwiegende Konvention, die zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen f�hren m�sste, und ich wei�, dass diese Konvention in vielen Mitgliedstaaten sehr umstritten ist.

Es w�re daher keine faire Vorgehensweise, den Abgeordneten dieses Hauses die M�glichkeit zu nehmen, erstens die Konvention in Ruhe zu studieren, zweitens im Ausschuss f�r Kultur in Fachkreisen zu diskutieren, und drittens auch mit ihren jeweiligen Regierungen R�cksprache zu nehmen, um hier vern�nftige Entschl�sse fassen zu k�nnen. Ich bitte daher, diesen Tagesordnungspunkt nicht aufzunehmen

Pr�sident

Herr Wodarg, sie sprechen sich dagegen aus.

Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC

Ich kann verstehen, dass unter portugiesischer Pr�sidentschaft noch ein Ergebnis abgeliefert werden soll. Aber dieses Ergebnis muss auch gut sein. Deshalb appelliere ich noch einmal an diese Versammlung; sich die Zeit zu nehmen, sich diese Konvention gr�ndlich anzusehen, und sich Gedanken �ber die Konsequenzen, die sie f�r die Gesetzgeber in den Nationalstaaten haben wird, zu machen.

�berall sprechen wir vom Abbau vom Verwaltungsaufwand � hier wird zum Beispiel eine Kulturvertr�glichkeitspr�fung bei jedem Bauvorhaben gefordert. Was dies im Einzelnen bedeutet m�ssen wir uns genau ansehen.

Ich bin auch daf�r, dass wir das kulturelle Erbe f�rdern, allerdings haben wir bereits viele Regeln die dieses gew�hrleisten. Die Frage, ob eine solche Konvention damals in Serbien, als Kulturdenkm�ler geschliffen und besch�digt wurden, geholfen h�tte, bleibt offen.

Ich bitte also erneut, dieses Thema diese Woche noch nicht in der Versammlung zu behandeln, sondern zun�chst im Ausschuss zu diskutieren;

Pr�sident

Dankesch�n.

Rudolf BINDIG, Deutschland, SOC

Herr Pr�sident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Bericht von Herrn Christos Pourgourides greift ein zentrales Thema der Menschenrechtspolitik auf.

Das verschwinden lassen geh�rt zu den schwersten Menschenrechtsverletzungen �berhaupt, und mit Mord und Folter gleichzusetzen. Oftmals sind diese Vergehen miteinander verbunden. Menschen verschwinden, sie werden gefoltert, ermordet, man h�rt nichts mehr von ihnen, und irgendwann findet man ihre Leichen in einem Massengrab.

Verschwinden lassen ist von besonderer Heimt�cke: Der Staat, der die Verpflichtung hat, die Rechte zu sch�tzen, tut genau das Gegenteil: Er verletzt die Menschenrechte, er wird zum M�rder -  und zwar direkt oder indirekt durch Gew�hren lassen irgendwelcher Gruppierungen.

Wir haben gedacht, dies sei in den letzten Jahren vorwiegend in den lateinamerikanischen Milit�rdiktaturen vorgekommen, doch m�ssen wir feststellen, wenn wir genauer hinsehen, dass Verschwinden lassen in erheblichem Umfang auch auf dem europ�ischen Kontinent stattfindet.

Herr Pourgourides hat in seinem erl�uternden Memorandum den Ursprung dieses Verbrechens dargelegt und F�lle im jetzigen Gebiet des Europarates aufgez�hlt:

Mehr als 2000 F�lle in Zypern, griechische und t�rkische Zyprioten. Etliche F�lle in der T�rkei bei Auseinandersetzungen mit kurdischen Sezessionisten, F�lle in Wei�russland und in der Ukraine. Rund 5000 vermisste Personen im Zusammenhang mit dem Nagorno-Karabach-Konflikt.

Ich selbst habe im letzten Jahr hier einen Bericht �ber die Menschenrechtslage in Tschetschenien vorgelegt. Ich konnte dokumentieren, dass es im Jahr 2004 415 F�lle von Entf�hrungen und Verschwinden lassen gegeben hat sowie 52 dokumentierte Entf�hrungen von verschiedenen Akteuren innerhalb der ersten drei Monate im Jahre 2005.

Das dort herrschende Klima der Straflosigkeit ist das Kern�bel, welches immer neue F�lle von Verschwinden lassen erzeugt. Zudem ist die Bev�lkerung, sind die Verwandten der Opfer so eingesch�chtert, dass sie sich oftmals gar nicht trauen, sich an die offiziellen Beh�rden zu wenden oder sich gar Menschenrechts-Monitoren zu offenbaren, weil sie f�rchten, selbst Opfer eines weiteren Verbrechens des verschwinden lassens werden. Selbst Verwandte von Opfern des Verschwinden lassens sind erneut verfolgt und entf�hrt worden, wenn sie solche F�lle vor den Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte bringen wollten.

Es muss uns doch alle aufr�tteln, dass im aktuellen Gebiet der Mitgliedstaaten des Europarates noch so schwere F�lle in solch hoher Zahl vorkommen, und zwar bis in die Gegenwart hinein, und das zeigt mir, wie dringend notwendig hier verst�rktes T�tig werden ist.

Um diese Verbrechen einzud�mmen, hat man auf der UN-Ebene begonnen, eine Konvention gegen das Verschwinden lassen zu schaffen. Wir k�nnen nur hoffen, dass es bald gelingt, hier einen akzeptablen Text zu verabschieden. Die Entw�rfe geben Anlass zur Hoffnung, doch d�rfen sie nicht wieder aufgeweicht werden. Wichtig ist vor allem, dass ein leistungsf�higer �berpr�fungsmechanismus geschaffen wird, damit man eine Handhabe hat, um gegen die T�ter vorzugehen und wirksame Sanktionen und Strafm�glichkeiten zu schaffen.

Ein zentrales Register aller H�ftlinge ist hier ein wichtiger Punkt - die datenrechtlichen Fragen m�ssen sich doch l�sen lassen! Solange kein Mechanismus da ist, meine ich in der Tat, dass wir hier in der Versammlung mit Berichterstattung einzelnen F�llen nachgehen; wir sollten sie dokumentieren.

Ich m�chte Herrn Pourgourides ermuntern, bei dieser Aufgabe dabei zu bleiben, sich intensiv um Einzelf�lle zu bem�hen, die Dokumente zu studieren und auch zu analysieren, ob der UN-Mechanismus, wenn er denn verabschiedet wird, ausreicht, oder ob wir hier im Europarat neue, erg�nzende Instrumente schaffen m�ssen.

Herr Pr�sident, vorhin hat ein Redner hier seine erste Rede gehalten � f�r mich d�rfte es nach siebzehn Jahren Mitgliedschaft in dieser Versammlung wohl die letzte Rede gewesen sein.

Ich bedanke mich f�r die Aufmerksamkeit.

Pr�sident

Danke, Herr Bindig.