SITZUNGSPERIODE 2005

(4. Teil)

BERICHT

32. SITZUNG

 

Freitag, 7. Oktober 2005, 10.00 Uhr

REDEBEITR�GE IN DEUTSCH


Pr�sident

Der n�chste Sprecher ist Andreas Gross aus der Schweiz, er spricht f�r die Sozialistische Gruppe.

Andreas GROSS, Schweiz, SOC

Danke, Herr Pr�sident!

Zun�chst zwei Vorbemerkungen:

Erstens: Ich verdiene keinen einzigen Cent an diesem Gesch�ft; ich esse nur ab und zu ihre Produkte. In diesem Sinne ist jeder von uns von dieser Industrie abh�ngig.

Zweitens: Wir haben in der sozialdemokratischen Gruppe nicht dar�ber diskutiert, ich sage hier nur, was ich pers�nlich denke � in einer pluralistischen Gruppe hat jeder eine andere Meinung.

Ich halte es f�r sehr wichtig, wenn Herr Flynn mit seinem Bericht sagen m�chte, dass die Europ�ische Union ihre Landwirtschaftspolitik �ndern muss, wenn er sagen m�chte, dass wir gegen�ber der dritten Welt fairer sein m�ssen � wie auch unser italienischer Kollege schon gesagt hat. Er hat ebenfalls Recht, wenn er sagt, dass die Landwirtschaft mehr R�cksicht auf die Natur und die �kologie nehmen muss � er hat hier meine volle Unterst�tzung.

Wenn man jedoch etwas so Entscheidendes grundlegend �ndern m�chte, dann muss man meiner Meinung nach sorgf�ltiger argumentieren und - wie auch unser d�nischer Kollege bereits angemerkt hat, R�cksicht auf jene Hunderttausende in Europa nehmen, die heute von dieser Industrie abh�ngig sind.

Man darf dann im Europarat auch nicht nur die EU kritisieren, sondern muss eben auch auf jene L�nder eingehen, die jetzt neu beigetreten sind , aber schon lange Mitglieder des Europarates sind, sowie auf diejenigen, die noch beitreten wollen � Polen ist schon dabei, die Ukraine will ebenfalls dazukommen � auch diese L�nder sind in extremem Ma�e abh�ngig von der Landwirtschaft. Man muss hier sehr sorgf�ltig einen �nderungsprozess skizzieren, der die existenziellen N�te dieser Menschen ber�cksichtigt. Dies kommt meines Erachtens im Bericht zu kurz.

Es reicht nicht, darauf hinzuweisen, dass der eigene Ministerpr�sident in der EU dasselbe tue und es deshalb in Ordnung sei � die Problematik der Budget-Blockierung aufgrund dieser Diskussion entspringt der fehlenden R�cksichtnahme auf andere. Wir hier im Europarat sollten nicht dasselbe tun.

Zum zweiten Punkt: In dem Bericht wird immer �ber die Schweiz gesprochen.

Sie m�ssen jedoch die Schweiz besser verstehen, m�ssen sie genauer anschauen.

Sie sprechen von R�cksichtnahme auf die Natur: In der Schweiz w�rden � wenn die Bauern in bestimmten Gebirgsgegenden, in den voralpinen Regionen, die Natur nicht bearbeiteten, Hunderttausende Menschen � auch solche, die keine Bauern sind und nicht von der Landwirtschaft leben, dort gar nicht mehr wohnen k�nnen. Es w�rden n�mlich die H�nge abrutschen, es k�me zu �berschwemmungen, die Natur w�rde sozusagen ihre Nachhaltigkeit verlieren.

Wenn also der schweizerische Bund diese Leute bei ihrer Arbeit unterst�tzt, dann aufgrund der Erkenntnis, dass diese Menschen von ihrer Arbeit allein nicht leben k�nnen, wenn sie nicht unterst�tzt w�rden.

Der Markt ber�cksichtigt diese Umst�nde nicht; deshalb hat die Politik diesen Fehler korrigiert und unterst�tzt diese Menschen, weil sie nicht nur eventuell sehr Sinnvolles erarbeiten, sondern weil sie mit dem, was sie tun, die Lebensverh�ltnisse in den voralpinen Regionen gew�hrleisten. Auch f�r die Eisenbahner, die �konomen, f�r die Bauarbeiter � nicht nur f�r die Bauern selbst. Etwa die H�lfte der Bodenfl�che in der Schweiz w�rde unbewohnbar, wenn nicht die Agrarwirtschaft, die Kleinbauern, hier t�tig w�rden.

Das zweite, was Sie nicht verstehen, Herr Flynn:

Sie sagen, die Schweizer Bauern h�tten offenbar effiziente Lobbys.

Die Lobbys der Bauern, die Gro�industrie, hat all diese Reformen innerhalb der Schweizer Landwirtschaft innerhalb der letzten zehn Jahre abgelehnt � es waren die Kleinbauern, die �kobauern, die Verbraucherorganisationen, die immer wieder in Volksabstimmungen die Mehrheit der Menschen davon �berzeugt hat, dass man vom Gesch�ftsdenken wegkommen und sich der Unterst�tzung sinnvoller Arbeit in der Natur zuwenden muss.

Es ist nicht die Lobby im Parlament, die diese Ver�nderung herbeigef�hrt hat, sondern die Kleinbauern, die Verbraucher und die B�rger, die in Referendumsabstimmungen immer wieder die Mehrheit der Menschen unterst�tzt haben; und das ist die Leistung!

In der Schweiz haben sie die Menschen davon �berzeugt, dass man die Landwirtschaft ver�ndern muss, und das kann man lernen.

Wenn Sie jedoch einfach im Bericht sagen, von Neuseeland und der Schweiz k�nne man lernen, dann m�ssen Sie genauer pr�zisieren, was man lernen kann. Denn wenn Sie Ihre Aussage so allgemein halten, dann ergibt sich ein Widerspruch: Neuseeland hat n�mlich das Gegenteil von dem gemacht wie das, was die Schweizer B�rger entschieden haben, zum Teil gegen die Lobbys. Und das k�nnte man vielleicht lernen, aber um das zu erkennen, m�ssen Sie pr�ziser und sorgf�ltiger sein und mehr R�cksicht auf diejenigen nehmen, die abh�ngig sind, sowie auf die spezifischen Eigenheiten jedes Landes; denn die Geographie bestimmt zum Teil auch die Politik.

Pr�sident

Vielen Dank, Herr Gross.

Ali Riza G�LCICEK, T�rkei, SOC

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

Liebe Kolleginnen und Kollegen !

Bevor ich meine Meinung �ber den Bericht zur Sprache bringe, m�chte ich Herrn Agramut herzlich danken, der als Berichterstatter einen ausf�hrlichen und sorgf�ltigen Bericht �ber das komplexe, und immer wichtiger werdende Thema des Asyls, vorgelegt hat.

Wir wissen alle, dass 1951 in Genf die Fl�chtlingskonvention der Vereinten Nationen unterzeichnet wurde, der die Problematik �Asylrecht� juristisch regelte. Seitdem hat sich vieles ver�ndert, die grundlegende Ver�nderung unserer Weltordnung brachte einen Anstieg der Asylbewerberzahlen mit sich.

Die europ�ischen Staaten mussten ihr Asylrecht �berpr�fen, Asylantr�ge mussten schneller, gerechter bearbeitet werden, die beschleunigte Asylprozedur wurde geschaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Uns ist allen bekannt, dass diese erw�hnten, �beschleunigten� Asylverfahren Menschenrechtsverletzungen darstellen, die von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf nationaler wie internationaler Ebene kritisiert wurden.

Als Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarates sollten wir beschleunigte Asylverfahren unter dem Aspekt der Wahrung der Menschenrechte betrachten. Wir m�ssen alles daf�r tun, damit die in der Genfer Konvention von 1951 vorgesehenen Rechte der Asylbewerber bei diesen Verfahren nicht verletzt werden.

In diesem Zusammenhang m�chte ich unterstreichen, die Minimalstandards, die die europ�ischen L�nder einzuf�hren suchen, genau zu untersuchen, damit sie f�r Asylbewerber keine un�berwindlichen Hindernisse darstellen.

Vergessen wir nicht, dass erschwerte Asylprozeduren den Bewerbern die T�r nach Europa verschlie�en, den kriminellen Menschenschmugglern diese hingegen weit aufmacht. Verbrecher, die Menschen nach Europa schleusen, werden zahlreicher und organisierter.
Untersuchungen zeigen, dass viele Immigranten urspr�nglich durch Schleusernetze nach Europa gekommen sind. Die EU muss hier Schritte unternehmen: sie darf ihre T�ren nicht v�llig schlie�en, sonder sollte das Thema Asyl offen und transparent in allen gesellschaftlichen Bereichen diskutieren. Asyl betrifft nicht nur das Gewissen, sondern ebenso Wirtschaft und Gesellschaft.

Folgende Aspekte sollten meiner Meinung nach ber�cksichtig werden:

Bei physisch und psychisch Traumatisierten, sowie Opfern von Missbrauch jeglicher Art darf der beschleunigte Asylprozess nicht angewandt werden. W�hrend des Verfahrens muss den Asylbewerbern ein Anwalt zur Seite gestellt werden, der ihnen w�hrend des gesamten Verfahrens als Berater zur Verf�gung steht. Im Falle von Kindern muss jedes Mitgliedsland die UN-Kinderrechtskonvention einhalten und umsetzen. Beim beschleunigten Asylverfahren m�ssen die Bewerber medizinisch betreut werden, ihnen m�ssen Unterkunft und Nahrung zur Verf�gung stehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich schlie�e, m�chte ich noch einmal herzlich dem Berichterstatter, Herrn Agramut, bedanken, dessen Bericht ich hiermit mit Nachdruck unterst�tze.