SITZUNGSPERIODE 2007

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(3. Teil)

BERICHT

23. SITZUNG

Mittwoch, 27. Juni 2007, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH


Christoph STRÄSSER, Deutschland, SOC / SOC

(Doc. 11302)

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Teilweise, muss ich gestehen, habe ich bei dieser Versammlung heute den Eindruck, hier wird etwas verwechselt: Ein parlamentarisches Gremium diskutiert über einen Bericht wie in einer Gerichtsverhandlung. Auch ich persönlich bin der Ansicht, dass der Bericht, den wir diskutieren, Schwächen und Mängel hat, die man aufdecken muss, über die man nachdenken muss, aber wir sollten keine Länder an den Pranger stellen oder verurteilen. Sondern ich meine, wir machen hier eine vernünftige Arbeit auf der Grundlage eines Berichts, über den man politisch diskutieren muss.

Auch mein Land ist ja angesprochen und ich sage auch, dass ich Teile der Vorwürfe, die dort gemacht worden sind, nicht akzeptiere, und ich denke auch, dass man weiterhin darüber diskutieren muss. Der größte Mangel, aus meiner Sicht, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist in der Tat der, dass das, was hier beklagt worden ist, und was ich auch politisch beklage, nämlich eine nicht ganz für uns nachvollziehbare Transparenz, mit der Dauer des Verfahrens zusammenhängt.

Wir haben im Rechtsausschuss sehr wenig Zeit gehabt, substanziell über die Dinge zu diskutieren, aber ich sage trotzdem, dass all das, was in diesem Bericht steht, und dieser Bericht insgesamt, von mir in seiner Tendenz unterstützt wird, weil er der Aufgabe und der Arbeit dieser Parlamentarischen Versammlung des Europarates nachkommt.

Deshalb, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, nur noch einige wenige Anmerkungen zum Inhalt und zu den Aussagen des Berichtes, soweit sie sich mit der Materie befassen, die Kernproblematik des Europarates ist.

Wenn nicht wir, wer den dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann in der Lage sein, Menschenrechtsverletzungen unter verschiedensten politischen Aspekten anzusprechen und Vorschläge zu machen, wie damit umzugehen ist. Mehr bzw. etwas anderes interpretiere ich in diesem Bericht auch nicht hinein. Hier geht es meines Erachtens um drei Kernbegriffe:

Der eine Kernbegriff ist der der Bekämpfung des Terrorismus, der zweite ist der des Staatsgeheimnisses, und ich denke, der dritte und wichtigste für uns ist unter all diesen Aspekten die Wahrung der Menschenrechte. Also Bekämpfung des Terrorismus, Wahrung von Staatsgeheimnissen, Wahrung der Menschenrechte.

Ich kann nicht alle Vorwürfe verifizieren, die in dem Bericht stehen. Aber was dieser Bericht bewirkt hat, und ich denke, das ist doch eigentlich die Kernbotschaft, ist ein Debatte in allen Mitgliedsländern des Europarates, aber auch darüber hinaus, selbst in den Vereinigten Staaten. Er hat eine Debatte losgetreten über das Verhältnis zwischen Terrorismusbekämpfung, Staatsgeheimnissen und Wahrung der Menschenrechte. Meine Kernaussage, die ich aus diesem Bericht entnehme, ist die folgende.

Jawohl, wir alle wollen mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, den Terrorismus bekämpfen. Jawohl, auch wir und auch ich sage ganz deutlich, natürlich gibt es einen Kernbereich von geschützten Informationen, die wir auch in dem Bereich der Geheimhaltung belassen wollen. Aber, und das ist glaube ich auch sehr wichtig, es kann nicht sein, dass mit dem Argument der Wahrung des Staatsgeheimnisses und mit dem Argument der Bekämpfung des Terrorismus Menschenrechte verletzt werden in der Art und Weise, wie sie zum Teil in diesem Bericht beschrieben worden sind.

Daher muss ich sagen, an der Stelle kann ich die Tendenz dieses Berichtes nur unterstützen, auch bei Kritik in Einzelpunkten. Aus meiner Sicht ist es z.B. falsch und nicht der Glaubwürdigkeit des Berichtes zuträglich, wenn man die Verletzung des Staatsgeheimnisses und alle darauf folgenden staatlichen Restriktionen gleichsetzt.

Es ist ein Unterschied, ob in Staaten Staatsgeheimnisse zurückgehalten werden, um Aufklärung zu behindern, oder ob Staatsgeheimnisse als Instrument behandelt werden, um missliebige Journalisten und andere Kritiker des Systems zu bestrafen, zu belangen und in Haft zu nehmen, wie es in anderen Ländern auch Europas geschieht. Ich glaube, an dieser Stelle besteht ein deutlicher Nachbesserungsbedarf, den wir auch gleich noch bei den Amendments besprechen werden.

Dennoch glaube ich, ist der Bericht insgesamt geeignet, die Diskussion über das Verhältnis von Terrorismusbekämpfung und Menschenrechten zu beleben. Für uns steht ganz klar bei der Bekämpfung des Terrorismus die Wahrung der Menschenrechte immer noch im Vordergrund.

Danke schön.

Andreas GROSS, Schweiz, SOC

(Doc. 11302)

Danke, Herr Vorsitzender!

Es ist ein alter Fehler, der seit zweitausend Jahren gemacht wird, dass, wenn man die Botschaft von jemandem nicht gerne hört, man den Botschafter diskreditiert. Und es ist unanständig, einen Kollegen zu diskreditieren und dann hinauszugehen und nicht zu hören, was diejenigen sagen, die das anders sehen. Das betrifft Frau Cliveti und Herrn Hancock.

Es gibt Momente, wo man entscheiden muss, ob man der Verteidigunger einer Regierung, eines Staates ist, oder ob man die Werte verteidigt, die die raison d'être unserer Versammlung sind. Es gibt einen Zeugen für die Glaubwürdigkeit von Herrn Marty, und zwar den besten.

Vor einem Jahr hat er einen ähnlichen Bericht vorgelegt, und dieselben Leute haben auf ähnliche Weise versucht, ihn zu diskreditieren. Zwei Monate später hat Präsident Bush ihm Recht gegeben und praktisch alles zugegeben, in sehr genauen, ziselierten Formulierungen, damit man an der amerikanischen Regierung nicht zu viel kritisieren kann.

Könnte es nicht sein, dass ganz hochgestellte Leute in Polen und Rumänien deshalb Herrn Marty so viel gesagt haben, weil sie genau wissen, dass in nächster Zeit Herr Bush oder andere auch wieder sagen werden, er habe Recht gehabt? Denn man kann die Wahrheit nicht ewig verleugnen.

Wenn Sie den Bericht genau gelesen haben, dann sehen Sie hochgestellte CIA-Leute, die selber ein schlechtes Gewissen hatten, so viel Macht zu bekommen, dass sie so etwas tun konnten, das keiner Menschenrechtsinstanz Genüge tut. Und Herr Hancock hat nicht Recht, die Menschenrechte sind eben keine Schönwetter-Prinzipien; sie müssen sich bewähren, wenn es ganz schlimm zugeht.

Und sie haben sich bewährt, denn heute sind wir gegenüber dem Terror weniger sicher als vorher, weil die Art, wie er bekämpft wurde, nicht nur unsere eigene Glaubwürdigkeit diskreditiert, sondern die Terroristen stärker gemacht hat. Das sollte uns doch zeigen, dass wir auch in den schwierigsten, schlimmsten Momenten unseren Prinzipien Genüge tun und sie nicht verleugnen sollten!

Auch sollten wir vor lauter Bäumen trotzdem den Wald sehen: Es gibt zwei große Themen, die hier eigentlich diskutiert werden sollten, denn es geht darum, aus eigenen Fehlern zu lernen: Zum ersten Mal in der Geschichte der Nato wurde Artikel 5 mit dem Slogan "Krieg gegen Terror" angesprochen. Schon damals aber haben manche gesagt: Terror ist eine Taktik, eine grausame Taktik, aber kein Mensch. Man kann gegen eine Taktik keinen Krieg führen, sondern nur taktische Kriege gegen Menschen, gegen Länder.

Zum ersten Mal wurde Artikel 5 mit einer Klausel angesprochen, "Krieg gegen Terror", die überhaupt nicht der Logik des Artikels 5 und des Nato-Bündnisses entspricht. Dann fand im Oktober eine Sitzung statt, in der unsere Regierungen eben dieses Konzept akzeptierten und der CIA Vollmachten gaben, von denen ihnen sicher nicht bewusst war, was sie bedeuteten. Die CIA sebst hat gestaunt, was man ihnen zugestattete! Denn in Amerika selbst gibt es Leute, die nicht tun wollen, was wir auch nicht tun wollen, nämlich selbst in schwierigsten Zeiten Menschenrechte missachten.

Der zweite Punkt ist: Die amerikanische Regierung weiß ganz genau, was die Verfassung der USA von ihr verlangt. Und was macht sie? Sie schiebt das, was nicht verfassungsmäßig ist, nach Europa ab, und das dürfen wir uns nicht gefallen lassen. Herr Marty hat Recht, wenn er das als Apartheid bezeichnet. Es ist eine Schande, dass wir uns eine solche Kolonialisierung gefallen lassen, und dagegen müssen wir uns wehren. Darum geht es, nicht um Polen oder Rumänien oder irgend eine Regierung.

Sabine LEUTHEUSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE/ADLE

(Doc. 11302)

Sehr geehrter Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es zeichnet den Europarat aus, dass wir einen so hervorragenden Bericht zu diesem Thema zu einem unstreitigen Sachverhalt hier diskutieren und ich denke, es ist wirklich an der Zeit, deutlich zu machen, dass ohne Dick Marty als Berichterstatter es diese Berichte, und zwar jetzt den zweiten, nicht gegeben hätte. Sie wären nicht möglich gewesen, wenn er nicht so unermüdlich, auch gegen Anfeindungen, gegen Vorwürfe, auch sehr persönliche Vorwürfe, an seiner Arbeit drangeblieben wäre.

Genau das wird vom Europarat und von der Parlamentarischen Versammlung erwartet, dass das, was in Nationalstaaten vielleicht nicht aufgeklärt werden kann, hier ein anderes Gewicht bekommt. Denn hier werden Informationen, Fakten vorgelegt, aber dann auch ein Gesamtbericht, der einfach in dieser sehr bedrückenden Situation von illegalen Verschleppungen und Verhaftungen in Europa und über Europa hinaus, auf die Tagesordnung gesetzt wird.

Und es heißt nicht, es gibt sogenannte illegale Verschleppungen und Verhaftungen. Nein, schon der Titel dieses Mandates des Berichtes sagt: Hier geht es um geheime Verhaftungen und die unrechtmäßige Verbringung von Menschen innerhalb Europas und über Europa hinaus. Und ein Berichterstatter des Europarates kann nicht eine Gerichtsentscheidung vorlegen mit Beweisen, so wie sie in einem Gerichtsverfahren dann auch auf den Tisch gelegt werden können.

Dazu haben wir nicht das Mandat, wir haben nicht die Befugnis, und es ist nicht unsere Aufgabe. Das machen die Gerichte. Hier wird auf Grund von Fakten, von Anhaltspunkten, auch von Indizien, eine gesamte politische Bewertung dieser Vorgänge vorgenommen. Und das ist Herrn Marty in wirklich überzeugender Weise gelungen.

Hier sind mehrere Länder betroffen, auch Deutschland wird im Bericht erwähnt. Auch in Deutschland haben wir einen Untersuchungsausschuss, der sich unter anderem mit der Verschleppung von el-Masri, den Flügen und vielem anderen beschäftigt, und dieser Bericht hat uns einige Fakten mehr gebracht. Manche Flugnummern auch über den Rücktransport von el-Masri über europäische Länder kannten wir vorher nicht.

Und wir diskutieren natürlich auch in Deutschland darüber: Was ist Staatsgeheimnis? Was ist Regierungshandel? Was darf eben nicht in einem Untersuchungsausschuss gegeben werden, aber was gehört dorthin? Aber wir setzen uns damit auseinander und wir als Opposition haben, weil es da auch in Deutschland Streitpunke gibt, das Bundesverfassungsgericht angerufen, damit uns im Untersuchungsausschuss mehr Unterlagen zur Verfügung gestellt werden.

Das ist doch der richtige Weg, sich so damit auseinanderzusetzen, und der Untersuchungsausschuss Deutschlands hat eben noch viel mehr Befugnisse, als Herr Marty sie hier im Europarat hatte. Und es ist richtig und legitim, Zeugen zu benennen und ihre Anonymität zu bewahren. Denn wenn das nicht möglich ist, werden viele Dinge überhaupt nicht mehr ausgesprochen werden können.

Ich wehre mich dagegen, dass Herrn Marty gerade mit diesem Vorwurf jetzt die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden soll. Er hat doch dargelegt, wie er auf verschiedenen Ebenen Informationen gegengecheckt hat, und das ist der Maßstab unserer Arbeit, für jeden von uns, wenn wir Berichterstatter sind und uns mit solchen schwierigen Situationen zu befassen haben.

Deshalb sollte dieser Bericht, mit vielleicht noch einigen Verbesserungen, die aber nur manches noch klarstellen, unbedingt heute hier mit einer überwältigenden Mehrheit beschlossen werden. Denn hier zeigt sich, dass der Europarat das menschenrechtliche Gewissen in dieser Auseinandersetzung ist, in Europa aber auch weit über Europa hinaus.

Vielen Dank.

Rainder STEENBLOCK, Deutschland, SOC / SOC

(Doc. 11302)

Vielen Dank, Herr Präsident!

Danke für die Möglichkeit, zu diesem Bericht Stellung zu nehmen. Ich möchte mich bei Dick Marty sehr herzlich bedanken.

Ich komme aus einem Land, Deutschland, das in diesem Bericht auch angesprochen worden ist. Aber ich finde, dass die Tatsache, dass wir uns als Vertreter nationaler Parlamente hier hauptsächlich damit beschäftigen, unsere Länder zu verteidigen oder zu loben, diesem Gremium nicht angemessen ist.

Der Titel des Untersuchungsberichts ist "Geheime Verhaftungen und unrechtmäßige Verbringung von Häftlingen mit Beteiligung der Mitgliedstaaten des Europarates". Es ist mittlerweile bewiesen, dass dieser Titel des Berichtes zu Recht besteht. Diese unglaublichen Vorgänge haben stattgefunden; diese Kooperation auch zwischen Regierungen und dem CIA hat stattgefunden bei Vorgängen, die aus meiner Sicht völlig inakzeptabel sind, die, um es deutlich zu sagen, Menschenrechtsverletzungen in gigantischem Ausmaß von demokratischen Staaten erlaubt haben.

Und es ist unsere Aufgabe als Parlamentarische Versammlung des Europarates, der sich zu allervörderst dazu versammelt hat, um die Menschenrechte zu schützen, dass wir an dieser Stelle wirklich gemeinsam unterstützen, was an Möglichkeiten besteht, um aus diesem Gremium heraus Menschenrechtsverletzungen auch in Zukunft unmöglich oder zumindest schwerer möglich zu machen.

Das bedeutet in allererster Linie, Öffentlichkeit herzustellen. Es ist doch völlig klar, dass der Berichterstatter all die Möglichkeiten der Justiz - Beweisverfahren, Androhung von Strafe bei Aussageverweigerung -, all die Möglichkeiten, die es bei einem Strafverfahren gibt, nicht hat. Deshalb ist das Beweisverfahren auch nicht mit gerichtlichen Beweisverfahren vergleichbar.

Doch darum geht es nicht; es geht um politische Aussagen, die hier gemacht werden, um das, wovon wir alle wissen, dass es passiert ist, in Zukunft unmöglich zu machen. Deshalb bin ich dem Berichterstatter sehr dankbar, dass er so klar und mit solcher Beharrlichkeit sich an dieser Stelle wirklich auf den Weg gemacht hat, die Wahrheit herauszufinden.

Es ist unter diesen Bedingungen nicht an allen Stellen möglich gewesen, die Wahrheit eindeutig festzustellen. Das liegt jedoch nicht am Berichterstatter, sondern an den unvollständigen Möglichkeiten, die er in seiner Funktion hat. Was ihm aber gelungen ist, und dafür bin ich ihm sehr dankbar, ist, Öffentlichkeit herzustellen, und das ist tatsächlich das Schutzinstrument, das wir als Politikerinnen und Politiker an erster Stelle bemühen müssen, wenn wir Opfer schützen wollen. Öffentlichkeit ist das erste Instrument, das wir brauchen.

In Deutschland nähern wir uns den Vorwürfen mit einem Untersuchungsausschuss, der härtere Waffen zur Verfügung hat als der Berichterstatter hier, und wir haben auch in Deutschland sehr harte Auseinandersetzungen darüber auch parlamentarisch, zwischen Opposition und Regierung. Wir haben hier, was die Rechte eines Untersuchungsausschusses angeht, harte Möglichkeiten. Deshalb klagen wir auch jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht, weil wir der Auffassung sind, dass die Bundesregierung an dieser Stelle Geheimhaltung nicht so interpretiert, dass eine parlamentarische Kontrolle möglich ist.

Ich würde mir wünschen, wenn aus diesem Bericht die Konsequenzen gezogen würden, dass wir in allen nationalen Parlamenten tatsächlich schärfere Waffen brauchen, um die Geheimdienste zu kontrollieren. Das heißt nicht, dass wir überall die Öffentlichkeit über die Geheimdienste herstellen wollen; wir brauchen dieses Instrument, aber wir brauchen eine vernünftige parlamentarische Kontrolle in allen unseren Ländern, wenn wir unserer Aufgabe, dem Schutz von Menschenrechten, auch im Kampf gegen Terrorismus tatsächlich nachkommen wollen. Deshalb, herzlichen Dank, Dick Marty, für die Herstellung der Öffentlichkeit; das ist das allerwichtigste an dieser Stelle.

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Doc. 11302)

Vielen Dank, Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich glaube, dass wir heute einen der wichtigsten Berichte diskutieren, den diese Parlamentarische Versammlung in den letzten Jahren überhaupt auf der Tagesordnung gehabt hat. Nicht nur deshalb, weil das Thema wichtig ist, sondern auch deshalb, weil dieser Bericht wie kaum ein anderer öffentliche Aufmerksamkeit erregt hat.

Es ist ja schon darauf hingewiesen worden, dass öffentliche Aufmerksamkeit an diesem Punkt eine ausgesprochen wichtige Angelegenheit ist. Es ist auch zu Recht darauf hingewiesen worden, dass wir uns hier nicht in einem Gerichtssaal befinden, dass es nicht darum geht, Länder auf die Anklagebank zu setzen - das kann ich als Vertreter Deutschlands sagen, das ja ebenfalls in diesem Bericht angesprochen worden ist -, sondern darum, herauszufinden, was wahrscheinlich ist.

Denn wie Herr Sasi festgestellt hat, wird es sehr schwierig werden, endgültige Beweise zu finden, aber man kann gewisse Wahrscheinlichkeiten herstellen und sagen, ob man einem Bericht glaubt, ihn für wahrscheinlich hält, oder nicht. Ich glaube, dass viele der Hinweise, die in diesem Bericht gegeben werden, Vermutungen und Schlüsse nahelegen. Das, was der amerikanische Präsident z.B. gesagt hat, tut es ja auch.

Insofern glaube ich, dass dieser Bericht wichtig ist für unsere weitere Arbeit und für die Schlüsse, die wir in nationalen Parlamenten in der Arbeit von Untersuchungsausschüssen ziehen, und er ist auch deshalb wichtig, weil wir als Parlamentarische Versammlung des Europarates daran messen können, ob wir unsere eigene Aufgabe ernst nehmen oder eben nicht.

Es gibt, glaube ich, kein Land auf dieser Welt und es wird, fürchte ich, keine Gelegenheit, keine Zeit auf dieser Welt geben, wo es keine Menschenrechtsverletzungen gibt. Aber der Unterschied, den wir machen müssen, ist der, dass es Mechanismen, Gremien geben muss, wo Menschenrechtsverletzungen aufgedeckt und angesprochen werden können. Und dazu ist nicht nur dieser Bericht, sondern die Parlamentarische Versammlung, wie ich finde, der richtige Ort.

Auf die unterschiedlichen Gegebenheiten in den Ländern ist auch schon hingewiesen worden. Da dieser Bericht aber so wichtig ist und wie kaum ein anderer in der Öffentlichkeit diskutiert wurde und wird, erlaube ich mir, in der verbleibenden Zeit noch einmal auf ein oder zwei Dinge hinzuweisen, die mir persönlich an dem Verfahren, wie der Bericht diskutiert worden ist, nicht gefallen haben. Und das ist zum Schluss auch eine Frage, wie wir uns ernst nehmen, welche Ernsthaftigkeit wir eigentlich unserer eigenen Arbeit beimessen.

Ist es einem so wichtigen Bericht wirklich angemessen, dass er den Kolleginnen und Kollegen, die darüber im Ausschuss entscheiden sollen, quasi am Tag der Verabschiedung auf den Tisch gelegt wird? Ich habe ihn noch einmal mitgebracht. Ich weiß, er war am Abend vorher verfügbar, aber für die Kollegen, die erst vorher angereist sind, war es sehr schwierig, ihn zu lesen. Es ist immerhin ein achtzigseitiger Bericht.

Ist es wirklich angemessen, eine Pressekonferenz festzusetzen, ohne zu wissen, wie der Ausschuss entscheiden wird? Ist es wirklich angemessen, über 20 Amendments in einer unglaublichen Geschwindigkeit, einer Dreiviertelstunde gestern mittag, zu diskutieren? Ich frage mich, ob das der Bedeutung dieses Berichtes angemessen ist. Ich fürchte, das ist es nicht.

Das finde ich ausgesprochen schade. Das ist nichts, was sozusagen in die Vergangenheit wirkt, sondern etwas, was wir in Zukunft, wenn wir solche wichtigen Berichte diskutieren, in berücksichtigen müssen. Ich glaube, wir sollten an der Stelle noch einmal dringend darüber nachdenken, ob unsere Prozeduren wirklich richtig sind und ob wir unsere Aufgabe, die wir zweifellos haben, nämlich die Verteidigung der Menschenrechte im Bereich des Europarates und darüber hinaus, auf diese Art und Weise wirklich vernünftig übernehmen können, und ob das unserer Aufgabe gerecht wird.

Herzlichen Dank.

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Doc. 11302, Amendement 18)

Danke, Herr Präsident!

Wir schlagen vor, im Paragraphen 8 das Verb "bedauert zutiefst" durch "stellt fest" zu ersetzen, denn es wird unserer Meinung nach dem Sachverhalt eher gerecht, denn es geht darum, dass natürlich die Untersuchungen durch die Existenz geheimer Einschränkungen eingeschränkt werden, aber es nicht unsere Aufgabe, an dieser Stelle eine Wertung vorzunehmen. Deswegen schlagen wir den geänderten Text vor.

René VAN DER LINDEN, Präsident der Parlamentarischen Versammlung:

Gibt es Wortmeldungen dagegen? Mr. Lund?

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

( Doc. 11302, Amendement 19)

Danke, Herr Präsident!

Diese Änderung dient dazu, den Sachverhalt noch einmal klarer und deutlicher darzustellen. Es geht darum, deutlich zu machen, dass die aufgezählten Länder sich in sehr unterschiedlichen Situationen befinden und dass auch z.B. in Deutschland, wie das auch vorhin in der Debatte schon deutlich geworden ist, eine sehr intensive Debatte über die Frage des Geheimhaltungsbegriffes ausgebrochen ist, und dass es eben auch in Deutschland ein Verfassungsgerichtsverfahren gibt wegen der Frage, was geheimzuhalten ist und was nicht, und das wollen wir mit dieser Veränderung zum Ausdruck bringen.

René VAN DER LINDEN, Präsident der Parlamentarischen Versammlung:

Gibt es keine Wortmeldung gegen diesen Antrag?

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Doc. 11302, Amendement 20)

Herr Präsident,

Wir schlagen vor den Punkt Nr. 3 der Recommendation so zu verändern, dass er von der Wortwahl her dem jetzt geänderten Punkt Nr. 8 der Resolution entspricht, damit beide Teile aufeinander abgestimmt sind.

René VAN DER LINDEN, Präsident der Parlamentarischen Versammlung:

Danke schön.

Gibt es Wortmeldungen, die dagegen sprechen? Das ist nicht der Fall. Der Ausschuss ist dafür. (Weiter auf Englisch)