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AS (2012) CR 25 |
Provisorische Ausgabe |
SITZUNGSPERIODE 2012
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(3. Teil)
BERICHT
25. SITZUNG
Donnerstag, 28. Juni 2012, 10.00 Uhr
REDEBEITRÄGE AUF DEUTSCH
Stefan SCHENNACH, Österreich, SOC
(Dringlichkeitsdebatte, die Krise des demokratischen Übergangs in Ägypten, Dok. 12981)
Werter Herr Präsident,
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte die Gelegenheit dieser dringlichen Debatte, die ich auch als einer der Vorsitzenden der Union für das Mittelmeer (UfM) sehr begrüße, nutzen. Wir haben in Ägypten eine Wahl gehabt, zuvor hatten wir eine Revolution. Weder die eine noch die andere sagt uns jedoch, ob wir in Ägypten nun auch eine Demokratie bekommen.
Möglicherweise ist die Wahl zu früh gekommen, denn am Tahrir-Platz hat eine Gruppe sicher keine Chance gehabt: die neuen Bewegungen, die sich nicht religiös definieren sondern sozial und aus bestimmten Bereichen der Gesellschaft kommen. Es war also letztlich eine eingeschränkte Wahl zwischen der alten Nomenklatur und den seit Jahrzehnten sehr gut organisierten Muslimischen Brüdern.
Der Berichterstatter sagte, es drohe derzeit die konfiszierte Demokratie. Für eine Gruppe ist es auf jeden Fall eine betrogene Demokratie, nämlich für die Frauen, die mehr als 50% der Demonstranten am Tahrir-Platz stellten. In der Verfassungsgebenden Versammlung war keine Frau. So, wie es derzeit aussieht, werden die Frauen tatsächlich keine Rolle in Ägypten spielen.
Wenn wir die Bevölkerungsentwicklung in Ägypten betrachten, sehen wir, dass Ägypten derzeit pro Jahr 44 000 Schulklassen neu benötigt – 100 000 Lehrer und Lehrerinnen! Derzeit gibt es diese 44 000 neuen Schulklassen nicht, ebenso wenig wie die benötigten Lehrkräfte; den Unterricht halten kaum ausgebildete Ersatzlehrer ab. Doch die Ausübung von Demokratie hängt auch mit Bildung zusammen.
Erst kürzlich habe ich mit einer Frauenrechtlerin gesprochen, die der Meinung ist, der Arabische Frühling werde noch mindestens zehn Jahre dauern, denn der Übergang von einer revolutionären Bewegung zur Demokratie funktioniert in einem solchen autoritären Regime nicht von einem Tag auf den anderen, wie wir auch in der Kaukasusregion sehen. Wer glaubt, mit einer Präsidenten- und Parlamentswahl sei die Demokratie erreicht, irrt. Das wird auch in Ägypten so sein.
Außerdem wird das Militär, das die besten Kontakte mit den USA und Israel unterhält, sich nicht so leicht die Macht aus der Hand nehmen lassen und einfach in die Kasernen zurückkehren.
Ich finde es wichtig, dass wir als Europarat diese Frage besprechen, denn Ägypten hat in den Gesprächen, die wir als UfM geführt haben, angekündigt, es wolle ähnlich wie Palästina und Marokko mit dem Europarat zusammenarbeiten. Sie brauchen diese Unterstützung. Ob das auch die Muslimischen Brüder sagen werden, die jetzt an die Macht kommen, werden wir sehen. Aber die gesellschaftlichen Bewegungen wünschen es und sprechen es auch aus.
Diese Frauenrechtlerin sagte auch, dass in den nächsten 10-15 Jahren im arabischen Raum mit einem Niedergang der Frauenrechte rechne. Die Frauen brauchen die Solidarität der Männer und Frauen Europas. Daran sollten wir uns in all diesen Diskussionen erinnern.
Ende der siebziger Jahre hat die ägyptische Frauen- und Gesundheitsministerin Nawa el Saadawi die Welt mit dem Buch „Tschador“ aufgerüttelt. Lassen wir die Frauen in Ägypten nicht alleine.