SITZUNGSPERIODE 2005 |
(4. Teil) |
BERICHT
29. SITZUNG
Mittwoch, 5. Oktober 2005, 15.00 Uhr
REDEBEITR�GE IN DEUTSCH
Klaus Werner JONAS, Deutschland, SOC
Frau Pr�sidentin!
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
lassen Sie mich als erstes Herrn Vrettos und auch dem Sekretariat f�r diesen sehr umfangreichen und sehr gewissenhaften Bericht danken. Ich wei� aus eigener Erfahrung, wie notwendig die Unterst�tzung des Sekretariats gerade bei der Erstellung des Berichtes ist.
Es ist hier sehr vieles gesagt worden, was ich unterst�tzen kann � ich m�chte nicht alles wiederholen; deshalb werde ich mich in Zeit und Inhalt stark beschr�nken.
Als die OECD 1961 gegr�ndet wurde, wirkte in Deutschland der Marschallplan.
Es war f�r uns eine sehr wichtige und wirtschaftlich nachhaltige Situation, und wir haben danach eine lange Zeit des Wachstums erlebt. Ich glaube jedoch, dass die Politik einen grundlegenden Fehler macht, der sich durch alle Zeiten zieht, und wenn ich die aktuelle Politik in Deutschland betrachte, stelle ich es dort auch wieder fest:
Man ruht sich auf diesem Polster zu sehr aus. Es gibt einen Wachstumsglauben, einen Glauben an ewiges Wachstum, das es jedoch so nicht geben wird, denn irgendwo gibt es Grenzen.
Ich glaube weiterhin, dass auch die Entwicklung des �lpreis, der nat�rlich im Moment durch die Wirbelst�rme beeintr�chtigt wurde � wobei die Steigerung viel fr�her begann, n�mlich sowohl vor dem Hintergrund des Irak-Krieges als auch vor dem des steigenden Energiebedarfs in der Welt, insbesondere in China und Indien, um nur ein Beispiel zu nennen � zeigt, wie anf�llig wir sind. Derartige St�rungen, die irgendwo in der Welt passieren, sp�ren wir in Europa sehr genau.
In dieser globalisierten Welt nun hat die OECD eine gro�e Verantwortung.
Die OECD wurde vor dem Hintergrund gegr�ndet, dass durch den Dialog der L�nder die wirtschaftliche Entwicklung weltweit stabil vorangetrieben wird, und zwar zun�chst in den Mitgliedsl�ndern selbst, jedoch auch in den Nicht-Mitgliedsl�ndern.
Diese Aufgabe hat die OECD in der Vergangenheit wahrgenommen, und um zwischen Mitgliedsl�ndern und Nicht-Mitgliedsl�ndern ausgleichen zu k�nnen, wird diese Rolle immer bedeutender. Die OECD hat sich in der Vergangenheit dieser Herausforderung gestellt, und ich bin sicher, dass sie das auch in Zukunft tun wird. Denn nur, wenn wir es schaffen, eine ausgeglichenen Politik voran zu treiben � und ich f�ge ganz deutlich hinzu: auch unter Verzicht seitens der Industrienationen � k�nnen wir eine nachhaltige, positive Entwicklung f�r die Menschen erzielen.
Denn um die Menschen geht es doch in erster Linie, nicht um Wirtschaft oder Gewinne.
Es geht nicht darum, kapitaltr�chtig zu arbeiten, sondern es geht darum, dass die Menschen in unseren L�ndern sich positiv entwickeln k�nnen. Wir haben von mehreren Berichterstattern geh�rt, wie es teilweise in den L�ndern aussieht. Ich wei� es selbst, und auch Mr. Jones hat darauf hingewiesen, dass man in einem Land mit hohem Wirtschaftswachstum sagt: �Es geht uns gut� - trotz mangelnder Arbeitspl�tze, mangelnder Energie- und Gesundheitsversorgung, trotz schlechter Wasserqualit�t � dieser Widerspruch besteht in der Welt, und es geht um die Menschen, f�r die wir uns hier einsetzen m�ssen.
Seitens der Bundesrepublik Deutschland setzen wir uns sehr stark daf�r ein, dass die OECD diese Aufgabe auch in Zukunft wahrnimmt, sogar in verst�rktem Ma�e wahrnehmen kann, denn ich glaube, Einrichtungen wie die OECD sind heute wichtiger denn je.
F�r diese Aufgabe m�chte ich der OECD alles Gute w�nschen und mich abschlie�end noch einmal f�r den hochinteressanten Bericht mit vielen hochinteressanten Hinweisen beim Berichterstatter bedanken.
Rosmarie ZAPFL‑HELBLING, Schweiz, EPP/CD, PPE/DC
Herr Pr�sident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Bericht �ber die Zwangsverheiratungen ist ein wichtiger Bericht, wie alle unsere Berichte. Zwangsverheiratungen sind eine massive Verletzung der Menschenrechte, werden jedoch leider oft nicht als solche wahrgenommen.
Eine Arbeitsgruppe der UN zu zeitgen�ssischen Formen der Sklaverei hat im Jahre 2001 Zwangsverheiratungen als moderne Form der Sklaverei bezeichnet. Erzwungene Heiraten sind eine Form h�uslicher Gewalt und sexueller Ausbeutung. Es sind vor allem Frauen und M�dchen davon betroffen, jedoch auch Jungen � davon wird �brigens viel zu wenig gesprochen.
Eine Untersuchung des T�rkischen Bundes in Berlin kommt zu dem Schluss, dass die H�lfte aller in Deutschland geschlossenen Migrantenehen als Zwangsverheiratungen anzusehen sind. Im Jahre 2002 wurden allein in Berlin 230 und in Stuttgart 120 F�lle von Zwangsverheiratungen von Kindern dokumentiert. In den vergangenen Jahren wurden immer mehr F�lle von schweren �bertretungen der fundamentalen Rechte junger Frauen bekannt, weil sie in eine von ihren Eltern arrangierte Heirat gezwungen wurden. Sie haben diese Ehe abgelehnt, gerieten in Konflikt mit der Familie, einige von ihnen wurden schwer, ja, sogar t�dlich verletzt, und das zumeist von Familienangeh�rigen.
Dieses Problem betrifft junge Emigrantinnen und Emigranten, jedoch auch Kinder aus Zweitgenerationen, die in unseren L�ndern geboren wurden und hier zur Schule gegangen sind.
Sie geraten dadurch oft in einen kaum zu durchbrechenden Kreislauf von Armut und Abh�ngigkeit. Es ist keine Seltenheit, dass bereits 12- bis 13j�hrige M�dchen von ihren Eltern mit einem Mann in ihrem ehemaligen Heimatland verheiratet werden. Hat das M�dchen dann das offizielle Heiratsalter erreicht, heiratet es den Mann im Aufnahmeland, und dies ist dann wieder g�ltig. In der Zwischenzeit lebt das M�dchen bereits als verheiratete Frau, bricht oft seinen Schulbesuch ab, lernt die Sprache des Aufnahmelandes deshalb auch nicht mehr und ger�t dadurch in immer gr��ere Isolation. Da meist die sexuelle Aufkl�rung fehlt und vor allem keine Verh�tungsmittel zur Verf�gung stehen, f�hrt dies in vielen F�llen zu komplizierten Schwangerschaften dieser jungen M�dchen. Das Risiko, dass solche M�dchen von den ihnen aufgezwungenen M�nnern auch noch sexuell missbraucht werden, ist gro�.
Die Betroffenen suchen jedoch selten Hilfe, und zwar aus den unterschiedlichsten Gr�nden; deshalb ist auch die Dunkelziffer sehr hoch. Sie sehen oft den einzigen Ausweg aus der ihnen aussichtslos erscheinenden Lage im Suizid.
Bei unserer Kommissionssitzung in Antwerpen konnten betroffene junge Frauen ihre pers�nlichen Erfahrungen und Leidenszeiten schildern. Es war sehr eindr�cklich, sie sind nach Jahren noch von ihren Erlebnissen traumatisiert.
Ich hatte auch die Gelegenheit, in Paris an einem Seminar teilzunehmen, und diese internationale Tagung zum Thema Zwangsheiraten hat mich tief beeindruckt. Es wurde nun auch ein Bericht herausgegeben, der wirklich lesenswert ist � es geht hierbei um die Situation in Frankreich, nicht irgendwo.
Es ist emp�rend, dass es Beh�rden gibt, die unter dem Titel Kultur und Tradition Zwangsheiraten und Kinderehen tolerieren, obwohl diese die grundlegenden Rechte eines jeden Opfers verletzen.
Meiner Meinung nach gibt es absolut keine Rechtfertigung f�r eine Zwangsheirat, und in meinem Bericht weise ich auf die Auswirkungen einer solchen Heirat hin: Das k�rperliche wie auch das seelische Wohlbefinden dieser jungen Menschen leidet sehr darunter.
Es ist auch nicht zu verstehen, dass es nationale Gesetze gibt, die die Verheiratung von minderj�hrigen M�dchen gestatten. Mit meinem Bericht fordere ich die Mitgliedstaaten auf, gesetzliche Ma�nahmen zu ergreifen, um solche Kinder-Ehen zu verbieten. Es muss ein Mindestalter von 18 Jahren f�r eine Verheiratung festgelegt werden, und zwar in allen L�ndern.
Diese Gesetze sind nicht in den Asylgesetzen zu verankern, sondern im Strafgesetzbuch. Der Tatbestand der Zwangsverheiratung muss als separater Straftatbestand im Strafgesetzbuch verankert sein. Dar�ber hinaus muss auch die Beihilfe zum Zustandekommen einer solchen Zwangsheirat bestraft werden k�nnen. In der Schweiz hat mir der zust�ndige Justizminister versprochen, dass dieses Gesetz demn�chst vorgelegt wird. Er will alles tun, um auf diesem Weg die schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte gesetzlich zu ahnden.
Ein ebenso wichtiges Anliegen ist nat�rlich auch die Pr�vention. In den Schulen muss mehr Aufkl�rungsarbeit betrieben werden; die jungen M�dchen m�ssen wissen, wo und welche Hilfe sie bekommen k�nnen, die Verb�nde und Nichtregierungs-Organisationen, die Soforthilfe anbieten, die M�dchen beraten, versorgen und unterbringen, wenn diese bedroht werden, m�ssen finanziell unterst�tzt werden. Sie k�nnen nicht mit ihrem Anliegen an die �ffentlichkeit herantreten, was f�r solche Organisationen ein gro�es Problem darstellt, denn die Opfer, die bei ihnen Unterkunft gefunden haben, sind stark gef�hrdet. Sie d�rfen nicht einmal ihre Adressen ver�ffentlichen.
Ich erlebe allerdings immer wieder, dass Lehrerinnen und Lehrer, an die sich die M�dchen wenden, diesen helfen, den ersten Schritt zu tun und mit ihnen zusammen diese Organisationen aufsuchen.
Um Zwangsheiraten in Zukunft entgegenwirken zu k�nnen, ist es wichtig, den Betroffenen einerseits Schutz und Beratung in Kriseneinrichtungen und Frauenh�usern zu gew�hren, andererseits muss das Bewusstsein f�r dieses Thema auf Gemeindeebene geweckt werden � dort, wo die Menschen wohnen, dort, wo diese Menschen zuhause sind, dort, wo auch die Eltern zuhause sind. Es muss thematisiert und explizit verurteilt werden, und ich hoffe, dass unsere heutige Diskussion ebenfalls dazu beitr�gt. Nur so k�nnen wir bewirken, dass nicht noch weiterhin vielen jungen Menschen das Recht auf ein freies und Selbstbestimmtes Leben verwehrt wird.
Ich danke Ihnen.
Marlene RUPPRECHT, Deutschland, SOC
Kulturelle und religi�se Toleranz endet dort wo Menschenrechte verletzt werden. Herr Pr�sident, Kolleginnen und Kollegen!
Wenn eine Institution wie der Europarat es toleriert, dass in seinen Mitgliedsstaaten Zwangsverheiratungen und Verheiratungen von Kindern stattfinden, wenn er nichts dagegen unternimmt, dann macht er sich mitschuldig an der Verletzung der Menschenrechte. Unsere heutige Debatte setzt dagegen ein deutliches Zeichen, und deshalb begr��t die sozialistische Fraktion den kritischen, und f�r zivilisierte L�nder sehr schmerzhaften Bericht von Frau Zapfl-Helbling �ber Zwangs- und Kinderverheiratungen. Wir begr��en ebenfalls die Empfehlung im Schlussantrag.
Wir haben bereits geh�rt, dass das Ph�nomen der Zwangs- und Kinderverheiratung sehr h�ufig in Migrantenfamilien und Gemeinden vorkommt. Aber nicht nur dort!
Wir haben vorhin von der Studie in Deutschland geh�rt, wo jede zweite Frau den Partner, man sollte eher von �Nicht-Partner� sprechen, als Ehemann ausgesucht bekam, und jede vierte Frau sagte in der Studie des Ministeriums, dass sie ihren Partner vor der Hochzeit nicht kannte.
Ich m�chte auch jenen, die Studien als zu trocken empfinden, das Buch �Die fremde Braut� von Frau K�llek, einer Migrantenfrau, oder den Film �40 Quadratmeter Deutschland� eines bekannten t�rkischen Regisseurs �ber das Leben einer nach Deutschland gebrachten und Zwangsverheirateten Frau empfehlen.
Wer also Tatsachen zul�sst, weil er glaubt, dass Religion und Kultur von Migranten in jedem Fall zu tolerieren seien, der ignoriert die Verletzung von Menschen- und Kinderrechten. Er verhindert damit aber auch die Integration von Migrantinnen und Migranten und f�rdert das Entstehen von Parallelgesellschaften. Die Grundlage jeglichen Handelns, sowie der Bewertung von Handlungen m�ssen die Menschen- und Kinderrechte sein, die wir ja auch beschlossen haben.
Die Vereinten Nationen haben die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet, das am meisten ratifizierte Dokument, in dem festgelegt und mit allen Staaten abgesprochen ist, dass sich das Kinderalter bis zum 18. Lebensjahr erstreckt.
Deshalb k�nnen wir diese Tatsache auch nachher bei den �nderungsvorschl�gen nicht aufweichen, indem wir sagen, dass man eventuell auch schon im Alter von 16 Jahren heiraten kann. Wir wollen, dass die UN-Kinderrechtskonvention als Basis f�r diese Entscheidung gilt. Wir begr��en daher auch die Ma�nahmen die im rechtlichen Bereich vorgeschlagen werden, dass man das nationale Straf- und Zivilrecht daraufhin �berpr�ft, ob es unserem Wunsch entspricht, Zwangs- und Kinderverheiratungen zu verhindern.
Wir begr��en die zwingend notwendigen Aufkl�rungskampagnen in Schulen, aber auch dort wo es zu beurteilen gilt ob es sich um Zwangs- oder Kinderverheiratungen handelt, n�mlich bei der Polizei, im Gericht, in Schulen, in Beratungsstellen. Man muss n�mlich ein Auge f�r die jeweilige Situation bekommen. Wir w�nschen uns den Ausbau von Hilfsangeboten f�r Opfer � dies ist ein heikles Thema. Ich mache seit 15 Jahren Frauenhausarbeit und habe Frauen erlebt, die teilweise bis zur Pers�nlichkeitsspaltung traumatisiert sind, �brigens oft durch Zwangsehen. Ein tragischer Fall ist der einer indischen Frau, die in England aufwuchs und dann nach Deutschland verheiratet wurde. Es kommt also auch hier vor.
Wir freuen uns nat�rlich auch, wenn aufgekl�rte Menschen aus Migrantengemeinden mit in die Arbeit einbezogen werden sollen. Auch sie tragen mit die Verantwortung daf�r, dass wir gemeinsam als W�chter �ber die Rechte von Frauen; Kindern und Jugendlichen fungieren, dass wir gemeinsam Verantwortung tragen, und nicht in unserem elit�ren Denken, aufgekl�rte und liberale Menschen zu sein, �ber Menschenrechtsverletzungen hinwegsehen.
Das w�nsche ich mir, und wenn wir dies hier heute verabschieden, dann halte ich es f�r einen Schritt in die richtige Richtung.
Vielen Dank.
Gisela WURM, �sterreich, SOC
Sehr geehrter Herr Pr�sident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Erlauben sie mir eingangs einen Appell an meine Kolleginnen und Kollegen im deutschen Sprachraum zu richten, den Begriff �Forced marriages� nicht mit �Zwangsheirat�, sonder mit �Zwangsverheiratung� zu �bersetzen. Die Wendung des Begriffes vom Aktiven ins Passive kommt n�mlich der Tatsache n�her, dass diese Frauen in Wahrheit verheiratet werden.
Das Thema Zwangsverheiratung trat in den letzten Monaten immer mehr in den �ffentlichen Diskurs. Kollegin Zapfl-Helbling ist sehr zu danken f�r ihren hervorragenden Bericht, der uns die M�glichkeit gibt, diese besondere Form der Gewalt an Frauen hier in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates umfassend zu diskutieren.
Zwangsverheiratungen gibt es � zum Teil durch Einwandererfamilien � in allen Mitgliedsl�ndern des Europarates, auch in �sterreich. Auch mir ist dieses Thema ein gro�es Anliegen, aber immer wieder, wenn man sich mit diesem Thema befasst, st��t man schnell an Grenzen.
Es existieren keine genauen Daten �ber das Ausma� von Zwangsverheiratungen. Dass das Thema bislang so tabuisiert wurde, liegt besonders am mangelnden Bewusstsein jener, die meinen, es handle sich bei Zwangsverheiratung um fremde kulturelle �Br�uche�, denen wir mit Toleranz begegnen sollten. Sie nehmen eine kulturrelativistische Haltung ein, die in Wahrheit aber nur eine Toleranz gegen�ber den T�tern darstellt. Es ist vielen offenbar nicht bewusst, dass es sich hier um Gewalt gegen Frauen und M�dchen, oft auch gegen Jungen, handelt.
Dass sich dieses Problem quasi in einer Schattenwelt abspielt; zeigt die sp�rliche Datenlage in Europa. Ausser den im Bericht genannten Zahlen aus Frankreich, wo 70.000 Frauen betroffen sein sollen, haben wir nicht viel vorzuweisen. Die �sterreichischen NGOs sch�tzen, dass jede vierte junge Frau aus Einwandererfamilien zumindest von der Gefahr, zwangsverheiratet zu werden, betroffen ist.
Dann h�ngt es vom Mut der sogar oft mit Mord bedrohten jungen Frauen ab, ob sie bei einer der sp�rlich vorhandenen Beratungseinrichtungen Unterst�tzung suchen, sofern sie von dieser M�glichkeit �berhaupt wissen.
Gem�� der vorliegenden Empfehlung bedarf es zun�chst einer umfassenden Analyse des Ausma�es von Zwangsverheiratung in den Mitgliedsstaaten, um in weiterer Folge den Bedarf an Schutzh�usern, sowohl an Frauenh�usern wie auch an Weglauf-H�usern f�r M�dchen festzustellen, und diese bedarfsgerecht zu errichten!
Das Hauptmotiv f�r die Zwangsverheiratung von T�chtern ist zumeist die Rettung einer zweifelhaften Familienehre. Die T�chter gelten in solchen Familien oft von Geburt an als Gefahr f�r einen merkw�rdig verstandenen Familienstolz. Den M�dchen wird von der Familie ein Mann � oft aus der eigenen Verwandtschaft � bestimmt, und die Heirat mit einem anderen Mann k�me der Entehrung der Familie gleich. Dieser permanent drohenden Gefahr der Ehrverletzung der Familie durch die eigene Tochter m�sse so fr�h wie m�glich mit der Zwangsverheiratung der Tochter entgegengesteuert werden, bevor sich diese in einen anderen Mann � wom�glich aus einem anderen Kulturkreis oder aus einem anderen Glauben verlieben k�nnte. Die Beraterin einer NGO formulierte schonungslos, dass �die Eltern ihre T�chter zur Aufrechterhaltung ihrer eigenen Ehre opfern�.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, diesem patriarchal-traditionellen Weltbild, in dem T�chter blo� als lebendige Gefahr einer zweifelhaften Familienehre definiert werden, m�ssen wir entschieden entgegentreten.
Erstens, f�r Pr�ventionskampagnen und Bewusstseinsbildende Ma�nahmen an Schulen. Zweitens, f�r Schutzr�ume f�r diese von ihren Angeh�rigen terrorisierten, gen�tigten und missbrauchten T�chter, S�hne und Frauen. In �sterreich sind zum Beispiel die Kapazit�ten der Frauenh�user bei weitem nicht ausreichend, es gibt nicht ein einziges Weglauf-Haus f�r M�dchen, die vor h�uslicher Gewalt fliehen m�ssen, geschweige denn f�r M�dchen von Familien nicht-�sterreichischer Herkunft mit einem kulturspezifischen Konzept.
Dar�ber hinaus bedarf es der Sensibilisierung aller Systempartner, der JugendamtsmitarbeiterInnen, FamilienrichterInnen und SozialarbeiterInnen, bevorzugt durch die Expertinnen der NGOs selbst � sofern es �berhaupt auf Zwangsverheiratungen spezialisierte NGOs gibt.
Au�erdem bedarf es der Erweiterung des Strafrechtskataloges, um diese strafrechtlich relevanten Tatbest�nde in diesem Katalog zu verankern.
In diesem Sinne bitte ich sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen um Annahme dieser Entschlie�ung. Ich danke f�r ihre Aufmerksamkeit!
Ali Riza G�LCICEK, T�rkei, SOC
Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Sehr geehrte Kollegen,
vor allem m�chte ich der Berichterstatterin, Frau Zapfl-Helbling, f�r ihren fundierten und detaillierten Beitrag danken. In erzwungenen Ehen wie auch in Kinder-Ehen wird besonders der Frau die Chance auf Arbeit genommen. In Ehen, die in fr�hen Jahren geschlossen werden, kommt es auch oft zu h�uslicher Gewalt. Aus diesem Grunde findet die T�rkei es besonders wichtig, Recherchen auf diesem Gebiet durchzuf�hren.
Im Bericht wird erw�hnt, dass in der T�rkei viele Ehen der oben genannten Art geschlossen werden. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass dies nicht in ein falsches Licht ger�ckt wird.
In der T�rkei werden � wie in manchen Regionen Europas � trotz aller Rechtsma�nahmen � solche Ehen aus religi�sen Gr�nden geschlossen.
Erzwungene Ehen versto�en nicht nur gegen die Grundrechte der Frauen, sondern bedeuten auch Gewalt gegen Frauen. Die T�rkei hat dieses Thema in ihren nationalen Bestimmungen und in zahlreichen internationalen Organisationen, der sie angeh�rt, mit festgelegt.
Deshalb m�chte ich betonen, dass in der T�rkei das offizielle Alter f�r Eheschlie�ungen bei 18 Jahren liegt. Die T�rkei hat 1985 das Abkommen der Vereinten Nationen gegen jede Art der Diskriminierung gegen�ber Frauen � CEDAW � unterschrieben, welches 1986 in Kraft gesetzt wurde.
Die T�rkei hat auch die 1995 abgehaltene Weltfrauenkonferenz anerkannt. Au�erdem wurde das Kinderrecht-Abkommen vom 04. April 1985 von meinem Land unterschrieben.
In den Berichten �ber erzwungene Ehen, Kinder-Ehen und Gewalt gegen Frauen hat sich die t�rkische Gesetzgebung stark entwickelt. Das in der T�rkei im Jahre 1988 in Kraft getretene Familiengesetz ist eins der Beispiele. Das T�rkische B�rgerliche Gesetzbuch sowie das Strafgesetzbuch wurden jeweils eingehend gepr�ft. Das t�rkische B�rgerliche Recht, das seit dem 04. Oktober 1926 G�ltigkeit hatte, wurde am 30. Januar 2002 zum neuen B�rgerlichen Gesetzbuch ausgearbeitet und trat am 01. Juni 2005 in Kraft.
Nach dem neuen B�rgerlichen Gesetz kann gegen Ehen, in denen Gewalt angewendet wird, allein aufgrund von Anzeigen Dritter rechtliche Verfahren eingeleitet werden.
Es ist also nicht unbedingt notwendig, dass die betroffene Person Anzeige erstattet.
Auch das Thema Ehren-Morde ist nicht unber�hrt geblieben.
Die rechtlichen Ma�nahmen wurden verst�rkt, au�erdem wurden Frauenh�user er�ffnet. Eheschlie�ungen im Kindesalter h�ngen auch mit der Bildung der Eltern zusammen.
Je h�her das Bildungsniveau und das Einkommen einer Familie angesiedelt sind, desto sp�ter tritt das Thema der Eheschlie�ung auf die Tagesordnung.
Es bedarf einiger effektiver Ma�nahmen, um die T�chter aus solchen Familien dazu anzuhalten, zur Schule zu gehen. Aus diesem Grunde organisieren offizielle Organisationen sowie Nichtregierungs-Organisationen Bildungskampagnen.
Fakt ist, dass Ehen im Kindesalter und die daraus resultierenden fr�hen Geburten direkt die Familiengesundheit und die Gesellschaft als solche beeinflussen.
Ich danke Frau Zapfl-Helbling noch einmal f�r ihren kompetenten Bericht.
Vielen Dank.
Rosmarie ZAPFL‑HELBLING, Schweiz, EPP/CD, PPE/DC
Ich m�chte mich herzlich bei allen bedanken, die so gute Voten abgegeben haben.
Ich bin beeindruckt, wie sehr sie sich mit diesem Thema befasst haben � ich sp�re das, denn ich habe mich selbst l�ngere Zeit damit besch�ftigt, habe Seminare besucht, habe Betroffene kennen lernen k�nnen, und ich merke, auch Sie wissen, wovon die Rede ist.
Ich bin sehr gl�cklich �ber diese Diskussion.
Es gibt nat�rlich verschiedene Formen von Zwangsehen; wir sprechen hier jedoch von Kinder-Ehen, also Ehen, bei denen Kinder betroffen sind. Es m�ssen nicht immer beide Beteiligten Kinder sein, und ich werde bei den Ab�nderungsvorschl�gen noch darauf zur�ckkommen. Wenn Kinder mit einem �lteren Partner verheiratet werden, dann handelt es sich ebenfalls um Zwangsehen mit Kindern, dies ist jedoch nicht dasselbe.
Immer aber werden schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen. Wenn wir nicht ernsthaft in all unseren L�ndern dieses Problem angehen und mit griffigen Gesetzen daf�r sorgen, dass V�ter bestraft und Opfer gesch�tzt werden, dann nehmen wir unsere Unterst�tzung nicht wahr. Ich bin davon �berzeugt, Herr E�rsi, dass man Gesetze schaffen kann, die wirklich n�tzen.
Wir haben ja die Kinderrechtskonvention und die Menschenrechte, Marlene Rupprecht hat darauf hingewiesen � die m�ssen wir nur einfach ernst nehmen und wir m�ssen genauer nachschauen, was drin steht.
Viele der Votantinnen und Votanten haben auf diese Probleme hingewiesen, und ich m�chte gern noch auf das eingehen, was Herr Hancock gesagt hat. Er m�chte das Heiratsalter auf 16 Jahre herabsetzen. Herr Hancock, ich habe heute geh�rt, dass man in England unter 18 Jahren keine Zigaretten kaufen kann � und Sie sind tats�chlich der Meinung, dass das Heiratsalter auf 16 Jahre herabgesetzt werden sollte?!
Hier m�chte ich darauf hinweisen, dass es gerade die Eltern sind, die ihre 17-, 16-j�hrigen oder noch j�ngeren Kinder zwangsverheiraten, und es sollten doch nicht die Eltern sein, die entscheiden d�rfen, ob ihre Kinder heiraten d�rfen oder nicht.
Herr E�rsi hat gesagt, es m�sse ein Rahmen geschaffen werden, damit Menschen gl�cklich sind. Ich hoffe, wir haben diese M�glichkeit. Bei Zwangsverheiratungen sind vielleicht die Eltern gl�cklich, zumindest eine zeitlang, vielleicht auch nicht immer. Die Betroffenen aber sind zumeist f�r ihr ganzes Leben gezeichnet.
Ich m�chte auch noch darauf hinweisen, dass f�r Opfer von Zwangsverheiratungen Frauenh�user nicht unbedingt der richtige Ort sind. In Z�rich haben wir ein M�dchenhaus, wo gef�hrdete M�dchen Aufnahme finden und weiterhin die Schule besuchen k�nnen; hier werden sie auch entsprechend betreut.
Leider verh�lt es sich so, wie Gisela Wurm gesagt hat: Wir haben keine exakten Zahlen, auch nicht in meinem Land. Wir wissen aber, dass es eine gro�e Dunkelziffer gibt.
Ich m�chte noch einmal danken, auch dem Sekretariat, dass der Bericht so gut abgefasst wurde und heute vorliegen kann.
Marlene RUPPRECHT, Deutschland, SOC
Ich m�chte gegen den �nderungsantrag sprechen, da wir, wenn wir diesem Antrag zustimmen, damit die Vereinbarung in der UN-Kinderrechtskonvention wieder aushebeln. Darin wird klar definiert, dass Menschen zwischen null und 18 Jahren als Kinder anzusehen sind. Mit der �nderung w�rden sie zulassen, dass Kinder verheiratet werden. Ich kann sehr wohl in der Praxis sehen, dass auch 16j�hrige sehr wohl den Wunsch haben k�nnen, zu heiraten, ich halte es allerdings f�r fatal, wenn der Staat sein W�chteramt f�r diese Kinder nicht wahrnimmt, sondern auf den Wunsch des Kindes verweist. Wenn jedes seinen Wunsch mit 14 erf�llt bek�me, dann w�ren manche heute bereits zum vierten Mal verheiratet, da sich W�nsche ja entsprechend �ndern. Ich glaube, wir haben bis 18 zumindest das W�chteramt wahrzunehmen.
Rosmarie ZAPFL‑HELBLING, Schweiz, EPP/CD, PPE/DC
Ich verstehe Herrn Lloyd sehr gut, aber unsere Organisation hat sich wirklich an eine Kinder- und Menschenrechtskonvention zu halten, und es geht darum, dass Kinder-Ehen zu verbieten sind, weil das Alter der Kinder auf 18 Jahre festgelegt ist. Es geht hier nicht um einen Schlag gegen Gro�britannien, sondern darum, diese Opfer � denn es sind Opfer, Herr Lloyd, diese M�dchen die mit 15 oder 16 Jahren verheiratet werden � zu sch�tzen.
Marlene RUPPRECHT, Deutschland, SOC
Auch in diesem Fall m�chte ich wieder die Kinderrechtskonvention anf�hren. Ich denke, Gro�britannien hat sie ebenfalls ratifiziert, und vielleicht w�re es gut zu versuchen, diese auch umzusetzen; deshalb lehnen wir auch diesen �nderungsantrag, 18 nicht als Grenzalter anzusehen, ab.