AL11CR18       AS (2011) CR 18

Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2011

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(2. Teil)

BERICHT

18. SITZUNG

Freitag, 15. April 2011, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 12538)

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst möchte ich im Namen der ALDE-group dem Berichterstatter sehr herzlich danken. Es ist sehr wichtig, dass wir uns heute mit den verschiedenen Facetten des Menschenrechts auf Wasser, aber auch Wasser als Konfliktquelle auseinandersetzen und eine sehr wichtige Resolution verabschieden.

Wie Herr Marquet angesprochen hat, haben derzeit weltweit fast 1 Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, und 2,6 Milliarden Menschen verfügen über keinen Zugang zu ausreichend hygienischer Abwasserversorgung. Daraus resultieren Infektions- und Durchfallerkrankungen. Es sterben mehr Kinder an den Folgen von verunreinigtem Wasser als an Malaria oder AIDS. Alle 20 Sekunden stirbt daran ein Kind.

Wasser und der Zugang dazu hat aber noch eine andere Dimension: In einigen Konflikten wird Wassermangel politisch ausgenutzt und Wasser als Machtmittel eingesetzt. Z.B. werden Staudämme gebaut oder Flüsse umgeleitet, um die Wasserzufuhr eines anderen Staates zu beeinflussen.

In Zukunft wird sich die Frage nach dem Zugang zu Wasser durch den Klimawandel, die Urbanisierung, die Zunahme von Wüsten und das Bevölkerungswachstum noch weiter verschärfen.

Das Recht auf den Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitäre Grundversorgung ist ein Menschenrecht, das bereits in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahre 1948 in Artikel 25 angelegt ist. Es ist wichtig, dass die Vereinten Nationen dies auf eine deutsch-spanische Initiative noch einmal bestätigt haben, denn dieses Recht wird aus diesen fundamentalen Menschenrechten praktisch schon abgeleitet.

Ich begrüße auch sehr, dass die Vereinten Nationen den Zeitraum 2005 bis 2015 zur „Wasserdekade“ erklärt haben – „water for life“. Es ist meines Erachtens sehr wichtig, dass wir zu diesem Thema auch Veranstaltungen durchführen und Öffentlichkeit erreichen, und auch die kritischen Fragen erörtern.

Auch freue ich mich, dass die bisherige unabhängige Expertin der Vereinten Nationen, Catarina de Albuquerque, nun den Status einer Sonderberichterstatterin erhält.

Wir dürfen nicht aufhören, für eine universelle Anerkennung des Menschenrechts auf sauberes Trinkwasser und sanitäre Grundversorgung zu werben und müssen uns auch mit den verschiedenen Aspekten, vom Zugang zu Wasser auseinander setzen - die Resolution hat hier sehr viele wichtige Punkte.

Es ist eine zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts, und ich wünsche mir und bitte um eine breite Zustimmung zu diesem Bericht.

Vielen Dank.

Franz-Eduard KÜHNEL, Österreich, EPP/CD / PPE/DC

(Dok. 12538)

Danke, Herr Präsident, für die Worterteilung!

Ich danke dem Berichterstatter für den Bericht. Die Kritik des Kollegen Chope, den Bericht noch etwas zu vertiefen, hat jedoch gewiss etwas für sich. Da die Redner nun alle recht kurz sprechen, werde auch ich Sie mit meinen Ausführungen nicht lange auf die Folter spannen.

Die Zahlen sind von der Kollegin Schuster bereits bekanntgegeben worden. Der Wassermangel ist zweifelsohne ein sehr schwerwiegendes Problem. Wichtig ist aber auch die Entsorgung und Wiederaufbereitung des Wassers. Der Wassermangel ist bereits evident; das Problem mit dem Grundwasser ist gravierend.

Wie schaut nun die gerechte Verteilung dieser Ressource aus? Schon oft in der Geschichte war dies ein Kriegsgrund. Hier ist der Appell wieder an den lateinischen Grundsatz „Salus populi suprema lex“. Das heißt, die Regierungen haben zu handeln, im Grunde genommen sofort, und dürfen nicht auf weitere Foren warten, damit diese plötzlich den Stein der Weisen erfinden. Jede Regierung hat sich bei der Nase zu nehmen und vor allem Folgendes zu predigen:

Das Erste ist, am Wasser zu sparen. Das ist so wie bei der elektrischen Energie nach Fukushima usw.: Es geht nur durch Sparen, eine Änderung des Lebensstils.

Das Zweite, das vor allem Entwicklungsländer betrifft, ist die Kanalisierung in den Agglomerationen. Hier könnte viel geschehen, denn auch dies ist eine Voraussetzung dafür, dass das Wasser entsprechend behandelt werden kann.

Das Nächste ist, dass das Wasser mehrfach verwendet werden muss. Ein gutes Beispiel ist ein Land im Mittelmeerraum, das sonst nicht sehr positiv auffällt: Israel. Was die Wasseraufbereitung und die mehrfache Verwendung des Wassers betrifft, ist Israel ein herausragendes Beispiel.

Wie kann dieses Problem gelöst werden? Einerseits ist die internationale Zusammenarbeit massiv zu fördern. Hier ein kleines Beispiel: Der Südsudan hat angekündigt, dass er seine Landwirtschaft ausbauen möchte. Gute Idee, werden viele sagen. Uganda möchte das auch.

Nun sitzen beide sozusagen auf dem Wasserschloss Afrikas, nämlich am Nil. Wie schaut das dann für Ägypten mit seinen 80 Mio. Einwohnern aus, wenn daraufhin dort weniger Wasser ankommt? Ich bin gespannt, wenn ich es noch erlebe, ob es dann in dieser Region eine vernünftige Lösung ohne Krieg gibt!

Aus diesem Grund sind internationale Hilfe, Schiedsgerichte, viel Diplomatie, aber manchmal sicherlich auch ein gewisser Druck notwendig, um zu einer gerechten Lösung bezüglich des Wassers zu finden.

Danke.

Felix MÜRI, Schweiz, ALDE / ADLE

(Dok. 12538)

Herr Präsident,

meine Damen und Herren!

Zuerst möchte ich Herrn Marquet für diesen hervorragenden Bericht danken. Wasser ist die Lebensgrundlage aller Lebewesen. Der Mensch braucht zwei bis drei Liter am Tag, und auch Pflanzen und Tiere können ohne die Ressource Wasser nicht überleben.

In der Schweiz und weiten Teilen Europas sind wir verwöhnt. Wir drehen den Hahn auf, und sauberes Trinkwasser sprudelt heraus. In trockenen Jahren können wir auf genügend Wasserreserven zurückgreifen, um unsere Felder durch Bewässerung vor dem Vertrocknen zu schützen. Eine Einschränkung der Nutzung ist die Ausnahme.

Aber wie lange noch? In der Schweiz, bekannt als Wasserschloss Europas, hatten wir bis vor einigen Tagen eine extreme Trockenheit und vor allem unüblich hohe Temperaturen. In den letzten Jahren mussten die Bauern fast jeden Sommer irgendwann um ihre Ernte bangen, weil der Regen lange ausblieb.

Wasser wird auch indirekt in Form von Lebensmitteln und Industriegütern verschoben, als so genanntes virtuelles Wasser. Für die Produktion von einem Kilogramm Kartoffeln braucht man 250 Liter virtuelles Wasser, für ein Kilo Rindfleisch über zehnmal mehr.

Viele Lebensmittel, die wir konsumieren, stammen aus Ländern mit knappen Wasserressourcen. Entsprechend ist Wasser immer häufiger auch ein Grund für Konflikte oder wird als politisches Druckmittel missbraucht. Eine fatale Entwicklung!

Ausreichend sauberes Trinkwasser ist ein genauso grundlegendes Menschenrecht wie das Recht auf Nahrung. Der sparsame Umgang mit der Ressource Wasser ist deshalb eine der großen Herausforderungen der Menschheit. Wir dürfen es uns nicht leisten, weiter sorglos verschwenderisch zu sein!

Doris BARNETT, Deutschland, SOC

(Dok. 12538)

Vielen Dank, Herr Präsident!

Vorweg eine Bemerkung: Wir haben hier einen wirklich bemerkenswerten Bericht mit umfassender Datenlage, der auch Grundlage für Diskussionen in unseren Ländern zuhause sein sollte.

Ohne Wasser kein Leben – somit ist Wasser das wichtigste Lebensmittel für uns. Aber es ist auch Grundlage für unseren Wohlstand: Mit der in unseren Breiten zur Verfügung stehenden Menge von Wasser können wir uns eine auskömmliche Landwirtschaft erlauben, die neben Obst, Gemüse und Getreide auch noch ausreichend Viehfutter für unseren zunehmenden Fleischbedarf liefert. Das Wasser in unseren Ländern, wenn auch nicht in allen Regionen, reicht auch aus für industrielle Bedürfnisse. Nur in manchen trockenen Wochen gibt es mal kurzfristig Probleme.

Wir achten darauf, möglichst wenig Pflanzenschutzmittel auszubringen, damit das Grundwasser nicht übermäßig belastet wird. Natürlich verfügen wir in unseren Ländern und den meisten Regionen über ein ordentliches Abwasser- und Klärwerksystem.

In den meisten unserer Mitgliedsstaaten ist das UN-Grundrecht auf sauberes Wasser und Sanitärversorgung somit verwirklicht. Aber diese Selbstverständlichkeit ist auch bei uns kein Naturgesetz - Klimawandel, ein steigender Wasserverbrauch, massive Eingriffe des Menschen z.B. durch illegale Einleitung von ungeklärten Abwässern in Flüsse und Seen können uns schnell einen Strich durch die Rechnung machen.

Spätestens dann erkennen wir unsere Abhängigkeit. Aber wir können unsere Probleme lösen – gemeinsam. Deshalb stehen wir in der Verantwortung, den Ländern und Regionen zu helfen, die nicht wie wir mit großen Wasservorräten gesegnet sind, sondern sich Wasser teilen müssen mit Nachbarstaaten.

Vor geraumer Zeit wurde in den Industriestaaten darüber nachgedacht, mit Wasser als dem „blauen Gold“ zu spekulieren. Schon vor 10 Jahren konnte man im „Handelsblatt“ in Deutschland lesen: „Wasser wird für Anleger immer wichtiger (…) Experten gehen davon aus, dass im Jahre 2025 ein Drittel der Menschheit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser mehr haben wir. Für Anleger lohnt sich daher der Blick auf Unternehmen, die ihr Geld mit Versorgung, Aufbereitung, Reinigung und Entsorgung von Wasser verdienen.“

Natürlich gilt diese Aussage nicht für die zu entwickelnden Gebiete in Afrika, Südamerika oder Asien, weil dort kaum Gewinne zu erzielen sind, aber kilometerlange Leitungen zu den einzelnen Dörfern zu verlegen wären. Das überlässt man gerne den Regierungen. Aber in unseren Metropolen, da ließe sich doch gutes Geld verdienen.

Überall gibt es Großkonzerne, die sich der Wasserversorgung annehmen. Diesen Konzernen müssen wir unsere Aufmerksamkeit schenken. Sie besitzen eine große Marktmacht und bestimmen den Preis in Bezug auf Wasser und Abwasser. Mir wäre es da wohler, wenn es wieder mehr kommunale Wasserversorgungsunternehmen gäbe und wir alle erkennen würden, dass Wasser eben kein Börsenobjekt sein darf. Die Entschließung nimmt dazu in Punkt 15 auch Stellung.

Zu Recht heißt es in der Entschließung, dass Wasser wegen seiner Vermarktbarkeit auch zu einem politischen Instrument geworden ist, ja sogar zu einer Waffe.

Wir besitzen jede Menge technischer Möglichkeiten, um für Versorgungssicherheit beim Wasser zu sorgen. Es sollte unsere Pflicht sein, diese Technologien mit den notleidenden Regionen zu teilen. Wasser darf nicht zum Luxusgut wie Gold werden. Weil Wasser lebensnotwendig ist, hat die UN den Zugang zum Wasser zum Grundrecht erklärt, und wir sollten erkennen, dass es tatsächlich ein Menschenrecht ist.

Danke.