AL11CR30

AS (2011) CR 30
Provisorische Ausgabe

SITZUNGSPERIODE 2011

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(4. Teil)

BERICHT

30. SITZUNG

Dienstag, 4. Oktober 2011, 10.00 Uhr

REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH

Annette GROTH, Deutschland, UEL/GUE

(Dok. 12711)

Herr Vorsitzender!

Auch ich beglückwünsche Tiny Kox zu diesem ausgezeichneten Report und hoffe, dass er weite Zustimmung erhält.

Ich möchte mich vor allem auf Herrn Hancock beziehen, der betont hat, wie wichtig es ist, dass die europäischen Regierungen für die Anerkennung eines palästinensischen Staates kämpfen. Ich halte dies für außerordentlich wichtig und hoffe, dass andere europäische und auch außereuropäische Regierungen Druck auf meine eigene Regierung machen und versuchen, sie zu überzeugen, damit auch Frau Merkel die Anerkennung eines palästinensischen Staates für notwendig erachtet. Es geht nicht anderes, wir brauchen das als großen Weg zum Frieden im Nahen Osten.

Ich bin allerdings sehr skeptisch, wenn ich, wie heute, lese, dass die USA die Palästinenser gewarnt hat, „that attempts to bypass negotiations with Israel would have implications on American aid to Palestinians“.

Die USA wie auch meine Regierung sagen immer noch, die Palästinenser und Israel müssen an den Verhandlungstisch zurück. So wollen sie sich um die Anerkennung des palästinensischen Staates drücken.

Seit über 60 Jahren wird verhandelt und was ist das Resultat? Immer mehr Siedlungen. Im Vergleich zum letzten Jahr hat sich die Zerstörung von palästinensischen Häusern durch Israel verdoppelt. Jetzt gibt es Pläne „to uproot“ 30 000 beduinische Häuser in der Negev-Wüste. Das weltweit bekannte Dorf El Arakib ist inzwischen 26 Mal zerstört worden!

Was hat das für eine Auswirkung auf die Moral, auf die große Frustration dieser Menschen, von denen ich einige kenne? Das ist Hoffnungslosigkeit pur!

Wir müssen versuchen, das zu stoppen. Israel ist mit der EU, dem Europarat und vielen Organisationen vertraglich gebunden. Das bedeutet, dass wir Israel an die Verantwortung erinnern und sagen müssen: „Das dürft ihr nicht machen. Wenn ihr das tut, gibt es keinen Frieden.“

Es wurde in Richtung der USA und anderer Regierungen gesagt, dass die Drohung, die Finanzhilfen einzustellen, purer Erpressung gleichkommt. Auch das dürfen wir nicht zulassen.

Ich hoffe, dass die Resolution mit großer Mehrheit angenommen wird und dass wir einen Beitrag zum Frieden leisten können.

Danke.

Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE

(Dok. 12711)

Herr Vorsitzender,

geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Es war in der Tat keine leichte Sache, die Voraussetzungen aufzulisten, die erfüllt sein bzw. werden müssen, auf dass der Europarat dem Palästinensischen Nationalrat den Status „Partner für Demokratie“ zuerkennen kann.

Kollege Kox hat sich mit großer Sachlichkeit, mit viel Sinn für die Realitäten und fern jeglicher Euphorie dieser Problematik angenommen und sie meiner Überzeugung nach mit Bravour gelöst, den Nagel also „voll auf den Kopf getroffen“.

Ich sage das insbesondere auch als ehemaliger Delegierter des IKRK, der im Gaza-Streifen zwischen den beiden gesellschaftlichen Fronten tätig war und somit aus eigener Erfahrung weiß, wie groß das Misstrauen, der Zorn, aber auch angst und Verzweiflung zwischen Palästinensern und Israelis leider nach wie vor sind. Und dies seit 1948, ohne sich je signifikant verbessert zu haben.

Ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung des Konflikts in Palästina könnte nun die Gewährung dieser Demokratie-Partnerschaft an die palästinensische Gesellschaft sein, verbunden natürlich mit der Auflage von Verpflichtungen, die wir , der Europarat, dann regelmäßig auf ihre Fortschritte hin überprüfen werden.

Diese Auflagen sind für das palästinensische Volk hart, teils sehr hart, und manch einer wird sich fragen, was denn gleichzeitig von den Israelis abverlangt werde. Die Frage ist vollkommen berechtigt, steht aber in der heutigen Debatte nicht zur Diskussion. Aber es steht außer Zweifel: Auch Israel muss endlich seinen Teil in Richtung Frieden und Stabilität im Nahen Osten leisten, und das Votum, das wir eben von unserem israelischen Kollegen Eldad gehört haben, liegt meines Erachtens nicht auf dieser Linie.

Hier und heute geht es nur um die Pflichten der palästinensischen Seite als Korrelat zum angestrebten Demokratie-Status. Ich hoffe, die politisch Verantwortlichen in Palästina werden die Chance nutzen, um nun auch bei sich selbst tätig zu werden, angefangen mit der Versöhnung zwischen Hamas und Fatah, mit der Aussöhnung der Gaza-Region und dem Westjordanland.

Wenn es dem Europarat gelingt, mit zu dieser Versöhnung beizutragen, dann ist ein großer Schritt in Richtung Demokratieaufbau und Zwei-Staaten-Lösung gemacht. Vorläufig nur ein Schritt, aber ein wichtiger Schritt, den es in diesem leidvollen Konflikt nun zu machen gilt.

Ich hatte und habe stets großen Respekt vor dem palästinensischen Volk. Seine Zerstrittenheit in den letzten Jahren hat mich sehr geschmerzt. Möge dieses Partnerschaftsverhältnis zum Europarat nun also mit zum Durchbruch beitragen, nämlich einerseits zur Aussöhnung der Palästinenser unter sich und andererseits zu einem Schritt weiter auf dem immer noch recht steinigen Weg zu einer unabhängigen Mitgliedschaft Palästinas in der Gemeinschaft der Staaten dieser Welt.

Marieluise BECK, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 12711)

Herr Vorsitzender!

Ich möchte mich dem Dank an Herrn Kox anschließen.

Auch ich freue mich, dass die Vertreter des palästinensischen Nationalrats heute bei dieser Aufnahme als Partner für Demokratie bei uns sind. Alles, was den Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung ebnet, sollten wir aus diesem Haus auch unterstützen.

Seit Jahren wissen alle in der Region, dass die Lösung am Ende tatsächlich die Zwei-Staaten-Regelung sein muss. Alle kennen das Ziel, aber der Weg dorthin ist offensichtlich sehr, sehr schwer zu begehen. Wir brauchen einen demokratischen jüdischen Staat und wir brauchen einen demokratischen Staat Palästina.

Der Bericht greift im Punkt 9 einige der Hindernisse auf, die dieser Lösung im Weg stehen. Dazu gehört die Besatzung des Westjordanlandes und des Gazastreifens. Aber dazu gehört leider auch ein Faktum, auf das ich hier noch einmal hinweisen möchte: die faktische Teilung Palästinas in Westjordan und Gaza.

Alle konstruktiven Zeichen kommen derzeit von Präsident Abbas und Ministerpräsident Fajad. Auch die Initiative, sich an die Vereinten Nationen zu wenden, kam von der PLO und von Präsident Abbas. Die Hamas hat explizit erklärt, dass sie den Gang in die Vereinten Nationen nicht unterstützt, weil sie die damit verbundene implizite Anerkennung des Existenzrechts von Israel nicht mitträgt, weil sie Anspruch auf das gesamte Territorium erhebt.

Dieses Problem, mit dem sich nicht nur Israel, sondern vor allem auch der palästinensische Nationalrat und die Autonomiebehörde auseinanderzusetzen haben, sollten wir mitbenennen und mit in unseren Blick nehmen. Ich habe deshalb eine Änderung vorgeschlagen, die ich nachher noch einmal einbringen werden.

Für uns ist es unendlich wichtig, dass wir die Hindernisse benennen, die es auf beiden Seiten gibt. Den Freunden von Israel möchte ich sagen, dass das Unverständnis über die Fortführung des Siedlungsbaus auch bei denen sehr groß ist, die sich an der Seite Israels fühlen, die auch die Sicherheitsinteressen Israels anerkennen. Sie in Israel wissen auch, dass sich durch diesen Siedlungsbau Ihre Regierung so darstellt, als ob sie die Verhandlungen torpedieren wolle.

Aber im wahrsten Sinn des Wortes Torpedos gegen jegliche Verhandlungen sind natürlich auch Kasams, die aus dem Gazastreifen auf israelisches Gebiet fliegen. Wenn Sie nach Sderot gehen und Ihnen eine unbeteiligte, sogar bei der Bewegung Peace Now arbeitende Zivilistin sagt „Es ist unser Alltag, dass ich nicht einmal in Ruhe duschen kann, denn wenn ich mich eingeseift habe, weiß ich nicht, ob ich mich noch werde abspülen können, weil wieder ein Kasam-Alarm kommt.“, ist das ein Teil der Realität.

Ein anderer Teil der Realität ist, dass es mir nicht gelungen ist, Mitglieder von Peace Now in Gaza zu treffen, weil es zu gefährlich für sie gewesen wäre, sich mit mir zu treffen.

Wir müssen unseren Blick also auch auf die Hamas richten, die bisher keine demokratischen Wege eingeschlagen hat, auch nicht gegenüber der Autonomiebehörde. Ich sehe das auch als ein großes Hindernis und wir sollten es benennen. Ich hoffe, dass dieser Demokratieweg dazu führen wird, dass die Autonomiebehörde so stark wird, dass auch die Hamas sich demokratischen und menschenrechtlichen Gesetzen unterwerfen muss.

Schönen Dank.

Marieluise BECK, Deutschland, ALDE / ADLE

(Dok. 12711, Amendment 2)

Ich bin in meiner Rede auf die schwierige Situation in Gaza und die großen Schwierigkeiten eingegangen, die der Autonomiebehörde dadurch gemacht werden, dass die Hamas nicht bereit ist, sich ihrer Autorität zu unterwerfen, und dass diese Teilung derzeit auch ein wesentlicher Hinderungsgrund für zukünftige Verhandlungen ist. Ich bitte das als Sachbeschreibung in den Text mit aufzunehmen.