AL12CR04 |
AS (2012) CR 04 |
Provisorische Ausgabe |
SITZUNGSPERIODE 2012
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(1. Teil)
BERICHT
4. SITZUNG
Dienstag, 24. Januar 2012, 15.30 Uhr
REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH
Vilmos SZABÓ, Ungarn, SOC
(Dok. 12815)
Sehr geehrter Herr Präsident,
meine Damen und Herren!
Ich gratuliere dem Berichterstatter. Hier wurde ein sehr wichtiges und außerordentlich aktuelles Thema aufgearbeitet. Ich bin völlig damit einverstanden, dass die Sicherung der Möglichkeiten der Teilnahme am kulturellen Leben eine zentrale Frage des Systems der grundlegenden Menschenrecht ist.
Mit den wichtigsten Feststellungen der Bewertung bin ich ebenfalls einverstanden:
Die Kultur ist ein Grundelement und eine Triebkraft der gesellschaftlichen Entwicklung. Die Teilnahme am kulturellen Leben muss den Menschen garantiert werden, und zwar ohne Diskriminierung und in Anerkennung ihrer Vielfältigkeit. Die Sicherung einer breiten Teilnahme, besonders die Einbeziehung der Jugendlichen, ist eine wichtige Pflicht.
In dem Bericht werden konkrete Vorschläge für die Regierungen der einzelnen Länder formuliert und von Europarat, EU und UNESCO engere Zusammenarbeit, ein konkreter Handlungsplan, konkrete Maßnahmen und eine effektive Durchführung eingefordert.
Ich bin der Meinung, dass die kulturelle Vielfalt nur dann durchgesetzt werden kann, wenn die kulturellen Rechte vollkommen und ohne Diskriminierung verwirklicht werden.
Jeder Mensch hat das Recht zum Selbstausdruck und zu schöpferischer Tätigkeit, und zwar auf die von ihm selbst gewählte Art und Weise und mit der von ihm gewählten Sprache, primär der Muttersprache.
Jeder Mensch hat ein Recht auf qualitativ guten Unterricht und auf eine Bildung, welche seine kulturelle Identität respektiert.
Jeder Mensch hat das Recht, zu wählen, an welchem Teil des kulturellen Lebens er teilnimmt und welche kulturelle Tätigkeit er ausüben will.
Hier möchte ich die ethnischen nationalen Minderheiten hervorheben. Der Bericht erwähnt die Deklaration und die Konvention der UNESCO der Jahre 2001 und 2005, beschäftigt sich an dieser Stelle jedoch nicht mit den Minderheiten. Es geht hier um wichtige Dokumente, mit denen, wie der Berichterstatter zu Recht feststellt, ein politischer Wendepunkt erreicht wurde.
In der Konvention von 2005 wird festgestellt, dass jeder Kultur die gleiche Würde und der gleiche Respekt gebührt. Ganz konkret ist hier auch die Kultur der Minderheiten gemeint, auch der alteinsässigen autochthonen Minderheiten.
Wir alle wissen, dass auf diesem Gebiet noch sehr viele Probleme bestehen. Wenn es irgendwo Diskriminierung gibt, dann hier. Viele ethnische nationale Minderheiten – darunter die ungarischen – leiden an der Einschränkung des Gebrauchs der Muttersprache. In vielen Ländern wird durch Gesetze dagegen diskriminiert (z.B. Gesetz über die Staatssprache in der Slowakei). Dasselbe gilt auch für die Sicherung der kulturellen Identität der nationalen Minderheiten.
Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, die Lösung dieser Probleme zu befördern. Die tatsächliche Lösung liegt in den Händen der nationalen Regierungen.
Ich hoffe ehrlich darauf, dass dieser Bericht ein bedeutender Beitrag zum Fortschritt wird.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Marina SCHUSTER, Deutschland, ALDE / ADLE
(Dok. 12815)
Vielen Dank, Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich freue mich sehr, dass wir heute diesen Bericht debattieren. Es haben sich ja sehr viele Redner gemeldet, was zeigt, dass uns dieses Thema am Herzen liegt.
Es sind schon viele Punkte in der Debatte angesprochen worden. Deswegen möchte ich mich auf drei Punkte beschränken.
Erstens: Kultur ist Bürgerrecht. Kunst und Kultur gehören zu den gesellschaftlichen Grundlagen für die Verständigung untereinander und sind Quelle von Identität und Kreativität.
Im Mittelpunkt liberaler Kulturpolitik steht der Bürger als Kulturschaffender, Kulturnutzer und Kulturförderer. Wir bekennen uns auch klar zu einer verlässlichen staatlichen Förderung von Kultur. Es ist richtig, dass die verschiedenen Ebenen – Bund, Länder und Kommunen – hier ihre Verantwortung übernehmen.
Aber ich sage auch ganz klar, dass wir natürlich privates Engagement, sowie Anreize für ein verstärktes privates Engagement brauchen, denn ohne die Zivilgesellschaft, ohne diesen kreativen Motor, wären wir ja als Staat um vieles ärmer.
Zweitens: Wir brauchen eine Stärkung der kulturellen Bildung. Das ist eine große Zukunftsaufgabe, allerdings nicht nur im Alter von 15 bis 25 Jahren. Ich verstehe nicht, warum die Berichterstatterin diese Altersgruppe besonders betont, denn ich denke, in jedem Alter, auch in der frühkindlichen Bildung, sowie auch im hohen Alter muss der Zugang zu Kultur gegeben sein. Darin besteht meines Erachtens eine große Aufgabe.
Der letzte Punkt, den ich betonen möchte: Kulturpolitik ist ein Instrument der internationalen Politik. Mein Vorredner hat dies an der Darstellung seiner besonderen Situation aufgezeigt. Erinnern wir uns an dieser Stelle an das Engagement von Daniel Barenboim und seine Initiative für das West-Eastern Divan Orchestra.
Dieses Beispiel zeigt, dass Musik sehr viel bewirken kann, auch wenn der Konflikt noch so festgefahren ist. Ich denke, dass wir in diesem Sinne weiterarbeiten sollten, sowohl hier im Europarat, als auch bei uns zu Hause in den einzelnen Ländern.
Ich danke sehr für diese Debatte und freue mich auf die weitere Diskussion.
Tiny KOX, Sitzungsvorsitzender
Danke sehr, Frau Schuster.
Maximilian REIMANN, Schweiz, ALDE / ADLE
(Dok. 12815)
Herr Vizepräsident,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil mir auch nach zweimaligem Durchlesen des Berichtes nicht klar war, was die Ursache, der äußere Anlass zur seiner Abfassung war.
Den Bericht als solchen und seine Empfehlungen halte ich für sinnvoll und zweckmäßig, wenn auch teilweise für überladen und illusionär.
Aber mit einem Bericht will man in der Regel doch auch grundsätzliche Mängel beseitigen, im vorliegenden Fall also etwa, dass Teile der Bevölkerung kein Recht auf die Teilnahme am kulturellen Leben hätten. Solche Fälle, solche konkreten Beispiele lassen sich im Bericht aber nicht finden.
Auch in meinem eigenen Land wüsste ich niemanden, weder Einzelpersonen noch ganze Gruppen, denen die Teilnahme am kulturellen Leben verwehrt wäre. Alle können teilnehmen, wenn sie wollen. Ob sie aber alle wollen, ist eine andere Frage, und die steht hier nicht zur Diskussion!
Ob es in anderen europäischen Ländern anders ist, dazu hätte ich gerne dem Bericht eine Antwort entnommen, aber sie nicht erhalten.
Aber auch andere Elemente des Berichtes bleiben vage. Ich beschränke mich aus Zeitgründen auf ein einziges, nämlich die Forderung, der Europarat, die EU, die UNESCO und weitere internationale Gremien sollten ihre Zusammenarbeit im Bereich Kultur verbessern, wie es wörtlich in dem Bericht steht.
Diese Forderung führt doch unweigerlich zu der Frage: Ist diese Zusammenarbeit heute denn unbefriedigend, ist sie nicht gewährleistet? Doch auch dazu äußert sich der Bericht nicht. Leider ist UNESCO-Generaldirektorin Frau Bukova bereits gegangen; sie hätte sich dazu wahrscheinlich geäußert.
Somit verbleibt letztlich die Kernfrage im Raum: Geht es im Bericht zur Hauptsache einfach darum, der Staat solle mehr Budgetmittel, sprich mehr Steuergelder, ins Kulturschaffen einschießen? Diese Forderung schimmert da und dort jedenfalls durch.
Ich meine dazu: Aktives, staatlich bezahltes Kulturschaffen kann sicher kein Freirecht für einzelne Personen zu Lasten der Allgemeinheit sein, auch wenn im Bericht schon ganz vorn unter Punkt 3 festgehalten wird, wichtigster kultureller Akteur sei der Staat.
Angemessene Förderung und finanzielle Unterstützung des kulturellen Lebens durch den Staat zweifellos ja, aber ich betone: angemessene Unterstützung und nicht schrankenlose.
Tiny KOX, Sitzungsvorsitzender
Danke, Herr Reimann.