AL10CR30

AS (2010) CR 30

 

DVD edition

SITZUNGSPERIODE 2010

________________________

(4. Teil)

BERICHT

30. SITZUNG

Dienstag, 5. Oktober 2010, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Albrecht KONEČNỶ, Österreich, SOC

(Dok. 12265)

Herr Vorsitzender,

in diesem Bericht steckt zweifellos eine Menge an harter Arbeit, aber ich gebe offen zu: Wenn ich für ihn stimmen werde, dann nicht so sehr aus tiefer Überzeugung, sondern deshalb, weil ich zugebe, dass wir in diesen Fragen zusammen stehen müssen. Es ist sozusagen eine bedingte Zustimmung.

Ich bezweifle, ob es wirklich ein kluger Schritt ist, Terrorismus und jene xenophoben politischen Bewegungen, mit denen wir alle in unseren Heimatländern konfrontiert sind, unter einem zu behandeln. Das sind verschiedene Dinge, und die Empfehlungen, die wir geben können, müssen in ganz verschiedene Richtungen gehen.

Terrorismus ist etwas, das auch politisch geächtet werden muss, aber es ist primär eine Aufgabe für unsere Sicherheitsorgane. Und mit dem Terrorismus ist das so eine Sache; wie andere in diesem Saal bin ich alt genug, um erlebt zu haben, wie sich die Vertreter der PLO von Terroristen zu Gesprächspartnern gewandelt haben, und - auch wenn meine türkischen Freunde das nicht schätzen werden – die PKK Gegenstand von Gesprächen ist, die von höchsten türkischen Regierungsstellen mit Abdullah Öcalan geführt werden.

Es gibt immer einen Grund hinter solchen Bewegungen, und wir haben auch die Gründe zu beseitigen, wie den legitime Wunsch des palästinensischen Volkes nach einem Staat, und den absolut legitimen Wunsch des kurdischen Volkes in der Türkei nach Luft zum Atmen und der Möglichkeit, ihre Sprache zu sprechen. Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist, dass Islamophobie und Islamismus in einer geradezu kretinistischen Form Zwillingsgeschwister sind. Jene, die unsere Zivilisation, unser System attackieren, unter dem Prätext nicht des Islams, sondern ihrer islamistischen Sektenansichten, sind das Futter für jene, die dann die Bürger unserer Länder in Alarmbereitschaft versetzen, die Gesetze beschließen, die Kleidungsvorschriften geben, die die Moscheen um die Türme kappen und Ähnliches mehr.

Ich gebe zu, von meiner ganzen Geschichte her interessiert mich das zweite Thema sehr viel mehr, nämlich die Auseinandersetzung mit jenen Kräften, die in unseren Heimatländern die Werte, für die wir hier und zu Hause stehen, langsam erodieren. Das ist eine politische Auseinandersetzung, und diese politische Auseinandersetzung müssen wir führen, nicht, indem wir die Positionen dieser Parteien schrittweise übernehmen und in unsere Parteiprogramme integrieren, sondern dadurch, dass wir scharf gegen sie auftreten.

Ich persönlich stamme aus einer Familie, deren Angehörige seit 160 Jahren deshalb, weil sie für Demokratie und soziale Gerechtigkeit eingetreten sind, umgebracht oder eingesperrt wurden, ihren Arbeitsplatz verloren haben. Bis vor einigen Jahren war ich überzeugt, dass mir als einem späten Nachkommen dieser Menschen keine derartige Gefahr droht. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher, aber um so energischer werde ich versuchen, zu kämpfen.