AL09CR12       AS (2009) CR 12

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2009

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(2. Teil)

BERICHT

12. SITZUNG

Dienstag, 28. April 2009, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH


Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 11841)

Vielen Dank Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Als Menschenrechtsverteidiger wird man nicht geboren. Menschenrechtsverteidiger werden die meisten Menschen in ihrem Leben deshalb, weil sie die Erkenntnis haben, dass sie sich für andere einsetzen müssen, deren Rechte nicht gewahrt sind. Das können ganz unterschiedliche Umstände sein, unter denen Menschen zu Menschenrechtsverteidigern werden. Es können Journalisten, Rechtsanwälte, Vertreter von zivilgesellschaftlichen Organisationen sein – in diesem Feld ist prinzipiell alles möglich.

Ich muss sagen, dass ich diejenigen, die unter sehr schwierigen Umständen für die Rechte anderer eintreten sehr bewundere. Da ich aus Deutschland komme, einem Land, das eine friedliche Wiedervereinigung, eine quasi friedliche Revolution erlebt hat, habe ich hohen Respekt vor den politisch Verantwortlichen in Deutschland und in allen Teilen der Welt, die die deutsche Einheit möglich gemacht haben.

Mein Respekt ist mindestens genauso groß für all diejenigen, die namenlos sind, die in Leipzig, Berlin oder anderswo in der ehemaligen DDR auf die Straße gegangen sind und gesagt haben: „Wir sind das Volk – nicht diejenigen da oben, sondern wir!“ Aus diesem Ruf wurde dann irgendwann „Wir sind ein Volk!“ und daraus ist dann die friedliche Wiedervereinigung meines Vaterlandes zustande gekommen.

Insofern glaube ich, dass der vorliegende Bericht einen wichtigen Punkt trifft, nämlich die Frage: „Was können wir als parlamentarische Versammlung des Europarates tun, um diejenigen zu schützen, die in ihren Heimatländern für Menschenrechte, für die Rechte anderer eintreten und welche Möglichkeiten haben wir, um die entsprechenden Institutionen zu unterstützen?“

Die Frage danach, ob solche Menschen besonders gefährdet sind, beantwortet sich, glaube ich, von selbst. Das zeigen viele Beispiele aus der Vergangenheit: Morde an Journalisten, Angriffe auf Rechtsanwälte; das alles konnten wir in den vergangenen Jahren sehen. Auch die Tatsache, dass die internationale Gemeinschaft – und nicht nur der Europarat – sich intensiv mit dieser Frage auseinandersetzt, durch Konventionen, Erklärungen, Regelungen, Guidelines zeigt, dass es offensichtlich ein Problem gibt und die Frage, wie man damit umgeht, beschäftigt uns heute.

Dieser Bericht versucht auch die Frage danach anzugehen, welchen Bedrohungen diejenigen ausgesetzt sind, die für andere Bedrohte eintreten. Das können Bedrohungen von nichtstaatlichen Akteuren sein, die vom Staat geduldet werden oder gegen die der Staat zwar vorgeht, aber deren Aktivitäten er nicht unterbinden kann, aber es können auch staatlich motivierte Verfolgungen sein. Dieser ganzen Bandbreite gilt es zu begegnen, und das ist wahrlich keine einfache Aufgabe.

Ich komme zu der Rolle, die der Europarat unserer Meinung nach an dieser Stelle spielen muss und auch zu der Frage, was wir speziell tun können. Es ist sehr zu begrüßen, dass das Ministerkomitee im vergangenen Jahr erklärt hat, dass die Frage der Menschenrechtsverteidiger eine wichtige Frage ist und dass es auch beschlossen hat, dem Menschenrechtskommissar an dieser Stelle eine besondere Aufgabe, ein besonderes Mandat zu geben.

Gerade aufgrund der Tatsache, dass noch nicht alle Spezifitäten dieses Mandates klar sind, ist es wichtig, uns mit dieser Frage zu beschäftigen und zu sehen, wo unsere spezielle Rolle ist. Wir wollen natürlich nicht die Arbeit anderer wiederholen, sondern wir wollen einen zusätzlichen Wert einbringen in dieses Anlegen, die Rechte derer, die für andere eintreten, zu schützen. Aus diesem Grund ist der vorliegende Bericht entstanden.

Es geht um unsere Rolle bei dieser Aufgabe. Diese Rolle ist eine besondere, weil wir einerseits hier Vertreter der Parlamentarischen Versammlung sind, aber eben andererseits auch zu Hause Verantwortung tragen. Das ist relativ einzigartig und einmalig, denn es bedeutet, dass wir auf beiden Seiten die Möglichkeit haben, Einfluss zu nehmen und entsprechende Veränderungen durchzuführen.

Wir haben natürlich auf der einen Seite die Möglichkeit, die nationale Gesetzgebung dahingehend zu beeinflussen, dass Menschrechtsverteidiger bestmöglich geschützt sind und ihre Arbeit gefördert wird, und auf der anderen Seite haben wir die Möglichkeit, nichtgesetzliche Arbeit zu tun und durch Erklärungen und Anträge in den Parlamenten deutlich zu machen, wie wichtig diese Arbeit sowohl in der Innen- als auch in der Außenpolitik ist.

Ich glaube, dass die Verteidigung der Menschenrechte nur in einer Gesellschaft gelingen kann, in der ein Sinn dafür herrscht, dass derjenige gegenüber, auch wenn er eine andere Meinung vertritt, einen Mehrwert für diese Gesellschaft darstellt.

Wenn wir diejenigen, die Menschenrechte verteidigen, immer nur als Feinde sehen, dann wird es nicht zu einem fruchtbaren Dialog kommen. Deswegen brauchen wir alle Akteure: eine wahre Zivilgesellschaft, freie Medien, ein unabhängiges Rechtssystem und ein starkes Parlament; eben alles, was dazugehört, um diese Dinge funktionieren zu lassen.

Wir schlagen konkrete Maßnahmen vor; wir unterstützen die Tätigkeit des Menschrechtskommissars. Was unsere Maßnahmen betrifft, so wollen wir nicht nur – und das gilt insbesondere für den Rechtsausschuss –, dass mit diesem Bericht einmal ein Statement gesetzt wird, sondern es ist uns wichtig, dass der Rechtsausschuss und die gesamte Versammlung das Thema auch weiterhin auf der Tagesordnung hält und sich weiterhin mit der Frage beschäftigt.

Denn wir wissen, dass der Einsatz für die Rechte anderer nichts ist, was mit einem Mal getan sein kann. Wenn Sie sich die berühmten Menschenrechtler dieser Welt anschauen, dann sehen Sie, dass deren Arbeit manchmal erst nach Jahrzehnten, in denen sie durch schwierige Situationen gegangen sind, in Gefängnissen waren und bedroht wurden, wirklich Erfolg gezeigt hat.

Erlauben Sie mir noch eine abschließende Bemerkung: Ich bewundere diejenigen, die sich unter äußerst schwierigen Umständen über Jahre und Jahrzehnte für die Verteidigung der Rechte anderer eingesetzt haben. Das nötigt mir großen Respekt ab.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich, wenn ich unter ähnlichen Umständen, in solcher Art und Weise in einem Land leben müsste, tatsächlich in der Lage und mutig genug wäre, das zu tun. Ich frage mich, woher diese Menschen eigentlich immer die Hoffnung und die Zuversicht nehmen, dass die Dinge irgendwann besser werden.

Ich glaube, dass kein anderer als Václav Havel schöner gesagt hat, worum es eigentlich geht. Ich möchte ihn hier zum Abschluss meiner Ausführungen zitieren: „Hoffnung ist eben nicht Optimismus, ist nicht Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht.“      

Vielen Dank.

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841)

Herr Vorsitzender,

Ich beglückwünsche wie mein Vorredner den Berichterstatter im Namen meiner, der ALDE-Gruppe, sehr herzlich zu diesem umfassenden, sehr informativen Bericht, der ja auch viele Aufforderungen an uns Parlamentarier enthält, also auch eine Selbstverpflichtung ist.

Die Lage derjenigen, die sich für die Menschenrechte Anderer ehrenamtlich oder auch professionell einsetzen, ist alles andere als gesichert. Dieser Bericht gerade in seinem erläuternden Teil wirft einen hervorragenden, detaillierten Blick auf die Situation dieser Menschenrechtsverteidiger in vielen Ländern.

Gerade wegen ihrer Tätigkeit, wegen dieses von uns allen so gerühmten, wichtigen Engagements, sind Menschenrechtsschützer immer wieder schlimmsten staatlichen Pressionen ausgesetzt und brauchen dann selber den Schutz, den sie mit ihrer Tätigkeit anderen geben wollen.

Ohne den Einsatz von Menschenrechtsverteidigern sind viele der Werte des Europarates, also der Werte, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention stehen, überhaupt nicht durchsetzbar. Deshalb kommt dem Menschenrechtskommissar des Europarats mit einem verstärkten Mandat eine herausragende Rolle zu, und da muss er sich auch bewähren.

Es gibt viele gute Einzelvorschläge, mehr Anerkennung für Menschenrechtsverteidiger zu schaffen und sich für verstärkte Mittelausstattung, Ressourcenverbesserung des Menschenrechtskommissars einzusetzen.

Öffentlichkeit ist, wie wir aus unserer gemeinsamen Erfahrung seit vielen Jahren wissen, häufig eine der wichtigsten Schutzvorkehrungen für Menschenrechtsverteidiger und -aktivisten.

Auch müssen wir Vorschläge, die der Berichterstatter gemacht hat, in unsere nationalen Parlamente mitnehmen. Ich will dafür nur ein kleines Beispiel herausgreifen, das aber häufig existentiell für Menschenrechtsverteidiger ist, nämlich die von Ihnen positiv bewerteten sog. „Notfallvisa“, also die Möglichkeit, in einem beschleunigten, unbürokratischen Verfahren ein zeitlich und territorial begrenztes Visum zu erhalten.

Denn wenn erst einmal die Behördenmühlen mahlen, dann wird bei den Stellen zurückgefragt, die ja gerade eher im Sinn haben, den Menschenrechtsverteidiger, der ausreisen will und muss, an der Ausreise zu hindern, sodass er in dem Land bleiben muss, in dem er dann Pressionen ausgesetzt ist.

Deshalb halte ich die Notfallvisa ebenso wie Ihre Hinweise auf zwei Mitgliedstaaten des Euroaparates, die hier entsprechende humanitäre Visaerfordernisse haben, für ein gutes Beispiel. Diese guten Beispiele sollten zur Gesamtpraxis der Mitgliedstaaten des Europarates werden.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich wirklich über die Unerschrockenheit, Unermüdlichkeit und Selbstlosigkeit von Menschenrechtsverteidigern immer wieder tief beeindruckt bin. Besonders mein letztes Erlebnis in Moskau hat mich wirklich tief beeindruckt. Ich hatt dort Gelegenheit, ein vertrauliches Gespräch mit dem seit vielen Jahren bekannten Menschenrechtler Lev Ponomarev zu führen. Mehrere Stunden danach wurde er auf der Straße überfallen und brutal niedergeschlagen. Obwohl er im Krankenhaus intensiv behandelt werden musste, lässt er sich nicht davon einschüchtern!

Solchen Menschenrechtsschützern müssen wir den Rücken stärken! Holen wir sie stärker ins Licht der Öffentlichkeit. Dieser Bericht ist dazu ein wichtiger Schritt.

Vielen Dank.

Hakki KESKIN, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 11841)

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Auch ich möchte Herrn Haibach für seine sehr gelungene Arbeit danken.

Zu den Hauptaufgaben des Europarates gehören vor allem die drei Säulen Menschenrechte, Rechststaatlichkeit und Demokratie.

Seit gestern diskutieren wir über die Menschenrechte und über die Lage der Menschenrechtsschützer. Menschenrechte sind universale Rechte; sie sind nicht teilbar.

Ich bin Abgeordneter des Bundestages. Meine Muttersprache ist Türkisch. Deshalb verfolge ich die Entwicklung in der Türkei, was Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie betrifft, sehr intensiv.

Die Türkei hat insbesondere in den Jahren 2000-2007 beachtliche Reformen durchgeführt. Seit nunmehr eineinhalb Jahren sind jedoch im Bereich Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit berechtigte Sorgen entstanden.

Der Verband türkischer Richter und Staatsanwälte, 58 Rechtsanwaltskammern, viele namhafte Juristen und renommierte Verfassungsrechtler warnen vor einer Politisierung des Justizwesens.

Zahlreiche Professoren, Rektoren der Hochschulen, Journalisten, Vertreter anderer Organisationen werden in Nacht- und Nebelaktionen ohne Gerichtsentscheidung aus dem Bett geholt und z.T. inhaftiert. Manche Inhaftierte sind seit Monaten in Haft, ohne zu wissen, weshalb.

Interessanterweise sind fast alle dieser Menschen als überzeugte Laizisten bekannt. Sie haben gemäß der Entscheidung des Verfassungsgerichtes Studentinnen mit Kopftuch den Zugang zu Seminaren verwehrt.

Es hat sich daher der Eindruck verstärkt, dass es sich bei diesen Operationen um eine Unterdrückung und Verfolgung von Laizisten durch fundamentalistisch orientierte Islamisten handelt. Deren Presse führt eine Verläumdungs- und Hetzkampagne gegen diese Menschen.

Bis vor kurzem war ich bei der Kritik gegen Missstände in der Türkei sehr zurückhaltend, weil die Türkei oft zu Unrecht und mit zweierlei Maß kritisiert wurde.

Nun jedoch sind der Rechtsstaat und die Menschenrechte in der Türkei akut gefährdet. Deshalb habe ich heute das Wort ergriffen, um hier ganz klar Stellung zu nehmen. Selbstverständlich steht es jedem Staat zu, gegen strafbare Handlungen mit rechtsstaatlichen Mitteln vorzugehen. Es kann jedoch nicht akzeptiert werden, dass Menschen, die seit Jahren für mehr Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaat kämpfen, mit nichtrechtsstaatlichen Mitteln verläumdet und sogar inhaftiert werden.

Ich danke Ihnen.

Holger HAIBACH, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 11841)

Danke, Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte mich ganz herzlich alle denjenigen bedanken, die hier das Wort genommen und wichtige Beiträge zu diesem Thema geliefert haben. Den Dank, den ich für diesen Bericht bekommen haben, möchte ich an das Ausschuss-Sekretariat, an Frau Maffucci weiterleiten, die ihn erst möglich gemacht hat.

In einer idealen Welt, darauf haben einige Kolleginnen und Kollegen hingewiesen, bräuchten wir diese ganze Debatte nicht. Denn idealerweise fühlen wir uns natürlich alle als Mitglieder des Europarates den Menschenrechten verpflichtet und haben alle die Menschenrechtskonvention unterzeichnet. Insofern sollte es diese Probleme nicht geben. Aber mit paradiesischen Verhältnissen auf Erden ist es natürlich nicht so einfach, insofern brauchen wir diese Resolution!

Zu der Frage, wer Menschenrechtsverteidiger ist und wer nicht: Dafür gibt es eine ganz klare Definition seitens der UN. Ein Menschenrechtsverteidiger ist jemand, der für die Rechte anderer eintritt, aber auf friedlichem Wege. Es geht nicht darum, Menschen zu unterstützen, die versuchen, gewaltsam etwas zu erreichen, oder Menschen, die ein totalitäres System wollen. Sondern es geht darum, Menschen, die auf friedlichem Wege für ihre Meingung oder für andere streiten, und genau darum dreht sich dieser Bericht.

Herr Kollege Mignon und viele andere haben darauf hingewiesen, dass das nicht nur die Frage eines Landes ist. Es ist eine Frage, die in vielen verschiedenen Facetten in vielen unserer Mitgliedstaaten auftauchen kann.

Unser Kollege aus Italien, der das Wort ergriffen hat, hat davon gesprochen, dass es nicht nur darum gehen soll, zu kritisieren, sondern dass man auch entsprechende Hilfestellung leisten muss. Das ist richtig; es gehört beides zusammen. Wenn es Probleme gibt, muss das gesagt werden, aber es muss auch Hilfestellung geleistet werden.

Aus unserer eigenen Erfahrung in Deutschland möchte hier anfügen, dass, als wir im Rahmen des Balkankrieges die Aufgabe hatten, bosnische Flüchtlinge aufzunehmen, Deutschland mehr Flüchtlinge aufgenommen hat als der Rest der Europäischen Union zusammen. Damals war es mit der Solidarität leider nicht besonders weit her; deshalb hoffe ich, dass wir in Zukunft alle etwas daraus lernen.

Bei der Frage, was wir tun können, hat Frau Kollegin Gautier zu Recht darauf hingewiesen, dass uns ein beachtliches Instrumentarium zur Verfügung steht, um unserer Meinung Ausdruck zu verleihen. Doch nutzen wir dieses Instrumentarium nicht immer. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass jeder von uns schon einmal bei einer Resolution die Hand gehoben hat, bei der wir gesagt hätten, dass, wenn wir alleine auf der Welt wären, wir es etwas schärfer ausgedrückt und vielleicht andere Maßnahmen ergriffen hätten.

Da ist es unsere Verpflichtung, Herr De Vries hat davon gesprochen, nicht angreifend, nicht beleidigend, aber dennoch deutlich zu sagen, wie die Dinge liegen. Dies müssen wir auch tun, indem wir Maßnahmen, die uns zur Verfügung stehen, auch tatsächlich ergreifen.

Noch einmal zu der Frage, wer ein Menschenrechtsverteidiger ist: Ich fand es sehr interessant, dass Herr Vyatkin gesagt hat, es gebe so manche, die eigentlich keine echten Menschenrechtsverteidiger sondern Politiker seien und das gegen Geld machten. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass, obwohl das Ansehen von Politikern in der Öffentlichkeit nicht sonderlich hoch ist, theoretisch auch Politiker Menschenrechtsverteidiger sein können.

Auch gibt es ja sehr viele Menschenrechtsverteidiger, die nachher Politiker geworden sind, wie z.B. Václav Havel, Lech Walesa, oder Nelson Mandela. Es gibt keine klare Trennlinie; es ist nicht so, dass Politiker nicht auch Menschenrechte verteidigen können, im Gegenteil: Es gibt sehr viele mutige Kollegen in Ländern, in denen es wirklich nicht einfach ist, sich für solche Dinge einzusetzen.

Auch für uns ist das eine wirkliche Herausforderung, dies hier in unsere Arbeit einzubeziehen. Dazu gehört auch, dass wir die Institutionen, die uns zur Verfügung stehen, entsprechend unterstützen, indem wir ihnen die nötigen Ressourcen geben. Das ist, wie ich weiß, im Europarat besonders schwer, aber nichtsdestoweniger ist der Schutz der Menschenrechte unsere Hauptaufgabe. Daher haben wir sicher die Verpflichtung, zu schauen, wie wir das am besten organisieren können.

Zum Schluss möchte ich sagen: Ich kann verstehen, dass jeder Staat seine Dinge erst einmal für sich selbst regeln will. Es gibt eine große Diskussion darüber, inwieweit andere Staaten oder internationale Organisationen kritisieren und eingreifen dürfen. Aber der Europarat ist die Organisation, in der sich alle Mitgliedstaaten für die Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet haben, und wie soll das durchgesetzt werden, wenn jeder Staat davon ausgeht, dass alles seine eigene Angelegenheit sei, und er sich da nicht hineinreden lassen will?

Die Frage über die sog. „responsibility to protect“ beschäftigt nicht nur den Europarat, sondern die internationale Gemeinschaft inzwischen seit Jahren und Jahrzehnten, und man merkt, dass da etwas in Bewegung gekommen ist.

Ich will, nicht weil sie meiner Partei angehört und nicht, weil sie aus Deutschland kommt, sondern weil sie etwas Richtiges gesagt hat, hier Angela Merkel zitieren, die vor dieser Versammlung gesagt hat: „Die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarates haben nicht nur das Recht zur Intervention, sondern sie haben die Pflicht zur Intervention, wenn es um die Einhaltung der Menschenrechte geht.“

Danke sehr.

Herta DÄUBLER-GMELIN, Deutschland, SOC

(Dok. 11841)

Herzlichen Dank Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir reden heute über ein Herzstück der Menschenrechtspolitik, nicht nur von uns selbst, die wir ja Parlamentarier in unseren nationalen Parlamenten sind, sondern eben auch von uns als Mitgliedern des Parlaments des Europarates in der Verantwortung für etwa 900 Millionen Menschen.

Ich möchte gern zwei Punkte nochmals kurz aufgreifen, die in unseren heftigen Diskussionen im Ausschuss für Rechtsangelegenheiten und Menschenrechte auch bei den Experten, die wir befragt haben, eine große Rolle gespielt haben.

Der erste Punkt ist der Zusammenhang zwischen Zivilgesellschaft und der Umsetzung von Menschenrechtspolitik. Die Resolution, über die wir heute reden, stellt diesen Zusammenhang sehr stark in den Vordergrund, weil sie sagt: „Menschenrechtsverteidiger, also Mitglieder der Zivilgesellschaft, die sich um Menschenrechte kümmern, brauchen unsere Unterstützung und unseren aktiven Schutz.“ Es ist viel darüber diskutiert worden, warum das so ist: nämlich aufgrund der besonderen Gefährdung.

Ich will aber herausstreichen, dass gerade auch wir Parlamentarier, die wir uns um die Menschenrechte kümmern, die Zivilgesellschaft und diese aktiven Menschenrechtsverteidiger brauchen, weil wir sonst unsere Arbeit, nämlich die Überwachung der von uns gewollten und beschlossenen Menschenrechtskonventionen, gar nicht machen könnten.

Der zweite Punkt ist der folgende: Wir haben alle gesagt haben, dass wir ein einheitliches europäisches System der Menschenrechte wollen; übrigens nicht nur in Konventionen, sondern auch in der europäischen Überwachung. Deswegen haben wir uns von dem aus dem 19. Jahrhundert stammenden, überalterten Begriff der Souveränität verabschiedet, die ja nun ausschloss und nicht verband, und gesagt, dass wir eine gemeinsame europäische Implementierung und eine gemeinsame europäische Kontrolle wollen.

Das heißt aber, dass der Begriff der Nicht-Einmischung in andere Angelegenheiten bei Staaten, die Mitgliedsstaaten des Europarates sind, einfach nicht mehr greifen kann, sondern wir haben hier eine gemeinsame Verantwortung an der Stelle der überalterten, ehemaligen nationalistischen Souveränität.

Das streicht die Resolution heraus und deswegen sind wir sehr für ihre Annahme.

Danke sehr.

Amendments:

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841, Amendment 7)

Es geht in dem Bericht um die Stellung der Menschenrechtsverteidiger, die sich, und das sagt der Bericht an vielen Stellen, natürlich im Rahmen der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen bewegen und friedlich, ohne Gewalt agieren. Von daher brauchen wir diese Ergänzung nicht. Sie würde diese klare Aussage sonst verwässern.

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841, Amendment 6)

Es geht darum, dass wir jetzt hier nicht in erster Linie auf andere Konventionen hinweisen, sondern dass wir genau das zum Ausdruck bringen, was hier die Grundlagen für uns, den Europarat sind. Und deshalb denke ich, brauchen wir diese Ergänzung nicht.

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841, Amendment 11)

Wir begrüßen ja gerade ausdrücklich, dass der Europarat das Mandat des Kommissars verstärkt hat, und ich finde, wir sollten uns auch in dem Bericht dazu bekennen.

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841, Amendment 13)

Wir wollen gerade, dass jegliche Beeinträchtigung der Integrität, und das ist physische wie psychische und psychologische gleichermaßen, hier nicht sein darf. Deshalb müssen wir beides benennen, denn beides behindert massiv die Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern.

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841, Amendment 14)

Gerade in Risikosituationen müssen wir doch die Menschenrechtsverteidiger stärken. Deshalb muss hier „at risk“ erhalten bleiben.

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841, Amendment 15)

Gerade bei der Visaerteilung und bei Visafragen geht es doch darum, dass in anderen Ländern permanente Verfolgung da ist. Gerade deshalb können wir diese Begründung hier nicht streichen und deshalb soll es so bei dem Text bleiben, wie er in der Resolution ausgeführt ist.

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841, Amendment 17)

Das verstärkte Mandat ist im Ministerkomitee beschlossen worden. Es geht noch um einzelne Ausgestaltungen, aber wir sollten doch gerade hier die Stellung des Menschenrechtskommissars, die in diesen Punkten gestärkt werden soll, auch betonen; wir sollten uns doch nicht verstecken.

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841, Amendment 19)

Es ist in Fortsetzung des vorherigen Änderungsantrages, dass hier immer das verstärkte Mandat ausgestrichen werden soll und wir wollen gerade, dass diese Position des Menschenrechtskommissars bleibt.

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841, Amendment 20)

Die Beispiele belegen, auf welche Art und Weise man Menschenrechtsverteidiger unterstützen kann, und dazu gehören einige Aktionen öffentlicher Aufmerksamkeit, wie hier in der Recommendation vorgesehen.

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841, Amendment 21)

Es ist wieder ein Änderungsantrag, der ja - wie Sie, Herr Markov, gerade gesagt haben – in der Konsequenz Ihrer anderen Anträge ist. Wir möchten gerade, dass dieses verstärkte Mandat an vielen Stellen hier in diesem Bericht eben auch deutlich betont und erwähnt wird. Deshalb spreche ich gegen den Antrag.

Sabine LEUTHEUSSER-SCHNARRENBERGER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 11841, Amendment 23)

Jetzt habe ich das die ganze Zeit schon gemacht und möchte es hier noch einmal deutlich machen, ohne die Begründung zu wiederholen – wir haben es in der Resolution beschlossen und jetzt bitte auch in der Empfehlung: das verstärkte Mandat.

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

(Zur Ansprache von Frau Tarja Halonen, finnische Staatspräsidentin)

Frau Staatspräsidentin,

Aus meiner Sicht betreibt Finnland eine vorbildliche Energiepolitik. Die Stromversorgung beruht hauptsächlich auf der sauberen Kernenergie und der Wasserkraft. Das macht Ihr Land unabhängig, insbesondere auch von großen Nachbarn im Osten. Auch in der Endlagerung der atomaren Abfälle scheint in Ihrem Land die Lösung gefunden zu sein.

Meine Frage: Teilen Sie diese positive Ansicht oder übersehe ich signifikante Probleme in der finnischen Energiepolitik?