AL08CR35 |
AS (2008) CR 35 |
Provisorische Ausgabe |
SITZUNGSPERIODE 2008
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(4. Teil)
BERICHT
35. SITZUNG
Donnerstag, 2. Oktober 2008, 15.00 Uhr
REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH
Herta DÄUBLER-GMELIN, Deutschland, SOC
Frage an den schwedischen Premierminister, Fredrik REINFELDT
Herzlichen, Dank Herr Präsident!
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident, dass Sie für unsere Fragen zur Verfügung stehen und dass Sie auch so deutliche Worte für die Schwierigkeiten des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gefunden haben, die hauptsächlich aus der Blockierung der Ratifizierung des 14. Zusatzprotokolls durch Russland entstehen. Wir wissen, dass die schwedische Präsidentschaft sich sehr bemüht, diese Blockierung zu beenden. Könnten Sie uns bitte über den exakten Stand der Verhandlungen mit Russland aus Ihrer Sicht Auskunft geben oder uns sagen, ob Sie einen Plan B haben und wie dieser Plan B aussehen könnte?
Dankeschön.
Rainder STEENBLOCK, Deutschland, SOC
Frage an den schwedischen Premierminister, Fredrik REINFELDT
Vielen Dank, Herr Präsident!
Herr Premierminister,
meine Fragen richten sich auch auf die Nord Stream-Pipeline. Es hat ja in der Presse eine sehr ungewöhnliche Erklärung des amerikanischen Botschafters in Schweden dazu gegeben, sowie eine Erklärung eines Ausschusses des Europäischen Parlaments, die sich beide sehr kritisch mit den politischen, aber natürlich auch mit den ökologischen Implikationen der Nord Stream-Pipeline auseinandersetzen. Meine Frage ist: Welche politischen Debatten gibt es in Ihrer Regierung über dieses Projekt? Und zu den ökologischen Fragen: Welche Rolle spielt bei der Beurteilung für Sie auch die große Menge an Munitionsaltlasten, die in der Ostsee versenkt worden sind und die Realisierung dieses Projekt so gefährlich machen?
Rainder STEENBLOCK, Deutschland, SOC
(Doc. 11724, Dringlichkeitsdebatte)
Vielen Dank Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Ich bin seit 6 Jahren Mitglied dieser parlamentarischen Versammlung. Ich glaube, dass die Debatte, die wir heute führen bzw. in den letzten zwei Tagen geführt haben, die größte Herausforderung ist, die ich jedenfalls für die Handlungsfähigkeit der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und für das Selbstverständnis dieser Parlamentarischen Versammlung erlebt habe.
Ich war wirklich schockiert, dass wir hier eine Reihe von Kollegen gehört haben, die den Bruch des Völkerrechtes nicht nur verteidigten, sondern deutlich machten, dass sie stolz darauf sind, dass ihr Land das Völkerrecht gebrochen hat! Und es hat mich schockiert, dass für eine solche Position in diesem Haus Beifall gezollt wurde. Ich finde, das berührt die Grundfesten unseres Selbstbewusstseins, unseres Selbstverständnisses, und ich gebe allen Recht, die in diesem Konflikt sehr deutlich gesagt haben, dass beide, sowohl Georgien als auch Russland, in dieser kriegerischen Auseinandersetzung Schuld auf sich geladen und Prinzipien unserer Versammlung verletzt haben.
Wenn ich mir aber anschaue, was danach passierte und welche Konsequenzen daraus gezogen wurden, so muss ich sehr deutlich sagen, dass die russische Förderation Konsequenzen zog, die nach diesen militärischen Auseinandersetzungen, nach der Besetzung georgischen Territoriums dazu geführt haben, dass diese beiden Sezessionsgebiete anerkannt worden sind. Das ist völkerrechtlich nicht in Ordnung, denn es handelt sich um einen Prozess, der nicht im Affekt passiert ist, der nicht in der Situation, während der kriegerischen Auseinandersetzung, sondern nach diesem Prozess wohlüberlegt, gewollt und geplant stattgefunden hat.
Nach dieser Anerkennung gab es (a) die Verträge über eine Verteidigungsgemeinschaft der russischen Förderation mit diesen Gebieten, (b) die Integration dieser Gebiete in die russische Infrastruktur, Telekommunikation und Wirtschaft und (c) den Beschluss, diese Gebiete in der Außenvertretung durch die russische Förderation zu vertreten. Das ist nicht nur eine völkerrechtswidrige Anerkennung dieser Gebiete, sondern damit ist der Grat zu ihrer Annexion sehr schmal geworden.
Ich glaube, dass diese Fragen das Selbstverständnis unserer Versammlung berühren müssen, wenn wir uns nicht als ein Gremium verstehen wollen, das mal nett miteinander redet, das Dialog wichtig findet (das finde ich auch), sondern als ein Gremium, das Dialog dann wichtig findet, wenn er auf Prinzipien beruht, auf der gegenseitigen Anerkennung von Grundsätzen.
Wenn wir das nicht tun, dann werden wir unsere Chancen, die wir als Gremium des Europarates haben, verspielen, dann wird unsere internationale Anerkennung gleich Null sein und wir werden ein Debattierclub werden. Deshalb bin ich sehr dafür, dass wir Konsequenzen daraus ziehen. Das, was wir gestern gemacht haben, ist richtig, aber wir müssen im Januar noch einmal über diese Frage diskutieren, sonst machen wir uns unglaubwürdig.
Vielen Dank.
Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC
(Doc. 11725)
Vielen Dank, Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Ich möchte zunächst dem Berichterstatter und dem Ausschuss dazu gratulieren, dass in so kurzer Zeit ein so profunder Bericht erstellt werden konnte. Ich teile ausdrücklich die Bedenken, dass wir uns jetzt mit Gesetzesvorschlägen beschäftigen, die nicht endgültig zu Gesetzen geworden sind. Ich glaube, wir tun uns damit au zwei Gründen keinen Gefallen: Zum Einen, wenn wir das in jedem Mitgliedsstaat des Europarates tun, werden wir sehr schnell an unsere Grenzen stoßen, was unserer Arbeitsfähigkeit und insbesondere die Arbeitsfähigkeit der Sekretariate betrifft. Zum Anderen laufen wir immer Gefahr, Teil eines innerstaatlichen Wahlkampfs, einer innerstaatlichen parlamentarischen Auseinandersetzung zu werden, und das ist, meiner Meinung nach, nicht die Aufgabe des Europarates.
Trotz allem sollten wir natürlich, wenn der Bericht auf der Tagesordnung steht, versuchen, das Beste daraus zu machen. Ich bin dem Berichterstatter ausgesprochen dankbar, dass er noch einmal festgestellt hat – und das möchte ich auch für die EPP unterstreichen -, dass Terrorismus immer nur mit rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden kann.
Das ist ein wichtiger Grundsatz, und wir erleben in vielen Mitgliedsstaaten des Europarates, dass es immer wieder neue Gesetzgebungen gibt und dass dort, wo die Gerichtsbarkeit gut funktioniert, es auch immer wieder Urteile gibt, in denen eine Regierung, ein Parlament, darauf hingewiesen wird, dass gegen rechtsstaatliche Grundsätze, gegen die jeweilige Verfassung verstoßen worden ist. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt.
Wenn wir aus dem, was wir an diesem speziellen Beispiel sehen, vielleicht die Möglichkeit bekommen, durch eine entsprechende Studie der Venice Commission Grundsätze für rechtsstaatliches Handeln im Kampf gegen den Terrorismus abzuleiten, dann haben wir doch einen Mehrwert in dieser ganzen Angelegenheit, obwohl der Zeitpunkt des Berichtes zweifelhaft und diskussionswürdig ist.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es natürlich gerade bei einem Mitgliedsstaat wie Großbritannien, das seit so langer Zeit über eine Demokratie, über demokratische Institutionen verfügt, bedenklich ist, wenn eine Gesetzesvorlage vorliegt, nach der jemand tatsächlich 42 Tage ohne Verurteilung, ohne Anklage ins Gefängnis gebracht werden kann. Ich halte das für höchst problematisch aufgrund der Vorbildfunktion, die solche Staaten haben - auch darauf wurde hingewiesen.
Das gilt nicht nur für Großbritannien, sondern auch für mein eigenes Land und für andere Länder, die schon lange über demokratische Systeme verfügen und im allgemeinen als gefestigte Rechtsstaaten gelten. Aber nichts ist gefestigt: Demokratie und Rechtsstaatlichkeit müssen jeden Tag neu erkämpft werden. Insofern kann ich dem Berichterstatter nur gratulieren und empfehlen, dass wir diesen Bericht annehmen und uns dann anschauen, welche Empfehlungen und Grundsätze uns die Venice Commission mit auf den Weg gibt.
Herzlichen Dank.
Herta DÄUBLER-GMELIN, Deutschland, SOC
(Doc. 11725)
Vielen Dank, Herr Präsident!
Ich will nur ganz wenige Anmerkungen machen. Aber lassen Sie mich sagen: Unser Berichterstatter und die Kolleginnen und Kollegen, die gesprochen haben, haben darauf hingewiesen, mit welcher Berechtigung der Ausschuss für Recht und Menschenrechte Bedenken vorgebracht hat, jetzt ein Verfahren zu machen, das in einer demokratischen Gesellschaft noch läuft, über Fragen, die dort zu Hause noch ebenso umstritten sind wie in anderen Ländern.
Wir haben die Aufgabe, wenn auch zögerlich, doch übernommen, und danken dem Berichterstatter und dem Sekretariat, dass sie sie in so kurzer Zeit so vortrefflich erledigt haben, einen hervorragenden Bericht vorlegen konnten und auch eine Resolution, die zu lesen lohnt.
Um so mehr bedauern wir, dass wir heute in diesem Verfahren über diese Fragen reden müssen. Es ist weder dem Thema angemessen, um das es heute geht, nämlich, dass Terrorismus nur mit rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden kann, dass die Vorschläge, die die Regierungen in Großbritannien vorgelegt haben, der Rechtsstaatlichkeit nicht entsprechen, noch der Bedeutung des Büros, das ja dieses Verfahren und diesen Bericht jetzt wollte.
Wenn es etwas Gutes gibt, auf das man hinweisen kann, dann ist das in der Tat der Bericht selbst. Er ist ein Kompendium dessen, was Rechtsstaatlichkeit bei der Bekämpfung des Terrorismus bedeutet. Der Bericht der Venedig-Kommission wird uns helfen, sowohl bei der Argumentation in allen Mitgliedsstaaten des Europarates, als auch weit darüber hinaus. Ich glaube, man kann diesen Bericht und auch den Resolutionsentwurf guten Gewissens weiterempfehlen.
Der Ausschuss für Recht und Menschenrechte hat diesen Bericht und vor allen Dingen die Resolution mit überwältigender Mehrheit unterstützt, und wir weisen die Vorschläge insgesamt zurück, weil sie den Bericht in seiner Konsistenz eher abschwächen würden.
Herzlichen Dank.
Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC
(Doc. 11725)
Herr Präsident,
Kolleginnen und Kollegen!
Was das erste Amendment betrifft, so gibt es, glaube ich, zwei Dinge: Das Eine ist, dass man sagt, es ist irreführend, wenn man glaubt, das Parlament könnte die Rechte von Angeklagten oder eben Nichtangeklagten schützen. Aber hier geht es ja um Prinzipien! Ich denke, dass der Text, so wie er jetzt steht, viel stärker ist, denn es geht um die Frage der Gewaltenteilung, die wir aus guten Gründen haben. Es geht eben nicht nur darum, ob ein Parlament in der Lage ist. Ich glaube, darüber gibt es auch gar keinen Streit, dass das Parlament dazu nicht in der Lage ist. Aber es geht um die Frage der Gewaltenteilung, und deswegen denke ich, dass wir den Text so lassen sollten, wie er ist.