AL09CR06
AS (2009) CR 06
Provisorische Ausgabe
SITZUNGSPERIODE 2009
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(1. Teil)
BERICHT
6. SITZUNG
Mittwoch, 28. Januar 2009, 15.00 Uhr
REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH
Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE
(Dok. 11800 und 11789)
Herr Vorsitzender,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Wir haben heute Vormittag durch unsere verschiedenen Kommissionssprecher ein realistisches Bild über die Lage in Georgien erhalten. Es ist ein schmerzliches Bild, das uns hier präsentiert wurde: Je nach betroffener Region Tausende von Vertriebenen, große humanitäre Not, zerstörte Häuser und Infrastrukturen, unterbrochene familiäre Beziehungen, Ein- und Ausreiseverbote usw.
Da ist einerseits Hilfe seitens der internationalen Staatengemeinschaft und somit auch von uns im Europarat gefragt. Aber es gibt auch eine andere Seite, die ebenso effizient, wenn nicht gar effizienter sein könnte, nämlich das direkte Gespräch zwischen den beiden Konfliktparteien. Allerdings haben Russland und Georgien im Zuge des bewaffneten Konflikts ihre diplomatischen Beziehungen seit letztem August bereits abgebrochen. Sie reden offiziell nicht mehr miteinander, sie meiden einander, sie trauen sich aus verständlichen Gründen nicht mehr.
Das heißt aber nicht, dass sämtliche Kontakte unterbrochen sein müssen. Dafür ist international vorgesorgt, in Form der Wiener Konvention über die diplomatischen Beziehungen. Diese Konvention sieht die so genannte Schutzmachtfunktion vor, also die Interessenvertretung durch einen anderen Staat. Ich möchte hier auch meiner großen Genugtuung Ausdruck geben, dass sowohl Russland als auch Georgien meinem Land, der Schweiz, dieses Mandat übertragen haben, in Form je eines spiegelbildlich gleichen Abkommens zur Übernahme der Interessenvertretung.
Seit letztem Dezember laufen die Kontakte über Schweizer Diplomaten und ihre Missionen in Tiflis und in Moskau. Es freut mich, dass diese Kontakte spielen, und ich bedanke mich bei meinen russischen und georgischen Kolleginnen und Kollegen hier im Saal, dass ihre Länder meinem Land dieses Vertrauen entgegengebracht haben, ein Vertrauen, das zweifellos auch auf der Tatsache beruht, dass sich die Schweiz auf internationaler Ebene einer immer währenden Neutralität verpflichtet hat.
Die Schweiz wird dieses Vertrauen nicht enttäuschen. Sie wird, soweit es ihrem Einfluss unterliegt, auf der Basis des ihr übertragenen Mandats zur Linderung des humanitären Leidens beitragen können, und hoffentlich auch Schritt für Schritt zu einer echten Lösung des Konflikts.
Das direkte Gespräch, auch wenn es über einen Drittstaat geführt wird, ist eine der unerlässlichen Voraussetzungen dafür, dass wieder Ruhe und Frieden in diese arg gebeutelte Region am Kaukasus zurückkehrt. In diesem Geiste hoffe ich, dass die Interessenvertretung durch die Schweiz alsbald wieder der Vergangenheit angehört.
Wolfgang WODARG, Deutschland, SOC
(Dok. 11758)
Vielen Dank, Herr Präsident!
Ich bin natürlich ein wenig enttäuscht, dass so wenig Zeit aufwenden wir für Palliativpolitik und für das, was die Menschen sehr stark bewegt, was in der Zukunft liegen soll – unser Bemühen, den Menschen vor allen Dingen die Angst nehmen vor einer Medizin, vor der sie sich zunehmend fürchten. Dass wir dann nur so wenig Zeit und so wenige Zuhörer und Diskussionsteilnehmer dafür haben, finde ich traurig! Ich hätte mir gewünscht, wir hätten den vorigen Punkt im Büro ein wenig kondensiert. Ich glaube, wir sind alle müde und mit immer den gleichen Dingen überfüttert worden. Deshalb bedaure ich das ausdrücklich sehr.
Trotzdem will ich nutzen, was der Bericht sagen will, und ich will es hier sagen, wo Sie noch da sind; vielleicht liest es der eine oder andere ja doch noch. Es geht ganz einfach um einen Paradigmenwechsel in der Medizin. Wir sind es gewohnt, dass jemand, wenn er krank ist, besonders behandelt wird. Dann hat er kaum noch Pflichten, nur noch die, gesund zu werden. Und die Ärzte und Krankenhäuser arbeiten daran, dass wir gesund werden.
Dieser Sonderstatus von Kranken ist nur deshalb erlaubt, weil wir wissen, dass die Krankheit irgendwann einmal wieder aufhören muss. In den meisten Fällen tut sie das auch, und die Medizin hilft dabei. Doch manchmal schafft die Medizin es nicht. Dann sind die Ärzte enttäuscht und die Patienten und ihre Angehörigen traurig. Auch sterben Patienten manchmal. Wir haben zu diesem Bereich des Sterbens, in dem die Medizin nicht mehr helfen kann, spezielle Hilfen ersonnen, besonders bei lebensbedrohliche Erkrankungen, die mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tode führen, d.h. meistens Krebs- oder ähnliche Erkrankungen.
In diesem Bereich gibt es die Palliativmedizin, die besonders in Großbritannien zuerst fortentwickelt und perfektioniert wurde, im National Health Service, der sehr nahe am Menschen arbeitet und nicht nur Ärzte einsetzt, sondern darauf setzt, dass eine sehr wohnortnahe, eine wohnungsnahe Betreuung gewährleistet ist, sodass die Menschen dort bleiben können, wo sie am liebsten sind, und ihnen trotzdem geholfen wird.
Zunehmend ist auch in anderen Länder das Ziel der der ambulanten palliativen Versorgung geworden, dass diese Menschen nicht in Institutionen müssen. Diese Versorgung ist unterschiedlich gut ausgeprägt. Die skandinavischen Länder und Holland sind dort sehr weit, und auch in anderen europäischen Ländern ist man dabei, eine solche Versorgungsstruktur aufzubauen.
Das Ganze dreht sich wie gesagt meistens um Krebspatienten, Patienten, die in den letzten Wochen und Monaten spezielle Hilfe brauchen und anfordern. Was wir völlig vergessen, ist, dass es zwischen dieser Akut-Medizin zum wieder-gesund-Werden, dieser „Reparaturbetrieb-Medizin“, und dem zum-Tode-hin-Begleiten einen ganz breiten Raum gibt; dass es Millionen von Menschen gibt, die nicht „repariert“ werden können und nicht wieder gesund werden.
Menschen, die eine chronische Erkrankung haben, von der sie wissen, dass sie sie meist bis an ihr Lebensende, das oft viele Jahre entfernt ist und sich oft nicht unterscheidet von dem von Menschen mit einer normalen Lebenserwartung, begleiten wird. Diese Menschen sind der Schrecken der Ärzte und des medizinischen Personals, weil sie da eben ohnmächtig sind; sie können nicht heilen, und sie können in der kurzen Zeit, die sie meist zur Verfügung haben, auch nicht trösten.
Sie haben auch wenig Zeit, zu begleiten. Hier bedarf es ganz anderer Strukturen, und darum geht es in diesem Bericht. Er möchte klar machen, dass wir von dem, was wir in der Palliativmedizin für Krebspatienten anbieten, viel lernen können. Das ist eine Art, Menschen zu betreuen, zu begleiten, die nicht nur bei Sterbenskranken richtig ist, sondern auch bei vielen chronisch Kranken.
Das Ziel bei der Behandlung und Betreuung von chronisch Kranken ist ja, dass sie mit ihrer nicht heilbaren Krankheit menschenwürdig leben können, in der Gesellschaft integriert bleiben und an ihr teilnehmen können. Sie wollen weiterhin dabei sein, ihre Aufgaben erledigen, ihre Sorgen loswerden, und zwar möglichst ohne Schmerzen und ohne Beschwerden. Prinzipien, wie wir sie in der Palliativmedizin kennen, kommen also auch hier zum Tragen.
Denken Sie an schwer rheumakranke Menschen, die sich kaum noch bewegen können, die ihr Leben lang Schmerzen haben und sich nicht mehr aus der Wohnung trauen. Menschen, die sich schämen wegen ihrer deformierten Gelenke. Diese Menschen brauchen eine ganz andere Hilfe als die Behandlung in den Akut-Krankenhäusern. Natürlich brauchen auch sie Medikamente, aber sie benötigen viel mehr als das: Verständnis und spezielle Lebensumstände. Für sie müssen wir etwas tun.
Auch gibt es natürlich Übergänge zwischen einer Behinderung und einer chronischen Erkrankung. Chronische Erkrankung bedarf der dauernden Therapie. Eine Behinderung ist keine Krankheit, sondern eine Veränderung in den Lebensmöglichkeiten; sie muss nicht behandelt werden. Hier gibt es also Unterschiede, und es sind auch unterschiedliche Zuständigkeiten da. Wir haben, wenn es sich um Patienten, um chronisch Kranke handelt, in den meisten Gesundheitswesen einen Anspruch darauf, dass gehandelt wird.
Was hier möglich ist, wird in den meisten Ländern weder den Ärzten in ihrem Studium beigebracht, noch wird es in vielen Ländern ausreichend angeboten. Woran liegt das? Meine Gesundheitsministerin sagt jedes Mal: „Der Fortschritt in der modernen Medizin soll allen Versicherten zugute kommen“.
Da frage ich mich, welchen Fortschritt sie meint. Wo schreitet da etwas fort? Neue Medikamente? Gut, manchmal helfen sie. Neue Diagnostika, mit denen man feststellt, was alles versagt und wie der Körper funktioniert? Das nützt nichts, wenn man nicht helfen kann, weil man keine Therapie hat. Neue therapeutische Methoden? Bei chronischen Erkrankungen gibt es da nicht so viel.
Auch haben wir große Probleme: Derjenige, der sich wirklich dieser chronisch Kranken annimmt, kümmert sich um ein sehr teures Projekt, denn qualitativ hochwertige, teure Hilfe ist lebenslang notwendig. In Deutschland, wo wir Krankenkassen haben, die miteinander im Wettbewerb stehen, drücken sie sich davor, sich um diese Menschen zu kümmern. Sie drücken sich davor, Programme zu machen; das können ja die anderen machen, denn es ist ja sehr teuer! Hier gibt es also große Probleme, besonders in den Ländern, wo in der öffentlichen Wahrnehmung der Bereich Gesundheit als Markt gesehen wird.
Da kommen wir auf einen Kernpunkt: Wir haben in Europa zwei vollkommen unterschiedliche Paradigmen, die nebeneinander existieren und nicht explizit diskutiert werden. Das eine Paradigma ist: Eine Gesellschaft muss sich um ihre Kranken kümmern, und zwar so effizient wie möglich, damit sie möglichst schnell und möglichst gut wieder in der Gesellschaft leben können. Das darf nicht zu viel kosten, und es muss sehr wirksam sein. So machen es meistens die Länder, die ein nationales Gesundheitswesen haben.
Aber es gibt andere Länder, die sagen: Der Gesundheitsbereich ist ein Wirtschaftsbereich, in dem man sehr viel Geld verdienen, sehr viel Leistung verkaufen und sehr viele neue Arbeitsstellen schaffen kann. Dieser Bereich sagt: Wir brauchen möglichst viele Kranke, um hier Dinge verkaufen zu können! Hier ist also ein Widerspruch. Diese beiden Systeme stehen nebeneinander, wie z.B. in meinem Land, aber auch in vielen anderen europäischen Ländern, und sie werden nicht explizit diskutiert.
Was wollen wir denn nun? Wollen wir den Markt, wollen wir viel verkaufen, wollen wir Wachstum im Gesundheitswesen? Oder wollen wir möglichst sparsam die Leute gesund halten? Wollen wir nicht den bezahlen, der darauf aufpasst, dass die Menschen gar nicht erst krank werden? Wollen wir nicht den bezahlen, der dafür sorgt, dass Menschen möglichst schnell wieder ihre Möglichkeiten nutzen können, der sie rehabilitiert?
Das sind völlig unterschiedliche Ansätze. Darauf möchte ich in diesem Bericht auch aufmerksam machen, und ich möchte Wege zeigen. Das Modell der Palliativmedizin ist ein solcher Weg. Ich freue mich, dass wir dieses Thema im Gesundheitsausschuss sehr ausgiebig diskutiert haben.
Ich glaube, es wird sich lohnen, auch in Zukunft ein Augenmerk auf die Unterschiede zu legen und die unterschiedlichen Länder zu beobachten, um zu sehen, wer was tut, was dahinter steckt, wer das Ganze steuert, wer eigentlich derjenige ist, der das jeweilige Gesundheitswesen gestaltet, und aus welchem Grund. Deckt sich das, was dort getan wird, mit unseren Menschenrechtsprinzipien, oder werden dort mit dem Leid der Menschen Geschäfte gemacht?
Das ist die Kernfrage, denn das sind die beiden Paradigmen, die sich nicht vertragen und die wir explizit diskutieren möchten. Dazu möchte dieser Bericht beitragen, und ich freue mich auf die Diskussion.
Danke.
Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC
(Debatte über die Lage in Gaza)
Herr Präsident,
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Insgesamt passt diese Debatte zwar vom Zeitpunkt her nicht, aber sie passt zu dem heutigen Tag, denn eben gerade, auch bei meinem Vorredner, ging es im Wesentlichen um eine Frage: Wer hat Schuld?
Doch die Frage nach Schuld beantwortet nicht die Frage nach der Zukunft. Auch ist die Frage nach Schuld nicht ganz so einfach zu beantworten. Es ist völkerrechtlich weder vertretbar, eine Raketenstation unter ein Krankenhaus zu bauen, noch, dieses Krankenhaus hinterher zu bombardieren und in Kauf zu nehmen, dass Patienten dabei sterben.
Es ist beides gleichermaßen verwerflich, und ich finde, wir sollten nicht damit anfangen, eine Frage, die von hier aus ohnehin schwer zu beantworten ist, zu stellen, nämlich die Frage, wer die erste oder die größte Schuld trägt. Wir sollten uns auf die Frage konzentrieren, welchen Beitrag wir leisten können, um die Situation zu verbessern.
Natürlich spielt die Frage der Siedlung, wenn wir über große Lösungen reden, eine wichtige Rolle. Es ergibt keinen Sinn, immer neue Siedlungen zu bauen, wenn man auf der anderen Seite für eine Zwei-Staaten-Lösung ist. Aber ich kann auch verstehen, dass man sagt: Wir müssen nicht unbedingt mit denen reden, die jeden Tag unsere eigene Vernichtung propagieren. Es ist eine relativ schwierige Frage.
Ich frage ich mich, ob der Kollege dort drüben das machen würde, einfach ohne Probleme Gespräche mit jemandem zu führen, der ihm sagt, dass es sein Hauptziel ist, ihn vom Erdboden verschwinden zu lassen.
Insofern sollten wir uns wirklich darauf konzentrieren, was wir tun können, um eine Lösung herbeizuführen. Wir haben da verschiedene Möglichkeiten, der Kollege Lindblad hat darauf hingewiesen, aber es gibt noch mehr.
Wir sind alle mehr oder weniger eng mit den Vereinigten Staaten verbündet oder verpartnert. In den Vereinigten Staaten liegt ein großer Schlüssel für diese ganze Frage, weil es auf der einen Seite großen Einfluss nach Ägypten – das ist wegen der Grenzübergänge und der Tunnelfrage wichtig –, und auf der anderen Seite großen Einfluss auf Israel gibt.
Ich habe beide Gegenden besucht. Ich war mehrmals in Palästinensergebieten, sowohl in Gaza als auch auf der anderen Seite, ich habe viele Male Israel besucht, und ich glaube, ich kann sagen, dass die Menschen dort vor allen Dingen eines wollen: Frieden. Es ist die Aufgabe von Politikern, dafür zu sorgen, dass es diesen Frieden gibt.
Das gilt zuerst natürlich für diejenigen, die vor Ort die politische Verantwortung haben. Ich höre oft: „Ihr Europäer müsst da etwas machen“, oder „die Amerikaner“, oder wer auch immer. Das ist der falsche Ansatz. Wenn, dann muss das vor Ort geschehen.
Was wir tun können, ist, die Hand zu reichen und zu sagen: Wir helfen euch bei den Problemen, die ihr dabei vielleicht seht. Und ich finde, dass wir uns bei der ganzen Diskussion ein bisschen mehr auf die Zukunft konzentrieren sollten, denn es gibt dort einige Aufgaben, die nur zusammen geleistet werden können.
Ich denke da z.B. an Zukunftsfragen wie Wasser. Eine andere Frage ist die der Energie. Das sind Dinge, die nicht einmal Palästina und Israel zusammen lösen könnten. Dies werden Fragen sein, die die Region zum Schluss gemeinsam lösen muss. Und ich glaube, dass wir mit allen unseren Erfahrungen und unserem Können durchaus eine Position haben, um unterstützend eingreifen zu können, und dass wir dadurch, dass wir Friedens- und Zukunftsfragen gemeinsam lösen, den Frieden besser propagieren als mit der Frage nach Schuld.
Danke sehr.
Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE
(Debatte über die Lage in Gaza)
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Ich war vor einiger Zeit Delegierter des IKRK in Gaza. Ich stand dort während vieler Monate förmlich zwischen den Fronten, zwischen Israelis und Palästinensern, habe die überwiegend feindselige Stimmung in beiden Lagern, wie auch die Leiden hautnah mitbekommen. Ich traue mir folglich angemessene Objektivität in der Beurteilung der aktuellen Konfliktlage zu.
Deshalb nehme ich auch klar Abstand von einseitiger Schuldzuweisung. Fehler haben über Jahrzehnte beide Seiten gemacht, darüber hinaus aber auch die internationale Staatengemeinschaft, angeführt von der UNO, die sich insbesondere und leider durch die Verabschiedung wirkungslos gebliebener Resolutionen hervorgetan hat.
Aber auch Europa macht nicht eben eine überzeugende Figur, wie man jüngst wiederum zur Kenntnis nehmen konnte. Da weilte doch eine hochrangige EU-Delegation vor Ort, und nicht weniger als 24 Stunden später jagte ein Konkurrenz-Trupp, angeführt von Frankreichs Präsidenten Sarkozy, namens der EU-nahen Mittelmeer-Union aktivistisch hinterher!
Die arabische Staatenwelt ihrerseits ist gespalten und zeichnet sich viel mehr durch passive Scheinheiligkeit aus, als dass sie sich wirklich um einen dauerhaften Frieden bemühen würde. Auch verstehe ich die jüngste Haltung Ägyptens nicht. Aus humanitären Gründen hätte es doch als Nachbar den Gaza-Streifen im Süden zeitweilig öffnen können für die Evakuierung von Verletzten, aber auch von Kindern, Kranken usw. Man hätte diese Leute vorübergehend im Nordsinai in El-Arish oder in mobilen Zeltlagern unterbringen können. Doch Ägypten verharrte in wenig humaner Passivität.
Schließlich noch zu den Konfliktparteien selber: Natürlich hat Israel auch aus meiner Sicht mit zu großer militärischer Wucht reagiert, unter Inkaufnahme von viel zu vielen Opfern in der Zivilbevölkerung. Aber das Recht auf Selbstverteidigung darf Israel grundsätzlich nicht abgesprochen werden. Und die Hamas-Organisation muss nun einmal zur Kenntnis nehmen, dass sie mit ihrem andauernden Raketenbeschuss diesen jüngsten Waffengang förmlich provoziert hatte.
Heute, nach 60 Jahren Nahostkonflikt mit vielen Kriegen und allzu hohen Opferzahlen, bin ich weiterhin skeptisch, ob es zwischen Israelis und Palästinensern je zu einer echten und dauerhaften friedlichen Lösung kommen wird.
Kurz- und mittelfristig setze auch ich meine Hoffnung auf den neuen US-Präsidenten Obama. Gelingt aber auch ihm der Durchbruch nicht, dann könnte dieser leidige Konflikt sehr wohl noch weitere Jahrzehnte anhalten, und die Diskussion von heute wird x-fach weitere Auflagen erhalten. Vielleicht nicht eben im Gehetz, wie heute, sondern unter ordentlichen parlamentarischen Rahmenbedingungen.