AL10CR36 | AS (2010) CR 36 |
DVD edition |
SITZUNGSPERIODE 2010
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(4. Teil)
BERICHT
36. SITZUNG
Freitag, 8. Oktober 2010, 10.00 Uhr
REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH
Renate WOHLWEND, Liechtenstein, EPP/CD / PPE/DC
(Dok. 12391)
Danke Herr Präsident.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Bei der Interlaken-Konferenz wurden Lösungsansätze für die beim Menschenrechtsgerichtshof anstehenden Probleme diskutiert und abschließend ein Aktionsplan verabschiedet.
Gemäß diesem Aktionsplan sollen auf nationaler Ebene und im Europarat alle Anstrengungen unternommen werden, dass schließlich nur bestqualifizierte Personen und Persönlichkeiten das Richteramt beim Menschenrechtsgerichtshof bekleiden.
Gemäß Artikel 22 der Menschenrechtskonvention wählt die Versammlung angesehene Personen für dieses Amt, und aus Artikel 21 ergeben sich die Voraussetzungen, die sie mitbringen müssen.
Im Laufe der letzten Jahre hat die Parlamentarische Versammlung eine Reihe von sog. Richtlinien für die Verbesserung der nationalen Auswahlverfahren ausgearbeitet. Mitgliedsstaaten mögen ihre Kandidatensuche und das Auswahlverfahren konsequent, peinlich genau, sowie fair und transparent durchführen.
Wie Sie wissen, befasst sich der Unterausschuss zur Richterwahl damit, die von den Mitgliedsstaaten vorgeschlagenen drei Kandidaten zu einem je 30-minütigen Interview zu begrüßen. Danach führen wir eine geheime Wahl durch, deren Ergebnis an das Büro der parlamentarischen Versammlung weitergeleitet wird. Das Ende dieser wahlvorbereitenden Prozedur kennen Sie: Gerade in dieser Woche, am Montag Nachmittag, haben Sie – und zwar jeder persönlich –, die vom Büro genehmigten und verabschiedeten Empfehlungen erhalten. Am Dienstag haben Sie zwei Richter gewählt, für Estland und für Griechenland.
Nach einigen Jahren Erfahrung im Unterausschuss und Mitarbeit im Rechtsausschuss bei der Verfassung der einschlägigen Berichte, scheint mir persönlich das Vorwahl- und Wahlprozedere innerhalb der Parlamentarischen Versammlung ausgereift und gut organisiert.
Das Auswahl- und Nominationsverfahren auf nationaler Ebene ist der wichtigste Akt, sozusagen der Grundstein dafür, dass am Ende eine fachlich bestqualifizierte, hohes sittliches Ansehen genießende Person als Zugewinn für das Menschenrechtsgerichtshof-Richtergremium gewählt werden kann.
Aus meiner Sicht, der Sicht der Mehrheit meiner Rechtsausschusskollegen und – wie ich hoffe, aber nach der Eingangsdebatte nicht mehr sicher bin – auch aus der Sicht der Parlamentarischen Versammlung, wird das vom Gerichtshofpräsidenten ins Gespräch gebrachte Panel ein weiteres nützliches Instrument beim nationalen Auswahl- und Benennungsverfahren darstellen.
Gebhard NEGELE, Liechtenstein, EPP/CD / PPE/DC
(Dok. 12391)
Danke, Herr Vorsitzender!
Werte Kolleginnen und Kollegen!
Anlass für diesen Bericht ist eine wohl begründete Empfehlung vom Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Herrn Costa. In seinem Schreiben vom 9. Juni dieses Jahres weist er eindringlich darauf hin, dass es zur Stärkung des Gerichtshofes gemäß dem Aktionsplan von Interlaken auch dazugehört, die Auswahltransparenz und insbesondere die hohe Qualität der Richter auf nationalem und auf europäischem Level sicherzustellen.
Dass die Versammlung so zeitnah auf das berechtigte Anliegen eingehen kann, ist erstaunlich, und ich bedanke mich beim Rechtsausschuss und bei der Berichterstatterin und Delegationskollegin, Frau Wohlwend, für die rasche Handlungsweise.
Betrachten wir die Richterwahlen innerhalb unserer Versammlung, so scheint mir die Prozedur gut organisiert. Der Unterausschuss zur Richterwahl hält Interviews mit den Kandidaten und empfiehlt die seines Erachtens bestgeeignete Person zur Wahl durch unsere Versammlung. Die Wahl kann – und dies ist der Kernpunkt – aber nur unter jenen Personen erfolgen, die auf der von der jeweiligen Regierung zur Verfügung gestellten Liste genannt sind.
Damit sind wir beim nationalen Auswahlverfahren angelangt, welches aufgrund mehrerer Verbessereungsvorschläge seitens unserer Versammlung in letzter Zeit transparenter geworden ist. Aber Transparenz alleine bietet noch keine Gewähr dafür, eine fachliche Qualität der Richter sicherzustellen.
Beim nationalen Auswahlverfahren zur Nennung des höchsten europäischen Richteramtes handelt es sich um eine spezielle Aufgabe. Dieses Spezialgebiet schreit geradezu nach ausgeprägten Kenntnissen derer, die mit der Findung beauftragt sind. Ich habe das Vertrauen in meine Regierung – und das haben wohl die meisten von Ihnen bezüglich Ihrer Regierungen –, dass diese sich der Bedeutung des hohen Richteramtes bewusst ist und wirklich nur die bestgeeigneten Bewerber auf die Kandidatenliste nehmen will.
Trotzdem sehe ich das Instrument eines beratenden Panels als Zugewinn und der heiklen Angelegenheit in jedem Falle dienlich. Die Regierungen ihrerseits haben damit Gewähr dafür, dass ihre Entscheidung richtig war oder eben noch der Korrektur bedarf.
Es ist insbesonders für kleine Staaten, zu denen und Liechtenstein definitiv gehört, sehr schwierig, mehrere Richterkapazitäten für die Auswahl zu stellen. Liechtenstein hat nach über 32 Jahren Mitgliedschaft in diesem hohen Hause es noch nicht geschafft, einen eigenen Richter am Gerichtshof zu stellen. Uns ist in dieser Angelegenheit seit vielen Jahren jeweils die schweizerische Nachbarschaft zur Hilfe geeilt. Dafür an dieser Stelle einmal ein spezielles Dankeschön an die Eidgenossenschaft.
Die im Bericht vorgeschlagene Regelung erlaubt auch in Zukunft eine solche Lösung. Ich bin davon überzeugt, dass darüberhinaus das neue nationale Auswahlverfahren mit dem beratenden Panel die Gewähr dafür bietet, dass unsere Versammlung eine wirkliche Wahlmöglichkeit hat, und diese echte Wahlmöglichkeit passt nur allzu gut in unser Haus der Demokratie.
Wir wissen alle, dass bei den Richterwahlen nicht immer alles gut gelaufen ist. Nun haben wir eine Empfehlung vor uns liegen, die diese Situation verbessert. Wir können heute ein starkes Signal aus unserer Versammlung an die nationalen Regierungen senden, damit diese uns die Grundlage für echte Auswahlmöglichkeiten zur Richterwahl bereitstellen. Nutzen wir diese Chance.
Vielen Dank.
Franz-Eduard KÜHNEL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC
(Dok. 12391)
Danke, Herr Präsident, für die Worterteilung!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Brief des Gerichtshofpräsidenten ist ein Hilferuf. Es geht um die mangelnde Qualifikation sicherlich nicht aller, aber mancher Richter. Deshalb muss man hier etwas spezifischer sein.
Das zweite Problem besteht darin, dass in den Mitgliedsstaaten unterschiedliche Auswahlverfahren zur Anwendung kommen. Mir ist schon klar, dass Regierungen unter Umständen sehr hehre Ziele haben. Es kann aber auch vorkommen, dass das bei manchen Regierungen nicht der Fall ist, sondern dass sie glauben, dieses oder jenes verfolgen zu müssen, um es diplomatisch auszudrücken.
Deshalb wäre es meiner Ansicht nach sehr wichtig, dass man jene Regierungen, die mangelhafte Kandidaten zur Verfügung stellen, beim Namen nennt. Es ist mir klar, dass der Präsident des Gerichtshofes dies natürlich nicht in einem Schreiben festhalten kann; auch hier aus diplomatischen Erwägungen.
Ich halte es daher für zwingend notwendig, dass das Ministerkomitee, welches zuerst die Vorschläge sieht, mit etwas mehr Sorgfalt vorgeht. Das Ministerkomitee ist in die Pflicht zu nehmen: Die Vorschläge einfach nur an die Parlamentarische Versammlung weiterzuleiten, ist zu wenig. Jeder muss seine Verantwortung wahrnehmen.
Nun zum Vorschlag des Gerichtshofspräsidenten. Für mich ist das eine Alternative, aber ich könnte mir vorstellen, dass noch etwas Besseres vorgeschlagen wird: Wir müssen im Auge behalten, dass das Verfahren nicht übermäßig verlängert wird, denn oft ist es notwendig, rasch zu handeln. Zum Beispiel wurde jetzt im Oktober abgestimmt, und bereits am 1. Januar muss der eine oder andere Richter in Straßburg anwesend sein. Da ist etwas Vorlaufzeit um sich einzurichten nötig.
Ich möchte abschließend sagen, dass ich sehr dafür bin, dass im Rechts- und Menschenrechtsausschuss der Vorschlag von Präsident Costa noch einmal diskutiert wird.
In diesem Zusammenhang möchte ich den Präsidenten des Ausschusses bitten, die Zeit für eine vertiefte Diskussion zur Verfügung zu stellen, um den besten Vorschlag zu entwickeln. Mir ist klar, dass es keine hundertprozentig richtige Lösung gibt, aber wir sollten uns schon im oberen Drittel befinden. Darüber hinaus möchte ich wissen, ob es möglich ist, Präsident Costa einzuladen, damit er seine Gründe etwas genauer darlegt und wir das beste Verfahren erarbeiten können.
Ich möchte darauf hinweisen, dass auch dieser Ausschuss, der eine Art Vorauswahl gewährleisten soll, sicherlich angegriffen wird, auch wenn wir ihm zustimmen sollten. Deshalb müsste es für diesen „Rat der Weisen“, oder wie man ihn auch nennt, ein transparentes Auswahlverfahren geben, damit man hier keinen neuen Angriffspunkt hat.
Ich unterstütze also den Vorschlag und bitte darum, sobald wie möglich eine Ausschusssitzung einzuberufen, um das Problem zu besprechen.
Danke.
Renate WOHLWEND, Liechtenstein, EPP/CD / PPE/DC
(Dok. 12391, Antwort)
Danke, Herr Vorsitzender!
Ich danke allen Kollegen, die das Wort ergriffen haben, und denke, dass wir damit einen sehr guten Beitrag für die Arbeit des Ministerkomitees geleistet haben, das sich zu dieser Frage im Vorfeld der Interlaken-Konferenz nächste Woche zusammensetzen wird.
Alle sind sich einig, dass die nationalen Regierungen ausnahmslos drei bestqualifizierte Personen auf die Kandidatenliste zu setzen haben. Sehr viele scheinen sich einig, auch solche, die im Namen ihrer politischen Gruppe gesprochen haben, dass die Einsetzung eines Panels, um den nationalen Regierungen das Auswahlverfahren zu erleichtern oder ihnen dabei beizustehen, eine gute Sache ist. Einige beklagen natürlich das Geheimhalten der Verhandlungen innerhalb des Unterausschusses als nicht mehr angebracht bzw. die Prozedur erschwerend.
Natürlich haben mir einige Ausführungen persönlich Eindruck gemacht, besonders wichtig finde ich jedoch, was Kollege Gross gesagt hat, der von unserer großen Verantwortung sprach und das Beispiel der portugiesischen Liste nannte, die zurück geschickt werden musste, was ein Panel hätte helfen können zu vermeiden.
Vielleicht ist es wirklich nicht mehr zeitgemäß, dass wir vom Treffen des Unterausschusses mit der Begegnung mit den Richteramtskandidaten bis zur Bekanntgabe unserer Entschließung durch das Büro der Versammlung, die erst einige Wochen und z.T. Monate später erfolgt, Vertraulichkeit bewahren, obwohl in dieser Zeit bereits Gespräche für eine Verbesserung geführt werden könnten, speziell in den Fällen, in denen die Liste zurück zu senden ist.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in Zukunft gar nicht mehr Listen mit nur einem geeigneten Kandidaten erhalten, sondern dass sich wirklich jeder zu Herzen nimmt, eine bestausgestattete Wahl zur Verfügung zu stellen.
Was nun die Anregung betrifft, zu überdenken, wie der Unterausschuss handelt, wie die interne Prozedur bei uns läuft, und auch, was im nationalen Auswahlverfahren verbessert werden könnte, so will ich jene, die nicht Mitglieder des Rechtsausschusses sind, darauf hinweisen, dass wir gerade in dieser Woche einen Berichterstatter bestellt haben, nämlich Kollegen Serhiy Holovaty, der die Frage der Richterbestellung im Falle des Beitritts der Europäischen Union zur Menschenrechtskonvention zum Inhalt haben wird.
Ich denke, dass man im Rahmen dieses Berichts dann auch die heute aufgeworfenen Problemstellungen behandeln kann, oder dass man durch eine neue Motion, die ich, wenn es so gewünscht ist, in meiner Eigenschaft als der derzeitigen Vorsitzenden des Unterausschusses zur Richterwahl, dann mit unterstützen würde, anregen kann, einen Bericht zur Aufarbeitung der heute aufgebrachten Problemstellungen zu verfassen.
In diesem Sinn bitte ich sie, den heute von mir vorgelegten Bericht zu unterstützen, damit das Kapitel des Vorschlags des Gerichtshofpräsidenten zur Einsetzung eines Panels an die Arbeitsgruppe des Ministerkomitees weiterzugeben, und uns mit Problemstellungen, die heute zur Debatte gestanden haben, in Zukunft separat zu befassen.
Danke.