AL10CR05
AS (2010) CR 05
Provisorische Ausgabe
SITZUNGSPERIODE 2010
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(1. Teil)
BERICHT
5. SITZUNG
Mittwoch, 27. Januar 2010, 10.00 Uhr
REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH
Doris STUMP, Schweiz, SOC
(Dok. 12087)
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Schwule, Lesben, Bisexuelle sowie Transgender werden in allen Ländern nach wie vor diskriminiert, sei es offen oder weniger offen. Diskrimination ist überall noch vorhanden. Deshalb ist dieser Bericht bitter nötig. Gewisse Diskriminierungen müssen mit Gesetzesänderungen bekämpft werden, z.B. die Ungleichbehandlung von ausländischen Partnern und Partnerinnen oder die Frage der Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare.
Andere Vorurteile beruhen auf individuellen Haltungen und Fehlinformationen, die allein mit Gesetzen nicht bekämpft werden können.
In einem Punkt der Darstellung in diesem Bericht muss ich jedoch dem Berichterstatter und dem Gerichtshof für Menschenrechte widersprechen. In Punkt 2 der Empfehlungen heißt es: „Da die sexuelle Orientierung ein sehr intimer Aspekt des Privatlebens eines Menschen ist, erfordert eine unterschiedliche Behandlung aufgrund der sexuellen Orientierung eine besonders stichhaltige Begründung.“
Wenn ich mich in der Welt der Medien und Werbung umschaue, dann ist die heterosexuelle Orientierung kein intimer Aspekt des Privatlebens. Auf Schritt und Tritt begegne ich der Zelebrierung der Heterosexualität in allen Formen, von der sogenannten Sexualisierung der Werbung bis zur penetranten Darstellung der sogenannten normalen heterosexuellen Familie in Schulbüchern.
Homosexualität hingegen wird zur Privatsache gemacht, zu etwas, über das nicht, nur unter vorgehaltener Hand oder gar abschätzig gesprochen wird. Die in diesem Bericht auch ausgesprochene Forderung nach mehr Öffentlichkeit für alle sexuellen Orientierungen ist meines Erachtens deshalb zentral.
Je früher Kinder erfahren, dass es nicht nur eine einzige sexuelle Orientierung gibt und dass Lesben, Schwule, Bisexuelle ohne Vorbehalte als Menschen in unserer Gesellschaft akzeptiert werden, desto weniger werden sie später, als Jugendliche und Erwachsene, Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung als der heterosexuellen diskriminieren, desto weniger werden Menschen ein Doppelleben führen müssen, weil sie nicht zu ihrer sexuellen Orientierung stehen können, und desto weniger werden vor allem Jugendliche aus Verzweiflung über ihr Anderssein Selbstmord begehen.
Die Tatsache, dass unsere Gesellschaft Jugendliche in den Selbstmord treibt, weil sie Homosexualität verschweigt und Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender ausgrenzt, ist ein Verbrechen, das endlich gestoppt werden muss. Deshalb unterstütze ich den Vorschlag des Berichts, dass in Fällen offensichtlicher Diskriminierung Sanktionen vorgesehen werden müssen.
Auch Worte können töten! Deshalb ist Redefreiheit nicht frei von Verantwortung. Auch die Rede muss kontrolliert werden können, wenn sie andere Leute verletzt oder in den Selbstmord treibt.
Mirjana FERIĆ-VAC, Kroatien, SOC
(Dok. 12087)
Danke schön, Herr Vorsitzender!
Ich habe mich in dieser Debatte zu Wort gemeldet, einerseits um unserem Kollegen Andreas Gross zu gratulieren, dass er sich mit diesem Thema so intensiv beschäftigt hat, und andererseits, um meine politische Arbeit hier unter Beweis zu stellen.
Es war mir immer wichtig, mich für diejenigen einzusetzen, die sich von der Mehrheit unterscheiden – egal ob diese Unterschiede sich durch die Hautfarbe, Religion oder andere Eigenschaften oder Präferenzen äußern.
Dieser Bericht ist deshalb mutig, weil er uns alle anspricht. Denn was wir in diesem hohen Hause tun und was von uns erwartet wird, ist, dass wir für die Gleichbehandlung aller sorgen. Wenn wir mit einem solchen Bericht einen solchen Schritt nach vorn machen, dann ist das zu begrüßen.
Alle Versuche, etwas wegzudenken, das in unseren Gesellschaften existiert, müssen scheitern. Wir mögen darüber anders urteilen, aber wegdenken können wir es nicht. Was mich erschreckt, ist, dass hier zum Teil aus dunklen Ecken unserer europäischen Geschichte Stücke einer „Blut und Boden“-Ideologie herauskommen. Wir können nicht wegdenken, dass Menschen existieren, die andere Präferenzen haben, und dass sie die gleichen Rechte haben wie alle anderen.
Das ist unsere Aufgabe als Parlamentarier. In diesem Sinne ist das, was Andreas Gross mit der Gesetzgebung vorschlägt, wichtig. Natürlich werden wir mit einem Gesetz nicht alles ändern, aber wir werden damit neue Bewusstseinskreise öffnen, und auch dafür sorgen, dass in einer Gesellschaft Bewusstsein entsteht.
Ich persönlich plädiere bei vielen Sachen dafür, dass wir Probleme durch unsere Schulsysteme angehen und damit viele Dinge auf lange Sicht erreichen. Es gibt punktuelle, kurzfristige Maßnahmen, sozusagen als „Feuerwehreinsatz“, aber es gibt auch langfristige Maßnahmen zur Problemlösung.
Wenn wir bedenken, dass wir in der Schule allen Kindern bis zur Note „ausreichend“ das Lesen, das Schreiben und sonstige Fächer beibringen, könnten wir sie ebenso auch zu Demokratie und konfliktfreiem Zusammenleben erziehen. So haben wir morgen Erwachsene, die auch in ihrer Einstellung zu Menschen aus der LGTB-Gruppe sozusagen die Note „ausreichend“ hätten.
Diese Frage ist auf verschiedenen Ebenen zu sehen: Es gibt einerseits die Gesetzgebung und andererseits langfristige Lösungen. Dafür ist dieses Haus da, um Vorsorge zu leisten und uns da, wo wir in der Mehrheit sind, nicht blind zu machen für die, die eben nicht die Mehrheit sind.
Danke schön.
Renate WOHLWEND, Liechtenstein, EPP/CD / PPE/DC
(Dok. 12058)
Danke, Herr Vorsitzender!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren!
Dieser Bericht macht uns bewusst, wie wichtig ein unabhängiges, gut funktionierendes Justizwesen ist, damit eine Grundfeste unserer Staaten sichergestellt wird: die Rechtsstaatlichkeit. Meine Fraktion, die EPP, und ich begrüßen diesen Bericht und danken dem Berichterstatter Kimmo Sasi und dem Rechtsausschuss-Sekretariat für die gute, ausgewogene Arbeit.
Dennoch stimmt es nachdenklich. Es ist erschreckend und verunsichert den Bürger, wenn jene, denen wir die Zementierung der Rechtsstaatlichkeit anvertrauen, und die von staatlicher Seite für ein transparentes Justizwesen geradestehen sollen, nämlich Richter, Staatsanwälte und Justizbeamte, nicht im Geiste der Rechtstaatlichkeit handeln und entscheiden. Wenn sie in ihrem Berufsalltag die ethischen Grundsätze missachten, so verliert die Rechtsstaatlichkeit ihre Raison d’être.
Es scheint, dass in vielen Mitgliedstaaten die Korruption tief verwurzelt ist und auch vor dem Justizwesen nicht Halt macht. In vielen unserer Mitgliedsländer ist die Bestechlichkeit so hoch, dass die Bürger sogar ihr Vertrauen in die Gerichtsbarkeit verloren haben. Das zeigt eine im Bericht erwähnte Korruptionsstatistik von 2009. Die Behörden dieser Länder hingegen leugnen jegliche Form von Korruption.
Die Fraktion der EPP erachtet es deshalb als notwendig, das Übel der Korruption an der Wurzel zu packen und insbesondere bereits eingeleitete Maßnahmen seitens des Europarates zu unterstützen. Dazu zählen die Aus- und Weiterbildungskurse für Richter, Staatsanwälte und richterliches Personal. Hierin werden ethische Grundsätze gelehrt und die Bedeutung der beruflichen Rolle bewusst gemacht.
Des Weiteren appellieren wir an die nationalen Parlamente, sicherzustellen, dass Richter und Staatsanwälte ihrer Würde entsprechend entlohnt werden, sodass sie selbst in wirtschaftlich schlechten Zeiten ihren Lebensunterhalt ohne illegale Fremdmittel bestreiten können. Wir denken, dass das Ministerkomitee die Bekämpfung der Korruption allgemein, aber nun auch konkret die Bekämpfung der Korruption im Justizwesen als prioritäre Aufgaben qualifizieren soll.
Die EPP wünscht sich, dass Richter und Staatsanwälte unabhängig, frei und effizient arbeiten können. Deshalb unterstützen wir vollinhaltlich die Entschließung und die Empfehlung an das Ministerkomitee. Bereits erfolgreich erfolgte Programme sollen fortgesetzt werden, die Rolle der GRECO ist weiter zu stärken, sowie zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten und zur Förderung von Synergien eine Teilnahme der EU an der GRECO ernsthaft voranzutreiben.
Ein demokratischer Rechtsstaat kann nur funktionieren, wenn das Justizwesen frei und transparent funktioniert.