AL10CR07
AS (2010) CR 07
Provisorische Ausgabe
SITZUNGSPERIODE 2010
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(1. Teil)
BERICHT
7. SITZUNG
Donnerstag, 28. Januar 2010, 10.00 Uhr
REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH
Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE
(Dringlichkeitsdebatte Haiti)
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte im Namen der ALDE-Gruppe zunächst einen Dank an die Bürgerinnen und Bürger, die NGOs und die Regierungen vorausschicken, die Geld in die Hand genommen haben, um die aktuelle Situation zu lindern. Ich möchte ganz besonders denjenigen danken, die vor Ort unter schwierigen Bedingungen ihren Dienst tun. Herzlichen Dank für ihre Arbeit vor Ort.
Ich möchte auf mehrer besonders wichtige Punkte eingehen:
Zum einen geht es natürlich darum, die internationale Maßnahmen zur Hilfe zu koordinieren, damit die Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Das bezieht sich nicht nur auf Port-au-Prince, sondern auch auf die ländlichen Regionen, und deswegen ist es wichtig, dass man sich europäisch und international koordiniert.
Ich möchte aber noch zwei weitere Punkte erwähnen, die auch in Medienberichten in der augenblicklichen Debatte sehr aktuell sind: Der eine Bereich sind die illegalen Adoptionen, der andere Bereich ist die Frage, wie wir zukünftige Initiativen für einen Wiederaufbau, für eine politisch demokratische Entwicklung unterstützen können.
Zum Ersten: Viele Kinder sind infolge des Erdbebens Waisenkinder geworden, sind von ihren Familien getrennt worden. Es fehlt ihnen nicht nur an der Grundversorgung, sondern sie sind auch von illegalen Adoptionen, von Missbrauch und von Kinderhandel bedroht. Hier müssen wir sehr wachsam sein. Deswegen ist ganz klar, dass Adoption nur im besten Interesse der Kinder durchgeführt werden dürfen. Das heißt, dass alle fundamentalen Rechte, Kriterien und Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden müssen.
Eine humanitäre Katastrophe, so schlimm sie auch ist, darf nicht der Grund dafür sein, dass solche Regelungen für eine sichere Adoption außer Kraft gesetzt werden. Gerade in einer solchen Situation ist es eben sehr schwierig, festzustellen, ob es nicht doch noch überlebende Verwandte gibt. Deswegen muss die Priorität darauf liegen, die Suche nach den Verwandten zu beginnen. Das Wichtigste ist das Kindeswohl, sowie die Sicherheit der Kinder.
Eine mögliche Evakuierung darf nur unter sehr strengen Voraussetzungen und nur kurzfristig erfolgen, z.B. wenn man für eine Notoperation in das Nachbarland gebracht werden muss. Massenevakuierungen sind keine Lösung, denn sie entwurzeln die Kinder. Hier müssen wir sehr sorgfältig sein und aufpassen, denn das ist ein sehr schwerwiegender Eingriff.
Zum weiteren Punkt, dem Wiederaufbau und der politischen Dimension. Haiti war schon vor der Katastrophe ein schwacher Staat, in dem es zu wiederholten Krisen, Staatsstreichen, Verletzung der Menschenrechte, fehlender Rechtsstaatlichkeit und Wahlbetrug kam. Es kann hier also eigentlich nicht um einen Wiederaufbau gehen, sondern um einen build back better, d.h. der Wiederaufbau muss politisch begleitet werden.
Die geschundene Bevölkerung hat sehr viel durchlitten. Sie braucht Chancen, ihre persönlichen Freiheitsrechte zu verwirklichen; sie braucht Bildung und Arbeit; sie braucht den Aufbau der Landwirtschaft, des Tourismus und der Infrastruktur. Aber noch viel mehr braucht sie eine nachhaltige Perspektive, international koordinierte Maßnahmen für eine demokratische Kultur, für einen Ausweg aus dem Chaos, für einen echten Neuanfang.
Und das ist auch das, was wir als parlamentarische Versammlung tun können, wozu wir unsere nationalen Regierungen und Parlamente auffordern können.
Mit solchen Maßnahmen für eine demokratische Entwicklung, für die Stärkung der Zivilgesellschaft, für Bildungsinitiativen, auch für Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit müssen wir tätig werden. Diesen Vorschlag möchten wir gern unterbreiten.
Vielen Dank.