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AS (2010) CR 31

Addendum 1

 

DVD edition

SITZUNGSPERIODE 2010

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(4. Teil)

BERICHT

31. SITZUNG

Dienstag, 5. Oktober 2010, 15.00 Uhr

NICHT MÜNDLICH GEHALTENE

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Franz-Eduard KÜHNEL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 12272)

Sehr geehrter Herr Präsident,

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Meine Vorredner haben vermehrt auf die hervorragende finanzielle Ausstattung der Grundrechtsagentur der Europäischen Union hingewiesen und auf die minimale budgetäre Ausstattung des Europarates. Damit wurden zweifelsohne Neidkomplexe aktiviert, ohne sich grundsätzliche Fragen zu stellen.

Die Agenturen werden in der Regel vom Europäischen Rat und der Kommission beschlossen. Offensichtlich haben zumindest die französischen Vertreter im Europäischen Rat dem damals zugestimmt. Sich jetzt zu beklagen, ist zwar sicher populär, aber die strategischen Fehler werden im Anfang und nicht am Ende gemacht.

Grundsätzlich hat sich aber der Europarat die Frage zu stellen, warum es zur Gründung der Grundrechtsagentur gekommen ist. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat sich herausgestellt, dass der Europarat nicht effizient in Menschenrechtsfragen arbeitet. Es werden zwar die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Demokratie in fast jeder Rede beschworen, aber wenn es darum geht, Staaten intensiv auf die Finger zu schauen, ob die Menschenrechte eingehalten werden, dann schreckt die Parlamentarische Versammlung häufig davor zurück, irgendwelche Sanktionen gegen bestimmte Staaten zu ergreifen (siehe die kriegerische Auseinandersetzung zwischen Russland und Georgien – bekanntlich zwei Mitgliedsstaaten des Europarates).

Ein weiteres Beispiel wäre in diesem Zusammenhang die Rede des Präsidenten der Ukraine im Jahre 2010 vor der Parlamentarischen Versammlung und nun die Tatsache, dass nicht mehr das Parlament der Ukraine über Verfassungsänderungen entscheidet, sondern das oberste Gericht.

Hätten alle 47 Mitgliedsstaaten des Europarates den innigen Wunsch, die Prinzipien des Europarates einzuhalten, wäre es meiner Ansicht nach sicher nicht notwendig gewesen, diese Grundrechtsagentur einzurichten.

Nunmehr ist die Grundrechtsagentur (FRA) eine Tatsache. Daher ist es wichtig, von den Fakten auszugehen und eine intensive und koordinierte Zusammenarbeit zwischen dem Europarat und der FRA nicht nur anzustreben, sondern auch zu installieren.

Obwohl uns schon in jeder Session im Jahre 2010 in Aussicht gestellt worden, ist, dass die Europäische Union unmittelbar vor dem Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention stehe, hat sich bis heute nichts getan. Im Grunde genommen wäre daher vor allem abzuwarten, wann der tatsächliche Beitritt erfolgt und dann unmittelbar nach dem Beitritt in Verhandlungen einzutreten, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden.