SITZUNGSPERIODE 2007
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(2. Teil)
BERICHT
16. SITZUNG
Donnerstag, 19. April 2007, 10.00 Uhr
REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH
Renate WOHLWEND, Liechtenstein, EPP/CD/PPE/DC
(Dringlichkeitsdebatte: Demokratische Institutionen in der Ukraine)
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kollegen!
Wir denken, dass vorgezogene Wahlen alleine nicht helfen, die jetzige Situation zum Besseren zu wenden. Es ist jedoch unbestritten, dass die heutige Zusammensetzung des ukrainischen Parlaments nicht mehr dem Wählerwillen vom März 2006 entspricht.
Wir sind überzeugt, dass das imperative Mandat eine undemokratische Art ist, mit der politische Loyalität nicht erzwungen werden kann. Parteipolitik mit Programmen und Freude an der Umsetzung der politischen Ideologien, Zusammenwirken in der Führung und nicht die althergebrachte Autokratie, all das sind Anreize für Politiker, ihren Parteien und Fraktionen treu zu bleiben. Auch das Wissen, in der Opposition Einfluss und Gestaltungsmöglichkeiten zu haben, lässt Mandatsträger ihrer Partei treu bleiben.
Es ist daher zu wünschen, dass ein Gleichgewicht der Kräfte gefunden wird. Dies ist am besten möglich, wenn die Verfassungsreform sowie die Reformen zur Gerichtsbarkeit zu Ende gebracht werden. Dazu zählen einige wichtige Gesetze, die meine Vorrednerin und Vorrapporteurin Hanne bereits angesprochen hat. Wichtig wird auch sein, dass das Wahlgesetz entsprechend abgeändert wird, und diese neuen Gesetze werden die Grundlage für ein geordnetes politisches Zusammenwirken bieten.
Wir sind daher dankbar, wenn die nötigen Reformen schnellstmöglich nicht nur beschlossen, sondern auch umgesetzt werden. Ich denke, dass unsere heutige Debatte einen sehr guten und hilfreichen Beitrag für unsere Kollegen und für die Führungskräfte in der Ukraine wird bieten können, sodass es neben dem jetzt bereits laufenden Verfahren bei dem ukrainischen Verfassungsgerichtshof, der das Dekret des Präsidenten überprüft, auch zu weiteren Gesprächen am runden Tisch kommt, durch die alle Entscheidungensträger nicht nur untereinander, sondern vor allem gegenüber dem ukrainischen Volk auch eine zufriedenstellende Lösung finden. Und wie ausgeführt, gehört dazu der weitere Ausbau einer demokratischen Basis.
Ich will es vergleichen mit diesem zarten Pflänzchen, das ein starker Baum werden soll, und einige Stürme zu überstehen hat, um stark zu werden. Die Demokratie in der Ukraine ist noch so ein junges, zartes Pflänzchen. Durch diesen Sturm, den sie erfahren hat, hat sie jetzt Gelegenheit, sich zu bewähren. Ich bin überzeugt, dass durch das Zusammenwirken aller aus dieser Pflanze ein schöner, kräftiger Baum wird: die Demokratie in der Ukraine.
Renate WOHLWEND, Liechtenstein, EPP/CD/PPE/DC
(Dringlichkeitsdebatte: Demokratische Institutionen in der Ukraine)
Danke, Herr Präsident.
Mir bleibt nichts, als mich den Worten des Dankes an alle, die an der Debatte teilgenommen haben und die hier waren, anzuschließen. Ich danke auch Annemarie Klein, die in der ersten Nacht schon die französische Übersetzung für den englischen Entwurf gemacht hatte, und den Kollegen im Monitoring-Ausschuss; wenn sie auch bei den Amendments nicht gerade einer Meinung waren, so ist doch zu hoffen, dass wir heute zu einer Abstimmung gelangen, die letztendlich einen Empfehlungsentwurf bringt, der dem entspricht, was die Berichterstatter wollten, und der vor allem dem entspricht, was wir für die Ukraine wollen: Dass es eine gute Basis der Zusammenarbeit gibt, um einen guten Weg aus der momentanen Krise zu finden.
Die Demokratie in der Ukraine - und ich glaube, die meisten der Kollegen haben gestern nach der ganztägigen Debatte zu diesem Thema Demokratie in ihr Votum aufgenommen - ist da, sie ist auf einem guten Weg und hat durch die jetzige Krise auch die Chance, sich zu entwickeln und zu stärken. Ich wünsche uns bei der Beschlussfassung und den politikbeeinflussenden Persönlichkeiten in der Ukraine alles Gute, um beim nächsten Zusammenkommen sagen zu können: Das haben wir hinter uns und wir schauen jetzt vertrauensvoll in eine bessere Zukunft.
Eduard LINTNER, Deutschland, EPP/CD/PPE/DC
(Dringlichkeitsdebatte: Demokratische Institutionen in der Ukraine)
Herr Präsident,
meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
Auch ich darf mich natürlich bei allen herzlich bedanken, die an der Erarbeitung dieses schwierigen Berichts beteiligt waren. Schwierig deshalb, weil wir uns ja in einer Phase der Entscheidungsfindung in der Ukraine selber zu Wort melden wollten, ohne dabei bevormunden oder unzulässige Ratschläge geben zu wollen.
Wir haben uns bemüht, wie ja auch in den Diskussionen im Ausschuss ständig zum Ausdruck kam, die Erfahrung der Institution Europarat im Umgang mit solchen Dingen einzubringen und weiterzugeben. Wir können jetzt nur hoffen, dass in der Ukraine selbst die beteiligten Institutionen, inklusive beispielsweise das Oberste Gericht, daraus die richtigen Schlüsse ziehen.
Wir stehen weiterhin beratend zur Verfügung, das zeigt das Engagement der Leute im Ausschuss aber auch hier im Plenum, und deshalb noch einmal einen Dank an diejenigen, die federführend tätig sind.
Eduard LINTNER, Deutschland, EPP/CD/PPE/DC
(Dringlichkeitsdebatte: Demokratische Institutionen in der Ukraine; Amendement 6)
Entschuldigung, da war ein falscher Vermerk gemacht worden. Das Komitee ist dagegen.
Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC
(Sudan und Darfur – die Verantwortung Europas)
Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen.
Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen hat vor wenigen Tagen folgendes festgestellt:
Im ersten Quartal des Jahres wurden 250.000 neue Vertriebene gezählt. Jetzt sind auch weit über 200.000 Vertriebene in den Tschad und in die Zentralafrikanische Republik vertrieben und so mit Gewalt ihrer Heimat beraubt worden sind. Humanitäre Hilfsorganisationen wurden behindert und angegriffen. Zeugen oder öffentliche Kritiker in der Hauptstadt des Sudans werden eingeschüchtert, inhaftiert oder vertrieben. Dazu auch NGO-Mitglieder, Journalisten und Betroffene, die nur ihre Rechte wahrnehmen wollen. Sie werden von der Regierung des Sudans behindert und mit Gewalt bedroht.
Die Reiter-Horden, die im Darfur Dörfer überfallen, tun dies oft gemeinsam mit staatlichen Militäreinheiten. Angeblich jagen sie Rebellen, doch in Wirklichkeit werden ganze Dörfer ausgerottet, die Frauen vergewaltigt, die Kinder umgebracht. Dort werden brutalste Gewalttaten verübt, die in keiner Weise zu rechtfertigen sind, und das geschieht nicht nur zu Lande durch Reiterhorden, sondern mit militärischer Unterstützung aus der Luft.
So etwas können in der Tat keine einfachen Rebellen tun, sondern es ist nur mit Unterstützung der sudanesischen Regierung möglich. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Und es ist auch die sudanesische Regierung, die immer wieder die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung behindert und hinauszögert. Jetzt soll es angeblich eine Zusage gegeben haben, die zweite Stufe der vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Maßnahmen durchzuführen, d.h. etwa 3000 weitere Soldaten, Polizisten und zivile Kräfte zur Unterstützung der Afrikanischen Union nach Darfur zu bringen. Doch auch da stellt die sudanisische Regierung gleich wieder Bedingungen: Diese dürfen nur Afrikaner sein. Auch weigert sich die Regierung weiterhin, die notwendigen UN-Kräfte, insgesamt 20.000 Mann, in ihr Land zu lassen und zu unterstützen.
Das bedeutet, dass die Regierung in Khartum eine große Schuld auf sich lädt. Das sind die Feststellungen der UN-Menschenrechtskommission vom März dieses Jahres. Das, was an Versuchen, die Bevölkerung zu schützen, bisher dort geleistet worden ist, hat völlig versagt, war vollkommen unzureichend und hat nicht dazu geführt, dass das Morden, Vergewaltigen und Vertreiben aufhörte. Deshalb stellt auch der UN-Menschenrechtsrat fest: Das, was bisher getan wurde, ist inadäquat und unwirksam.
Daher diskutieren wir hier heute über dieses Thema. Unsere Staaten sind nicht nur Mitglieder im Europarat, sondern auch bei den Vereinten Nationen, und auch unsere Regierungen sind dafür verantwortlich, was in den Vereinten Nationen beschlossen wird. Es gibt sehr wohl Regierungen, die dort eine sehr zweideutige Haltung haben. Im Sicherheitsrat haben Russland und China sich der Stimme enthalten, als es um Hilfe ging; das war das, was noch gerade erreicht werden konnte.
Wir wissen alle, dass nicht nur Waffenlieferungen aus europäischen Ländern dort hingeschickt werden. Hier gibt es auch ganz konkrete wirtschaftliche Interessen: Es gibt Öl im Sudan, es gibt Geschäftemacherei mit Mitgliedern dieser kriminellen Regierung, es wird daran verdient, dass diese Menschen dort weitermachen dürfen. Und das wird von unseren Regierungen z.T. unterstützt.
Deshalb ist das Thema hier richtig, deshalb müssen wir hier unseren Regierungen die Fragen stellen, die uns der UN-Menschenrechtsrat auferlegt hat. Wir haben festzustellen, welche Firmen es sind, die aus unseren Ländern kommen, aus Frankreich, Deutschland, aus Großbritannien, Russland, der Ukraine, die im Sudan Geschäft machen und davon profitieren, dass diese Regierung mit ihnen paktiert. Wir müssen diese Menschen, die sich hier schuldig machen, vor Gericht stellen.
Das muss durchgesetzt werden, und zwar nicht durch Appelle, sondern da muss erfüllt werden, was von der UN beschlossen worden ist. Wenn es sich um internationale Konflikte dieses Ausmaßes handelt, muss das Gewaltmonopol der Vereinten Nationen greifen. Und das haben wir zu unterstützen.
Deshalb bitte ich Sie und fordere Sie dringlich auf, bei Ihren Regierungen zu fragen, inwieweit jedes einzelne Mitgliedsland hier Schuld auf sich lädt, dadurch, dass es dies toleriert bzw. weitermacht. Das ist unsere Aufgabe. Ich bin dankbar, dass wir dieses Thema weiter behandeln wollen, und dass wir versuchen wollen, eine eigene Position des Europarates zu erarbeiten. Ich unterstütze die Initiative von Herrn Marty sehr, und ich hoffe, dass wir den nötigen Druck machen können, um diesen Menschen zu helfen, die völlig allein gelassen sind, die keiner beobachtet, und die wir nicht allein lassen dürfen, wenn wir unsere Arbeit ernst nehmen wollen.
Ich danke Ihnen.
Ruth-Gaby VERMOT-MANGOLD, Schweiz, SOC
(Sudan und Darfur – die Verantwortung Europas)
Darfur ist mittlerweile zu einer der größten und grausamsten der aktuellen humanitären Katastrophen geworden – wir haben es gehört, und dies unter den Augen und quasi mit der stillschweigenden Zustimmung Europas. Die hässlichen Bilder von Übergriffen, Morden und Vertreibung, das Wissen um Verfolgung, Vergewaltigung auch von Kindern haben uns zwar temporär geschockt, aber dann war wieder Schweigen und Vergessen.
Gerade die neueste Entwicklung ist schockierend. Laut Information des UN-Generalsekretärs wurden private und nationale Flugzeuge mit dem Zeichen der UNO versehen und für den Transport von leichten und schweren Waffen nach Darfur benutzt. Damit wurde nicht nur die Resolution 1591 des Sicherheitsrates verletzt, sondern auch die UNO und ihr Image verunglimpft.
Welches Land in Europa oder anderen Teilen der Welt handelt so verbrecherisch und verkauft weiterhin Waffen an die Regierung von Darfur, die Teil des Konfliktes ist? Wir europäischen Länder müssen uns schon sagen lassen, dass wir in diesem Konflikt unsere kollektive Verantwortung nicht wahrgenommen haben. Die Folgen sind abscheulich. 85 000 Menschen wurden getötet, 200 000 sind an Hunger und Mangelkrankheiten gestorben, rund 2 Millionen Menschen mussten wegen des Krieges fliehen, und 1,8 Millionen Menschen sind in Darfur zurückgeblieben.
Das sind lediglich Zahlen, doch dahinter lauert das Elend. Diese Menschen brauchen Hilfe und bekommen sie kaum, denn auch die Hilfswerke, die dort geblieben sind, stoßen oft auf große Hindernisse, werden bedroht und ziehen sich zurück. Die Verschärfung der Kämpfe und die noch größere Unsicherheit haben in den letzten Monaten weitere Hunderttausende von Menschen in die Flucht getrieben. Die meisten von ihnen haben ihre Häuser zum zweiten oder dritten Mal verlassen.
Frauen und Mädchen sind die verzweifelten Opfer von Vergewaltigung und sexueller Gewalt, die, wie leider in allen bewaffneten Konflikten, an der Tagesordnung sind. Ob sie zwischen die Fronten geraten oder Camps verlassen, um Holz oder Wasser zu holen, immer wieder sind diese Frauen und Mädchen die Opfer, und niemand hilft wirklich. Trotz der medizinischen Hilfe für sie sind Krankheiten an der Tagesordnung, wie 2006, als die Cholera Tausende von Personen traf und mehr als hundert Opfer forderte. Dazu kommen Mangelkrankheiten und Unterernährung, sowie Krankheiten, die auf schlechtes und verdorbenes Wasser zurückzuführen sind.
Während die Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, unterstützt von der Befreiungsarmee des Sudans, gegen die die aufständischen Milizen und die sudanischen Regierungstruppen kämpft, geht die Bevölkerung dieses Landes zugrunde. Ein echter Genozid ist im Gange. Wir kennen in der Geschichte und heute solche Genozide: Armenien, Kurden im Irak, das ich letzte Woche besucht habe, Ruanda, Burundi sowie Srebenica und andere. Genozide hinterlassen bleibende, schmerzende Wunden in der Bevölkerung, und diese Wunden verheilen nie.
Was geht uns jedoch Darfur, der Sudan an? Was geht es uns an, wenn der Konflikt nun auf die Nachbarländer übergreift? Es geht uns sehr viel an. Viele von unseren europäischen Ländern profitieren vor allem vom Öl, vond den Diamanten und Rohstoffen dieses Landes, wie wir schon gehört haben. Wer jedoch profitieren und mit dem Land Handel treiben will, muss sich auch für den Friedensprozess stark machen und alles tun, damit dieses Land nicht weiterhin im Krieg und in dieser grauenhaften Situation versinkt. Diese Bemühungen sind bisher kaum vorhanden.