AL08CR15

AS (2008) CR 15

 

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2008

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(2. Teil)

BERICHT

15. SITZUNG

Mittwoch, 16. April 2008, 15.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH


Gisela WURM, Österreich, SOC

(Dok. 11537 Rev. – Antwort auf die Beiträge)

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte mich herzlich bei all jenen, die sich zu Wort gemeldet haben, für ihre Beiträge, für die Debatte, bedanken. Es tut mir leid, dass nicht alle zu Wort gekommen sind; ich hätte mir gern auch die anderen Meinungen noch angehört.

1. Ich möchte ich bei der Delegation von Andorra entschuldigen – es ist mir im Bericht ein kleiner Fehler unterlaufen. Es ist nämlich auch in Andorra möglich, dass eine Frau einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen kann, wenn ihr Leben in Gefahr ist.

2. Wir diskutieren hier diesen Bericht „Zugang zu sicherer und legaler Abtreibung“ vor dem Hintergrund folgender Fakten: 500 000 bis 800 000 unsichere und illegale Schwangerschaftsabbrüche werden in Europa durchgeführt. Ca. 70 000 Frauen sterben weltweit jährlich an gesundheitsgefährdenden Abbrüchen. Diesen Frauen muss geholfen werden. Auch hier geht es um Schutz von menschlichem Leben. Nie war es in meiner Absicht, und nie war es Absicht des Ausschusses für Gleichstellung, den Schwangerschaftsabbruch bis zur Geburt zu legalisieren. Und um Missverständnisse auszuräumen, bringe ich daher zwei mündliche Abänderungsanträge ein:

Außerdem akzeptiere ich, und es wurde heute im Ausschuss für Gleichstellungsfragen auch schon einstimmig so abgestimmt, den Abänderungsantrag von Herta Däumler-Gmelin, der da lautet, statt von einem „Recht auf Abtreibung“, von einem „Recht auf Zugang zu legaler und sicherer Abtreibung“ zu sprechen.

Freuen würde ich mich, wenn Sie jetzt auf Grund der Debatte und der vorgeschlagenen Änderungen diesem Bericht, der wirklich aus bestem Wissen und Gewissen verfasst wurde, zustimmen könnten.

Herzlichen Dank

Amendments zu Doc. 11537 Rev.

Amendment Nr. 54

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

Vielen Dank, Herr Vorsitzender!

Ich möchte mich den Worten zu dem letzten Abänderungsantrag anschließen. Es geht darum, dass Menschenrechte allen Menschen zugute kommen, und dass wir keine eigenen Menschenrechte für Frauen kreieren, wenngleich wir eigene Rechte für Frauen haben. Deswegen wäre diese Abänderung korrekt.

Albrecht KONEČNỶ, Österreich, SOC

Ich würde diesem Antrag zustimmen, falls mir irgend jemand sagt, wie Männer Kinder auf die Welt bringen.

Amendment Nr. 57

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

Der Bericht sagt, dass das Verbot von Abtreibungen zwingend zu katastrophalen Zuständen führt. Das ist nicht der Fall. Es kann aber zu wirklich schlimmen Auswirkungen für Frauen führen, und das wollten wir hier zum Ausdruck bringen.

Amendment Nr. 58

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

Es ist weniger von den finanziellen Mitteln abhängig, als von den sonstigen Voraussetzungen, die Frauen haben, und welche rechtliche Situation in den jeweiligen Ländern vorherrscht. Deswegen hatten wir vorgeschlagen, den letzten Teil des Original-Antrages zu streichen.

Amendment Nr. 59

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

In einer Mehrzahl der Mitgliedsstaaten ist Abtreibung nicht legal, sondern straffrei. Das ist rechtlich ein sehr großer Unterschied, auf den korrekterweise auch in dem Text Bezug genommen werden sollte. Straffreiheit ist nicht gleich legal.

Amendment Nr. 60

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

Wir wollen selbstverständlich, dass Frauen Zugang zu Abtreibungsmöglichkeiten haben, die ihre Gesundheit nicht gefährden. Allerdings sind die Formulierungen in diesem Antrag so balanciert, dass hier dieser Einschub notwendig erscheint.

Amendment Nr. 61

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

Die Berichterstatterin hat ja vorhin bereits ausgeführt, dass auch sie einverstanden damit ist, dass es gewisse Fristen geben soll, innerhalb derer eine Straffreiheit besteht. Das beinhaltet eigentlich das Gleiche an einer anderen Stelle, wo es eigentlich auch noch einmal erwähnt werden müsste. Deshalb ersuche ich Sie alle, im Sinne einer Ausgewogenheit dieser Abänderung zuzustimmen.

Amendment Nr. 62

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

Wir haben ja heute eigentlich Einigkeit darüber erzielt, dass wir alle wollen, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht in den letzten Monaten der Schwangerschaft, ohne Einschränkungen und unter jeder Bedingung möglich sein sollen. Stellen wir uns das vor: Tötung im Mutterleib mittels Spritze und dann zur Welt gebracht von einer Frau – das wollen wir nicht! Nur diese Einschränkung wird mit dieser Abänderung gemacht: Unter bestimmten Bedingungen, innerhalb einer bestimmten Zeit, Straffreiheit.

Mündliches Amendment Nr. 1

Gisela WURM, Österreich, SOC

Sehr geehrte Damen und Herren,

dieser mündliche Änderungsantrag unterstreicht noch einmal, was der Bericht auch nie beabsichtigt hat, nämlich, dass ein Schwangerschaftsabbruch in unbeschränkter Zeit vorgenommen werden können soll. Daher noch einmal klargestellt, um Missverständnisse auszuräumen, dass Schwangerschaftsabbrüche nur in einer angemessenen Schwangerschaftsgrenze, also in einer bestimmten Frist, vorgenommen werden kann. Dieser terminus technicus entspricht auch dem terminus technicus von Amnesty International.

Amendment Nr. 64

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

Dieser Änderungsantrag nimmt eigentlich Bezug auf die bereits vorgenommenen und akzeptierten Änderungen, dass nämlich das Recht oder die Möglichkeit der Frau zur einer Abtreibung innerhalb des legalen Rahmens stattfinden soll und muss, den wir für diese Resolution gemeinsam auch vorher neu festgelegt haben, und dass es nicht nur legal sein muss, sondern auch einfach straffrei gestellt sein kann, wie das in Deutschland, Österreich und vielen anderen Staaten der Fall ist – was ja hier von der Gemeinschaft nicht kritisiert wird.

Amendment Nr. 65

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

Kein Mensch will Frauen kriminalisieren. Das heißt, es geht um Entkriminalisierung, aber es geht um Entkriminalisierung innerhalb einer bestimmten Frist und/oder unter bestimmten Umständen, und nichts anderes wird hier ausgesagt. Ich bin dagegen, dass Abtreibung bis zum neunten Monat unter allen vorstellbaren Umständen zulässig sein soll für eine Frau, und ich gehe davon aus, dass das die Mehrheit hier finden muss, wenn wir den Schutz des Lebens ernst nehmen.

Mündliches Amendment Nr. 2

Gisela WURM, Österreich, SOC

Dieser mündliche Antrag zielt darauf ab, dass es innerhalb einer angemessenen Schwangerschaftszeitgrenze, also innerhalb einer bestimmten Frist, eine Entkriminalisierung, also eine Straffreiheit geben soll.

Ich glaube, dass das insofern notwendig ist, um auch die Straffreiheit, der hier auch schon sehr oft das Wort gesprochen wurde, zu garantieren. Das ist das Eine. Und es folgt auch vielen internationalen Konventionen oder internationalen Aufforderungen, sei es nun von Amnesty, sei es vom UN-Menschenrechtsausschuss, etc.

Herzlichen Dank.

Herta Däubler-Gmelin, Deutschland, SOC

Vielen Dank, Herr Präsident!

Ich glaube, dieser Zusatz macht sehr deutlich, worum es in diesem Bericht geht: Es ist das Recht auf Zugang zu einer gesundheitlich einwandfreien, sicheren und legalen Abtreibung für die Frauen. Danke schön.

Amendment Nr. 67

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

Diese Änderung sagt nur aus, dass wir uns auf die oben gemeinsam gemachten Änderungsvorschläge beziehen, und dass diese Maßnahmen innerhalb dieses rechtlichen Rahmens ausgeübt werden können. Eigentlich müsste das nach den Abänderungen, die wir vorgenommen haben, für niemanden hier ein Problem sein.

Amendment Nr. 68

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

Nachdem hier nur auf die finanziellen Möglichkeiten eingegangen wird, die für Abtreibung und für Verhütung bereitgestellt werden sollen, bin ich der Ansicht, dass wir auch - das bezieht sich auf spätere Anträge - für andere Maßnahmen zur Unterstützung der Frau Geld zur Verfügung stellen müssen. Aus diesem Grund würde das hier an dieser Stelle entfallen.

Amendment Nr. 69

Karin HAKL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

…ändert nichts an all den angenommenen Änderungen oder an dieser Resolution. Wir wollen aber zusätzlich dazu finanzielle Mittel auch für Mütter mit Kindern, und eine Aufklärung darüber. Wir wollen auch, dass Väter in die Verantwortung genommen werden, und Informationenkampagnen, die Väter darüber aufklären, dass sie sich um ihre Kinder zu kümmern haben. Und wir wollen auch, dass Angehörige des medizinischen Personals nicht dazu gezwungen werden können, an Abtreibungen mitzuarbeiten, wenn es gegen ihre Überzeugung ist. Dies zur Ergänzung bitte anzunehmen.

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

(Aktuelle Debatte: die Folgen der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo)

Herr Präsident,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Ich bin sehr froh, dass unser Rat den Anträgen von Schweden und der Schweiz stattgegeben und die Unabhängigkeitserklärung Kosovos zum Theam dieser aktuellen Debatte gemacht hat.

Die Entwicklung im Kosovo spaltet Europa. Die Fronten laufen kreuz und quer, aus verschiedensten Gründen. Auch die Gastreferenten dieser Woche hier im Plenum, gestern beispielsweise Frau Merkel, heute Frau Timoschenko, waren alles andere als einheitlicher Meinung in dieser Frage.

Somit gehört es zu den ureigenen Aufgaben des Europarates, zunächst als Forum der freien Meinungsäußerung zu dienen, Pro und Kontra der Unabhängigkeit Kosovos und ihrer Folgen aufzuzeigen, und mittelfristig hoffentlich auch zu einer Lösung dieser komplexen Situation beizutragen.

Mein Land hat den Kosovo als einer der ersten Staaten anerkannt. Das mag erstaunen, hätte man doch erwarten können, dass ein Land, das sich außenpolitisch strikter Neutralität verpflichtet, mit der Anerkennung, ja mit der Eröffnung einer eigenen Botschaft in Pristina, doch noch etwas hätte warten können.

Einer, beileibe aber nicht der wichtigste oder einzige der Gründe, die zu dieser raschen Anerkennung geführt haben, war der Druck seitens der starken kosovarischen Bevölkerungsgruppe in der Schweiz. Über 150 000 Kosovaren haben Zuflucht und Wohnsitz in unserem Land gesucht und gefunden. Das sind mehr als 2% der schweizerischen Gesamtbevölkerung. Wir hoffen aber nun, dass ein Großteil von ihnen nun allmählich zurückkehren wird in ein freies und unabhängiges Land, und zum Wiederaufbau ihres Landes beitragen kann.

Nun zur wichtigen Frage: Hat die Unabhängigkeit des Kosovo Signalwirkung auf andere Unabhängigkeitsbestrebungen in Europa, sei es im Osten oder im Westen? Diese Frage möchte ich eindeutig mit Ja beantworten, ob es uns behagt oder nicht. Wir müssen da einfach realistisch sein und können den Kopf nicht im Sand des Gutmenschentums verstecken.

Der Kosovo hat in vielen anderen europäischen Menschenseelen von Minoritäten den Drang zur Unabhängigkeit verstärkt. Wir werden das noch erleben, und entsprechend wohl auch weitere politische Problemfälle haben. Deshalb habe auch ich volles Verständnis für die Bedenken, die hier im Rat gegen eine allzu schnelle Anerkennung neuer Staaten vorgebracht werden.

Schließlich noch zu einem Thema, das ebenfalls den Kosovo betrifft und gestern auch in der Fragestunde mit Außenminister Jan Kubis von unserem polnischen Kollegen Iwinsky aufgegriffen worden ist:

Das Buch von Carla del Ponte, der ehemaligen Chefanklägerin am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien. Frau del Ponte ist heute Botschafterin der Schweiz in Argentinien, und gerade deshalb hatten ihre unbewiesenen Anschuldigungen in Sachen krimineller Organhandel im Kosovo auch in der Schweiz, und insbesondere im schweizerischen Außenministerium, zu großen Bedenken Anlass gegeben.

Frau del Ponte ist meines Erachtens zu weit gegangen. Ich teile voll und ganz, auch als Landsmann von ihr, die Antwort, die Herr Kubis gestern auf die Iwinsky-Frage gegeben hat. Weder als Chefanklägerin, noch vor allem als heutige Botschafterin, hätte sich Carla del Ponte derart weit auf die Äste hinaus bewegen sollen. Sie hat dem jungen Staat Kosovo, aber auch dessen Nachbarn, einen schlechten Dienst erwiesen. Und das ist zu bedauern.

Marlene RUPPRECHT, Deutschland, SOC

(Doc. 11547)

Vielen Dank, Herr Präsident!

Der Kollege sagte es bereits: Wir reden über ein Thema, das nicht gerade öffentlichkeitswirksam ist, sondern uns daran erinnert, dass wir nicht immer alles im Griff haben und auch nicht immer alles bewältigen, was auf uns zukommt, nämlich, unsere Kinder und Jugendlichen so ins Erwachsenenleben zu begleiten, dass sie es schaffen, dort anzukommen und die Herausforderungen auch anzunehmen.

Ich habe mir im Vorfeld heute noch einmal die Statistiken bei uns in Deutschland angeschaut und stelle fest, dass die Zahlen variieren. Das ist ein Phänomen, das wohl jeder bemerkt hat, der sich damit befasst hat. Wir haben eigentlich wenig solide Zahlen und Statistiken. Wir haben bei den erfolgreichen Selbstmorden relativ sichere Zahlen, aber bei den Selbstmordversuchen schon nicht mehr. Viele dieser Versuche kommen überhaupt nie irgendwo in die Statistik, weil sie bei der Beratungsstelle, beim Hausarzt, in der Klinik landen und dort verwahrt werden und niemand davon erfährt.

Wenn man aber ein Phänomen bekämpfen will, sollte man es sehr genau und gründlich untersuchen. Und das, denke ich, tut dieser Bericht. Er zeigt auf, an welchen Punkten wir arbeiten müssen. Einen Punkt jedoch sollten wir meines Erachtens noch einmal genauer anschauen: Die Erfassung der Zahlen, der Daten, sowie der Ursachen und Auslöser.

Ich glaube, sehr häufig werden Ursacher und Auslöser von Selbstmord vermischt. Wenn man den Psychologen glauben darf, ist das, was wir als wirkliche Ursachen sehen, häufig nur Auslöser. Nach der Wissenschaft sind ja die Ursachen sehr früh in der Kindheit angelegt. Wenn ein Kind von Anfang an herzlich willkommen ist und schon wenn es zur Welt kommt, zu spüren bekommt: „auf dich haben wir noch gewartet. Du bist der Mensch, der uns fehlt“, dann begleitet dies das Kind und macht es stark.

Wenn dies nicht der Fall ist, dann wird sich das Selbstwertgefühl sicherlich nicht so stabil entwickeln. Die Psychologen sagen uns ja, dass genau in frühkindlichen Erfahrungen die Hauptursachen für spätere Suizidversuche und Suizide liegen. Das heißt, dass zwar Auslöser dazu kommen - z.B. Freunde, Mobbing, schlechte Schulnoten, Ablehnung durch die Clique, der Bruch mit dem Freund oder der Freundin - , aber die tatsächlichen Ursachen tiefer liegen.

Deshalb ist, wie auch der Bericht sagt, die beste Prävention, sehr früh anzufangen, Kinder so stark zu machen, dass sie fürs Leben gewappnet sind. Das halte ich mit für die wichtigste Aufgabe. Das bedeutet, dass wir viel früher Hilfen für Familien bereitstellen müssen, damit sie lernen, wie man mit Kindern umgeht. Damit das, was bekanntermaßen für Kinder gut ist, in jede Familie hineingetragen wird. Das wäre ein großer Schritt vorwärts.

Es wurden auch die Medien angesprochen. Ich denke, das ist ein heikles Thema. Bei uns in Deutschland gibt es bei den seriösen Medien eine Selbstverpflichtung, nicht über Selbstmorde von Kindern und Jugendlichen zu berichten, denn die Berichterstattung könnte zu Nachahmung führen, und das wäre eine Katastrophe. Wir hatten das bereits in der Geschichte, bei Goethe: „Die Leiden des jungen Werther“ führten dazu, dass massenhaft Kinder und Jugendliche sich umbrachten. Das will die Presse bei uns vermeiden, und deshalb ist meines Erachtens eine Selbstverpflichtung der Medien notwendig.

Danke schön.