AL12CR16 |
AS (2012) CR 16 |
Provisorische Ausgabe |
SITZUNGSPERIODE 2012
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(2. Teil)
BERICHT
16. SITZUNG
Donnerstag, 26. April 2012, 10.00 Uhr
REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH
Joachim HÖRSTER, Deutschland, EPP/CD / PPE/DC
(Dringlichkeitsdebatte, Dok. 12906 und 12911)
Herr Präsident,
Meine Damen und Herren!
Ich möchte zunächst unserem Berichterstatter sehr herzlich für seinen Bericht danken. Nicht deswegen, weil es sich in dieser parlamentarischen Versammlung so gehört, sondern weil er nach meinem Dafürhalten eine außerordentlich schwierige Aufgabe gut gemeistert hat.
Aus Erfahrung wissen wir alle, dass das erste Opfer eines bewaffneten Konfliktes die Wahrheit ist. Wir alle waren, was die Vorgänge in Syrien anbetrifft, von Anfang an einer ziemlichen Desinformation ausgesetzt, zum einen seitens des Regimes und zum anderen seitens der Kräfte, die das Regime bekämpft haben. Niemand war in der Lage zu prüfen, was sich tatsächlich ereignet hat. Mittlerweile ist mehr Klarheit entstanden. Das haben wir auch dem Berichterstatter zu verdanken, der viele Sachverhalte sehr detailliert dargestellt hat.
Wir wissen ganz klar, dass die Zivilbevölkerung massiv unter diesen bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen leidet, und dass es vor allen anderen Entschließungen und Entscheidungen, die wir treffen mögen, ganz besonders wichtig ist, so schnell wie möglich die humanitäre Hilfe in Gang zu bringen, damit Medikamente zur Verfügung gestellt werden, Krankenhäuser wieder funktionsfähig werden, Lebensmittel geliefert werden können und vieles andere mehr.
Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates haben ja zuletzt Resolutionen gefasst, die gerade auf diese humanitäre Lage eingehen und dazu beitragen sollen, die humanitäre Hilfe zu ermöglichen. Deswegen ist es auch eine ganz besondere Verpflichtung zu verhindern, dass Waffen in die Region geliefert werden, weil diese nur dazu dienen, die Auseinandersetzungen weiter fortzusetzen.
Das Merkwürdige ist im Grunde genommen, dass man zu keiner einheitlichen Handhabung kommt, obwohl die Ziele, die in Syrien vertreten werden, von allen Parteien und auch im UN-Sicherheitsrat vertreten werden.
Man will in Syrien keinen Bürgerkrieg, vor allem keinen Religionskrieg. Man will, dass die territoriale Integrität des Landes und die religiöse Toleranz gewährleistet wird. Deswegen wollen wir auch, dass möglichst schnell die 300 UN-Beobachter in das Land kommen, damit flächendeckend überwacht werden kann, ob die Zusagen, die das Regime gegenüber den Vereinten Nationen gemacht hat, auch eingehalten werden. Vor allem aber will niemand eine militärische Lösung in Syrien.
Wenn man das zusammenfasst, muss man sich eigentlich die Augen reiben und fragen, warum es zwischen den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates, die zugleich auch im Europarat sitzen und die Verpflichtungen des Europarates unter humanitären Gesichtspunkten einzuhalten haben, kein einheitliches Vorgehen in dieser Frage gibt.
Deswegen ist es wichtig, dass wir uns hiermit befassen und mit der Verabschiedung des Berichtes unseres Kollegen vielleicht eine Leitlinie für unsere Mitglieder im UN-Sicherheitsrat geben.
Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC
(Dringlichkeitsdebatte, Dok. 12906 und 12911)
Danke sehr, Herr Präsident!
Ich darf auch im Namen meiner Gruppe dem Berichterstatter meine außerordentlich tiefe Anerkennung für diesen Bericht aussprechen. Bei solchen Tragödien werden Berichte ja relativ schnell alt; dieser Bericht jedoch ist auf dem Stand der Zeit und umfasst alle schwierigen Themen.
Der Berichterstatter hat auf Srebrenica verwiesen, diese schwere, eiternde Wunde in unserem kollektiven Bewusstsein. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. In Syrien mit seinen vielen ethnischen und religiösen Minderheiten droht tatsächlich eine Art Bosnisierung.
Eines findet derzeit allerdings nicht statt, da möchte ich einem Vorredner widersprechen: Eine Christenverfolgung gibt es in Syrien nicht.
Tatsache ist, dass es bei dieser Tragödie, vor der wir alle fassungslos stehen, zum Kofi Annan-Plan derzeit keine Alternative gibt. Es kann nur eine friedliche Lösung geben.
Ich hatte die Möglichkeit, vor ca. 2 Jahren mit Bashar al-Assad selbst ein politisches Gespräch zu führen und hatte nachher den Eindruck, noch nie einen so harten Politiker kennengelernt zu haben. Trotzdem glaube ich, dass Bashar al-Assad die Zügel der Politik nicht mehr allein in den Händen hält. Die Lage hat sich hier in seinem Regime, im Umfeld der herrschenden Minorität, verselbständigt.
Der „arabische Frühling“, wie er in Syrien angekommen ist, hatte Assad die Chance für Reformen gegeben, denn er war an sich über alle Minoritäten hin akzeptiert. Doch diese Möglichkeit wurde in seinen eigenen Reihen sabotiert.
Ich unterstreiche hier alles, was gesagt wurde: Die Folter, die Freiheitsverletzungen, all das muss im Nachhinein aufgearbeitet werden und es muss auch zu Verurteilungen kommen. Auch ist es wichtig, dass die Arabische Liga hier weiter aktiv eingebunden ist.
Wir sollten nicht vergessen – ich denke hier an den Vorsitzenden der Kommission für Migration -, dass sich derzeit sehr viele Flüchtlinge aus dem Irak und Palästina in Syrien aufhalten. Ein Mitgliedsland des Europarates, nämlich die Türkei, muss jetzt natürlich großes Engagement in der Bewältigung der Flüchtlingsfrage zeigen, aber auch den Flüchtlingen in der Folge die Chance geben, diese Lager auch wieder zu verlassen.
Ich danke dem Berichterstatter noch einmal. Halten wir alle zusammen an einer friedlichen Lösung für Syrien fest, für die es keine Alternative gibt, und versuchen wir, dieses Land, das an einem ganz speziellen geographischen Punkt liegt, als Gesamtstaat zu erhalten, wobei die UN-Mission am Golan nicht gefährdet werden darf.